Das Medizinische Versorgungszentrum - Ein modernes Versorgungskonzept und sein Beitrag zur interdisziplinären und sektorübergreifenden Zusammenarbeit


Dossier / Travail, 2007

21 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Ausgangslage für das Krankenkassenmodernisierungsgesetz

3. Das MVZ und seine gesetzlichen Grundlagen
3.1 Gründung und Trägerschaft eines MVZ
3.2 Zulassung eines MVZ
3.3 Gesellschaftsformen

4. Das ambulante Vergütungssystem

5. Ausgestaltungsvarianten
5.1 Das intrasektorale MVZ
5.2 Das MVZ am Krankenhaus

6. Beteiligungs- und Gründungsanreize aus der Sicht eines Krankenhauses

7. Interdisziplinäre und sektorübergreifende Zusammenarbeit
7.1 Räumliche Nähe
7.2 Organisationsform und Hierarchie eines MVZ
7.3 Vergütungsanreize
7.4 Ergebnisse

8. Ausblick

Literatur

1. Einleitung

In der politischen und wissenschaftlichen Diskussion scheint ein breiter Konsens darüber zu herrschen, dass die gesundheitliche Versorgung in Deutschland von erheblichen Ineffizienzen gekennzeichnet ist. Eine intensive Arbeitsteilung hochspezialisierter in starren sektoralen Grenzen agierender Leistungserbringer führt zu mangelhaft koordinierten Versorgungsprozessen. Gleichzeitig nimmt die Verschiebung des gesellschaftlichen Krankheitspanoramas hin, zu einer stetig wachsenden Bedeutung chronischer und multimorbider Krankheitsverläufe in einer alternden Bevölkerung, zu. Immer mehr Menschen sind auf langfristige mehrdimensionale Behandlungsformen angewiesen. All diese Entwicklungen tragen neben geringeren Einnahmen maßgeblich dazu bei, dass die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung zunehmend unter Druck gerät. In den Augen des Gesetzgebers sind Teilaspekte des historisch gewachsenen Ordnungsrahmens als Ursache für eine unangemessene Verzahnung medizinischer Einzelleistungen zu sehen. Eine Modifizierung der rechtlichen Vorgaben soll die Implementierung neuartiger und die Weiterentwicklung schon vorhandener Versorgungsformen ermöglichen und so Defizite in der Leistungserbringung beseitigen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde zu Beginn des Jahres 2004 das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) verabschiedet, welches unter anderem die integrierte Versorgung reformiert und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Medizinische Versorgungszentren schafft. Beide Konzepte zielen darauf ab, die Kommunikation und Kooperation in der medizinischen Leistungserbringung zu verbessern.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nach § 95 SGB V und schwerpunktmäßig mit der Frage, welches pragmatische Potential diese Organisationsform für die Verbesserung von Interdisziplinarität und sektorübergreifender Zusammenarbeit liefert. Um den Umfang dieser Arbeit zu begrenzen, wird die Integrierte Versorgung trotz der thematischen Nähe und ähnlicher gesundheitspolitischer Zielsetzungen in der Betrachtung ausgeklammert.

Die Ausführungen beginnen mit näheren Erläuterungen zur gesundheitspolitischen Ausgangssituation für die Implementierung neuartiger Versorgungsformen. Anschließend werden wesentliche Aspekte der Konzeption und der rechtlichen Rahmenbedingungen Medizinischer Versorgungszentren dargestellt. Auf Grundlage der so gewonnen Erkenntnisse ist es Ziel, mögliche Ausgestaltungsformen von MVZ vorzustellen. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk auf dem Konzept des an ein Krankenhaus angelagerten MVZ, das aufgrund seines intersektoralen Ansatzes besondere Beachtung verdient. Da die Initiative für diese Ausgestaltungsvariante gewöhnlich vom Krankenhaus ausgeht, sollen anschließend die Beteiligungs- und Gründungsanreize aus Sicht eines Krankenhauses gesammelt und bewertet werden. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den möglichen Vorteilen, die sich hieraus für den stationären Anbieter in einem zunehmenden Klinikwettbewerb, ergeben. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Untersuchung des tatsächlichen Verbesserungspotentials der Versorgungsform für die Verzahnung gesundheitlicher Dienstleistungen. Die konkrete Fragestellung lautet:

Welchen Beitrag liefert das Versorgungskonzept MVZ für die interdisziplinäre Verzahnung, der medizinischen Leistungserbringung im ambulanten Sektor und zur Verbesserung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit des ambulanten und stationären Bereichs?

2. Ausgangslage für das Krankenkassenmodernisierungsgesetz

Die Gesetzliche Krankenversicherung hat seit Jahren mit einer angespannten Finanzierungslage zu kämpfen. Ständig steigende Ausgaben stehen sinkenden Einnahmen gegenüber. Grund dafür ist zum einen, eine Zunahme kostenintensiver Behandlungsmethoden, aber auch ein massenhafter Wegbruch sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze aufgrund wachsender Arbeitslosigkeit (vgl. Pelleter 2005, S.1). Zum anderen sorgt der demographische Wandel dafür, dass eine stetig wachsende Nachfrage nach Gesundheitsleistungen von immer weniger Beitragszahlern finanziert wird. Damit geht eine Veränderung der gesellschaftlichen Krankheitslast einher: Innerhalb des Morbiditätsspektrum gewinnen chronische Krankheiten, Multimorbidität und langfristige Krankheitsverläufe immer mehr an Gewicht. Die Vielschichtigkeit der gesundheitlichen Problemlagen zwingt Betroffene zu einem oftmals parallelen Aufsuchen unterschiedlichster Leistungserbringer. Empirische Untersuchungen die neben der Sicht von Leistungsempfängern auch die der Leistungserbringer erfassen, kommen zu dem Ergebnis, dass das Ausmaß eines systematischen Informationsaustauschs und einer koordinierter Zusammenarbeit, insbesondere bezogen auf die Belange chronisch kranker und multimorbider Menschen, unangemessen ist. An den Übergängen zwischen unterschiedlichen Versorgungseinrichtungen sind Kontinuitätsbrüche vorprogrammiert, da Leistungen der einzelnen Glieder der Versorgungskette nur selten ineinander greifen (vgl. Höhmann 2003, S.7). Hochspezialisierte Gesundheitsdienstleister sind durchaus in der Lage in ihrem jeweiligen Teilbereich beträchtliche Versorgungsqualität zu liefern, verlieren aber oftmals die Gesamtsituation der Betroffenen aus dem Blick, die immer häufiger von komplexen Problemlagen gekennzeichnet ist (vgl. Baumann 2006, S.1). Höhman gelangt zu dem Schluss, dass neben gesundheitspolitischen Strukturveränderungen, berufsgruppen- und einrichtungsübergreifende Ansätze einer organisationsbezogenen Qualitätsentwicklung notwendig sind (vgl. Höhmann 2003, S.8). Das Sondergutachten „Über-, Unter- und Fehlversorgung im Gesundheitswesen“ des Sachverständigenrates der konzertierten Aktion im Gesundheitwesen (SVR) von 2001/ 2002 beschreibt ähnliche Problematiken in der gesundheitlichen Versorgung. Neben einer Vernachlässigung der Versorgungssäulen Prävention, Gesundheitsförderung und Rehabilitation, sowie deren Verzahnung mit akutmedizinischen Leistungen, mangelt es in den Augen der Gutachter insbesondere an flexiblen interdisziplinären Versorgungskonzepten. Speziell die Schnittstelle der ambulanten und stationären Versorgung, aber auch das Ausmaß der funktionalen Durchdringung ambulant erbrachter Gesundheitsleistungen wird den Anforderungen, die sich aus der gesellschaftlichen Krankheitslast ergeben, nicht gerecht. Beispielsweise sind für bestimmte Krankheitsbilder übermäßige Therapiedichten zu beobachten, bei anderen dagegen fällt auf, dass es aufgrund von Kommunikationsproblemen der Versorger zu Doppeluntersuchungen kommt (vgl. SVR 2003, S. 122 + 155 ). In der im Rahmen des SVR- Gutachtens durchgeführten Befragung von medizinischen Fachgesellschaften und Betroffenen-Organisationen werden Kommunikations- und Kooperationsdefizite zwischen Hausärzten und niedergelassenen Spezialisten, als auch zwischen Niedergelassenen und Krankenhäusern, offenbar. Zudem beklagen besonders Patienten, die aufgrund ihres Krankheitsbildes auf mehrdimensionale Behandlungsformen angewiesen sind, Mängel im Austausch zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern (vgl. SVR 2003, S.74-75). Infolgedessen ist die Einführung von Versorgungsformen, die interdisziplinäre und intersektorale Verzahnungen im deutschen Gesundheitssystem begünstigen und so die Versorgungsqualität verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven nutzbar machen, indiziert. Nicht zuletzt aufgrund vermuteter finanzieller Einsparungspotentiale trat zu Beginn des Jahres 2004 das GMG in Kraft, welches mit der Reformierung der Integrierten Versorgung und der Einführung Medizinischer Versorgungszentren verstärkt Anreize für mehr Kooperation im Gesundheitswesen schafft (vgl. Schmidt 2004, S. 104).

3. Das MVZ und seine gesetzlichen Grundlagen

Mit dem Erlass des GMG hat der Gesetzgeber den Kreis der Leistungserbringer in der Vertragsärztlichen Versorgung erweitert. Die bislang ausschließlich von zugelassenen Vertragsärzten, ermächtigten Ärzten und von ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen durchgeführte ambulante vertragsärztliche Versorgung der GKV, darf nun auch von sog. Medizinischen Versorgungszentren erbracht werden. (vgl. Bode 2006, S.22) Dabei wird ein MVZ entsprechend der Definition des Gesetzgebers durch folgende Faktoren gekennzeichnet:

- ärztlich geleitet
- fachübergreifende Einrichtung
- Tätigkeit von niedergelassenen oder angestellten Vertragsärzten (vgl. § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V)

Die bisher präsente Form der Leistungserbringung durch freiberufliche niedergelassene Ärzte wird um die Leistungserbringung durch Versorgungszentren in denen auch angestellte Ärzte tätig seien können, erweitert.

Ziel des Gesetzgebers ist eine nachhaltige Veränderung der deutschen Versorgungslandschaft durch ein Konzept, das eine wesentlich flexiblere interdisziplinäre Kooperation zwischen Ärzten untereinander, aber auch von ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen ermöglicht (vgl. Gesetzesentwurfs vom 08.09.2003, S.206).

Vereinfacht entspricht ein MVZ einem Ärztehaus, indem auch andere gesundheitliche Dienstleister angesiedelt sein können und das aufgrund spezifischer rechtlicher Rahmenbedingungen Anreize für die Verbesserung der Kooperation und Kommunikation der beteiligten Berufsgruppen geben soll. Hierbei ermöglicht der gesetzliche Rahmen verschiedene Ausprägungsformen, die in ihrer Größe und dem Integrationsgrad der Leistungserbringung variieren können. Im Wesentlichen lassen sich die Normen des § 95 SGB V in denen die Teilnahme von MVZ an der vertragsärztlichen Versorgung geregelt ist, in Bestimmungen zur Gründung, Zulassung und Organisationswahl, aufgliedern (vgl. Baumann 2006, S.163 ), die im Folgenden vorgestellt werden.

[...]

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Das Medizinische Versorgungszentrum - Ein modernes Versorgungskonzept und sein Beitrag zur interdisziplinären und sektorübergreifenden Zusammenarbeit
Université
University of Bremen
Note
1,3
Auteur
Année
2007
Pages
21
N° de catalogue
V85073
ISBN (ebook)
9783638002981
Taille d'un fichier
387 KB
Langue
allemand
Mots clés
Medizinische, Versorgungszentrum, Versorgungskonzept, Beitrag, Zusammenarbeit, Intergrierte Versorgung, Versorgungsmanagement, mvz, Versorgungsforschung, Polyklinik
Citation du texte
Jakob Holstiege (Auteur), 2007, Das Medizinische Versorgungszentrum - Ein modernes Versorgungskonzept und sein Beitrag zur interdisziplinären und sektorübergreifenden Zusammenarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85073

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