Seit mehreren Jahrzehnten versuchen Wahlforscher, ausgehend von unterschiedlichen Handlungstheorien, heraus zu finden, warum bestimmte Personen bestimmte Parteien wählen. Bei der bisherigen Erforschung dieses Wählerverhaltens bei politischen Wahlen lag der Schwerpunkt der Untersuchungen auf der Frage, wer welche Partei wählt. Während dieser Suche nach den relevanten Faktoren zur Entscheidungsfindung der Wähler hat sich allerdings ein weiteres Phänomen entwickelt und ausgebaut, dass der Aufmerksamkeit der Forschung bedarf. Und zwar ist dies die Wahlenthaltung bei politischen Wahlen. Es ist also vielmehr danach zu fragen, warum bestimmte Personen überhaupt wählen gehen und was für andere Menschen die entscheidenden Faktoren sind, der Wahl fern zu bleiben. Dieses Phänomen des „Nichtwählens“ hat sich in sofern auf den Plan der Forschung aufgedrängt, dass bei politischen Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden kurz BRD), auf die sich diese Arbeit bezieht, auf Bundes-, Länder- und Kommunenebene ein rapider Rückgang der Wahlbeteiligung zu verzeichnen ist (vgl. Falter/ Schumann 1994: 162). Da sich dies nun nicht nur auf bestimmte Wahlen bezieht, sondern auf alle Ebenen der politischen Instanzen, ist davon auszugehen, dass es sich um ein allgemeines Verhalten handelt. Es gilt daher zu betrachten, was die Auslöser dafür sind, dass immer mehr Menschen sich der Wahl enthalten und welche Personen das sind, im Hinblick unter anderem auf deren sozialen Status, Beruf, Bildung und deren Alter.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Wählerverhalten
2.1 Die sozialstrukturellen Modelle
2.2 Das sozialpsychologische Modell
2.3 Das rationalistische Modell
3. Entwicklung der Wahlenthaltungen
3.1 Das Paradox der Wahlbeteiligung
3.2 Dealignment
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturverzeichnis
6. Internetressourcen
1. Einleitung
Seit mehreren Jahrzehnten versuchen Wahlforscher, ausgehend von unterschiedlichen Handlungstheorien, heraus zu finden, warum bestimmte Personen bestimmte Parteien wählen. Bei der bisherigen Erforschung dieses Wählerverhaltens bei politischen Wahlen lag der Schwerpunkt der Untersuchungen auf der Frage, wer welche Partei wählt. Während dieser Suche nach den relevanten Faktoren zur Entscheidungsfindung der Wähler hat sich allerdings ein weiteres Phänomen entwickelt und ausgebaut, dass der Aufmerksamkeit der Forschung bedarf. Und zwar ist dies die Wahlenthaltung bei politischen Wahlen. Es ist also vielmehr danach zu fragen, warum bestimmte Personen überhaupt wählen gehen und was für andere Menschen die entscheidenden Faktoren sind, der Wahl fern zu bleiben. Dieses Phänomen des „Nichtwählens“ hat sich in sofern auf den Plan der Forschung aufgedrängt, dass bei politischen Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden kurz BRD), auf die sich diese Arbeit bezieht, auf Bundes-, Länder- und Kommunenebene ein rapider Rückgang der Wahlbeteiligung zu verzeichnen ist (vgl. Falter/ Schumann 1994: 162). Da sich dies nun nicht nur auf bestimmte Wahlen bezieht, sondern auf alle Ebenen der politischen Instanzen, ist davon auszugehen, dass es sich um ein allgemeines Verhalten handelt. Es gilt daher zu betrachten, was die Auslöser dafür sind, dass immer mehr Menschen sich der Wahl enthalten und welche Personen das sind, im Hinblick unter anderem auf deren sozialen Status, Beruf, Bildung und deren Alter.
Die Datenlage für diese Untersuchung stellt sich hierbei relativ gering dar, da die Forschung dem Phänomen der Wahlenthaltung in den letzten Jahren noch keine große Bedeutung schenkte und es daher nur wenige Studien gibt, die sich mit der Wahlenthaltung befassen (vgl. Völker u. Völker 1998: 42). Obwohl es Nichtwähler schon gibt, seit Wahlen stattfinden (vgl. Lavies 1973: 18), beschäftigt sich die Forschung immer nur dann damit, wenn die Wahlenthaltungen stark ansteigen. Die erste Studie zum Phänomen des Nichtwählens stammt zwar schon von 1907, die Studie über „Die Partei der Nichtwähler“ von Eugen Würzburger, und eine weitere Untersuchung über die Nichtwähler von Maximilian Meyer aus dem Jahre 1931, aber danach ist bis auf kleinere regionale Studien nichts über Nichtwähler zu finden (vgl. Lavies 1973: 19). Später erschienen erst wieder umfangreichere Studien von Radtke (1972), der sich mit den Nichtwählern der Bundestagswahl 1965 beschäftigte, und Lavies (1973), der Charakteristika der Nichtwähler bis zur Bundestagswahl 1969 untersuchte (vgl. Kleinhenz 1995: 17). Auf diese folgten erst wieder nach dem Abflauen der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl von 1990 weitere Untersuchungen über das Phänomen der Wahlenthaltung z.B. von Falter und Schumann (1994), von Eilfort (1994) und von Kleinhenz (1995). Dies wird hauptsächlich auf die hohe Wahlbeteiligung bei den vorangegangen Wahlen zurückgeführt. „For many years, West German voters were among the most active participants in elections hold in the Western world. In fact turnout had increased to 90 percent in national elections until the 1970s (…) Then, within two elections´ time (1983-1990), turnout dropped by 10 percentage points.” (Kleinhenz 1998: 173). Um nun zu einer Erklärung der negativen Entwicklung der Wahlbeteiligung zu kommen, werden in dieser Arbeit die in der Wahlforschung populärsten Ansätze zur Erklärung von Wählerverhalten herangezogen, um ausgehend von diesen zu untersuchen, wie diese unterschiedlichen Modelle das Phänomen der Wahlenthaltung erklären können. Der erste Schwerpunkt liegt demnach auf der näheren Betrachtung dieser ausgewählten Ansätze. Im zweiten Teil der Arbeit beschäftigt sich der aktuellen Entwicklung der Wahlbeteiligung bzw. Wahlenthaltung, die dann durch einige der vorgestellten Modelle zu erklären versucht werden soll. Abschließend ist festzustellen, ob die bisherigen Studien über das Wählerverhalten eine Erklärung für die Entwicklung der Wahlenthaltung bieten können, auf deren Basis man für kommende Wahlen Prognosen über die Wahlbeteiligung stellen kann.
2. Wählerverhalten
Bei dem Wählen als politischer Partizipationsform wird in Bezug auf die Tätigkeit des Wählers von Wählerverhalten gesprochen. Wobei der Begriff das Phänomen nicht genau beschreibt. Denn beim Vorgang des Wählens geht man von einer Handlung aus, die ein Mensch aktiv durchführt, wohingegen das „sich verhalten“ Passivität impliziert. Jedoch hat sich der Begriff des Wählerverhaltens schon soweit in der Fachliteratur verfestigt, dass er auch in dieser Arbeit verwendet wird. Das Wählerverhalten wird in Bezug auf politische Wahlen untersucht, die in einem demokratischen System zur Legitimierung der Regierung dienen. In der Bundesrepublik erfolgen die Wahlen in Form einer allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Stimmabgabe für eine Partei (vgl. Völker u. Völker 1998: 34). Wichtig für das in dieser Arbeit speziell zu untersuchende Phänomen ist, dass die Beteiligung an der Wahl freiwillig ist, also nicht wie in anderen europäischen Staaten wie z.B. Belgien einer gesetzlichen Wahlpflicht unterliegt, und auch nicht im Sinne einer „Freiwilligkeit“, wie sie bei Wahlen in der ehemaligen DDR deklariert wurde. Da sich im Laufe der Forschung keine bestimmte Theorie als die Theorie des Wählerverhaltens durchsetzen konnte, werden in dieser Arbeit zunächst die populärsten Modelle zur Erklärung von Wählerverhalten vorgestellt und näher betrachtet. Dies sind die sozialstrukturellen Modelle, das sozialpsychologische Modell und das rationalistische Modell zur Erklärung von Wählerverhalten (vgl. Roth 1998: 23; Völker u. Völker 1998: 43; Bürklin 1998: 18-19).
2.1 Die sozialstrukturellen Modelle
Bei den sozialstrukturellen bzw. soziologischen Ansätzen zur Erklärung von Wählerverhalten gilt es zwischen zweien anhand ihrer unterschiedlichen Analyse-Ebene zu unterscheiden. Und zwar der mikrosoziologische Ansatz von Paul F. Lazarsfeld u.a. und dem makrosoziologischen Ansatz von Martin Lipset und Stein Rokkan. Das mikrosoziologische Erklärungsmodell basiert in seinen Grundannahmen auf der Theorie der sozialen Kreise von Georg Simmel (vgl. Roth 1998: 24). Diese geht davon aus, dass jeder Mensch in bestimmte soziale Kreise eingebunden ist, wie z.B. die Familie, Freundeskreise oder Kontakte am Arbeitsplatz (vgl. ebd.: 24). Jeder Mensch wäre somit durch seinen sozialen Kontext vorgeprägt (vgl. Bürklin 1998: 53). Dies gilt dadurch auch für die politischen Präferenzen und Einstellung eines Menschen, denn die politische Orientierung oder die Bindung an eine Partei kann so als „Folge der politischen Sozialisation im Elternhaus und der Kommunikation mit Meinungsführern, sowohl in den Familien, als auch bei der Arbeit“ (Kleinhenz 1995: 23) gesehen werden. Vorraussetzung für diese politische Sozialisation ist die Annahme, dass jeder Mensch mit seiner Umwelt in einem spannungsfreien Verhältnis leben möchte. Es lässt sich dabei jedoch nicht vermeiden, dass sich die verschiedenen Kreise kreuzen. Diese Situation wird von Lazarsfeld u.a. als das „cross-pressure“-Prinzip beschrieben (vgl. Bürklin: 51). Diese Überkreuzung kann stärker oder schwächer ausfallen, was Lazarsfeld u.a. in einem „Index der politischen Prädisposition“ zu erfassen versuchten (vgl. Falter/ Schumann/ Winkler 1990: 5). In ihrer Studie „The People´s Choice“ zur Präsidentschaftswahl 1940 befragten Lazarsfeld u.a. 600 Personen in Erie-County über sieben Monate hinweg und klassifizierten anhand ihrer Ergebnisse drei verschiedene Wählertypen (vgl. Bürklin 1998: 54-55). Dies sind die „Crystallizers“, die eine langfristige stabile Parteiorientierung besitzen, die „Wavers“ mit einer unsicheren Parteiorientierung und die „Party-Changers“, welche keine feste Parteiorientierung besitzen (vgl. Völker u. Völker 1998: 44). Die Studie war also hauptsächlich dazu konzipiert, den Wechsel bzw. die Stabilität von individuellen politischen Einstellungen und Wahlabsichten zu erklären.
Ebenso versucht dies der makrosoziologische Erklärungsansatz von Lipset und Rokkan. Allerdings stellt er „die sozialstrukturell verankerten Parteipräferenzen in einen sozial- und politikgeschichtlichen Erklärungszusammenhang.“(Kleinhenz 1995: 24). In der von diesen formulierten Cleavage-Theorie des Wahlverhaltens gehen sie davon aus, dass in einer Gesellschaft grundsätzliche Konflikte bestehen, (vgl. Bürklin 1998: 26). Sie gehen davon aus, dass diese Konfliktstrukturen die Entwicklung der Parteien bestimmt (vgl. Falter/ Schumann/ Winkler 1990: 7). Wobei sich nicht alle gesellschaftlichen Konflikte in den Parteiensystemen widerspiegeln, sondern nur die vier zentralen Konfliktlinien, die so genannten „cleavages“ (vgl. Kleinhenz 1995: 24). Die in diese Konflikte verwickelten Individuen schließen sich, basierend auf den gemeinsamen Ansichten in diesem Konflikt, zu Interessengruppen zusammen und suchen sich dann Partner auf politischer Ebene, also die politischen Parteien, „um sich auf den verschiedenen Ebenen der politischen Entscheidungsprozesse , insbesondere auf der nationalen Ebene, erfolgreich artikulieren und auch durchsetzen zu können (Bürklin 1998: 29) In der BRD kann man anhand der verfestigten Parteien zwei besonders ausgeprägte Konflikte konstatieren. Und zwar zum einen den Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Konflikt, wobei die SPD als Vertreter der Arbeitnehmer und die CDU als Vertreter der Arbeitgeber steht, und konfessionelle Konflikt, bei dem die CDU als Repräsentant für die Katholiken und die SPD als Repräsentant für die Protestanten gilt, wobei man in neuerer Zeit mehr von einem Konflikt religiös versus nicht-religiös sprechen kann (vgl. Völker u. Völker 1998: 45). Da sich nun diese Konflikte an sozialstrukturellen Merkmalen festmachen lassen, muss man davon ausgehen dass die daraus resultierenden Parteiensysteme nur einer Veränderung unterliegen können, wenn sich auch die Sozialstruktur und somit die grundlegenden Konflikte ändern oder verschieben. Diese Annahme brachte Lipset und Rokkan auch zu der so genannten „Freezing“-These. Diese besagt unter anderem, dass aufgrund der traditionell festgelegten Konflikte, die sich schon seit sehr langer Zeit nicht geändert haben, die Parteiensysteme eingefroren sind. Ausgehend davon könnte man spekulieren, dass sich dann auch das Wählerverhalten nicht ändern wird. Inwieweit dies zutrifft wird an späterer Stelle geklärt.
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