Entwicklung und Einsatz von e-Testing Szenarien


Diplomarbeit, 2007

152 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Warum e-Testing?
1.3 Fragestellung
1.4 Aufbau

2 Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Bildungstheoretische Sicht
2.3 Theorien und Strategien
2.3.1 Lerntheorien
2.3.2 Lernstrategien
2.3.3 Lehrtheorien
2.3.4 Lehrstrategien
2.4 Methodische Möglichkeiten
2.4.1 Einbindungskonzepte
2.4.2 Ausgewählte Modelle medienbasierter Lernarrangements
2.5 Einfluss auf Wissensmanagement
2.6 Vorteile von e-Testing
2.7 Nachteile von e-Testing
2.8 Fazit

3 Technische Merkmale
3.1 Learning Object (LO)
3.2 Standards
3.3 Fragetypen
3.4 Einsatzszenarien für e-Testing
3.5 Funktionen von e-Testing
3.6 Fazit

4 Vergleiche von e-Testing Tools
4.1 Moodle
4.2 Dynamic PowerTrainer®
4.3 Funktionsvergleich
4.4 Fazit

5 Praxisbeispiele im Vorlesungseinsatz
5.1 General English I
5.1.1 Allgemeines
5.1.2 Entwicklung der e-Testing Module
5.1.3 Pilottest
5.1.4 Absolvieren der e-Testing Module
5.1.5 Auswerten der Testergebnisse
5.2 Content Authoring
5.3 Controlling I
5.4 Informationsdesign
5.5 Fazit

6 ExpertInneninterviews
6.1 Das ExpertInneninterview
6.2 Durchführung
6.3 Auswertung
6.4 Fazit

7 Studierendenbefragung
7.1 Durchführung
7.2 Auswertung
7.3 Fazit

8 Zusammenfassung und Ausblick
8.1 Zusammenfassung
8.2 Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

ANHANG A: ExpertInneninterview - Leitfaden 122

ANHANG B: ExpertInneninterview - Interviewprotokolle 124

ANHANG C: Studierendenbefragung - Online-Fragebogen 141

1 Einleitung

„Jedes Mal, wenn du alle Antworten gelernt hast, wechseln sie alle Fragen.“

Oliver Otis Howard (1830-1909),
1867 Gründer der Howard University, Washington D.C.

1.1 Motivation

Motiviert zum Lebenslangen Lernen durch das oben angeführte Zitat, begann ich das berufsbegleitende Fachhochschulstudium Informationstechnologien & IT-Marketing am CAMPUS 02 [CAM07]. Die praxisbezogenen technischen, betriebswirtschaftlichen, sozialen und kommunikativen Lehrinhalte waren eine optimale Zusatzausbildung für mein berufliches Aufgabengebiet.

Gerade die Wichtigkeit des Lebenslangen Lernens ist es, die durch große Bemühungen auf internationaler und nationaler Ebene im Bereich der Aus- und Weiterbildung zum Ausdruck gebracht wird. Eine ganz entscheidende Rolle wird dabei den Neuen Medien beigemessen.

Genau im Bereich der Neuen Medien befindet sich auch mein berufliches Hauptaufgabengebiet. Seit über 9 Jahren bin ich im e-Learning Unternehmen Dynamic Media eLearning GmbH [DM07] angestellt. Dieses beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Konzeption und Umsetzung von individuellen e-Learning Kursen sowie mit der Erstellung des e-Testing Autorensystems Dynamic PowerTrainer® [DPT07a].

Im Zuge der Ausbildung am CAMPUS 02 war ich wiederum mit dem Thema e-Testing konfrontiert. Auf der einen Seite konnte ich im Rahmen einzelner Vorlesungen selbst an e-Testing Modulen teilnehmen, auf der anderen Seite fungierte ich als Autor von Online-Tests für die Vorlesung „English“.

Durch diese Verknüpfung von Beruf und Ausbildung, den drei damit verbundenen Sichtweisen des Produktherstellers, Autors und Anwenders sowie die intensive aktuelle bildungstheoretische Diskussion, ergeben sich für meine Diplomarbeit die im folgenden Kapitel beschriebenen Ziele.

1.2 Warum e-Testing?

Bereits seit einigen Jahrzehnten werden elektronische Medien, auch als Neue Medien bezeichnet, zur Unterstützung von Bildungsmaßnahmen in Unternehmen und Schulungsinstituten eingesetzt. Die Prognosen für die Anbieter von e-Learning Produkten und Dienstleistungen waren äußerst viel- versprechend. Dennoch wurde der Enthusiasmus bzgl. dieser neuen Weiterbildungsform gebremst. Es zeigte sich, dass die hohen Erwartungen die Effektivität und Effizienz betreffend, nur teilweise erfüllt wurden. Grund dafür war die fehlende Integration der computergestützten Medien in die traditionellen Formen des Bildungswesens.

Auf Basis dieser Erkenntnisse wandte man sich vom reinen e-Learning Ansatz ab und entwickelte neue Konzepte. Das Zentrum dieser Konzepte ist der Mensch als soziales Wesen, der den Kontakt und die Kommunikation mit anderen Personen für ein effizientes Lernen benötigt. Das so geschaffene „Blended Learning“ oder „Hybride Lernen“ kombiniert die Vorteile der Neuen Medien wie Flexibilität und Effektivität mit den sozialen Komponenten des gemeinsamen Lernens.

In der heutigen schnelllebigen Zeit ist Lernen und das damit erworbene Wissen, ein ganz entscheidender Faktor für jeden einzelnen Menschen. Bereits der englische Philosoph Francis Bacon (1561-1626) beschrieb die Bedeutung von Wissen mit folgendem Ausspruch: „Wissen ist Macht“
Die enormen Mengen an Information und die sich permanent weiter entwickelnde Wirtschaft setzen die Bereitschaft zum Lebenslangen Lernen voraus. Das Thema der Aus- und Weiterbildung betrifft somit Kinder und Jugendliche gleichermaßen wie Erwachsene.

Laut [Dör99, S.443] sind drei Punkte ausschlaggebend für den Einsatz der Neuen Medien in der Aus- und Weiterbildung:

- Die Wichtigkeit von Netzkompetenz steigt. Der Umgang mit elektronischen Medien wird zur Basisqualifikation.
- Die Persönlichkeitsentwicklung wird durch Informationsnetze beeinflusst. Einflusskriterien sind der veränderte Umgang mit Information und neue Arten der Kommunikation und Kooperation zwischen den Personen.
- Lehr- und Lernprozesse können durch Informationsnetze verbessert werden. Die entscheidenden Faktoren dabei sind die neuen Informations-, Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten.

Buchner, Hofmann und Magnus [BHM01] nennen folgende Gründe für die Umsetzung von Bildungskonzepten auf Basis elektronischer Medien im Bereich von Unternehmen und Schulungsinstituten:

- Schnell wachsendes und wechselndes Wissen fordert ein hohes Maß an Flexibilität im Rahmen der Lehre.
- Neue Medien gewährleisten aufgrund der raschen Verteilungsmöglichkeit eine einheitliche und aktuelle Aus- und Weiterbildung.
- Die daraus resultierende Möglichkeit einer permanenten Aus- und Weiterbildung (Lebenslanges Lernen) ermöglicht einen Wissens- und Kompetenzerwerb in hoher Qualität.
- Der Bedarf an kollaborativen-, projekt- und teamorientierten Kommunikationsmethoden ist sehr hoch. Die Neuen Medien bieten hier eine ganze Menge an Funktionen und Methoden.
- Die Kosten für Aus- und Weiterbildung sollen reduziert werden.
- Im Sinne von Wissensmanagement soll vorhandenes Know-how und Wissen durch e-Learning Maßnahmen entwickelt, erworben und verbreitet werden (Details siehe Kapitel 2.5 „Einfluss auf Wissensmanagement“).

Führen die genannten Gründe zur Integration von Neuen Medien in die Aus- und Weiterbildung, so zeigen sich vielseitige Einsatzmöglichkeiten zur Unterstützung der Lernprozesse. Der Rahmen erstreckt sich von multimedial aufbereiteten CD-Roms, über interaktive Lerninhalte im Internet, bis hin zu computer- und netzgestützten Aus- und Weiterbildungen, wie Seminare oder ganze Studiengänge.

Eine zentrale Rolle in diesen Einsatzszenarien spielen computerbasierte Übungen und Tests, die unter dem Begriff e-Testing zusammen gefasst werden. Vor allem der Aspekt der Interaktivität ist ein ganz wichtiges Gestaltungsmerkmal von elektronischen Lehrsystemen [SK02, S.232], wobei grundsätzlich zwischen den beiden Arten Steuerungsinteraktionen und didaktischen Interaktionen unterschieden werden kann. Mit Steuerungsinteraktionen ist das Ausführen von System- und Navigationsfunktionen wie z.B. Speichern, Abspielen von Audios und Videos, Auswahl von Lernsequenzen und somit Steuerung des Programmablaufes gemeint. Der Fokus dieser Arbeit liegt im zweiten Bereich, den didaktischen Interaktionen. Darunter versteht man den Einsatz unterschiedlicher Fragetypen (z.B. Multiple Choice und Freitext), individueller und adaptiver Feedbacks, interaktiver Animationen und Simulationen. Vor allem der sinnvolle und variantenreiche Einsatz dieser Gestaltungskomponenten muss in der Konzeptionsphase eines durch elektronische Medien unterstützten Aus- und Weiterbildungskonzepts berücksichtigt werden.

Von frühester Kindheit an, ohne dass es uns bewusst ist, lernen wir durch den Austausch mit anderen, durch Ausprobieren und Üben. Durch diese Interaktion, sei es in der Familie mit Eltern und Geschwistern, oder im Kindergarten und Schule mit Freunden und Lehrern, wird laufend Neugierde geweckt, Ehrgeiz erzeugt und die Lernmotivation verstärkt. Explizites Wissen (Fakten und Erfahrungen) und implizites Wissen (Intuition) wachsen. Diese sehr lebendige Art zu lernen, nimmt im Laufe der Zeit immer mehr ab. Die direkte Kommunikation verschwindet zunehmend in den Hintergrund und wird von einseitigen Medien wie Zeitung, Radio und Fernsehen ersetzt. Genau an dieser Stelle setzen die interaktiven, multimedialen computergestützten Medien an [vWi00, S.47f].

Durch Einbeziehen aller Sinneskanäle (Hören, Sehen, Reden und Tun) kann die Behaltensleistung auf bis zu 90% gesteigert und der Lernerfolg dementsprechend erhöht werden. Speziell im Tun liegt der Schwerpunkt von e-Testing Modulen. Interaktive Übungen und Simulationen zum Erlernen neuer Inhalte sowie Selbsttests zu diagnostischen Zwecken für die Lernenden sind mögliche Einsatzvarianten. Zwischentests im Laufe einer Ausbildung sollen den Lernenden einen Überblick über den aktuellen Stand ihres Lernfortschrittes geben. Von großer Wichtigkeit ist das Feedback, das die Lernenden als Antwort/Reaktion auf ihr Tun vom e-Testing System erhalten. Dadurch wird der Einsatz von computergestützten Tests zu einem wertvollen methodisch-didaktischen Element [vWi00, S.48].

Aus Sicht von Bildungsverantwortlichen und Lehrenden bringt der Einsatz von e-Testing noch einige weitere Einsatzmöglichkeiten und damit verbundene Vorteile. Beginnend bei den bereits erwähnten diagnostischen Zwecken von elektronischen Tests, die dem Lehrenden Informationen über das Vorwissen der Teilnehmer geben, weiter zu Zwischen- und Endtests zur Lernerfolgskontrolle, bis hin zu Evaluierungen, die im Sinne einer Qualitätssicherung eingesetzt werden können. Weitere Einsatzszenarien von e-Testing Modulen bieten sich im Zuge von Auswahlverfahren in Assessment-Centern großer Unternehmen und im Rahmen von Aufnahmentests an Universitäten und Fachhochschulen. Letzteres ist aufgrund der von der Europäischen Union vorgegebenen Öffnung der Universitäten und der damit verbundenen großen Bewerberzahlen ein aktuelles Thema.

1.3 Fragestellung

Unter dem Gesichtspunkt der aktuellen bildungstheoretischen Diskussion auf österreichischer und europäischer Ebene, dient die Fachhochschule CAMPUS 02 als Untersuchungsfeld für den Einfluss von e-Testing als integraler Bestandteil der Neuen Medien, auf den Wissens- und Kompetenzerwerb von Auszubildenden. Dabei wird unter e-Testing nicht allein das Abhalten von computerunterstützten Prüfungen verstanden, sondern vielmehr der ganzheitliche Einsatz im Rahmen der Lehre, sowie die Eingliederung in organisatorische Abläufe der Aus- und Weiterbildungsinstitutionen.

Um die Potentiale von e-Testing zu identifizieren und gezielt einsetzen zu können, liefert diese Arbeit, basierend auf Erfahrungen von Lehrenden und Studierenden, Antworten auf folgende zentrale Fragestellungen:

- „Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit der Einsatz von e-Testing einen Mehrwert für den Wissens- und Kompetenzerwerb bringt?“
- „Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit der Einsatz von e-Testing einen organisatorischen Nutzen bringt?“
- „Reichen die aktuell zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten aus, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden?“
- „Welche Empfehlungen lassen sich für den zukünftigen Einsatz ableiten?“

1.4 Aufbau

Der theoretische Teil der Arbeit, der sich über die Kapitel 2 und 3 erstreckt, liefert nach einer kurzen Begriffsbestimmung, einen Einblick in die aktuelle bildungstheoretische Sicht bzw. geht auf die didaktischen, methodischen und technischen Grundlagen sowie auf Vor- und Nachteile von e-Testing ein.

Im praktischen Teil werden jene e-Testing Tools näher vorgestellt und mit einander verglichen, die im Zuge der Vorlesung „General English I“ für die Entwicklung und Durchführung von Übungstests Verwendung fanden. Zusätzlich zu dieser Lehrveranstaltung, werden noch weitere vier Praxisbeispiele für den Einsatz von e-Testing Modulen im Vorlesungsablauf am CAMPUS 02 beschrieben. Den Abschluss der Arbeit bilden ExpertInneninterviews und eine Online-Studierendenbefragung. Auf Basis der eingeholten Meinungen und Erfahrungen werden Empfehlungen für den zukünftigen Einsatz von e-Testing Modulen am CAMPUS 02 abgegeben.

Kapitel 1 gibt einen Überblick über die Motivation, die Ziele und den Aufbau dieser Arbeit. Weiters werden die Gründe für den Einsatz von e-Testing in der Aus- und Weiterbildung dargestellt, und die Frage nach dem Warum beantwortet.

In Kapitel 2 wird nach einer kurzen Begriffsbestimmung näher auf die bildungstheoretische Sicht eingegangen. Als Basis für die daraus resultierenden Anforderungen dienen die anschließend beschriebenen Lern- und Lehrtheorien bzw. -strategien. Welche methodischen Möglichkeiten sich daraus für die Integration von e-Testing in den Vorlesungsablauf ergeben, und welchen Einfluss dies auf den Bereich Wissensmanagement hat, ist ebenfalls Inhalt dieses Abschnittes. Die angeführten Vor- und Nachteile am Ende des Kapitels stellen einen weiteren Schwerpunkt dar, denn diese dienen dem Vergleich mit den Auswertungsergebnissen der Abschnitte 5.5 und 6.4.

Kapitel 3 beleuchtet die technischen Grundlagen und Merkmale von e-Testing. Den Anfang machen dabei die wichtigsten Standards und Standardisierungsorganisationen. Im Anschluss werden die unterschiedlichen Fragetypen, Frage- und Testfunktionen sowie Einsatzszenarien für e-Testing erläutert.

Kapitel 4 kennzeichnet den Anfang des Praxisteils und stellt jene beiden e-Testing Tools (Moodle und Dynamic PowerTrainer®) näher vor, die für die Entwicklung und Durchführung der Übungstests im Rahmen der Vorlesung „General English I“ zum Einsatz kamen.

In Kapitel 5 werden verschiedene Praxisbeispiele für den Einsatz von e-Testing im Vorlesungsablauf vorgestellt. Diese betreffen die Vorlesungen „General English I“, „Content Authoring“, „Controlling I“ und „Informationsdesign“. Der Schwerpunkt der Betrachtungen liegt dabei auf der Vorlesung „General English I“, da die Konzeption, Erstellung und Durchführung der Übungstests Teil dieser Arbeit sind.

Kapitel 6 der Arbeit befasst sich mit der Befragung von Lehrenden und IT-Experten des CAMPUS 02 bzgl. Erfahrungen mit, und Anforderungen an den Einsatz von e-Testing. Als Gesprächsform wurde das ExpertInneninterview gewählt. Nach einer kurzen Einführung in die Theorie dieser Untersuchungsmethode werden die befragten Personen sowie die Themenschwerpunkte des eingesetzten Interviewleitfadens vorgestellt. Den Abschluss dieses Abschnitts bildet eine Zusammenfassung und Auswertung der gesammelten Ergebnisse.

Kapitel 7 zeigt die Resultate einer Online-Umfrage unter den Studierenden der verschiedensten Studiengängen zum Thema „Einsatz von e-Testing Modulen“. Die Antworten werden grafisch veranschaulicht und mit den Ergebnissen aus Kapitel 6 verglichen.

In Kapitel 8 werden die wesentlichen Erkenntnisse der Literaturrecherche sowie die Auswertungen der ExpertInneninterviews und Online-Studierendenbefragung zusammengefasst, und die zentralen Fragestellungen beantwortet. Der Ausblick befasst sich mit daraus ableitbaren Handlungsempfehlungen für den zukünftigen Einsatz von e-Testing in der Aus- und Weiterbildung.

2 Grundlagen

Bevor im Detail auf die Entwicklung und den Einsatz von e-Testing Modulen am CAMPUS 02 eingegangen werden kann, muss zu allererst der Begriff „e-Testing“ definiert und abgegrenzt werden. Darauf aufbauend erfolgt eine Bestandsaufnahme der aktuellen bildungstheoretischen Situation aus Sicht der Europäischen Union im Allgemeinen, und aus österreichischer Sicht im Speziellen. Weitere Grundlagen bilden die unterschiedlichen Lern- und Lehrtheorien bzw. -strategien, die methodischen Einsatzmöglichkeiten sowie der Einfluss von e-Testing auf den Bereich Wissensmanagement. Am Ende des Kapitels findet sich eine Auflistung aller Vor- und Nachteile von computerunterstützten Testformen. Denn erst wenn alle Pros und Kontras gegeneinander abgewogen wurden, kann entschieden werden, ob die Entwicklung und der Einsatz von e-Testing Modulen für ein spezielles Einsatzszenario einen Mehrwert für die Lehrenden und Studierenden bringt.

2.1 Begriffsbestimmung

Um den Begriff „e-Testing“ zu definieren, werden zu Beginn die beiden Wortteile „e“ und „Testing“ getrennt betracht.

Das „e“ steht dabei für den sehr weitläufigen Begriff „electronic“. Im vorliegenden Kontext ist der Begriff auf die elektronische Datenverarbeitung und die elektronisch gestützten Kommunikationstechnologien beschränkt. Einer der ersten e-Begriffe war das „e-Mail“. Die rasante Ausbreitung dieses Wortes und die damit verbundene Aufnahme in unsere Alltagssprache haben weitere e-Begriffe ins Leben gerufen. E-Banking, e-Business, e-Commerce und nicht zuletzt e-Learning, das Lernen mittels elektronischer Medien, sind nur einige Beispiele dafür [BBS01, S.28ff].

„Testing“ meint im Rahmen dieser Diplomarbeit jegliche Art von Beurteilung und Bewertung. Ein verbreitetes Synonym stellt der Begriff „Assessment“ dar. Baumgartner, Häfele und Maier-Häfele definieren diesen folgendermaßen [BHM02, S.297]: „Assessment ist ein Beurteilungsverfahren, um die Fähigkeiten und Fertigkeiten (Skills) sowie den Wissensstand von Lernenden systematisch zu bewerten.“ Weiters schließt der Begriff „Testing“ Methoden und Verfahren zur Selbstüberprüfung und Selbsteinschätzung, zur gegenseitigen Bewertung von Studierenden innerhalb von Gruppen und Evaluierungen mit ein.

Nicht gemeint ist mit „Testing“ das Testen von Softwareprogrammen und anderen Produkten sowie die dafür benutzten Testverfahren.

Werden nun die beiden Definitionen von „e“ und „Testing“ kombiniert, so entsteht daraus folgende Definition für „e-Testing“: Beurteilungsverfahren auf Basis elektronischer Medien

E-Testing stellt damit einen wesentlichen Bestandteil des gesamten e-Learning Bereiches dar. In der Anfangszeit waren die eingesetzten e-Testing Module bloße 1:1 Umsetzungen von klassischen Aufgabenstellungen auf Papier. Erst im Laufe der Zeit wurden die Stärken und Vorteile der elektronischen Medien erkannt, gezielt eingesetzt und die angewandten Methoden weiter entwickelt. Wolf spricht in diesem Zusammenhang von den „3 Generationen des E-Assessments“ [Wol05]. Das Testen und Messen von Kompetenzen und Qualifikationen mittels komplexer Simulationen und Fragen-/Antwortformate stellt die dritte Generation dar. Als Fundament dienten dabei didaktische Modelle, basierend auf bekannten Lern- und Lehrtheorien bzw. -strategien.

Diese Forderung nach einem verstärkten Einsatz der Neuen Medien in der Aus- und Weiterbildung und im Speziellen von e-Testing, wird durch unterschiedliche Initiativen und Studien im Europäischen Raum verstärkt.

2.2 Bildungstheoretische Sicht

Die Veröffentlichung der Ergebnisse der PISA Studien (Program for International Student Assessment) im Jahr 2006, führte zu einer intensiven Diskussion der Aus- und Weiterbildungssituation in Österreich [PIS07]. Das Ziel dieser standardisierten Leistungsmessung ist das Feststellen des Ist-Zustands über das Wissen, die Fähigkeiten und Kompetenzen von SchülerInnen. Der Schwerpunkt der Tests liegt dabei nicht auf dem Erfassen von Faktenwissen des Lehrplans. Viel mehr geht es um das Erfassen von Fähigkeiten, die für die Bewältigung von unterschiedlichen, sich verändernden Gegebenheiten erforderlich sind und um den Prozess des Lebenslangen Lernens. In welchem Umfang sind Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden, die im späteren Berufsleben benötigt werden?

Der Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ verliert zunehmend an Bedeutung.

Laut Sindler [Sin04, S.3f] führt die Notwendigkeit, Lernen als lebensbegleitenden Prozess zu betrachten, zu einer steigenden Bedeutung der Neuen Medien im Rahmen der Aus- und Weiterbildung. Zusätzlich hat sich im Laufe der Zeit die Vorstellung geändert, wie IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) zum Kompetenzaufbau genutzt werden können.

Gestützt werden diese Aussagen durch die Initiative „Memorandum über Lebenslanges Lernen“ im Zuge des „Bologna-Prozesses“ (1999 unterzeichneten 29 europäische Nationen die Bologna-Deklaration, die das Ergebnis des Bologna-Prozesses darstellt. Das Ziel ist es, einen gemeinsamen Hochschulbereich zu schaffen. Seine Fortsetzung fand der Bologna-Prozess 2001 in Prag, mit dem Teilziel, Lebenslanges Lernen zu fördern [Bol07].) bzw. durch die anschließenden Ergebnisse des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die Anforderungen an die teilnehmenden Nationen werden in 6 so genannten „Schlüsselbotschaften“ zusammengefasst. Unter Punkt 3 „Innovationen in den Lehr- und Lernmethoden“ wird folgende Zielsetzung beschrieben: „Effektive Lehr- und Lernmethoden und -kontexte für das lebenslange und lebensumspannende Lernen entwickeln“ [EK00].

Im „Länderbericht“, der die Ergebnisse aus österreichischer Sicht zusammenfasst, wird verstärkt auf den Einsatz von IKT-gestützten Technologien als integrativer Bestandteil hingewiesen [BMB01a, S.22f]. Durch den Einsatz Neuer Medien werden Innovationen in der Lehre und Didaktik angestrebt. „Die neuen Möglichkeiten wie Multimedialität und Interaktivität sollen zur Qualitätsverbesserung, zur Internationalisierung des Lehrangebotes und zur Erleichterung im Bildungszugang führen.“

Ein weiterer wissenschaftlicher Bericht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, „Die Trends der Hochschulbildung und ihre Konsequenzen“, befasst sich ebenfalls mit dem Thema der Entwicklung und Nutzung von neuen Lehr- und Lernformen [BMB01b, S.126ff]. Es werden ganz klare Empfehlungen für den Einsatz von IKT-basierenden Lehrmitteln ausgesprochen [BMB01b, S.201f].

Hoyer, Rektor der FernUniversität Hagen, antwortet auf die Frage, welche seiner Ansicht nach aktuell die dringendsten Punkte zum Erreichen der Bologna-Ziele bis 2010 seien, folgendermaßen [Hoy07]:
„E-Learning wird in der Hochschul-Zukunft eine wichtige Rolle spielen, denn die Modularisierung des Studiums erfordert einen höheren Betreuungsaufwand, den die Hochschulen bei gleich bleibenden Personalressourcen bewältigen müssen. So werden Selbstlernphasen in der modernen Lehre einen neuen Stellenwert erhalten. Weiter ist mit dem Bologna-Prozess verbunden, dass die zahlreichen Prüfungen überschaubar abgebildet werden müssen. Die neue Studienform zieht eine sehr viel höhere Anzahl von Prüfungen nach sich. Die Prüfungsämter müssen sich auf deren Verwaltung einrichten und auf das Bedürfnis der Studierenden, jederzeit wissen zu wollen, wo sie stehen.“

Die Bemühungen auf europäischer und österreichischer Ebene zeigen die Wichtigkeit des Lebenslangen Lernens in der heutigen Zeit. Alle Initiativen messen den Neuen Medien eine entscheidende Rolle im Verbesserungsprozess der Aus- und Weiterbildung bei. Selbstreguliertes Lernen sowie eine verbesserte Prüfungsorganisation sind zukünftige Ziele. Bzgl. Prüfungen gilt es auch, die unklare rechtliche Situation zu klären.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist eine sorgfältige didaktische Planung des Einsatzes elektronischer Medien auf Basis bekannter Lern- und Lehrtheorien bzw. -strategien erforderlich.

2.3 Theorien und Strategien

2.3.1 Lerntheorien

Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten psychologischen Modelle und Theorien zum Thema Lernen, die sich im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelt haben. Die Lerntheorien verfolgen auf der einen Seite das Ziel zu erklären, wie Wissen erworben werden kann und versuchen auf der anderen Seite, diese Lernprozesse zu beschreiben. Die Wandlung der Lernenden von passiven Individuen zu aktiven Teilnehmern kann in den folgenden 3 Modellen nachvollzogen werden.

Behaviorismus

Der Behaviorismus sieht den Menschen als ein passives Wesen, das nur reagiert statt agiert und von Reizen gesteuert wird. Auf einen Reiz folgt eine bestimmte Reaktion. Lernen wird so als ein konditionierter Reflex gesehen. Vorgänge und Lernstrategien bleiben in diesem von John B. Watson 1913 entwickelten Modell weitestgehend unberücksichtigt. Der Lernprozess wird als „Black Box“ gesehen [Sin04, S.16f].

Minass [Min02, S.14ff] führt drei unterschiedliche behavioristische Theorien an:

- Die klassische Konditionierung nach Iwan P. Pawlow beschreibt den Lernvorgang als eine neue Assoziation zwischen einem neutralen und einem natürlichen Reiz.
- Die Verbindungslehre nach Edward L. Thorndike: Im Gegensatz zu Pawlow beschreibt Thorndike Lernen als Verbindung von Reiz und Reaktion. Es geht dabei nicht um das Begreifen einer Situation. Der Lerneffekt tritt lediglich durch das Merken von positiven Reaktionen auf seine Handlungen ein.
- Die operative Konditionierung durch Burrhus F. Skinner: Diese basiert auf der Theorie von Thorndike und besagt, dass es zwei Arten von Handlungen gibt. Handlungen, die durch einen bestimmten Reiz ausgelöst werden, bzw. Handlungen die nicht auf identifizierbaren Reizen basieren. Die erste Handlungsgruppe kann auch der klassischen Konditionierung und der Verbindungslehre zugeordnet werden. Ein auf der behavioristischen Theorie von Skinner basierendes e-Learning Konzept ist „Drill & Practice“. Damit werden Übungs- und Testsysteme bezeichnet, bei denen die diagnostische Funktion zum Festigen des Lehrstoffs das Hauptziel ist. Sehr häufig findet dieses Konzept im Bereich des Sprach- und Mathematikunterrichts seine Verwendung. Durch Wiederholen und Üben soll Wissen gefestigt, vertieft und aufgefrischt werden [Min02, S.70ff].

Die Steuerung des Lernprozesses geht im Behaviorismus von den Lehrenden aus. Zum Einsatz kommt dieser vorrangig, um Faktenwissen zu überprüfen, wobei die Lernziele als „Richtige Antworten geben“ definiert sind. Mögliche Formen sind Übungstests, Rätsel, diverse Quizformen und Klausuren auf Basis einfacher Fragetypen wie Multiple Choice und Lückentext Aufgaben. Den Lernenden wird kaum ein Freiraum bezüglich Interaktion und freier Ablaufgestaltung gegeben.

Kognitivismus

Der Kognitivismus, der um 1950 begann den Behaviorismus zu ersetzen, geht in seiner Theorie davon aus, dass das Lernen durch kognitive Prozesse beeinflusst wird. Auf Basis externer Informationen wird Wissen aufgebaut, welches in weiterer Folge eigenständig verwendet werden kann. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zum Behaviorismus, der das Zusammenspiel von Reiz und Reaktion in den Mittelpunkt stellt. Unterstützt wird dieser didaktische Wechsel vom Behaviorismus zum Kognitivismus durch die Möglichkeiten, die Online-Lernen für den selbstregulierten Lernprozess bietet [Sin04, S.4].

Im Zusammenhang mit der rasanten Verbreitung von Computern beschreibt Maurer [Mau00, S.3ff] die Idee einer „Wissenstransfermaschine“. Wissen soll, unterstützt durch neue Technologien, einfach in die Köpfe der Menschen eingefüllt werden. Aber gerade die Erkenntnisse der kognitiven Psychologie verdeutlichen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Die Technologie kann lediglich unterstützend eingreifen und den Lernprozess dadurch abwechslungsreicher, motivierender und auch effizienter gestalten.

Die Basis für den Kognitivismus bildet der Informationsverarbeitungsansatz, in dem der Mensch als informationsverarbeitendes Wesen angesehen wird [Min02, S.16]. Information wird aufgenommen, kognitiv weiterverarbeitet und gespeichert. Das Weiterverarbeiten führt zu einem sogenannte „Aha-Erlebnis“.

Als ein Beispiel im Bereich des computerunterstützten Lernens nennt [Sin04, S. 22] den Einsatz von intelligenten tutoriellen Systemen. Diese bieten den Lernenden eine freie Lernwegsteuerung auf Basis vorgegebener Problemstellungen sowie vorgeschlagene Lernpfade, die anhand erzielter Lernerfolge berechnet werden.

Die Lehrenden fungieren in diesem Modell als Beobachter und Hilfesteller. Die Lernziele sind das Lösen von Problemen und das Auffinden von geeigneten Methoden zur Antwortfindung. Anwendung findet der kognitivistische Ansatz in adaptiven e-Learning Systemen und Programmen mit künstlicher Intelligenz.

Konstruktivismus

Im Zentrum des Konstruktivismus steht die Auffassung, dass es kein objektiv richtiges Wissen gibt. Wissen entsteht aus der subjektiven Wahrnehmung, der subjektiven Konstruktion von Ideen und beruht auf eigenen Erfahrungen. Wissen ist eine individuelle Wirklichkeit. Bei der Planung und Gestaltung von Lehreinheiten ist auf einen hohen Grad an Authenzität, auf multiple Kontexte und Perspektiven, auf die Berücksichtigung der sozialen Einbettung sowie auf selbstregulierte Lernprozesse zu achten. Folglich ist das Lernen nach konstruktivistischen Modellen eine aktive, individuelle Form der Wissenskonstruktion, im Gegensatz zum reinen Aufnehmen, Verarbeiten und Speichern von Informationen, wie dies im kognitivistischen Ansatz der Fall ist [Sin04, 25f].

Die Lehrenden nehmen die Rolle eines Coaches ein, dessen Hauptaufgabe es ist, mit den Studierenden zu kooperieren. Als Lernziel steht das Bewältigen dynamischer, komplexer Situationen im Vordergrund. Im Gegensatz zum Kognitivismus ist die Problemstellung nicht vorgegeben.

Ein mögliches Einsatzszenario ist die Wissensgenerierung durch die Studierenden in Form von selbsterstellten Fragen und Übungstests, wobei die abschließende Qualitätssicherung Aufgabe der Lehrenden ist. [Ast02, S. 89] berichtet von verbesserten Lernergebnissen beim Einsatz dieser Methode im Zuge des California Critical Thinking Tests. Die Verwendung von unterschiedlichen Fragetypen führte zu einem kritischen Auseinandersetzen mit dem Lerninhalt.

Technische Anwendung findet der Konstruktivismus in Hypermedia Systemen wie dem Internet und Software Simulationen.

Die Umsetzung von virtuellen Lehreinheiten mittels konstruktivistischer Konzepte ist durchaus möglich [AS99, S.95f]. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Umdenken aller Beteiligten. Die Studierenden müssen sich aktiv einbringen und vermehrt Einsatz zeigen. Auf Seiten der Lehrenden bedarf es eines gewissen Loslassens, einer Kontrollübergabe an die Studierenden. Weiters wird sich die Zeit für die Betreuung der Studierenden nicht mehr allein auf die fix dafür vorgesehenen Zeiten reduzieren.

Allerdings weisen Astleitner und Sindler auf ein ganz zentrales Problem hin - das Fehlen von geeigneten Instrumenten und Techniken für die Leistungsbeurteilung. Es ist nicht im Sinne des Konstruktivismus, im Rahmen von Prüfungen auf Synthese, Analyse und Evaluation zu verzichten. Dieser Aspekt ist natürlich aus Sicht von e-Testing besonders relevant, da sich der ganzheitlich konstruktivistische Ansatz erst durchsetzen wird, wenn geeignete Prüfungsmethoden zur Verfügung stehen.

Trotzdem wächst die Bedeutung des Konstruktivismus in der Aus- und Weiterbildung und wird zur zentralen Idee im Bereich e-Learning. Ein möglicher Grund könnte die zunehmende Verbreitung des Internet, mit seiner hypertextartigen und chaotischen Struktur sein, die am ehesten dieser Lerntheorie entspricht [BHM02, S.22]. Baumgartner, Häfele und Maier-Häfele stützen sich bei dieser These auf die Studien von Inglehart 1997.

Fallstudie

In ihrer Fallstudie mit dem Titel „Assessment in E-Learning Environments: A Comparison of three Methods“ [MSG06], führten Mödritscher, Spiel und Garcia-Barrios einen Vergleich der drei Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus durch, in dem sie Assessments auf Basis dieser Konzepte erstellten, diese den Studierenden an der Fachhochschule CAMPUS 02 im Rahmen der Vorlesung „Informationsdesign“ zuwiesen und die Lernergebnisse analysierten (siehe auch Kapitel 5.4 Informationsdesign). Die zentralen Fragestellungen lauteten: Welche Kompetenzen sollen an die Studierenden vermittelt werden? In welchem Ausmaß sollen die Kompetenzen erlangt werden? Wie können die Ergebnisse der Lernprozesse gemessen werden?

Die Resultate der Studie zeigten, dass der Ansatz des Behaviorismus sehr effizient, aber auch zeitintensiv, sowohl für die Lehrenden als auch für die Studierenden, ist. Die Methode des Kognitivismus war aufgrund des verstärkten Einsatzes von e-Learning Tools ineffizient. Positiv wurde angemerkt, dass der Zeitaufwand für die Vorbereitung und das Absolvieren des Kurses geringer als bei der Methode des Behaviorismus war. Der konstruktivistische Ansatz führte zu guten Lernergebnissen, bei einem geringen Aufwand für Lehrenden und Studierende. Als Empfehlung wurde ausgesprochen, die Assessment Methode abhängig vom zu erreichenden Lernziel zu wählen.

2.3.2 Lernstrategien

Lernstrategien sind eine wichtige Komponente für das Erreichen eines zufriedenstellenden Lernergebnisses. Ziel ist es, die Effektivität des Lernens zu erhöhen. Studierende, die wissen wie man richtig lernt, werden bessere Ergebnisse liefern [Sin04, S.55ff]

Eine Kategorisierung von Wild, Schiefele und Winteler teilt die Lernstrategien in folgende Bereiche ein [WSW92].

Kognitive Lernstrategie

Diese dient vorrangig dem Aufnehmen und Merken von Lerninhalten. Zentrale Punkte sind das Strukturieren von und das kritische Auseinandersetzen mit Wissen sowie die Fähigkeit, Gelerntes mit eigenen Worten wiedergeben zu können.

Metakognitive Lernstrategie

Der Lernprozess wird als Kreislauf von drei Phasen gesehen, wobei vor allem die Phase 2 für den Bereich e-Testing interessant ist:

1. Zeitliche und inhaltliche Erstplanung
2. Permanente Selbstkontrolle des Lernprozesses, um die gesetzten Ziele zu erreichen (Übungstests, Self-checking-exercises)
3. Neuausrichtung der Planung auf Basis der Ergebnisse der Kontrollphase

Ressourcenbezogene Lernstrategie

Dieser Bereich der Lernstrategien befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Nutzen von materiellen und sozialen Ressourcen. Die Möglichkeiten von ressourcenbezogenen Lernstrategien werden durch die Verwendung von computergestützten Medien stark erweitert. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien schaffen ein hohes Maß an Orts- und Zeitunabhängigkeit.
Weiters zählen das Schaffen einer geeigneten Lernumgebung, ein effizientes Zeitmanagement und Selbstmotivation zu den Kernthemen.

2.3.3 Lehrtheorien

Im Zentrum der Lehrtheorien steht die Frage, wie Lernergebnisse am effizientesten erreicht werden können, welche Strategien die effektivsten zur Wissensvermittlung sind. Sie geben konkrete Anleitungen wie vorgegangen werden soll. Im Gegensatz dazu beschreiben die oben angeführten Lerntheorien, wie Personen lernen, und beschäftigen sich nicht mit dem Weitergeben von Wissen.

Eine mögliche Einteilung, basierend auf den unterschiedlichen Arten des Lernens, ist in Tabelle 1 zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Arten des Lernens [Min02, S. 20]

Als Kategorien für die Untergliederung dient auf der einen Seite das Ziel, Wissen zu erlangen sowie die Strukturierungsart der Lernprozesse. Zufälliges Lernen ist weder zielorientiert noch strukturiert. Es spielt im täglichen Leben, vor allem im Kindesalter, eine große Rolle. Rituale dienen nicht der Wissensvermittlung, sondern dem sozialen Kontakt. Sie sind strukturiert, aber nicht zielorientiert. Entdeckendes Lernen ist unstrukturiert und zielorientiert. Die Lernenden nehmen aktiv durch Probieren und Experimentieren am Lernprozess teil. Lernen durch Unterweisung wird vorrangig von den Lehrenden gesteuert, die die Struktur und das Lernziel vorgeben. Anwendung findet diese Theorie in der computerunterstützten Lehre und somit auch im e-Testing [Min02, S.20f].

2.3.4 Lehrstrategien

Eine Lehrstrategie ist der Plan zur Erreichung eines Lehrziels. Dieser besteht aus einer Folge von Maßnahmen für die Lernenden, um dieses Ziel zu erreichen [GTW86, S.47ff].

Lehrstrategien können auf unterschiedliche Arten eingeteilt werden. Astleitner beschreibt 20 unterschiedliche Lehrstrategien, die dem FEASP-Ansatz zu Grunde liegen [Ast02, S.46ff]. Zum Einsatz kommt dieses auf negativen und positiven Emotionen basierende Modell in computerunterstützten Lehrprogrammen. Die Hauptkategorien bilden dabei die Bereiche Fear (Angst, im Besonderen Prüfungsangst), Envy (Neid), Anger (Ärger), Sympathy (Sympathie) und Pleasure (Vergnügen). Für jede dieser Hauptkategorien werden mehrere Lehrstrategien definiert. Im Folgenden seien einige beispielhaft genannt, die eine besondere Relevanz für den Bereich e-Testing aufweisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Auszug aus „Allgemeine Lehrstrategien des FEASP-Ansatzes“ [Ast02, S.47]

Minass [Min02, S.22f] beschreibt drei Arten von Lehrstrategien. Die traditionelle, die auf der behavioristischen Lerntheorie beruht. Hauptaufgabe der Lehrenden in diesem Ansatz ist die Aufteilung von Lerninhalten in kleinste Elemente. Die zweite Strategie basiert auf der Kognitionspsychologie und stellt mehr die Lernenden in den Mittelpunkt. Das Strukturieren von Information und das Finden von Lösungen wird forciert. Durch die dritte Art sollen verstärkt interaktive Elemente wie Aufgaben, Übungen und Tests sowie Beispiele zum Einsatz kommen. Diese aus der Physiologie stammende Lehrstrategie hat zum Ziel, beide Gehirnhälften gleichermaßen anzusprechen.

Aufbauend auf die vorgestellten Theorien und Strategien des Lehrens und Lernens, werden im folgenden Abschnitt die daraus resultierenden methodischen Möglichkeiten für den Einsatz von elektronischen Medien in der Aus- und Weiterbildung, im Speziellen von e-Testing, aufgezeigt. Hinter jedem e-Learning Einsatz muss ein didaktisches Modell liegen, welches die Erfahrungen der Studierenden und die Erkenntnisse aus der Lehr- und Lernforschung berücksichtigt.

2.4 Methodische Möglichkeiten

Neue Medien, und damit auch der Bereich e-Testing, nehmen mehr und mehr Einzug in die aktuelle Unterrichtsgestaltung der Aus- und Weiterbildung. Für den Erfolg einer bestimmten Schulungsmethode sind mehrere Aspekte ausschlaggebend. Zum einen sind es die individuellen Eigenschaften der Studierenden, zum anderen die Charakteristika der gewählten Lernform. Es ist das Zusammenwirken dieser beiden Komponenten, das über den Nutzen entscheidet [DG98, S. 65]. Weiters spielt die Art der Einbindung von Informationstechnologien in die traditionelle Lehre eine entscheidende Rolle.

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Integrationsvarianten und einige ausgewählte Einsatzmodelle, mit dem Schwerpunkt e-Testing, dargestellt.

2.4.1 Einbindungskonzepte

Die Einbindung Neuer Medien in die klassische Präsenzlehre ist laut Sindler [Sin04, S.103ff] auf drei verschiedene Arten möglich. Dadurch entstehen zusätzlich zum Frontalunterricht, wie wir es vom traditionellen Lernen her kennen, weitere sinnvolle Aus- und Fortbildungsvarianten.

Anreicherungskonzept

Die Hauptteile des Lehrstoffs werden in Form von klassischen Präsenzveranstaltungen vermittelt. Ergänzt wird dieser traditionelle Unterricht durch Lernunterlagen, die von den Lehrenden online zur Verfügung gestellt werden. Eine besonders geeignete Möglichkeit stellen e-Testing Module zu Selbstlernzwecken dar, wie auch die Ergebnisse der ExpertInneninterviews zeigen.
„Die Studierenden nehmen diese Möglichkeit der Übung und direkten Prüfungsvorbereitung sehr gut an, wobei außerdem ein hoher Lerneffekt zu beobachten ist.“ [Interviewprotokoll 3]

„Die Verwendung von e-Testing Modulen in Form von Übungstests in Moodle wird auf jeden Fall fortgesetzt.“ [Interviewprotokoll 1]

Auch die Studierendenbefragung brachte ein ähnliches Ergebnis. 90% der Befragten sprechen sich für einen verstärkten Einsatz von e-Testing Modulen zu Übungszwecken aus um damit die Selbstüberprüfung, Selbsteinschätzung und Klausurvorbereitung zu unterstützen. (siehe Abbildung 26: Studierendenbefragung - Frage 10)

Integrationskonzept
Im Integrationskonzept ist der Einsatz Neuer Medien gleichwertig mit den klassischen Präsenzveranstaltungen zu sehen. Online- und Präsenzphasen wechseln sich in einem sinnvoll auf einander abgestimmten Verhältnis ab und ergänzen sich somit. Zu beachten sind dabei die pädagogischen Grundsätze, die durch die didaktischen Modelle des Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus vorgegeben werden.

Die Verwendung von computergestützten Medien für den Zugriff auf Lernunterlagen, für die Teilnahme an Gruppen- und Projektarbeiten spielt dabei eine ganz zentrale Rolle. Peer-Reviews, eine mögliche Einsatzvariante für e-Testing Module, stellen in diesem Zusammenhang ein sinnvolles Werkzeug dar. „Diese werden auf der einen Seite für die gegenseitige Bewertung von Projektaufgaben der Studierenden genutzt, und auf der anderen Seite, um konstruktive Rückmeldungen von den Studierenden zum Vorlesungsinhalt zu erhalten. Dieses Einsatzszenario nutzt die Perspektivenvielfalt. Der Mehrwert dabei ist der Eindruck, wie Andere Inhalte umsetzen. Man gewinnt neue Ideen und Erfahrungen. Weiters dienen Peer-Reviews der gezielten Weiterentwicklung der Lehrinhalte. Die Rückmeldungen von möglichst verschiedenen Personen, die unterschiedlichen Sichten und Meinungen sind dabei sehr wichtig.“ [Interviewprotokoll 2]

Virtuelles Konzept

Unter dem virtuellen Konzept versteht man das annähernd vollständige Ersetzen des klassischen Präsenzunterrichts durch virtuelle Lehrveranstaltungen. Diese werden lediglich in einem sehr geringen Ausmaß, meist zu Beginn und am Ende der Ausbildung, durch traditionelle Präsenzphasen unterstützt. Sinnvoll erscheint diese Unterrichtsform nur dann, wenn die örtliche und zeitliche Unabhängigkeit, z.B. auf Grund von Berufstätigkeit, absolut notwendig ist. Ein Beispiel für den Einsatz dieses Konzeptes stellt die virtuelle FernUniversität in Hagen [FUH07] dar. Vorlesungen, Seminare, Übungen, Praktika und sogar mündliche Prüfungen (per Videokonferenz) werden mittels Computer abgehalten. Einzig das Absolvieren von schriftlichen Klausuren findet in Form von Präsenzveranstaltungen statt [AS99, S. 45ff].

Ein ganz ähnliches Konzept verfolgt die Universität Linz mit ihrem Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften [LRS07]. Van Winsen [vWi00, S. 109ff] führt noch etliche weitere Beispiele an, die teilweise bereits im Jahr 1989 in den USA gegründet wurden.

Die größte Anwendung findet aktuell das Integrationskonzept. Dieser Umstand ist auch in den in Kapitel 5 „Praxisbeispiele im Vorlesungseinsatz“ vorgestellten Vorlesungen ersichtlich.

Um die Möglichkeiten, die die Neuen Medien für die Unterrichtsgestaltung bieten voll ausschöpfen zu können, sind auf Seiten der Lehrenden eine Vielzahl an pädagogischen, sozialen, leitenden, unterstützenden und technischen Aufgaben wahr zu nehmen [Sin04, S.105ff]. Letztendlich ist es die Qualität der Aufgabenerfüllung, die über Erfolg oder Misserfolg der gewählten Unterrichtsmethode entscheidet.

2.4.2 Ausgewählte Modelle medienbasierter Lernarrangements

Die Kombination von traditionellen Unterrichtsmethoden und Neuen Medien bezeichnet Sindler als ein medienbasiertes Lernarrangement. „Es umfasst Lernaufgaben, Lernmittel, die Methodik, den sozialen Kontext, die Lehrenden, ExpertInnen und andere Studierende sowie die zur Verfügung stehenden Werkzeuge , in diesem Fall die Medien.“ [Sin04, S.93]

Auf Basis der im vorangegangen Kapitel erläuterten Integrationsvarianten von elektronischen Medien in die traditionelle Lehre, werden nun einige Modelle für den medienbasierten Einsatz in der Lehre nach [Sin04, S.103ff] vorgestellt. Schwerpunktmäßig wurden jene ausgewählt, die einen unmittelbaren Zusammenhang zum Thema e-Testing darstellen.

Kollaboratives Lernen

Kollaboratives oder kooperatives Lernen meint das Lernen in Gruppen, in denen die Mitglieder gleichberechtigt Wissen austauschen und erwerben. Leistungsschwache Studierende profitieren besonders von diesem Lernmodell. Einen wichtigen Teilaspekt stellt die kollaborative Erweiterung bestehender bzw. die kollaborative Erstellung neuer Lernmaterialien dar. Anwendung findet dieses Szenario beispielsweise in der Umsetzung von Fragepools zu Selbstlernzwecken und zur Prüfungsvorbereitung durch die Studierenden.

„Die Idee des Konzeptes ist es, die Klausurfragen von den Studierenden selbst erstellen zu lassen und so den Lerneffekt zu erhöhen. Sie sollen den Lehrstoff im Rahmen einer e-Learning Phase in mehreren Arbeitsschritte durchlaufen: Literaturrecherche, Auswertung eines Themas, Auswertung einer Fallstudie, Präsentation und Zusammenstellung der Klausurfragen.“ [Interviewprotokoll 3]

Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Qualitätssicherung der erstellten Inhalte durch die Lehrenden. Der hohe Aufwand für die Überarbeitung und Korrektur der von den Studierenden erstellten Fragen war der Grund, warum dieses Projekt nicht fortgeführt wurde.

„Die Studierenden besitzen teilweise nicht die notwendigen Kompetenzen, um Fragen zu formulieren. Fragen müssen eine hohe Qualität haben.“ [Interviewprotokoll 3]

Situierte Kompetenzentwicklung

Im Mittelpunkt des situierten Lernens stehen realitätsnahe Situationen, die von den Studierenden Handlungen verlangen. Dieses Modell wird auch als „Learning-by-doing“ bezeichnet. Gelernt wird durch den Arbeitsprozess selbst, durch Kommunikation, Handlung und Erfahrung. Konkrete Beispiele für den Bereich e-Testing stellen Planspiele (z.B. virtuelle Übungsfirmen für den Bereich Betriebswirtschaft) und Simulationen (z.B. in der Flugausbildung und Medizin) dar. Eine wichtige Rolle spielt dabei die spielerische Komponente.

„Insgesamt soll der spielerische Einsatz von e-Testing Modulen verstärkt werden, da dies die Lernmotivation fördert.“ [Interviewprotokoll 2]

Kontrolle von Lernprozessen

Die Kontrolle und Überprüfung von Lernprozessen kann von zwei Seiten aus durchgeführt werden. Von den Lehrenden, oder im Sinne des selbstregulierten Lernens, von den Studierenden selbst. In beiden Fällen geht es dabei um das Einholen und Bewerten von Feedback zu einer erbrachten Leistung. E-Testing Module eignen sich für dieses Lernarrangement im besonderen Maße. Vor allem die Möglichkeit der Selbstevaluation durch die Studierenden (Self-checking-exercises) wird sehr gut aufgenommen.

„Die e-Testing Module können zu Übungszwecken ohne zeitliche Begrenzung und beliebig oft von zu Hause aus absolviert werden. Diese Möglichkeit wird von den Studierenden sehr gut angenommen.“ [Interviewprotokoll 3]

„Sinnvoll wäre ein e-Testing Modul zur Reflexion am Ende eines Kapitels, um sich mittels Self-checking-exercises den Lerninhalt wieder ins Gedächtnis zu rufen. [Interviewprotokoll 2]

Entscheidend für die Qualität dieser Art von Lernprozesskontrolle ist eine gute didaktische Aufbereitung der Übungstests.

„Wichtig sind eine gute Kombination von Fragentypen und ein aussagekräftiges Feedback. Ganz entscheidend ist die Anzeige“ was war richtig/was war falsch“ sowie „warum ist es falsch/warum ist das andere richtig“. Z.B. Anreicherung mit Bildern und Hyperlinks um auf Beispiele und weiterführende Informationen verweisen zu können, wenn eine Frage falsch gelöst wurde.“ [Interviewprotokoll 2]

Bewertung von Lernprozessen

Im Vergleich zur Lernprozesskontrolle steht bei der Lernprozessbewertung die Beurteilung im Zentrum des Verfahrens. Gemeint sind Prüfungen und Klausuren, die in der Regel zu einer Benotung der erbrachten Leistung führen. Prinzipiell sind e-Testing Module für dieses Lernmodell gleichermaßen geeignet wie für den Einsatz in der Lernprozesskontrolle. Einziger gravierender Unterschied ist die zum momentanen Zeitpunkt unklare rechtliche Situation.

„Vor dem Einsatz von e-Testing Modulen für Klausuren sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. … Nie eingesetzt wurden die e-Testing Module für Klausuren. Hierfür fehlen die rechtlichen Rahmenbedingungen wie Datenschutz, etc., was auch ein aktuelles Thema am CAMPUS 02 ist. Der Einsatz könnte aufgrund der hohen Studentenanzahl einen erheblichen Mehrwert, z.B. Arbeitserleichterung für Lehrende, mehr Möglichkeiten zum Üben für Studierende, bringen. Oft ist die Infrastruktur der Bildungseinrichtung noch nicht dafür geschaffen“ [Interviewprotokoll 5]

Fachspezifische Modelle

Die fachspezifischen Modelle unterteilt Sindler in diskursive, logisch-funktionale und sprachliche Inhalte. Im diskursiven Bereich spielen vor allem Übungsaufgaben (z.B. offene Aufgabenstellungen, Self-checking-exercises) eine ganz zentrale Rolle. Weniger interessant erscheinen aktuell Experimentierumgebungen (z.B. Simulationen) und Assessments (z.B. Test, Prüfungen, Klausuren).

Ähnlich wie bei den diskursiven Inhalten, finden e-Testing Module in Form von Übungsaufgaben auch bei den logisch-funktionalen Inhalten großen Zuspruch. Zusätzlich haben auch Simulationen und diverse Quizarten einen hohen Stellenwert. Weniger Relevanz besitzen aktuell Peer-Reviews und Pre-Assessments, wobei den Peer-Reviews von Seiten der interviewten Experten eine höhere Beachtung geschenkt wird.

„Weiter forciert werden sollen Peer-Reviews. Inhalte werden generiert, gegenseitig bewertet und durch den Lehrenden qualitätsgesichert. Dieser Zyklus kann öfters durchlaufen werden, um die Inhalte besser zu festigen.“ [Interviewprotokoll 2]

Auch im sprachlichen Bereich bringt der Einsatz von e-Testing Modulen Vorteile mit sich.

„Der Einsatz von e-Learning im Allgemeinen und e-Testing im Speziellen ist vor allem im Bereich der Sprachen sinnvoll. Schriftliche Arbeiten können in die e-Learning Phase ausgelagert werden. Somit kann die Zeit in der Präsenzphase verstärkt für das Sprechen genützt werden.“ [Interviewprotokoll 1]

Sindler [Sin04, S.234ff] listet in Summe 43 Modelle medienbasierter Lernarrangements auf. Dies zeigt das immense Potential, das der Einsatz von medienbasierten Elementen in der Aus- und Weiterbildung hat. In einem großen Teil davon finden e-Testing Module eine sinnvolle Verwendung.

Welchen Einfluss die vorgestellten Einbindungskonzepte und medienbasierten Modelle auf das Wissensmanagement von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen haben, wird im folgenden Kapitel näher erläutert. Dabei geht es auf Seiten der Studierenden vor allem um die Identifikation, den Erwerb und die Entwicklung von Wissen. Der Austausch von Erfahrungen und die gegenseitige Unterstützung beim Konzipieren und Umsetzen von computerunterstützten Lehrszenarien sind die wichtigsten Aspekte, die Lehrenden betreffend.

2.5 Einfluss auf Wissensmanagement

Wissensmanagement ist ein Managementkonzept, um vorhandene Potentiale der Ressource „Wissen“ zu erkennen und gezielt zu nutzen [BBS01, S.55].

Die Kernprozesse des Wissensmanagements sind laut Probst, Raub und Romhardt [PRR99]: Wissensidentifikation(-transparenz), Wissenserwerb, Wissensentwicklung, Wissensverteilung, Wissensnutzung und Wissensbewahrung. Diese sechs Prozesse stellen das Beobachtungsergebnis von Problemstellungen großer Unternehmen und deren Kategorisierungen dar. Die beiden weiteren Bausteine Wissensbewertung und Wissensziele fungieren als Steuer- und Regelinstrumente.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bausteine des Wissensmanagements nach [PRR99, S. 58]

E-Testing Module spielen in diesem Gesamtkreislauf eine wichtige Rolle. Anknüpfungspunkte bieten die Prozesse Wissenserwerb, -entwicklung, -verteilung, -nutzung, -bewertung und die daraus resultierenden Wissensziele.

Aus Sicht von Universitäten und Fachhochschulen nehmen vor allem die Bereiche Wissenserwerb, Wissensentwicklung und Wissensbewertung eine ganz zentrale Position ein. E-Testing Module können dabei einerseits zu Übungs-, Selbstüberprüfungs- und Selbsteinschätzungszwecken der Studierenden eingesetzt werden und andererseits besteht die Möglichkeit, sie zur Vorlesungsbewertung in Form von computergestützten Klausuren zu verwenden.

Beim Einsatz Neuer Medien darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass spezifische Fähigkeiten, wie z.B. Umgang mit dem Computer, erforderlich sind und aktuell bereits Schlüsselqualifikation darstellen. Ziel muss es sein, die geforderten Kompetenzen so gering wie möglich zu halten, bzw. diese durch entsprechende Schulungsmaßnahmen zu fördern [Sin04, S.72, S.198].

Um den Einfluss von e-Testing auf das Wissensmanagement aus Sicht der Lehrenden näher zu beleuchten, wurden im Rahmen der durchgeführten ExpertInneninterviews auch Fragen zu diesem Thema gestellt (der vollständige Leitfaden sowie die Interviewprotokolle sind in ANHANG A: ExpertInneninterview - Leitfaden bzw. ANHANG B: ExpertInneninterview - Interviewprotokolle ersichtlich).

Die Befragungen von Dr. Sindler und Dipl.-Ing. Mödritscher führten zu folgendem Ergebnis:

Dem Einfluss von e-Testing auf das Kompetenz-Management als Teil des Wissensmanagements wird von beiden Experten die größte Bedeutung beigemessen. Die Schwerpunkte liegen dabei in der Identifikation, dem Erwerb und der Entwicklung von Wissen. Tests können in der Identifikationsphase genutzt werden, um den Wissenstand von Studierenden am Vorlesungsbeginn zu erheben und Lernpräferenzen aufzufinden. Es gilt aber zu beachten, dass für den Einsatz von e-Testing, sowohl auf Lehrenden- als auch auf Studierendenseite, Kompetenzen im Umgang mit Computern benötigt werden.

Bereits bei der Entwicklung, bei der auch die Studierenden eingebunden werden können, und beim Einsatz von e-Testing Modulen sollen Kompetenzmodelle berücksichtigt werden. Ziel ist eine formale Beschreibung für die inhaltliche Zuordnung von computergestützten Tests zu einer oder mehreren Kompetenz(en). Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Arten von Kompetenzen durch e-Testing im gleichen Ausmaß vermittelt werden können, wie dies in der traditionellen Ausbildung der Fall ist [MS05].

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Vernetzen von Lehrenden untereinander. Dabei geht es auf der einen Seite um eine gegenseitige Hilfestellung für das Erstellen eines pädagogischen Gesamtszenarios von Vorlesungen, und andererseits um einen Austausch von erstellten Fragen und Tests.

Die Studierenden nehmen den Einsatz von e-Testing durchaus positiv auf. Vor allem der Lerneffekt durch elektronische Übungstests bzw. Self-checking-exercises wird als wichtig und zielführend eingestuft.

Die in diesem Kapitel beschriebenen Einflüsse von e-Testing auf den Bereich Wissensmanagement finden sich auch in den nächsten beiden Abschnitten der Vor- und Nachteile von computerunterstützten Tests wieder.

2.6 Vorteile von e-Testing

Um die Vorteile von e-Testing im Speziellen zu beleuchten, erscheint ein Blick auf den übergeordneten Bereich e-Learning sinnvoll. Astleitner und Sindler [AS99, S.40ff] nennen vierzehn Vorteile für den Einsatz von Telelernen, die zu einem großen Teil auch mit dem Bereich e-Testing im Zusammenhang stehen, bzw. auf diesen umgelegt werden können. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Aspekt des Studierens neben dem Beruf, der am CAMPUS 02 durch die mehrheitlich berufsbegleitend angebotenen Studiengänge von großer Wichtigkeit ist.

Die Einbindung von e-Testing Elementen in die Aus- und Weiterbildung bietet eine gute Möglichkeit die Vorteile der Neuen Medien mit jenen der traditionellen Lehrmethoden zu kombinieren. Wird bei der Erstellung von elektronischen Tests in hohem Maße auf das Einbeziehen aller Sinneskanäle (Hören, Sehen, Reden und Tun) geachtet, so können ausgezeichnete Lernerfolge erzielt werden. Vor allem in der Handlungsorientiertheit, dem Tun, liegt großes Potential. An dieser Stelle sind vor allem die Hersteller von e-Testing Autorentools gefordert, entsprechende Funktionen zur Verfügung zu stellen.

Obwohl natürlich die Lernenden im Zentrum der Überlegungen stehen, sind die Vorteile nicht allein auf diese Personengruppe reduziert. Auch aus Sicht von Bildungsverantwortlichen und Lehrenden bringt der Einsatz von e-Testing einen großen Nutzen.

Allgemein ist anzumerken, dass sämtliche Vorteile nur bedingt bei beurteilungsrelevanten Prüfungen wirken, da diese aufgrund von offenen Rechtsfragen kaum Verwendung finden.

„Vor dem Einsatz von e-Testing Modulen für Klausuren sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. … Nie eingesetzt wurden die e-Testing Module für Klausuren. Hierfür fehlen die rechtlichen Rahmenbedingungen wie Datenschutz, etc., was auch ein aktuelles Thema am CAMPUS 02 ist“ [Interviewprotokoll 5]

Im Folgenden werden die wichtigsten Vorteile dargestellt und durch die Auswertungsergebnisse aus den ExpertInneninterviews und Studierendenbefragungen hinterlegt.

Orts- und Zeitunabhängigkeit

Das Bereitstellen von Lerninhalten in Form von e-Testing Modulen über das Internet bringt für die Studierenden eine Menge an Vorteilen. Weite Anreisezeiten fallen weg und die zur Verfügung stehende Lernzeit kann individuell eingeteilt werden. Speziell für berufsbegleitende Studien wie am CAMPUS 02 stellt dies einen großen Nutzen dar, wie auch die Ergebnisse der Studierendenbefragung zeigen. Die Orts- und Zeitunabhängigkeit wurde an dritter Stelle gereiht

Der Ansatz, Teile von Präsenzveranstaltungen in Telephasen auszulagern, führte in weiterer Folge zu vollständigen Fernstudien. Ein Beispiel dafür stellt die virtuelle FernUniversität Hagen dar [IK02, S. 349ff].

Zeit- und Kostenersparnis

Die Wiederverwendbarkeit, leichte Anpassbarkeit und Erweiterbarkeit sowie die schnelle Auswertung von Ergebnissen bringt für die Lehrenden langfristig gesehen eine große Zeitersparnis und Arbeitserleichterung.

„Obwohl der Aufwand für die Ersterstellung hoch ist, rentiert sich dieser bereits im zweiten Jahr.“ [Interviewprotokoll 1]

Um die Kostenersparnis durch Online-Tests zu untersuchen, führte Raith im Zuge seine Master Thesis einen Kostenvergleich zwischen traditionellen- und Online-Prüfungen durch [Rai04, S.85ff]. Als Basis der Kalkulation diente eine schriftliche Prüfung mit 1000 Studierenden. Der Vergleich brachte folgendes Ergebnis: Die Kostenersparnis durch den Einsatz von e-Testing beträgt für eine schriftliche Prüfung €4.960,-

Hoher Lerneffekt

Durch den Einsatz von multimedialen und interaktiven Inhalten, der das Einbeziehen aller Sinneskanäle (Hören, Sehen, Reden und Tun) ermöglicht, kann die Behaltensleistung auf bis zu 90% gesteigert und der Lernerfolg dementsprechend erhöht werden. Weiters unterstützt wird der Lerneffekt durch Funktionen wie die Auswahl von Fragen aus Zufallspools oder Simulationen, die nur mit Computer umsetzbar sind.

Speziell im Tun liegt der Schwerpunkt von e-Testing Modulen. Interaktive Übungen zum Erlernen neuer Inhalte sowie Selbsttests zu diagnostischen Zwecken für die Studierenden sind mögliche Einsatzvarianten.

Sowohl die ExpertInneninterviews als auch die Studierendenbefragungen brachten das Ergebnis, dass der hohe Lerneffekt durch Übungs- und Selbsttests einen immensen Mehrwert darstellt.

Selbstreguliertes Lernen

Durch die Möglichkeit, e-Testing Module eigenverantwortlich und selbständig durchzuführen, sowie das unmittelbare Feedback auf die erzielten Leistungen, unterstützten diese die Studierenden im selbstregulierten Lernen.

„Selbstreguliertes und Lebenslanges Lernen ist eine Forderung und stellt die aktuelle bildungspolitische Diskussion dar. Daher es ist notwendig, den Studierenden viele Methoden und Instrumente in die Hand zu geben, damit diese selbst den Lernprozess steuern, mitgestalten und lenken können. E-Testing Methoden sind aufgrund der direkten Rückmeldungen dafür gut geeignet.“ [Interviewprotokoll 2]

Wissensüberprüfung

E-Testing Module stellen eine gute Möglichkeit für die Wissensüberprüfung dar, was auch die Befragung der Studierenden gezeigt hat. Vor allem für Faktenwissen ist der Einsatz sehr sinnvoll. Etwas schwieriger gestaltet sich die Situation aktuell im Bereich der Handlungsorientiertheit, da die angebotenen Softwareprodukte wenig Unterstützung in diese Richtung bieten.

Schnelle Auswertung

Die schnelle Auswertung von Testergebnissen hat einen Nutzen für die Lehrenden und Studierenden. Durch die automatische und unmittelbare Korrektur entsteht eine extreme Zeitersparnis für die Lehrenden im Zuge der Lehrveranstaltungsbeurteilung. Das Erfüllen der Forderung „Liefere den Studierenden eine konstruktive, schnelle und umfassende Rückmeldung über ihre Lernbemühungen.“ [AS99, S.99] ist ein ganz wichtiger Vorteil für die Studierenden. Einerseits liefert es eine Orientierungshilfe im Lernprozess und andererseits führt es zur Steigerung der Motivation.

In den durchgeführten Umfragen wurde dieser Vorteil von beiden Zielgruppen sehr hoch bewertet.

Objektivität/Transparenz

Durch die Verwendung von computergestützten Tests, verbunden mit einer automatischen Auswertung der Ergebnisse, fällt der Faktor der subjektiven Beurteilung durch den Lehrenden weg. Die unterschiedliche Interpretation von Prüfungsergebnissen bietet immer wieder Stoff für die Diskussion zwischen Lehrenden und Studierenden. Eine Relevanz wird diesem Punkt allerdings nur von Seiten der Studierenden beigemessen.

Standardisierung

Standards spielen im Bereich e-Testing eine ganz wichtige Rolle.

„Standards sind ein wichtiger Aspekt in heterogenen Landschaften für die Übertragbarkeit (Import/Export) einzelner Fragen bzw. Tests und wurden in einem Projekt genutzt. Austauschbörsen wären in diesem Zusammenhang sehr sinnvoll.“ [Interviewprotokoll 2]

Wie bereits in Kapitel 3.2 „Standards“ aufgezeigt wurde, existiert aktuell eine große Menge an internationalen Bestrebungen. Weniger davon betroffen sind die Lehrenden. Es sind eher die IT-Verantwortlichen von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, die mit diesem Thema konfrontiert werden. Sie sind für das Zusammenspiel von Lernplattformen, e-Testing Autorentools und einzelnen Testmodulen bzw. Fragen zuständig.

Qualitätssicherung

E-Testing Module können auf zwei Arten für die Qualitätssicherung genutzt werden. Eine Möglichkeit stellt die gegenseitige Bewertung von Projektaufgaben in Form von Peer-Reviews (Peer-Assessments) durch die Studierenden selbst dar. Auf Basis von Rückmeldungen und Bewertungen anderer Personen können die erstellten Projektaufgaben gezielt weiterentwickelt und somit qualitativ verbessert werden.

Die elektronische Evaluierung von Lehrveranstaltung durch die TeilnehmerInnen ist das zweite Einsatzszenario.

„Durch die laufenden Rückmeldungen von den Studierenden erhalten die Lehrenden Informationen über die Heterogenität der Teilnehmer und über den aktuellen Wissensstand. Somit besteht die Möglichkeit, die Lehrmethoden anzupassen und die Lehrinhalte zu variieren.“ [Interviewprotokoll 2]

2.7 Nachteile von e-Testing

Auch für die Nachteile gilt Ähnliches wie für die Vorteile. Zahlreiche Nachteile, die sich auf den gesamten e-Learning Bereich beziehen, können auf e-Testing projiziert werden. Soziale Isolation, Voraussetzung von Kompetenzen im Umgang mit Computer und eingeschränkte didaktische Möglichkeiten sind einige Beispiele, die auch Astleitner und Sindler nennen [AS99, S.43f].

Beginnend mit den speziell für den Bereich e-Testing relevanten negativen Aspekten, listet der folgende Abschnitt die einzelnen Nachteile auf und hinterlegt diese mit den Auswertungsergebnissen der ExpertInneninterviews bzw. Studierendenbefragungen.

Eingeschränkte didaktische Möglichkeiten

Die didaktischen Möglichkeiten werden durch die aktuell zur Verfügung stehenden e-Testing Tools mit ihrer begrenzten Anzahl an Fragetypen und -funktionen, durch das Wissen der Lehrenden bzw. e-Testing Ersteller über diese Tools und durch das didaktische Know-how dieser Personen eingeschränkt. Schlecht um- und eingesetzte e-Testing Inhalte können zu einer Demotivation und Frustration auf Seiten der Studierenden führen. Dem muss vor allem durch eine entsprechende didaktische Schulung der Lehrenden, wie es am CAMPUS 02 in Form des „academic didactics“-Lehrganges angeboten wird, entgegen gewirkt werden.

Vor allem komplexe Inhalte in den Bereichen Softwareprogrammierung, Medizin und in der Persönlichkeitsbildung, sowie stark handlungsorientierte Themen lassen sich nur sehr schwer abbilden. Aber gerade die Handlungsorientierung ist es, die im Mittelpunkt der Forderungen von Aus- und Weiterbildungsorganisationen steht [IHK03, S.11]. Um dies zu erreichen, müssen die vorhandenen Fragetypen situationsbezogen eingesetzt werden, denn ein Multiple Choice Test und Handlungsorientierung schließen sich nicht grundsätzlich aus. Die Entwicklung solcher e-Testing Module kann sich jedoch sehr aufwändig gestalten. Andererseits ist zu überlegen, ob in manchen Bereichen praxisnahe Übungen nicht lerneffektiver sind, als der Einsatz von computerunterstützten Tests. Es erscheint sinnvoller, ein Word-Dokument nach gewissen Vorgaben erstellen zu lassen, als das Wissen über die Erstellung in Form eines Multiple Choice Tests zu erfragen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in engem Zusammenhang mit Handlungsorientierung steht und durch das Ausnutzen aller didaktischen Möglichkeiten angestrebt werden sollte, ist das Treffen von Aussagen über zukünftige Leistungen, basierend auf bereits vorliegenden Prüfungsergebnissen [IHK03, S. 5f]. Für Personalverantwortliche in Unternehmen ist es essentiell zu wissen, welche Leistungen sie von potentiellen neuen Mitarbeitern zukünftig erwarten können.

Geringer Lerneffekt durch Auswendiglernen

Dem oben genannten positiven Effekt des Übens muss allerdings sofort ein negativer Aspekt gegenüber gestellt werden - das Auswendiglernen. Werden die Fragen für beurteilungsrelevante Klausuren den Studierenden zur Vorbereitung- und Übungszwecken zur Verfügung gestellt, so besteht die Gefahr, dass nicht auf Verständnis, sondern rein auswendig gelernt wird. Die Anmerkung eines Studierenden in der Online-Befragung lautet:

„Sobald die Ergebnisse einmal bekannt sind, ist jeglicher Lerneffekt dahin. Dies gilt zwar in Teilen auch für klassische Tests, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit des rein "fotografischen" Lernens bei elektronischen Tests wesentlich höher als bei einem normalen Test, wo die Antwort handschriftlich erbracht werden muss.“ [Studierendenbefragung]

Abhilfe schafft hier die Verwendung von Fragepools sowie die Zufallsanordnung von Fragen und Antworten.

Unklare rechtliche Situation

Meist ist die unklare rechtliche Situation der Grund, warum e-Testing Module für Klausuren nicht verwendet werden. Aktuell existieren in Österreich keine einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen, die diesen Bereich klar regeln. Der Verein „Forum Neue Medien in der Lehre Austria“, kurz fnm-austria, befasst sich in einem vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur geförderten Projekt mit dem Thema der offenen Rechtsfragen im e-Learning Sektor [FNM07]. Dabei geht es um Punkte wie die generelle Anerkennung von computergestützten Klausuren, die Authentifizierung der TeilnehmerInnen und die Vorschriften bzgl. Archivierung der Prüfungsergebnisse. Der Einsatz von e-Testing könnte aufgrund der hohen Studierendenanzahl einen erheblichen Mehrwert bringen.

Authentifizierung

Wie kann sicher gestellt werden, dass die Prüfung nicht von einer anderen Person durchgeführt wird, dass es sich wirklich um den Prüfling handelt? Die gängigste Form dies für beurteilungsrelevante Prüfungen zu gewährleisten, ist das Abhalten von computergestützten Klausuren vor Ort in eigens dafür vorgesehenen Räumen. Das funktioniert sehr gut und „Schummeln“ kann so ausgeschlossen werden. Wird auf Ortsunabhängigkeit bei e-Testing Prüfungen Wert gelegt, so sind die Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt. Eine Option ist die Kontrolle der Prüflinge durch Web-Cams in Form von Videokonferenzen. Doch auch in diesem Fall sind die Manipulationsvarianten vielfältig. Sogar virtuelle Universitäten wie jene in Hagen führen die schriftlichen Klausuren in Präsenzveranstaltungen durch.

Soziale Isolation

Der fehlende Kontakt zu den Lehrenden wurde von den Studierenden in der Online-Umfrage als größter Nachteil gesehen. Ein weiterer Punkt ist die sinkende Kommunikation unter den Studierenden. Wird diesen beiden Gefahren nicht durch ganz konkrete begleitende und unterstützende Maßnahmen entgegen gewirkt, so kann es zu Ergebnissen kommen, wie sie Astleitner in seinen Studien der virtuellen Schulen und Universitäten anführt [Ast02, S.54]:

„Der Anteil an Studienabbrechern bei virtuellem Fernunterricht beläuft sich auf ca. 40%. Die Gründe dafür liegen größtenteils in der sozialen Isolation, im Fehlen von Unterstützungsmaßnahmen und in Unsicherheiten bei den Lerninhalten.“

Um diese Drop-out-Raten zu senken bzw. um die Qualität der begleitend stattfindenden e-Testing Module zu erhöhen, sind entsprechende pädagogische Konzepte und soziale Aktivitäten zu planen und umzusetzen.

Voraussetzung von Kompetenzen im Umgang mit Computer

Der Umgang mit dem Computer stellt in vielen Berufsbereichen nicht nur eine Schlüsselqualifikation dar, sondern es handelt sich vielmehr bereits um eine essenzielle Voraussetzung für den Eintritt in die Berufswelt [IHK03, S.3].

Trotzdem darf dieser, vor allem in nicht-technischen Aus- und Weiterbildungen, nicht vollständig vorausgesetzt werden. Diesem Umstand muss in Form von bedienungsfreundlichen e-Testing Systemen und in Form von vorbereitenden Schulungen Sorge getragen werden.

Technische Probleme

Die Technik stellt die Basis des gesamten e-Testing Einsatzes dar. Solange Probleme wie Ausfall des lokalen Computers bzw. Servers, Programmabsturz, Nichterfüllen der Systemvoraussetzungen oder falsche Benutzeranmeldedaten vorhanden sind, ist alles Weitere nebensächlich.

Die Folgen sind sinkende Akzeptanz auf Seiten der Studierenden bis hin zu einem vollständigen Scheitern eines Projekts. Besondere Relevanz besitzt dieser Punkt im Zuge von beurteilungsrelevanten Klausuren. Technische Probleme könnten sogar zu einer Wiederholung der Klausur führen. Umso wichtiger erscheinen Funktionen von e-Testing Systemen, die den aktuellen Status vor dem unfreiwilligen Abbruch einer Prüfung wieder herstellen. Alle Beteiligten sind aufgefordert, das Fehlerpotential durch entsprechende Tests im Vorfeld zu minimieren.

Unbequemes und ungesundes Lernen

Rücken-, Nacken- und Augenprobleme entwickeln sich zur Volkskrankheit Nummer eins im Bereich der vor dem Computer sitzenden, arbeitenden und lernenden Menschen. Das permanente konzentrierte Arbeiten führt zu Verspannungen und Verkrampfungen, was in weiterer Folge die Leistungsfähigkeit mindert. Zusammen mit regelmäßigen Bildschirmpausen schaffen ergonomisch geformte Sessel und strahlungsarme Bildschirme einiges an Abhilfe.

Die sinnvolle Verwendung multimedialer Elemente bei der Entwicklung von e-Testing Inhalten kann zu Abwechslung und Auflockerung führen und so ebenfalls einen positiven Effekt ausüben.

Hohe Kosten/hoher Aufwand

Die Kosten/Aufwand-Frage kann von zwei Gesichtspunkten aus betrachtet werden - dem kurzfristigen und dem langfristigen.

Kurzfristig gesehen ist die Einführung eines e-Testing Systems sicher teuer und aufwendig. Die reinen Anschaffungskosten können durch die Verwendung von Open Source Produkten wie Moodle verringert werden. Weiters besteht auch die Möglichkeit einer Eigenentwicklung, wobei dies aus Gründen des fehlenden Know-hows und eines extrem hohen Umsetzungsaufwandes meist ausscheidet. Zu den kurzfristigen Kosten und Aufwendungen zählt auch die Erstellung bzw. der Ankauf von professionellen
e-Testing Inhalten.

Langfristig betrachtet „bringt es eine Zeitersparnis. Wichtig ist, dass man sich zu Beginn nicht abschrecken lässt.“ [Interviewprotokoll 4]

Die Wiederverwendbarkeit der Fragen und e-Testing Module spielt hier die entscheidende Rolle.

2.8 Fazit

Unzählige Aktivitäten auf internationaler und nationaler Ebene betonen den hohen Stellenwert der Neuen Medien in der Weiterentwicklung und Verbesserung der Aus- und Weiterbildung. Durch ihre flexible Einsetzbarkeit, unterstützen diese den Prozess des lebenslangen und selbstregulierten Lernens in ganz entscheidendem Maße. Um allen daraus resultierenden Anforderungen gerecht zu werden, ist eine sorgfältige didaktische Planung des Einsatzes elektronischer Medien auf Basis bekannter Lern- und Lehrtheorien bzw. -strategien zwingend erforderlich. Das gilt im Speziellen für den Teilbereich des e-Testings.

Jede der drei Lerntheorien, Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus (die beschreiben wie Menschen lernen) bietet Einsatzszenarien für e-Testing Module, wobei die Art abhängig vom zu erreichenden Lernziel zu wählen ist. Eine entscheidende Rolle in diesem Zusammenhang spielt der in den drei Modellen nachvollziehbare Wandel der Lernenden von passiven Individuen zu aktiven und selbstbestimmten Teilnehmern. Der konstruktivistische Ansatz führte im Zuge einer Studie zur Vorlesung „Informationsdesign“ zu den besten Lernergebnissen.

Neben dem Lernverhalten der Studierenden ist vor allem auch die Art der Einbindung von Informationstechnologien in die traditionellen Lehrformen von entscheidender Bedeutung. Die größte Anwendung und den größten Zuspruch findet aktuell das Integrationskonzept, in dem sich Online- und Präsenzphasen in einem sinnvoll auf einander abgestimmten Verhältnis abwechseln und ergänzen. Ebenfalls zum Einsatz kommt das Anreicherungskonzept, meist in Verbindung mit Übungstests zur Selbstüberprüfung (siehe dazu Kapitel 5 „Praxisbeispiele im Vorlesungseinsatz“).

Die Kombination von Neuen Medien mit traditionellen Unterrichtsmethoden, basierend auf vorhandenen Lern- bzw. Lehrtheorien und Einbindungskonzepten, liefert eine Vielzahl an Modellen für den medienbasierten Einsatz in der Lehre. Im Rahmen der Kontrolle von Lernprozessen (Einholen und Bewerten von Feedback zu einer erbrachten Leistung), der Bewertung von Lernprozessen (die Beurteilung steht im Zentrum des Verfahrens) und des kollaborativen Lernens (Lernen in Gruppen), findet e-Testing große Anwendung (siehe dazu Kapitel 5 „Praxisbeispiele im Vorlesungseinsatz“).

Sehr viele Vor- und Nachteile von computerunterstützten Tests gelten auch für den übergeordneten Bereich des e-Learnings. Dazu zählen auf Seiten der Vorteile, die Orts- und Zeitunabhängigkeit sowie Kostenersparnis, und auf Seiten der Nachteile vor allem die soziale Isolation sowie mögliche technische Probleme. Der spezielle Nutzen von e-Testing liegt dabei in einem sehr hohen Lerneffekt für die Studierenden durch selbstreguliertes interaktives Üben, bzw. in der Wissensüberprüfung, vor allem von Faktenwissen. Etwas schwieriger gestaltet sich die Situation aktuell im Gebiet der Handlungsorientiertheit. Die eingeschränkten didaktischen Möglichkeiten der e-Testing Systeme stellen doch einen erheblichen Nachteil dar. Weiters problematisch ist die unklare rechtliche Situation bzgl. des Einsatzes von computerunterstützten Prüfungen.

Ziel muss es sein, die genannten Vorteile gezielt zu nutzen und die Nachteile durch entsprechende Gegenmaßnahmen und Hilfestellungen abzuschwächen bzw. zu beseitigen.

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Ende der Leseprobe aus 152 Seiten

Details

Titel
Entwicklung und Einsatz von e-Testing Szenarien
Hochschule
Campus02 Fachhochschule der Wirtschaft Graz  (Informationstechnologien & IT-Marketing)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
152
Katalognummer
V84150
ISBN (eBook)
9783638894081
ISBN (Buch)
9783638896535
Dateigröße
2440 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es wurde eine gezielte Literaturauswahl mit Basisliteratur und spezifischen Fachpublikationen gewählt, die sich eng am Forschungsvorhaben orientiert. Die Einbeziehung von aktuellen Forschungsartikeln unterstreicht zusätzlich den starken Bezug zur aktuellen bildungstheoretischen Diskussion. Die Ziele der Arbeit garantieren einen breiten Zugang zur Thematik Einsatz von eTesting-Szenarien, ausgehend von lerntheoretischen Fragestellungen bis hin zu erforderlichen Rahmenbedingungen.
Schlagworte
Entwicklung, Einsatz, Szenarien
Arbeit zitieren
DI (FH) Patrick Hoitsch (Autor:in), 2007, Entwicklung und Einsatz von e-Testing Szenarien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84150

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