Keine Form der politischen Beteiligung wird in modernen Demokratien von mehr Bürgern ausgeübt als die Stimmabgabe am Wahltag. Dabei bezeichnet der Wahlakt sowohl den geringsten als auch den höchsten Grad politischer Partizipation. Mit seiner Entscheidung setzt der Wähler seine Stimme bei Wahlen in politische Macht um, da er in den demokratischen Prozeß der Herstellung gesamt- gesellschaftlich verbindlicher Entscheidungen eingreift. Indem er sich auf eines von mehreren Bündeln sach- und personalpolitischer Alternativen festlegt, übt der Wähler einen wichtigen Einfluß auf das politische Geschehen aus. Die Bemühungen der Regierungs- wie auch der Oppositionsparteien gelten dem Wähler. Aber was weiß man über ihn?
Aufgrund der vielfältigen politischen Konsequenzen von Wahlen will die Wahlforschung die politische Verhaltensstruktur in der Demokratie erklären und Rückschlüsse auf ihr Funktionieren ziehen1. Im engeren Sinne befaßt sich die Wahlforschung dabei mit der Analyse der Wählerschaft. Sie beschäftigt sich mit der Dokumentation von Wahlkämpfen und der Prognose von Wahlergebnissen, analysiert die Grundlagen und Bestimmungsfaktoren des Wahlverhaltens. Sie versucht, das Wählerverhalten von Individuen und Gruppen zu beschreiben und zu erklären. Bei der Erforschung des komplexen Gegenstandes des Wählerverhaltens stellen sich etwa folgende Fragen: Welche Personengruppen wählen welche Parteien, und aus welchen Gründen entscheiden sie sich für diese oder jene Partei. Wie bildet der Einzelne seine politische Meinung und welche Gründe sind für die Wahlentscheidung ausschlaggebend?
Von Bundestagswahl zu Bundestagswahl kann man eine stetig steigende Anzahl von Publikationen zum Thema “Erforschung von Wählerverhalten“ ausmachen. Bei deren Durchsicht läßt sich feststellen, daß die empirische Wahlforschung, aufgrund eines großen Interesses an den Ergebnissen, hoch entwickelt und methodisch differenziert ist. Die Erforschung der Wahlen ist ein zentraler Gegenstand mehrerer Disziplinen, so der Politikwissenschaft, der Soziologie, der Kommunikationswissenschaft und der neueren Geschichte. Die interdisziplinäre, empirische Wahlforschung beschäftigt sich mit der Kernfrage: Wer wählt wie, was, warum und mit welcher Wirkung?
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Bestimmungsfaktoren der Wahlentscheidung
- Theorien des Wählerverhaltens: drei Erklärungsansätze der empirischen Wahlforschung
- Der soziologische Erklärungsansatz
- Die mikrosoziologische Perspektive
- Die makrosoziologische Perspektive
- Der individualpsychologische Erklärungsansatz
- Das Modell des rationalen Wählers
- Der soziologische Erklärungsansatz
- Wandel im Wählerverhalten - Veränderung des Partizipationsverhaltens
- Die These vom Wandel der Sozialstruktur
- Die Realignment - These
- Die Dealignment - These
- Das Wählerverhalten in Ostdeutschland
- Interpretationen zum Wählerverhalten in den östlichen Bundesländern
- Die Kontinuitätsthese
- Die Tabula Rasa - These
- Die Konvergenzthese
- Die Kristallisationsthese
- Die Bundestagswahl 1998. - Analyse des ostdeutschen Wählerverhaltens
- Interpretationen zum Wählerverhalten in den östlichen Bundesländern
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, die relevanten Konzepte der Analyse des Wählerverhaltens zu beleuchten, um die Funktionsfähigkeit des demokratischen Systems zu verstehen. Der Fokus liegt auf den Wandlungstendenzen im Wählerverhalten und der Interpretation des ostdeutschen Wählerverhaltens nach der Wiedervereinigung. Dabei werden verschiedene Theorien und Erklärungsansätze aus der empirischen Wahlforschung vorgestellt.
- Bestimmungsfaktoren der Wahlentscheidung
- Theorien des Wählerverhaltens
- Wandel des Wählerverhaltens
- Interpretationen des ostdeutschen Wählerverhaltens
- Analyse der Bundestagswahl 1998
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung erläutert die Bedeutung des Wahlakts in modernen Demokratien und stellt die Forschungsfrage nach den Bestimmungsfaktoren des Wählerverhaltens. Kapitel 2 beleuchtet verschiedene Ansätze zur Bestimmung der Wahlentscheidung. Kapitel 3 widmet sich den Theorien des Wählerverhaltens, wobei der soziologische und der individualpsychologische Erklärungsansatz genauer betrachtet werden.
Kapitel 4 untersucht den Wandel im Wählerverhalten und stellt verschiedene Theorien wie die These vom Wandel der Sozialstruktur vor. Kapitel 5 analysiert das Wählerverhalten in Ostdeutschland, wobei unterschiedliche Interpretationen, wie die Kontinuitäts- und die Tabula Rasa-These, vorgestellt werden.
Schlüsselwörter
Wählerverhalten, Wahlentscheidung, empirische Wahlforschung, soziologischer Erklärungsansatz, individualpsychologischer Erklärungsansatz, Wandel des Wählerverhaltens, Ostdeutschland, Bundestagswahl 1998.
- Quote paper
- M.A. Saskia Gerber (Author), 1999, Wählerverhalten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8599