Die Politisierung der gemeinsamen Handelspolitik der Europäischen Union. Auswirkungen auf das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten


Dossier / Travail de Séminaire, 2020

21 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretisches Konzept der Politisierung
2.1 Definition des Begriffes und Merkmale des Konzepts
2.2 Ursachen der Politisierung
2.3 Folgen der Politisierung

3 Implikationen der Politisierung für die Handelspolitik der EU
3.1 Ziele der Handelspolitik
3.2 Rechtlicher Rahmen
3.2.1 Beteiligung des Europäischen Parlaments
3.2.2 Einbindung der nationalen Parlamente

4 Konsequenzen der Politisierung für das Handelsabkommen der EU mit den Staaten des Mercosur
4.1 Ziele des Freihandelsabkommens
4.1.1 Ökonomische Zielsetzungen
4.1.2 Nachhaltigkeitsziele und Transparenz
4.2 Streitpunkte des Handelsabkommens
4.2.1 Standards und Regulierungen
4.2.2 Klima und Umwelt
4.3 Beteiligung der Parlamente

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Globaler Handel und Handelspolitik sind in den vergangenen Jahren zu zentralen gesellschaftspolitischen Streitthemen geworden. Diskussionen über das geplante EU-US Handelsabkommen TTIP lösten einen Sturm der Entrüstung und des Widerstandes aus. Und auch die heftigen Debatten um das jüngst ausgehandelte Assoziierungsabkommen der EU mit den Staaten des Mercosur machen deutlich, dass es nicht gelungen ist, breitere gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen. Als Erklärung für diese Entwicklung wird von PolitikwissenschaftlerInnen (u.a. Zürn, Rauh, Bödeker, Anders, Grande, Krumbein) die zunehmende Politisierung von Institutionen und Entscheidungsprozessen herangeführt, die aus demokratietheoretischer Perspektive durchaus bejaht wird.

In dieser Arbeit soll die Forschungsfrage beantwortet werden, welchen Einfluss die Politisierung auf das Abkommen der EU mit dem Mercosur hat. Die Relevanz der Frage lässt sich daran ermessen, dass es aus vielfältigen Gründen bis heute nicht gelungen ist, diese Vereinbarung in Kraft zu setzen. Deshalb ist es das Ziel, die Auswirkungen der Partizipation verschiedener AkteurInnen auf die EU-Handelspolitik im Allgemeinen und auf das oben genannte Abkommen im Besonderen zu erklären. Dazu wird zunächst in Kapitel 2 das Konzept der Politisierung vorgestellt; Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Definition des Begriffes und auf den charakteristischen Merkmalen und Dimensionen des Konzepts. Es schließen sich Erläuterungen zu den Ursachen und Folgen der Politisierung an.

In Kapitel 3 werden die Implikationen der Politisierung auf die Ziele der Handelspolitik der EU und auf den rechtlichen Rahmen erklärt, bevor in Kapitel 4 die konkreten Konsequenzen der Politisierung auf das EU-Mercosur-Abkommen untersucht werden. Hierbei wird deutlich, dass die Politisierung in unterschiedlichen Bereichen ihren Einfluss zeigt, nämlich bei der Festlegung der Zielsetzungen des Abkommens, bei der Konsenssuche zu strittigen Themen und bei der Berücksichtigung des EU-Parlaments und der Parlamente der Mitgliedstaaten.

Im abschließenden Fazit werden die wichtigsten Untersuchungsergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick auf den Abschlussprozess des EU-Mercosur-Abkommens gegeben.

2 Theoretisches Konzept der Politisierung

2.1 Definition des Begriffes und Merkmale des Konzepts

Der Terminus der „Politisierung“ spielt in der Politikwissenschaft in verschiedenen Forschungskontexten eine Rolle – von der Politischen Ökonomie über die Politische Kommuni-kation bis zur Europaforschung und den Internationalen Beziehungen – und er wird darin auf unterschiedliche Weise konzeptualisiert (Rauh und Bödeker 2016; Zürn 2013). Die folgende Untersuchung basiert auf einem Konzept von Politisierung, das auf Arbeiten von Zürn zurückgeht und in deren Mittelpunkt der Raum des Politischen steht. Er definiert Politisierung als „die Forderung nach oder der Akt des Transports einer Entscheidung oder einer Institution in den Bereich des Politischen“ (Zürn 2013, S. 13). Der Raum des Politischen kann dabei aus zwei verschiedenen Perspektiven erklärt werden: Differenziert man systemtheoretisch, bezieht er sich auf das politische Teilsystem, das für die Ausarbeitung kollektiv bindender Entscheidungen die Verantwortung trägt. So gesehen bedeutet Politisierung zum Beispiel, dass Themen, für die eigentlich das wirtschaftliche Teilsystems zuständig ist, in das politische Teilsystem transportiert werden, dort verhandelt und in verbindliches Recht verwandelt werden (Zürn 2013, S. 14).

Unterscheidet man auf der anderen Seite diskurstheoretisch, so wird ein breiteres Verständnis des Politischen propagiert. Aus diesem Blickwinkel bezieht sich der Bereich des Politischen auf den öffentlichen Raum, in dem politische Sachfragen sowie ihre möglichen Lösungen diskutiert werden. Politisierung vollzieht sich aus dieser Perspektive also dann, wenn „ein politisches Problem zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen“ (Rauh und Zürn 2014, S. 125) gemacht wird.

In Studien zur Politisierung der Europäischen Union wird häufig die diskurstheoretische Sichtweise übernommen; dabei beziehen sich diese auf öffentliche Diskussionen über die europäische Integration, die EU oder EU-Policies. Als konstitutives Merkmal der Politisierung wird dabei die Konflikthaftigkeit dieser Diskussionen identifiziert. Diese Auseinandersetzungen können sowohl über die institutionelle Ausgestaltung der EU (Polity) als auch über spezifische Entscheidungen (Policy) oder die Entscheidungsprozesse selbst (Politics) geführt werden. Polity-Politisierung hebt auf die konkrete institutionelle Ausgestaltung der EU ab, so beispielsweise auf die Machtbalance zwischen der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat (Anders et al. 2018, S. 5). Zürn (Krumbein 2016, S. 68) verweist allerdings auf ein „Politisierungsparadox“: Auf der einen Seite nimmt die Wahlbeteiligung ab, auf der anderen Seite steigt die Politisierung in der Europäischen Union.

Mit Blick auf die zentralen Merkmale der Politisierung lassen sich drei Dimensionen unterscheiden: die öffentliche Sichtbarkeit (visibility), der Kreis der beteiligten AkteurInnen (scope of actors) und die Intensität der Auseinandersetzung zwischen diesen AkteurInnen (intensity). Die erste Dimension, die öffentliche Sichtbarkeit bzw. Salienz, basiert auf der Annahme, dass Öffentlichkeit eine unverzichtbare Bedingung für das Austragen politischer Konflikte ist. Sachfragen, die nicht öffentlich diskutiert werden, können nur in geringem Umfang politisiert werden (Grande und Kriesi 2015, S. 5 f.).

Die Dimension der Akteursexpansion (zweite Dimension) bezieht sich auf die wachsende Zahl und Heterogenität der an einem Konflikt beteiligten AkteurInnen, die sich aktiv in Diskurse einbringen. Als solche kommen individuelle und kollektive AkteurInnen in Betracht, die wie Parteien, Experten, NGOs, Think Tanks oder Interessengruppen ihre Positionen öffentlich wahrnehmbar artikulieren. Solange Konflikte nicht über einen kleinen Kreis politischer Eliten oder interessierter Bürgergruppen hinausgehen, sind sie nur in geringem Umfang politisiert (Anders et al. 2018, S. 6).

Die dritte Dimension von Politisierung verweist auf die Intensität der Auseinandersetzung zwischen den AkteurInnen. Ein politischer Konflikt ist umso intensiver, je stärker er zwischen AkteurInnen polarisiert; er zeichnet sich dadurch aus, dass die Beteiligten unterschiedliche Positionen vertreten und sich zu gegensätzlichen politischen Lagern formieren (Grande und Kriesi 2015, S. 6).

[...]

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Die Politisierung der gemeinsamen Handelspolitik der Europäischen Union. Auswirkungen auf das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten
Université
University of Würzburg  (Institut für Politikwissenschaft und Soziologie)
Cours
Die Europäische Union als internationaler Akteur
Note
1,0
Auteur
Année
2020
Pages
21
N° de catalogue
V889045
ISBN (ebook)
9783346195739
ISBN (Livre)
9783346195746
Langue
allemand
Mots clés
Politisierung, Europäische Union, EU, Handelspolitik, Mercosur, Mercosur-Staaten, Akteur, Internationale Beziehungen, Politik, Internationale Politik, Politikwissenschaft, Handelsabkommen
Citation du texte
Markus Lüske (Auteur), 2020, Die Politisierung der gemeinsamen Handelspolitik der Europäischen Union. Auswirkungen auf das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/889045

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