Asylbewerber in Deutschland - Deutsche und europäische Asyl- und Einwanderungspolitik


Mémoire pour le Diplôme Intermédiaire, 2007

51 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Migrationsbewegungen in Europa
2.1 Der Flüchtlingsbegriff und die Genfer Flüchtlingskonvention
2.2 Asyl – Ein historischer Überblick
2.3 Migrations- und Fluchtbewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts
2.3.1 Diachrone Betrachtung der Migration in Europa
2.3.2 Push- und Pull-Faktoren

3. Die Asylpolitik in Deutschland
3.1 Das Asylrecht nach Artikel 16 GG
3.2 „Zur Perfektionierung der Zugangsverhinderung“
3.2.1 Erste Einschränkungen des Asylrechts
3.2.2 Die Grundgesetzänderung von 1993
3.2.3 Drittstaatenregelung
3.2.4. Auswirkungen auf die Asylbewerberzahlen
3.3 Einbürgerung

4. Europäische Asylpolitik
4.1 Der Weg zu einer supranationalen Asylpolitik
4.2 Erste Erfolge - Der Vertrag von Amsterdam
4.3 Perspektiven der Asylpolitik

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Genfer Flüchtlingskonvention

1. Einleitung

Die etymologische Bedeutung des Wortes „Asyl“ ist, abgeleitet vom griechischen „asylos“ und heißt nichts anderes als „Das was nicht ergriffen werden kann“ und meint eine Zufluchtsstätte für Verfolgte.[1]

Wenn auch nicht im Völkerrecht verankert ist das Recht auf Asyl in der bundesdeutschen Verfassung ein wichtiger Grundsatz, der vom Parlamentarischen Rat 1949 bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes berücksichtigt wurde.

Kaum ein Thema in der Politiklandschaft der Bundesrepublik wurde so kontrovers diskutiert wie die Asylpolitik und die Anerkennung von Flüchtlingen im Allgemeinen. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Asyl und Einwanderung in der Bundesrepublik unter besonderer Beachtung der Einbindung Deutschlands in die Europäische Union.

Neben der Entstehungsgeschichte der Asylpolitik werden in dieser Ausarbeitung die Weiterentwicklungen des Asylrechts beleuchtet, sowie die aktuelle Situation der Asylsuchenden in Deutschland.

Eine synoptische Untersuchung der Rechtssysteme einzelner europäischer Staaten wird hier nicht durchgeführt. Aus dem einfachen Grund, weil diese den Rahmen der Ausarbeitung sprengen würde.

Nach den einleitenden Überlegungen werden im ersten Teil dieser Ausarbeitung Definitionen geklärt und Gründe für Migrationsbewegungen aufgezeigt. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der bundesdeutschen Asylpolitik und geht im Speziellen auf die Grundgesetzänderung von 1993 ein. Im dritten Teil wird die gemeinsame europäische Asylpolitik beleuchtet und die Fragestellung geklärt, in wie weit diese mit den nationalen Richtlinien konform geht oder kollidiert. Das Fazit fast die Überlegungen letztendlich zusammen.

2. Migrationsbewegungen in Europa

Die nachhaltige Entwicklung des europäischen Kontinents in den letzten Jahrzehnten und das Zusammenwachsen der Nationalstaaten zu einer Union haben die Mitglieder der EU zu Einwanderungsländern werden lassen. Mittlerweile hat die Europäische Union, was die Zuwanderung angeht auf die klassischen Einwanderungsländer, darunter Kanada und die Vereinigten Staaten von Amerika aufgeschlossen.[2]

Dies liegt nicht zuletzt an der überproportional langen Zeitspanne andauernden Friedens in Europa. Ein friedliches Zusammenleben über ein halbes Jahrhundert hat es in dieser Form auf dem europäischen Kontinent noch nicht gegeben und zeugt letztendlich von der politischen Reife der Europäischen Union und dem Wunsch nach Frieden und Wohlstand der Mitgliedsstaaten.[3]

Vor allem die Bundesrepublik ist ein beliebtes Ziel für Einwanderer und Flüchtlinge. Um den weiteren Ausführung eine Basis zu verschaffen, werden im Folgenden zuallererst Begriffserläuterungen vorgenommen, sowie ein historischer Überblick über die Migrations- und Fluchtbewegungen Richtung Westeuropa gegeben.

2.1 Der Flüchtlingsbegriff und die Genfer Flüchtlingskonvention

Der Begriff des „Flüchtlings“ ist stets in Abgrenzung zum Begriff des „Migranten“ zu sehen. Einem Flüchtling kann in bestimmten Fällen Asyl, sprich der Schutz des Staates vor Verfolgung durch einen anderen Staat gewährt werden.[4] Dies geschieht fast immer, wenn es sich bei dem Flüchtling um einen sog. „Kontingentflüchtling“ handelt. Ein „Kontingentflüchtling“[5] ist eine Person, die im Zuge einer humanitären Hilfsaktion oder im Zuge einer Übernahmeerklärung von einem aufnahmebereiten Staat übernommen wurde.[6]

Migranten hingegen sind Einwanderer im Allgemeinen, Familienangehörige die dem Familienoberhaupt in den neuen Staat folgen, Volkszugehörige, die vom Gebiet anderer Staaten immigrieren und ausländische (Fach-) Arbeiter.[7] Migration ist im Gegensatz zur Flucht ein freiwilliger Wechsel von einem Staat in den anderen.[8] Dies zeigt folgende Definition, die das Wort „freiwillig“ besonders betont.

Migration ist der auf Dauer angelegte bzw. dauerhaft werdende ‚freiwillige’ Wechsel in eine andere Gesellschaft bzw. in eine andere Region von einzelnen oder mehreren Menschen.“ (Treibel, 1990, S. 21)

Zu den Migranten werden auch illegale Zuwanderer gezählt. Diese stellen zwar nur einen geringen Anteil der Migranten, müssen jedoch in der Argumentationslinie rechtsgerichteter Politiker als Problemfälle der internationalen Migrationsbewegung herhalten.

Dies ist längst kein deutsches Phänomen mehr, sondern in der ganzen Europäischen Union zu finden. Es steht ohne Zweifel fest, dass die Migrationspolitik ein wichtiges sicherheitspolitisches Thema innerhalb der EU geworden ist.[9] Dazu jedoch im Laufe dieser Ausarbeitung mehr.

Zurück zum Begriff des Flüchtlings: Per Definition durch die „Genfer Flüchtlingskonvention“ (GFK) von 1951[10] ist ein Flüchtling eine Person, die…

[…]aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“ (Art. 1A Nr.2 der GFK)

Die GFK ist für die Unterzeichnerstaaten nicht rechtsverbindlich. Es existiert keine Pflicht der Asylgewährung.[11] Vielmehr ist die Aufnahme von Flüchtlingen das Recht des jeweiligen Staates. Neben den Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Flüchtlinge enthält die Konvention Richtlinien über die Ausstellung von Ausweisen/Dokumenten und die Möglichkeiten der Aus- bzw. Abweisung. Da den Flüchtlingen per Definition kein subjektives Recht auf Asyl zusteht, bezieht die Konvention ihre Legitimation durch die Voraussetzung des guten Willens der Unterzeichnerstaaten zur Asylgewährung.[12]

Der bereits zitierte Artikel 1A Nr.2 beginnt mit den Worten…

… die infolge von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind, und aus der begründeten Furcht […]“ (Art. 1A Nr.2 der GFK)

Diese sog. „Stichtagklausel“ wurde erst durch das Zusatzprotokoll vom 31. Januar 1967 aufgehoben. Das Protokoll war eine Reaktion auf die Zunahme der Fluchtbewegungen in der „Dritten Welt“[13]. Vorher betraf die Konvention beinahe ausschließlich Flüchtlinge aus den Staaten des Ostblocks. Die GFK wurde zu einem völkerrechtlich wichtigen Faktor des Flüchtlingsschutzes, der bis 1990 190 Staaten beitraten.[14]

2.2 Asyl – Ein historischer Überblick

Das Recht auf Asyl ist weder eine Erfindung der Neuzeit, noch eine okzidentale Erfindung. Bereits im Jahr 1270 v. Chr. wurde im alten Ägypten ein Schriftstück ausgearbeitet, dass die gegenseitige Auslieferung von Flüchtlingen zwischen den Hethitern unter König Hattuschil II. und den Ägyptern unter Pharao Ramses II. garantierte. Auch in China gab es bereits einige hundert Jahre v. Chr. dokumentierte Fälle von Asylgewährung.[15]

Der religiöse Charakter des Asyls wich mit dem Aufkommen der griechischen Stadtstaaten einem politischen Aspekt. Von nun an stand die Unverletzbarkeit des Flüchtlings im Vordergrund und der schutzgebende Staat hatte die Pflicht diese gegenüber dem Verfolgerstaat zu garantieren. Vorreiter auf diesem Gebiet war Athen[16].

Die Römer vertraten diese Einstellung hingegen nicht und übten Druck auf das schutzgewährende Land aus, um die Auslieferung von politischen Flüchtlingen zu erzwingen. In besonderen Fällen führte dies bis hin zu einer Kriegserklärung.[17]

Im Mittelalter war die Idee eines politischen Asyls nicht denkbar und die Herrscher versuchten auch das religiösmotivierte Kirchenasyl einzuschränken.

„Die widerspenstigen und ungehorsamen Untertanen sollen im anderen Land keine Aufnahme und keinen Beistand finden. (zitiert nach: Kimminich, o.J., S. 3)[18]

Mit Beginn der Neuzeit, der Reformation bzw. der Gegenreformation setzte eine Fluchtbewegung verschiedener religiöser Gruppen ein, die sich über den ganzen europäischen Kontinent zog. Zu dieser Zeit setzte sich die Jurisprudenz erstmals mit der Frage nach einem Asylrecht auseinander.[19]

Den Schutz vor Auslieferung garantierte erstmals die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776. Im Zuge dessen, betonte Thomas Jefferson der zweite Präsident der USA bei seiner Antrittsrede am 08. Dezember 1801 den humanitären Grundgedanken des Asylrechts. Auch in Europa gab es zu dieser Zeit Fälle von Asylgewährung, die über Einzelfälle hinausgingen. Im Besonderen ist hier die Aufnahme ungarischer Flüchtlinge durch die Türkei im Jahre 1848 zu nennen.[20]

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte der europäische Kontinent eine noch nie da gewesene Flüchtlingsschwemme. Allein 1,6 Mio. Flüchtlinge zog die Oktoberrevolution in Russland nach sich. Mit dem Exodus ganzer Bevölkerungsteile nach dem 1. Weltkrieg richtete der Völkerbund das Amt des „Hochkommissars für Flüchtlinge“ ein[21]. Diverse Konventionen zum Schutz der Flüchtlinge am Vorabend des 2. Weltkriegs waren durch die rigorose Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes unbrauchbar geworden. Deportationen und Umsiedlungen betrafen in den Kriegsjahren bis 1945 rund 30 Mio. Europäer[22].

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs und dem Wideraufbau in Europa übernahm die UNO die Aufgaben des Völkerbundes.[23]

Mit der 1951 geschlossenen „Magna Charta“ oder auch „Genfer Flüchtlingskonvention“ (GFK) verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten erstmals gemeinsam eine Lösung für das Flüchtlingsproblem zu finden.[24]

Mit der Ausarbeitung des Grundgesetzes 1949 durch den Parlamentarischen Rat wurde ein für Europa einzigartiger Akt vollzogen. Erstmals fand das Asylrecht in Form von Artikel 16 GG Einzug in eine nationale Verfassung. Die Aufnahme des politischen Asyls ins Grundgesetz war nicht zuletzt begründet, durch die persönlichen Erfahrungen einiger Mitglieder des Rates unter der nationalsozialistischen Herrschaft.[25]

Bis zum Ende der Besatzungszeit 1953 entschieden die Besatzungsmächte über die Anerkennung oder Ablehnung von Asylsuchenden. Danach wurde dies zur Aufgabe der bundesdeutschen Behörden.[26] Für Asylbewerber war von diesem Zeitpunkt an die „Bundesstelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ in Zirndorf bei Nürnberg zuständig.[27]

2.3 Migrations- und Fluchtbewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts

Das 20. Jahrhundert wird häufig als das „Jahrhundert der Flüchtlinge“ bezeichnet. Diese Sicht der Dinge kann man sicherlich kontrovers diskutieren. Fest steht jedoch, dass das 20. Jahrhundert sich durch seine diversen kriegerischen Auseinandersetzungen auszeichnete und sich eine massive Umgestaltung der Weltkarte vollzog[28].

Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit dieser These sind die massenhaften Fluchtbewegungen und die erzwungene Umsiedlung vieler millionen Menschen im Zuge der Beiden Weltkriege. Dennoch gibt es auch Stimmen, die gegen diese These argumentieren mit der Begründung, dass die Zahl der Flüchtlinge sich im Vergleich zu früheren Jahrhunderten nicht vergrößert hat, sondern dass sich lediglich die Relationen bzw. Maßstäbe verändert haben und dass die Zahl der Verfolgten proportional zur Weltbevölkerung angestiegen ist.[29]

2.3.1 Diachrone Betrachtung der Migration in Europa

Um den Rahmen dieser Ausarbeitung nicht zu sprengen wird nur auf die Zuwanderung in die Europäischen Union Bezug genommen. Wanderungsbewegungen und -trends weltweit zu analysieren würde hier zu weit gehen und auch den Sinn dieser einleitenden Überlegungen nicht erfüllen.

War bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Nordamerika noch der klassische Einwanderungskontinent, den zur Jahrhundertwende auch viele Europäer ansteuerten, so änderte sich dies nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wideraufbau in Europa. Die transkontinentale Wanderung aus Europa nach Amerika schwächte sich ab und ganze Auswanderungswellen, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, hat es seitdem nicht mehr gegeben.[30]

Bereits Mitte der 50er Jahre war Europa und speziell die junge Bundesrepublik Ziel von Flüchtlingen und Migranten. Neben der Anwerbung von Gastarbeitern im boomenden Wirtschaftswunderland Deutschland, kehrten in die ehemaligen Kolonialstaaten Europas die weißen Siedler, Beamte und die Kolonialtruppen zurück. Aus einer kolonialen Nord-Süd Wanderung wurde eine Süd-Nord Wanderung, der sich kurze Zeit später auch „farbige“ Arbeitskräfte aus den Kolonien anschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatten lediglich 1,3% der westeuropäischen Bevölkerung einen fremden Pass.[31]

Nach dem Anwerbungsstopp für Gastarbeiter Mitte der 70er Jahre erhöhte sich die Zahl der Ausländer dennoch stetig weiter in Westeuropa, da die bisher eingewanderten Arbeiter ihre Familien nachholten. Hierbei handelt es sich um den normalen Verlauf der Arbeitsmigration, der selbst den südeuropäischen Ländern eine positive Wanderungsbilanz in den 80er Jahren bescherte.[32]

Mit dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion 1989/1990 erlebte Europa eine weitere Phase der Zuwanderung. Allein 1989 reisten rund 400.000 Bürger der ehemaligen DDR in die alte Bundesrepublik. Ähnlich verhielt sich dies mit der Einwanderungswelle der Russlanddeutschen und den türkischstämmigen Bulgaren, die in ihrer Heimat unter Repressalien zu leiden hatten. Die massivste Fluchtwelle seit Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte Europa während des Bürgerkriegs in Jugoslawien. Von 5 Mio. Vertriebenen kamen 1 Mio. nach Westeuropa und haben dort eine neue Heimat gefunden. Von 700.000 anerkannten Flüchtlingen sind bis 1995 lediglich 200.000 in ihre ehemalige Heimat zurückgekehrt.[33]

Auf die extreme Zunahme von Asylsuchenden seit 1985 wird im dritten Teil dieser Ausarbeitung eingegangen. Dort werden dann auch die restriktiven Richtlinien zur Unterbindung der Masseneinwanderung speziell in Deutschland analysiert.

2.3.2 Push- und Pull-Faktoren

Gründe für Migrationsbewegungen und Flucht sind vielfältig und nicht selten kommen mehrere Faktoren zusammen, so dass sich Probleme potenzieren. Dies ist insbesondere in den Ländern der „Dritten Welt“ der Fall.

Nun ist die Frage zu klären, welche „Push- und Pull-Faktoren“ es gibt. Anders gefragt: Was veranlasst Menschen ihr Land zu verlassen und auf ein besseres Leben in Westeuropa zu hoffen?

Der politische Aspekt ist einer der Wichtigsten. Ein gängiger Fluchtgrund ist ein Bürgerkrieg innerhalb eines Staates, bzw. zwischen verschiedenen ethnisch oder religiös voneinander getrennten Gruppen. Aber auch ein Staatsstreich, die Gründung eines totalitären Regimes oder Staatsterror im Allgemeinen fördern Fluchtbewegungen in politisch gefestigte Regionen.[34]

Der ökonomische Aspekt ist schnell erläutert. Ist die Konjunktur eines Staates schlecht und lebt die Bevölkerung auf Grund zu geringer Absatzmöglichkeiten oder fehlender Rohstoffe am oder unter dem Existenzminimum sind Migration und im Falle einer Hungersnot eine Flucht normale Begleiterscheinungen einer ökonomischen Krise.[35]

Der soziokulturelle Aspekt rückt in Staaten in den Vordergrund, wo unversöhnbahre Gegensätze aufeinander treffen. Seien dies Unterschiede zwischen (vermeintlich unterschiedlichen) Volksgruppen (z.B. Hutu und Tutsi in Ruanda) oder auch religiöse / weltanschauliche Unterschiede. Mit unversöhnbar ist in diesem Fall gemeint, dass der Staat nicht in der Lage ist einen Konsens zwischen den beteiligten Gruppen zu erzielen und ein friedfertiger Interessenausgleich schwierig bis unmöglich wird.[36]

Der ökologische Aspekt rückt mit der Diskussion um den „Klimakollaps“ immer weiter in den Vordergrund.[37] Ist der Boden von minderer Qualität und kann nicht in ausreichender Menge Getreide angebaut werden, verschlechtert sich die Situation der Bevölkerung zusehends, weil meistens auch keine staatlichen Gelder vorhanden sind Grundnahrungsmittel auf dem Weltmarkt zu kaufen. Umweltflüchtlinge sind gezwungen Staatsgrenzen zu überschreiben, um zu überleben.[38]

Der demografische ist der letzte hier zu behandelnde Aspekt. Hohe Bevölkerungs- und Wachstumsraten in einem Staat, verbunden mit geringen Aufstiegschancen führen zur Migration. Diese Staaten müssen nicht unbedingt Mitglieder der „Dritten Welt“ sein. Auch China, die aufstrebende Wirtschaftsmacht leidet an „Überbevölkerung“, was zur Folge hat, dass qualifizierte Arbeitskräfte in andere Regionen abwandern. Dies wird dann als „brain drain“, die Abwanderung von Eliten bezeichnet.[39]

3. Die Asylpolitik in Deutschland

Mit Artikel 16 des Grundgesetzes hat die Bundesrepublik die Asylthematik in die Verfassung aufgenommen. Dies lag wie bereits in Abschnitt 2 erwähnt an den Flucht- und Vertreibungserfahrungen einiger Mitglieder des verfassungsgebenden Parlamentarischern Rates 1949.[40]

Mit der Bindung an das Völkerrecht verpflichtete sich die junge Republik allen politisch Verfolgten, unabhängig von Herkunft und Überzeugung Schutz zu gewähren. Für die Gewährung von Asyl ist demnach nur die politische Verfolgung ausschlaggebend, ganz egal, aus welchem Grund diese ausgeübt wird.[41]

3.1 Das Asylrecht nach Artikel 16 GG

Die Möglichkeiten der legalen Einwanderung in die Bundesrepublik beschränken sich auf die Arbeitsmigration und einen Antrag auf politisches Asyl. Die Möglichkeit der illegalen Einwanderung soll auf Grund der geringen Relevanz in den nachfolgenden Überlegungen keine Rolle spielen.

Die Väter des Grundgesetzes nahmen das Recht auf Asyl in die Verfassung auf und verankerten auf diese Weise den Schutz politischer Flüchtlinge im Grundgesetz. Erst mit der massiven Zunahme von Asylanträgen ab Mitte der 70er Jahre wurde der Artikel 16 des GG im Jahr 1993 verändert. Bis zu diesem Zeitpunkt lautete er:

Artikel 16 GG

[Staatsangehörigkeit, Auslieferung, Asylrecht]

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.[42]

Der Satz „Politische Verfolgte genießen Asylrecht“ war dafür ausschlaggebend, dass über ein Jahrzehnt Asyl im Sinne der Flüchtlingskonvention gewährt wurde. Dies geschah trotz der Tatsache, dass die Genfer Konvention kein geltendes Recht darstellt, sondern eine Regelung für Staaten ist, die willens sind Asyl zu gewähren.

In der Bundesrepublik hat jeder Asylsuchende das Recht einen Asylantrag zu stellen und der Staat steht in der Pflicht diesen zu prüfen. Hierbei handelt es sich um ein subjektives Recht des Einzelnen gegenüber dem Staat. Die Maßstäbe, nach denen letztendlich ein Asylbewerber anerkannt wird, werden jedoch vom Staat selbst vorgeschrieben. Auf diese Weise ist es möglich eine mehr oder weniger restriktive Asylpolitik durchzusetzen.[43]

Da das Recht auf Asyl per Definition nur einem Ausländer zukommt, sind Vertriebene, Spätaussiedler und de facto auch die Bürger der DDR von diesem Grundrecht ausgeschlossen. Dies führte deutschlandweit zu scharfen Diskussionen.[44]

Im Laufe der Zeit wurde das Thema Zuwanderung stets imminenter und rückte auch in den Fokus der Öffentlichkeit. So wurde am 28. April 1965 das Ausländergesetz (AuslG) verabschiedet und galt von diesem Zeitpunkt an als Garant für ein einheitliches Asylverfahren in der Bundesrepublik.[45] Das AuslG wurde notwendig durch die veränderte Einwanderungssituation in Deutschland. Der Zuzug von tausenden von Gastarbeitern machte diesen Schritt unerlässlich.[46] Das AuslG regelte bis 2005 und dem In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) die Zuwanderung, die Integration der dauerhaft in der Bundesrepublik lebenden Ausländer und die Freizügigkeit[47] innerhalb der Europäischen Union.[48]

[...]


[1] Vgl. Deterding, 1987, S. 1 / Kimminich, 1982, S. 150f.

[2] Vgl. Bade, 1994, S. 10f.

[3] Vgl. Höfling-Semnar, 1995, S. 15f.

[4] Vgl. Angenendt, 1997, S. 17

[5] Im Jahre 1985 hielten sich etwa 30.000 Kontingentflüchtlinge in Deutschland auf. Es handelte sich fast aus schließlich um Vietnamesen (Boat-People). Im Jahre 1990 wurden albanische Botschaftsflüchtlinge als Kontingentflüchtlinge in Deutschland aufgenommen. […] (Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Kontingentfl%C3%BCchtling – Zugriffsdatum 28.05.2007)

[6] Vgl. Angenendt, 1997, S.14f. / Marx, 1982, S. 104f.

[7] Vgl. Angenendt, 1997, S. 16

[8] Vgl. Höfflinger-Semnar, 1995, S. 19f.

[9] Vgl. Stürmer, 1997, S.33f.

[10] Der Wortlaut der GFK von 1951 findet sich im Anhang der Ausarbeitung.

[11] Vgl. Amnesty International, 1977, S. 21f.

[12] Vgl. Münch, 1993, S.15f.

[13] Vgl. Knopp, 1994, S. 35

[14] Vgl. Münch, 1993, S. 16 / Amnesty International, 1977, S. 24f.

[15] Vgl. Kiminich,1982 S. 152f.

[16] a.a.O. S. 154

[17] Vgl. Deterding, 1987, S. 1f. / Kiminich,1982 S. 155

[18] Zitat übernommen aus Deterding, 1987, S. 2

[19] Vgl. Kimminich, 1982, S. 156f.

[20] Vgl. Deterding, 1987, S. 3f.

[21] Vgl. Kimminich, 1982, S. 159f.

[22] Vgl. Meints, 2007, S.17f.

[23] a.a.O. S. 5f

[24] Vgl. Münch, 1993, S. 15f. / Deterding, 1987, S. 5 / Kimminich, 1982, S. 161f.

[25] Vgl. Münch, 1993, S. 17ff. / Deterding, 1987, S. 6f

[26] Vgl. Amnesty International, 1977, S. 26

[27] Vgl. Deterding, 1987, S. 6

[28] Vgl. Knopp, 1994, S. 26ff.

[29] Vgl. Höfflinger-Semnar, 1995, S. 15ff.

[30] Vgl. Bade, 1994, S. 10f.

[31] Vgl. Nuscheler, 2004, S. 33 /Münz, 1997, S.34f.

[32] Vgl. Münz, 1997, S.34f.

[33] Vgl. Münz, 1997, S.42f. / Höfling-Semnar, 1995, S. 50

[34] Vgl. Höfling-Semnar, 1995, S. 32f. / Angenendt, 1997, S. 31

[35] Vgl. Angenendt, 1997, S. 35ff.

[36] Vgl. a.a.O., S. 34f.

[37] Vgl. Höfling-Semnar, 1995, S. 32f. / 43f.

[38] Vgl. Nuscheler, 2004, S.53ff.

[39] Vgl. Angenendt, 1997, S. 40f

[40] Vgl. Amnesty International, 1977, S.26

[41] a.a.O., S. 30

[42] Zitiert nach Amnesty International, 1977, S. 294ff.

[43] Vgl. Amnesty International, 1977, S. 29f

[44] a.a.O. S. 30

[45] a.a.O. S. 57

[46] a.a.O. S. 27

[47] Die Freizügigkeit stellt als eine der Grundfreiheiten eine Grundsäule des Binnenmarktes der Europäi- schen Union dar. Gemeint ist das Recht auf freie Niederlassung und Arbeit

[48] Vgl. Behr, 1998, S. 55f.

Fin de l'extrait de 51 pages

Résumé des informations

Titre
Asylbewerber in Deutschland - Deutsche und europäische Asyl- und Einwanderungspolitik
Université
Carl von Ossietzky University of Oldenburg
Note
2,0
Auteur
Année
2007
Pages
51
N° de catalogue
V82489
ISBN (ebook)
9783638898065
ISBN (Livre)
9783638904520
Taille d'un fichier
695 KB
Langue
allemand
Annotations
Auf die 25-seitige Arbeit folgen 26 Seiten Anhang.
Mots clés
Asylbewerber, Deutschland, Deutsche, Asyl-, Einwanderungspolitik
Citation du texte
Tobias Meints (Auteur), 2007, Asylbewerber in Deutschland - Deutsche und europäische Asyl- und Einwanderungspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82489

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