Focusing - Konzept und Bedeutung


Dossier / Travail, 2007

19 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Exkurs: Biographie Gendlin’s

2 Grundlagen und Thesen einer klientenzentrierten Theorie der gesunden menschlichen Entwicklung

3 Theorie der Persönlichkeitsentwicklung aus der Sicht klientenzentrierter Persönlichkeitspsychologie

4 Erleben
4.1 Strukturgebundenes Erleben und persönliche Entwicklung

5 Bedeutung unbedingter Wertschätzung im Focusing

6 Focusing als Prozess
6.1 Definition von Gendlin
6.2 Felt sense
6.3 Felt shift

7 Die sechs Focusing Schritte
7.1 Schritt: Freiraum schaffen:
7.2 Schritt/Bewegung: den Felt Sense entstehen lassen
7.3 Schritt: Einen Griff finden
7.4 Schritt: Stimmigkeit (Resonanz) zwischen felt sense und Wort/Bild überprüfen
7.5 Zusammenfassung Schritt 1-4:
7.6 Schritt – Anwendung des felt sense auf das Thema (Fragen stellen)
7.7 Schritt: Annehmen und Schützen
7.8 Abschließende Bemerkungen zu den Schritten:

8 Abgrenzung von Focusing zu anderen Konstrukten

Der amerikanische Psychotherapeut Eugene T. Gendlin stellte in Untersuchungen fest, dass Menschen, die gut mit Krisen und Problemen umgehen können, offenbar über eine andere Art der Selbstwahrnehmung verfügen: Sie beziehen körperliche Empfindungen ein und äußern sich nicht nur theoretisch oder abstrakt über ihre Lage. Von dieser Beobachtung ausgehend, entwickelte Gendlin eine Methode, solche Art der Selbstwahrnehmung zu lehren.

1 Exkurs: Biographie Gendlin’s

Gendlin, 1926 in Wien geboren, war jüdischer Herkunft und emigrierte mit seiner Familie1938 in die USA. An der University of Chicago studierte Gendlin Philosophie. Nach seiner Promotion in Philosophie 1958, gehörte er ab 1963 als Professor dem Department of Behavioral Science der Universität Chicago an.

Schon Anfang der 50er Jahre hatte er als junger Student Kontakt zu Carl Rogers, dem Begründer der Klientenzentrierten Psychotherapie aufgenommen. Ihn faszinierte zunächst die Möglichkeit, sein philosophisches Forschungsinteresse zur Symbolisierung von Erleben im Bewusstsein in der Psychotherapieforschung Rogers auf eine empirische Basis stellen zu können. Rogers nahm den jungen Rogers in seinen Mitarbeiterstab auf und übertrug ihm 1958 die wissenschaftliche Leitung am Wisconsin Psychiatric Institute, die er bis 1963 innehatte. Rogers war vor allem von der „Experiencing-Therorie“ Gendlins beeindruckt und nahm diese in seine Entwicklung der Klientenzentrierten Psychotherapie auf. Das unmittelbare Erleben im Hier und Jetzt wurde zum Ausgangspunkt eines neuen Grundverständnisses von Persönlichkeitsentwicklung und Psychotherapie. So nahm Gendlin an einer der fruchtbarsten Phasen der klientenzentrierten Psychotherapie Anteil (vgl. Feuerstein in Feuerstein et al. (Hrsg.), S.93)

Bei der Untersuchung von Wirkfaktoren der Psychotherapie entdeckte Gendlin eine immer wiederkehrende Tatsache: Um persönliche Probleme erfolgreich lösen zu können, war es offenbar erforderlich, beim Denken und Sprechen über ein Thema die Aufmerksamkeit zugleich auf das körperliche Erleben zu richten.

Klienten, die fähig waren zu dieser körperlichen Bezugnahme, profitierten stärker von der Therapie als Klienten, die zu diesem inneren Erleben nicht fähig waren. Um denjenigen zu helfen, denen diese „innere Beteiligung“ fehlte entwickelte Gendlin ein Training, mit dem Klienten nach und nach stärkere Aufmerksamkeit für ihr eigenes inneres Erleben aufbauen konnten. Zentrale Komponente seines Focusing Konzeptes ist der Felt sense, die spezifisch körperliche Befindlichkeit. In 6 Focusing Schritten lässt sich zu dieser körperlich gespürten Bedeutung eines Sachverhaltes Kontakt aufnehmen und schrittweise der Lösung des Problems entgegen gehen. Der eigentliche Veränderungsprozess wird als angenehm erlebt. „Focusing ist ein natürlicher Prozess der Selbstheilung, den der Körper als wohltuend erlebt.“ (Wild-Missong 1996, S. 8)

1978 erschien Gendlins erste zusammenfassende Veröffentlichung seines Focusing-Konzeptes. Seit dem hat er Focusing als Kernprozess der erlebenszentrierten Psychotherapie und menschlicher Persönlichkeitsentwicklung weiterentwickelt. Leitend ist dabei die Fragestellung was Therapeut und Klient tun können, diesen inneren Erlebensprozess zu fördern. „Therapie ist nicht das, was der Therapeut macht, sondern der Prozess, der im Klienten möglich wird“, so Gendlin.

In den achtziger Jahren gründete Gendlin in Chicago das International Focusing Institute (IFI). Dort wurden didaktische und methodische Konzepte entwickelt, Interessierten Focusing in Einzel- oder Gruppenübungen näher zu bringen und die Vermittlung von Focusing zu lehren. Über die Jahre hat sich ein weltweites Netz von Trainern und Koordinatoren aufgebaut, die in Zusammenarbeit mit Gendlin an der Weiterentwicklung der Methode und deren Vermittlung und Anwendung arbeiten.

Gendlin lebt jetzt in Manhattan. Sein besonderes Interesse gilt der Frage, wie philosophisches Denken eine Praxis für alle werden könnte. Zu diesem Zweck entwickelte er TAE (thinking at the edge, 2002) als eine für jedermann lernbare Methode, neu und frisch zu denken und eigenständige Konzepte zu bilden.

2 Grundlagen und Thesen einer klientenzentrierten Theorie der gesunden menschlichen Entwicklung.

Da der Name Gendlin eng mit Carl Rogers und dessen klientenzentrierter Theorie der Persönlichkeitsentwicklung verbunden ist, möchte ich, bevor ich näher auf das Focusing-Modell eingehe, einige wesentliche Inhalte der Theorie Rogers vorstellen. Dies halte ich für notwendig, um die Bedeutung des Focusing sowohl als Prozess auch als Methode herauszuheben und verständlicher zu machen.

Carl Rogers hat 1959 seine Annahmen über die Voraussetzung einer gesunden seelischen Entwicklung des Menschen veröffentlicht. Grundvoraussetzung ist dabei die Kongruenzfähigkeit einer Person, d. h. die Fähigkeit Erfahrungen als selbstkongruent bewerten zu können und dadurch in das Selbstkonzept integrieren zu können. Nach Rogers befindet sich eine Person im Zustand der Kongruenz, wenn sie das, was sie jeweils an Gefühlen erlebt, sich in allen Anteilen bewusst machen und ggf kommunizieren kann. Kongruenzfähigkeit ist eine bedeutsame gesundheitsbewahrende und gesundheitsfördernde Eigenschaft, so Gert Walter-Speierer.[1] Eine notwendige Bedingung einer gesunden Entwicklung ist eine organismische Aktualisierungstendenz[2], die sich kongruent mit einer organismischen Bewertung verwirklichen kann. Bei der Aktualisierungstendenz handelt es sich um eine dem Organismus innewohnende Tendenz zur Entwicklung all seiner Möglichkeiten und zwar sowohl im Hinblick auf seine Erhaltung als auch auf seine weitere Entfaltung und Differenzierung.[3] Rogers behauptet, dass „in der Aktualisierung die Weisheit des Organismus wirke. Die Aktualisierungstendenz enthält selbstregulative Potentiale und Selbstheilungsfähigkeiten. Ihr enthalten ist die Selbstaktualisierungstendenz als psychisch-soziale Struktur der symbolisierten Erfahrungen, die für die bewusstseinsfähige, reflexive Beschreibung aktueller Erfahrungen, sowie für die sich selbst zugeschriebenen charakteristischen Eigenschaften und Werthaltungen wesentlich sind. Hutterer[4] beschreibt sie als eine „ständig gegenwärtige, grundlegende, ganzheitliche Kraft und Funktionsfähigkeit, auch wenn sie in den verschiedensten Bedürfnissen zum Ausdruck kommt.“ Im günstigsten Falle sind Aktualisierungstendenz und Selbstaktualisierung nicht in Konflikt. Unter weniger günstigen Umständen kann es jedoch zu einer Inkongruenz[5] der beiden Tendenzen von organismischem Erleben und wahrgenommenem Selbst kommen. Beide Tendenzen folgen dann Eigendynamiken, die konflikthaltige innerpsychische Diskrepanzen nach sich ziehen. Nach Rogers ist das grundlegende Bedürfnis nach positiver Zuwendung für das sich entwickelnde Selbst so wesentlich, dass unter bestimmten Bedingungen die organismische Bewertung des eigenen Erlebens übergangen wird. Bestimmte Erfahrungen werden dann nicht mehr entsprechend ihrer organismischen Bewertung, sondern allein um der Selbstwertschätzung willen, die sie mit sich bringen, wahrgenommen. Die Person lebt nun in einem Zustand der Inkongruenz zwischen Selbst und Erfahrung und damit in einem Zustand psychischer Fehlanpassung und latenter Bedrohtheit, auch wenn dies bewusst nicht immer wahrgenommen wird. Um seine konsistente Struktur zu bewahren, aktiviert das Selbst unterschwellig weitere Prozesse der Abwehr. Ein wesentliches Postulat der Persönlichkeitstheorie von Rogers besagt jedoch, dass der Abwehrprozess umgekehrt und das Individuum sich der eigenen Inkongruenzen gewahr werden und damit die Kongruenz von Selbst und Erfahrung reorganisieren kann. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die betreffende Person bedingungslose, positive Wertschätzung erhält und bereit ist, sich auf die Inkongruenzen einzulassen.

[...]


[1] In: Handbuch der Gesprächspsychotherapie als Inkongruenzbehandlung. 1994. S. 33.

[2] Aktualisierungstendenz wird im Sinne von Selbsterhaltungs- und Selbstverwirklichungstendenz verstanden. vgl. Rogers, C. (1981). Die Grundlagen eines personenzentrierten Ansatzes. In: Rogers, C. Der neue Mensch. Stuttgart: Klett-Cotta. S. 65-84.

[3] Kriz, J., Stumm, G. (2003). Aktualisierungstendenz. In: Stumm, G., Wiltschko, J., Keil, W.W. Grundbegriffe der Personenzentrierten und Focusing-orientierten Psychotherapie und Beratung. Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta. S.18.

[4] Hutterer, R. (1992). Aktualisierungstendenz und Selbstaktualisierung. Eine personenzentrierte Theorie der Motivation. In: Hutterer, R., Stipsits, R. (Hrsg.), Perspektiven Rogerianischer Psychotherapie. Wien: WUV. S. 146-171.

[5] siehe Keil, W. (2003). Inkongruenz. in: Stumm, Wiltschko, Keil.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Focusing - Konzept und Bedeutung
Université
University of Koblenz-Landau
Note
1,0
Auteur
Année
2007
Pages
19
N° de catalogue
V86026
ISBN (ebook)
9783638043472
Taille d'un fichier
586 KB
Langue
allemand
Annotations
Vollständige Zitierung über Fußnoten, daher kein Literaturverzeichnis erforderlich.
Mots clés
Focusing
Citation du texte
Diana von Kopp (Auteur), 2007, Focusing - Konzept und Bedeutung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86026

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