In the social science literature on the most recent ‘wave’ of democracy,
the mood music now signals quite definitely that the party is over.
(Burnell 2004: 100)
Mehr als fünfzehn Jahre nach dem Zusammenbruch der bipolaren Weltordnung – zwei Mächte, ein Systemkonflikt und die weitgehende Aufteilung der Welt in zwei Lager – hat sich noch immer keine stabile Neuordnung der Welt ausbilden können. Aus dem alten Systemwettbewerb zwischen liberalen Demokratien westlicher Prägung auf der einen und autoritären Regimes auf der anderen Seite schien die Demokratie nicht nur als Sieger hervorzugehen, sondern sollte ihren Siegeszug über die ehemals kommunistischen Transformationsstaaten auf die Welt jenseits Europas ausdehnen. (Vgl. Carothers 2002) Die Idee des demokratischen Friedens schien über die OECD-Welt hinaus greifen zu können. Mittlerweile ist der Euphorie, die den „globalen Demokratietrend“ (Santiso 2001: 386) seit den achtziger Jahren begleitete, Ernüchterung gewichen. Die Mehrzahl der Transformationsprozesse ist heut gescheitert, ins Stocken geraten oder hat sich gar umgekehrt und ein Kontinuum von Regierungstypen in der Grauzone hinterlassen. In der Transformationsforschung werden sie auch mit „Demokratien“ oder „Autokratien mit Adjektiven“ (Burnell: 2004: 101) bezeichnet. Thomas Carothers nannte das Phänomen sich stabilisierender Autokratien, die der dritten Demokratisierungswelle – von der selbst Diktaturen mitgerissen worden sind – gleichsam unbemerkt entkommen konnten, den „autocratic rebound“ (Carothers 2004: 412).
Politische Systemtransformation autoritärer Regimes gelingt nicht geradlinig, folgt keinem Automatismus und lässt sich nicht nach einem beliebig übertragbaren Modell beschreiben oder gar vorhersehen. Das schlanke Drei-mal-Drei-Modell für Systemtransformationen - drei Dimensionen in drei Phasen - muss heut als unzureichend erkannt werden. Es ist gescheitert, weil es das vielseitige Spektrum der Problemfelder, Akteure, äußeren und inneren Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen nicht berücksichtigt oder unterschätzt hat.
Die Demokratisierer dieser Welt haben ihre Lektion gelernt. Wenngleich „[t]he U.S. and the EU each came away with a unique interpretation of [the] lessons” (Kopstein 2006: 87). In den vergangenen Jahren hat eine Entwicklung eingesetzt, die umfassende Strategien zur Förderung demokratischer Regierungsformen systematisch in die Außenbeziehungen der beiden großen euro-atlantischen Demokratisierer einbezogen hat.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 0.1 Erkenntnisinteresse und Fragestellung
- 0.2 Der Untersuchungsgegenstand und seine Relevanz
- 0.3 Methodik und Aufbau der Arbeit
- 1. Literaturüberblick
- 1.1 Externe Demokratisierung
- 1.2 Identität und Rollenverständnis der EU - Motive für ihr Demokratisierungsinteresse
- 1.3 Ein theoretischer Rahmen?
- 1.4 Die praktische Umsetzung
- 2. Der Barcelona-Prozess - Ambitionierte Ziel einer multilateralen Partnerschaft
- 2.1 Institutioneller Aufbau und politische Inhalte der EMP
- 2.2 Europäische Nachbarschaftspolitik – Wiederbelebung im Barcelona-Prozess?
- 2.3 Sicherheit und Demokratieförderung in der EMP – untrennbar verflochten?
- 3. Demokratie und Menschenrechte – Soll- und Ist-Zustand
- 3.1 Der normative Soll-Zustand
- 3.2 Vor und Zurück – Demokratie und Menschenrechte im Maghreb und Mashrek
- 4. Hindernisse und Schwächen identifizieren - Ideen, Institutionen, Interessen
- 4.1 Inkongruenz der Ideen von Demokratie und Menschenrechten
- 4.2 Institutionelle und Instrumentelle Schwächen
- 4.3 Interessen – die Priorität von Frieden und Stabilität
- 5. Schlussbemerkungen und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit untersucht die Effektivität der Demokratisierungspolitik der Europäischen Union im Kontext der Europäischen Nachbarschaftspolitik (EMP), insbesondere in Bezug auf die Länder des Maghreb und Mashrek. Die Arbeit analysiert die Herausforderungen, die sich aus der Umsetzung der EU-Demokratisierungspolitik ergeben und bewertet deren Erfolg anhand der erreichten Fortschritte in Bezug auf Demokratie und Menschenrechte in den Partnerländern.
- Die Rolle der EU als Akteur in der internationalen Demokratieförderung
- Die Herausforderungen und Grenzen der EU-Demokratisierungspolitik im Kontext der Europäischen Nachbarschaftspolitik
- Die Analyse der politischen und sozioökonomischen Entwicklungen in den Ländern des Maghreb und Mashrek im Kontext der EU-Demokratisierungspolitik
- Die Bedeutung von Frieden und Stabilität für die erfolgreiche Umsetzung der EU-Demokratisierungspolitik
- Die Auswirkungen der Interessenkonflikte zwischen den Zielen der EU-Demokratisierungspolitik und den Interessen der Partnerländer
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert das Erkenntnisinteresse und die Fragestellung der Arbeit. Sie beschreibt den Untersuchungsgegenstand und seine Relevanz sowie die Methodik und den Aufbau der Arbeit.
Kapitel 1 liefert einen Literaturüberblick zur externen Demokratisierung und beleuchtet die Motive der EU für ihre Demokratisierungspolitik. Es behandelt die Herausforderungen bei der Entwicklung eines theoretischen Rahmens für die Umsetzung der EU-Demokratisierungspolitik und betrachtet die praktischen Herausforderungen bei ihrer Umsetzung.
Kapitel 2 analysiert den Barcelona-Prozess und die Europäische Nachbarschaftspolitik als Instrumente der EU-Demokratisierungspolitik. Es beschreibt den institutionellen Aufbau und die politischen Inhalte der EMP und untersucht die Rolle der Sicherheit und der Demokratieförderung im Rahmen der EMP.
Kapitel 3 setzt sich mit den Soll- und Ist-Zuständen von Demokratie und Menschenrechten in den Ländern des Maghreb und Mashrek auseinander. Es beschreibt den normativen Soll-Zustand und analysiert die Entwicklungen von Demokratie und Menschenrechten in der Region.
Kapitel 4 identifiziert Hindernisse und Schwächen der EU-Demokratisierungspolitik. Es betrachtet die Inkongruenz von Demokratie und Menschenrechten, analysiert institutionelle und instrumentale Schwächen und untersucht den Einfluss von Interessenkonflikten auf die Umsetzung der Politik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse der Effektivität der Demokratisierungspolitik der Europäischen Union im Kontext der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: externe Demokratisierung, Europäische Nachbarschaftspolitik, Demokratieförderung, Menschenrechte, Maghreb, Mashrek, Barcelona-Prozess, Interessenkonflikte, Frieden, Stabilität, institutionelle Schwächen, Inkongruenz.
- Quote paper
- Livia Schroedel (Author), 2007, Grenzen der Effektivität der Demokratisierungspolitik der Europäischen Union, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88767