Führt die Akademisierung der beruflich Pflegenden zu einer besseren Versorgungsqualität der Patienten?


Hausarbeit, 2020

43 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Ein-und Abgrenzung
1.3 Definitionen
1.4 Arbeitshypothese
1.5 Angewandte Methode
1.6 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

2 Stand der Akademisierung beruflich Pflegender
2.1 Situation in Deutschland
2.1.1 Entwicklung der Ausbildung in der Pflege
2.1.2 Der Weg zum Pflegestudium
2.1.3 Anzahl Pflegekräfte in Deutschland
2.1.4 Bedarf an akademisierten Pflegekräften in Deutschland
2.2 Situation in Europa
2.3 Andere Länder

3 Auswirkungen der Akademisierung von Pflegekräften auf die Versorgungsqualität
3.1 Bachelorabschluss und Patientenoutcome
3.1.1 Bachelorabschluss und Mortalität
3.1.2 Bachelorabschluss und andere „unerwünschte Ereignisse“
3.2 Einfluss von 80% Pflegekräften mit Bachelor of Science
3.3 Bewertung der Ergebnisse

4 Zusammenfassung
4.1 Fazit
4.2 Ausblick

5 Quellenverzeichnis

6 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Pflegebedürftige

Abbildung 2: Abschlüsse

Abbildung 3: Studiengänge

Abbildung 4: Standorte

Abbildung 5: Ursache und Wirkung

Abbildung 6: Unterschiedliche Aspekte

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Im Jahr 2009 stellte das Bundesministerium für Gesundheit (im Folgenden: BMG) eine neue Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs vor:

„Pflegebedürftig sind Personen, die nach näherer Bestimmung der folgenden Sätze Beeinträch- tigungen der Selbständigkeit oder Fähigkeitsstörungen aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche oder psychische Schädi- gungen, Beeinträchtigungen körperlicher oder kognitiver oder psychischer Funktionen, gesund- heitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewälti- gen können.“1

Die beruflich Pflegenden (im folgenden: Pflegekräfte) tragen in Ausübung ihrer Tätigkeit die Verantwortung für die Versorgung und Betreuung dieser pflegebedürftigen Personen gemäB der International Council of Nurses (im folgenden: ICN) Definition von Pflege.

Bedingt durch den immer stärker zu beobachtenden demographischen Wandel und den epidemiologischen Wandel, der mit vermehrt chronischen Krankheiten einhergeht, wird die Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland deutlich steigen. Ein im Jahr 2004 in der Zeitschrift „Sozialer Fortschritt“ veröffentlichter Artikel prophezeit bis zum Jahr 2040 einen Anstieg der Pflegebedürftigen von 55%.2

„[Auch] das Statistische Bundesamt [prognostiziert] eine weitere Zunahme von Pflegebedürftig- keit: bis zum Jahr 2060 erwarten die Experten einen Anstieg auf deutschlandweit rund 4,53 Milli- onen pflegebedürftige Menschen. Ursache hierfür ist vor allem die stetig wachsende Zahl älterer Menschen in Folge einer besser werdenden medizinischen Versorgung. Die Pflegequote steigt von rund 11 Prozent in der Altersgruppe der über 75-Jährigen auf rund 71 Prozent bei den über 90-Jährigen.“3

Abbildung 1 (Abb. 1 Pflegebedürftige, S. 2) zeigt eine Voraussage zur Entwicklung der Menge der Pflegebedürftigen in Deutschland nach Pflegeart in der Phase von 2013 bis 2030. Im Jahr 2025 könnte demnach die Zahl der in Pflegeheimen versorgten Pflegebe­dürftigen in Deutschland rund 1,05 Millionen Menschen betragen.

Ein weiterer Einflussfaktor auf die Tätigkeit von Pflegekräften ist die Multimorbidität. Von Multimorbidität spricht man, wenn eine Person parallel an mindestens zwei chronischen Krankheiten leidet. Dies trifft auf mehr als 50% der Älteren in Deutschland zu. Im Kontext des demographischen Wandels wird sich die Gesellschaft auch auf eine weitere Expan­sion der Multimorbidität einstellen müssen. Dies bedeutet für das Gesundheitswesen auBergewöhnliche Versorgungsprobleme. Über die alternierende Interferenz mehrerer Krankheiten in ihrer Genese und im Langzeitverlauf ist kaum etwas bekannt. Des Wei- teren gibt es bisher keine Leitlinien für Krankheitskomplexe, sondern ledigilich für einige bestimmte Diagnosen oder Beratungsanlässe.4 5 Darüber hinaus hat sich das deutsche Gesundheitssystem in den vergangenen Jahren, vor allem seit der Einführung der Diag­nosis Related Groups im Jahr 2003, stark verändert. Die Liegedauer der Patienten wurde verkürzt, sodass ein häufigerer Patientenwechsel stattfindet und die Patienten schneller auf die Entlassung vorbereitet werden müssen. Patienten, die früher noch in stationärer Behandlung gewesen wären, müssen nun zu Hause versorgt werden.

Abbildung 1: Pflegebedürftige[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinzu kommt, dass traditionelle Versorgungstrukturen, wie die Pflege durch Angehörige, vor allem Frauen und Töchter, nicht mehr in früherem MaBe verfügbar sind, da heutzu- tage meist alle erwachsenen Familienmitglieder berufstätig sind.6

Auf Grund dieser Daten lässt sich ermitteln, dass die Anforderungen an Pflegekräfte in Zukunft sowohl quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht bereits gewachsen sind und noch weiter ansteigen werden. Zudem erfordert die veränderte Versorgungssituation eine zunehmende Kommunikation und Kooperation mit anderen Disziplinen im multipro- fessionellen Team.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Ein GroBteil der Länder in Europa sowie Nordamerika und auch in anderen Teilen der Welt hat bereits eine hochschulische Bildung für einen nicht unwesentlichen Anteil des Pflegepersonals umgesetzt.7 In Deutschland ist diese jedoch noch eine Seltenheit,8 wodurch Deutschland im internationalen Vergleich zurückliegt. Die Beweise, dass eine bessere Ausbildung Versorgungsrisiken für Patienten senken häufen sich.9 Daher muss die Frage gestellt werden, ob professionelle zeitgemäBe Pflege ohne eine höhere Quote von Pflegekräften mit akademischer Qualifizierung in der heutigen Zeit noch möglich ist. Lässt sich durch einen gewissen Anteil studierter Pflegekräfte die Versorgungsqualität der Patienten verbessern? Ist die Akademisierung ein notwendiger Schritt für die Pro- fessionalisierung der Pflege? Diese Fragen sollen in dieser Arbeit genauer betrachtet werden.

1.2 Ein- und Abgrenzung

Auf Grund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit und der weitreichenden Dimensionen der Thematik werden im Folgenden nur ausgewählte Aspekte behandelt.

Zum einen erfolgt eine räumliche Eingrenzung; die verwendeten Studien und das Re­view zu den Auswirkungen der Akademisierung wurden in Ländern der europäischen Union (genauer gesagt Belgien, England, Finnland, Irland, den Niederlanden, Norwe- gen, Spanien, Schweden), der Schweiz sowie Kanada, den USA und einigen asiatischen Ländern (Thailand, Taiwan und Südkorea) durchgeführt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass in anderen Ländern bei einer vergleichbaren Studie ähnliche Ergebnisse ent- stünden, können in dieser Arbeit nur die bestehenden Resultate verwendet werden.

Bereits der Titel dieser Arbeit verdeutlicht, dass nur die akademische Ausbildung von Pflegekräften bearbeitet wird und somit pflegende Angehörige und andere Laien hier nicht betrachtet werden. Zudem wird der Fokus auf die in der Akutversorgung tätigen Pflegekräfte gelegt.

Bei der Darstellung der Akademisierung der Pflegekräfte wird in dieser Arbeit auf die aktüelle Situation und geschichtliche Entwicklung in Deutschland eingegangen. Die Ver- hältnisse in den anderen oben genannten Ländern werden nur insofern beschrieben, wie sie für die Studie und das Review von Belang sind.

Nicht im Detail behandelt werden die Auswirkungen der Pflegewissenschaft, der Pflege- pädagogik und des Pflegemanagements auf die Versorgungsqualität, aber das Studien- angebot und die Bedeutung für eine fundierte Pflegeforschung und aktuelle Ausbildung wird kurz dargestellt. Ansonsten wird der Fokus auf die primärqualifizierenden Pflege- studiengänge gelegt.

Ebenfalls nicht behandelt wird der Einfluss von Berufserfahrung auf die Versorgungs­qualität.

Sowohl die Perspektive der Pflegebedürftigen als auch der Pflegekräfte wird betrachtet, nicht jedoch die Perspektiven der Gesetzgeber und anderen Berufsgruppen, auch wenn dies im Rahmen einer umfangreicheren Arbeit wünschenswert wäre, um ein umfassen- des Bild zu erhalten.

1.3 Definitionen

Um die Inhalte und Bedeutungen einiger verwendeter Wörter für diese Arbeit festzulegen werden sie nachfolgend definiert.

Akademisierung:

„Tatsache, dass die Ausbildung für bestimmte neue Tätigkeits- und Berufsfelder an eine Akade- mie oder Hochschule verlegt wird.“10

Beruflich Pflegende (Pflegekräfte):

Da sich für diesen kombinierten Begriff keine eindeutige Definition finden lässt, werden beide Wörter einzeln definiert.

Beruf:

„dauerhaft angelegte, i.d.R. eine Ausbildung voraussetzende Betätigung, die Arbeitskraft so- wie Arbeitszeit überwiegend in Anspruch nimmt“11

Pflegende:

„The nurse is a person who has completed a program of basic, generalized nursing education and is authorized by the appropriate regulatory authority to practice nursing in his/her country. Basic nursing education is a formally recognised programme of study providing a broad and sound foundation in the behavioural, life, and nursing sciences for the general practice of nursing, for a leadership role, and for post-basic education for specialty or advanced nursing practice. The nurse is prepared and authorized (1) to engage in the general scope of nursing practice, including the promotion of health, prevention of illness, and care of physically ill, mentally ill, and disabled people of all ages and in all health care and other community settings; (2) to carry out health care teaching; (3) to participate fully as a member of the health care team; (4) to supervise and train nursing and health care auxiliaries; and (5) to be involved in research.“12

Übersetzung:

Die Krankenschwester oder der Krankenpfleger (im Folgenden: die Pflegefachkraft) ist eine Person, die ein Programm der grundlegenden, allgemeinen Krankenpflegeausbil- dung abgeschlossen hat und von der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Ausübung der Krankenpflege in ihrem Land autorisiert ist. Die pflegerische Grundausbildung ist ein for- mell anerkanntes Studienprogramm, das ein breites und solides Fundament in den Ver- haltens-, Lebens- und Pflegewissenschaften für die allgemeine Pflegepraxis, für eine Führungsrolle und für eine Weiterbildung für die Spezial- oder fortgeschrittene Pflege- praxis bietet. Die Pflegefachkraft ist bereit und befugt, (1) sich im allgemeinen Bereich der Krankenpflegepraxis zu engagieren, einschlieBlich der Gesundheitsförderung, der Krankheitsprävention und der Pflege körperlich kranker, psychisch kranker und behin- derter Menschen jeden Alters und in allen Bereichen des Gesundheitswesens und an- derer gemeinschaftlicher Einrichtungen; (2) Gesundheitspflegeunterricht durchzuführen; (3) als Mitglied des Gesundheitspflegeteams voll teilzunehmen; (4) Pflege- und Gesund- heitspflegehilfskräfte zu beaufsichtigen und auszubilden; und (5) an der Forschung teil- zunehmen.

Eine beruflich Pflegende (Pflegekraft) ist demzufolge eine Person, die oben genannte Bedingungen in ihrer Arbeitszeit mit ihrer Arbeitskraft erfüllen soll.

Versorgungsqualität:

Bei diesem Wort werden erneut die Bestandteile einzeln definiert.

Versorgung:

„Behandlung“13

Qualität:

„Übereinstimmung von Leistungen mit Ansprüchen. Ansprüche stellen Kunden, Verwender (Kon- sument/Produzent), Händler und Hersteller.“14

„Definition von Qualität im Gesundheitswesen: Es besteht Einigkeit, dass eine qualitativ gute Ver- sorgung angestrebt wird und dass dazu ein systematisches Qualitätsmanagement erforderlich ist. [...] Was sind gewünschte Ergebnisse? Welche Qualitätsziele werden festgesetzt und wie wird der Weg dorthin beschritten?“15

Die Versorgungsqualität ist demzufolge die Übereinstimmung des Ergebnisses der (in diesem Fall pflegerischen) Behandlung des Konsumenten (in diesem Fall: Patienten) mit deren Wünschen und Zielen an diese Behandlung.

1.4 Arbeitshypothese

Führt die Akademisierung der beruflich Pflegenden (Pflegekräfte) zu einer besseren Ver- sorgungsqualität der Patienten?

Hypothese: Bereits ein Anteil von 20% akademisierter Pflegekräfte führt zu einer besse- ren Versorgungsqualität der Patienten.

Da eine Verifikation nicht möglich ist wird nachfolgend überprüft, ob sich diese Hypo- these falsifizieren lässt. In diesem Fall müsste die Hypothese in dieser Form abgelehnt werden.

1.5 Angewandte Methode

Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine reine Literaturstudie; das heiBt es wurden vor- handene Studien, Reviews und Denkschriften ausgewertet.

Im Anschluss an die Einleitung wird zunächst die Akademisierung von Pflegekräften vor- gestellt. AnschlieBend wird anhand von zwei Studien und einem Review ermittelt, welche Auswirkungen die Akademisierung der Pflegenden auf die Versorgungsqualität der Pa- tienten hat und ob sich ein Zusammenhang zwischen dem Anteil der Pflegekräfte mit Hochschulabschluss und dem Behandlungsergebnis der Patienten feststellen lässt.

Die verwendeten analogen Quellen stammen aus der Bibliothek der bayrischen Pfle- geakademie, der Universitätsbibliothek Erlangen sowie der bayrischen Staatsbibliothek.

Zur Suche nach Onlinequellen wurden die Suchmaschinen google.de sowie scholar.google.de und die Datenbank Pubmed genutzt. Die Suchbegriffe waren: Akade- misierung, Nurse education and mortality, demographischer Wandel, Pflegebedürftig- keit, Versorgungsqualität, beruflich Pflegende.

Zudem stellte die Autorin Anfragen für weiterführende Literatur bei den Autoren der ver- wendeten Studie „Nurse staffing and education and hospital mortality in nine European countries“.

In der Arbeit wurden Quellen verwendet, die zwischen dem Jahr 1992 und 2019 entstan- den sind.

1.6 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

Auf Grund der dargestellten Problematik und der Zielsetzung der Arbeit werden in den Kapiteln folgende Themen bearbeitet:

Im ersten Kapitel wird ein Überblick über die Themen und Ziele der Arbeit gegeben, der Bezug derselben zu aktuellen Problemen hergestellt und die methodischen Parameter beschrieben.

Im zweiten Kapitel wird dargestellt, wie weit die Akademisierung der Pflegekräfte fortge- schritten ist, welche Probleme und welche Chancen sich aus dieser Situation ergeben.

Im dritten Kapitel werden anhand von zwei Studien sowie einem Review konkrete Er- gebnisse der Akademisierung von Pflegekräften herausgearbeitet und ein Bezug zur Hy- pothese dieser Arbeit hergestellt. Zuletzt wird bewertet, ob die Hypothese falsifiziert wurde.

Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst, reflektiert und ein Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen gegeben.

2 Stand der Akademisierung beruflich Pflegender

Um einen Überblick über die aktuelle Situation der Akademisierung zu erhalten wird in diesem Kapitel dargestellt, wann die Akademisierung begonnen hat, zu wie viel Prozent sie fortgeschritten ist, welche Bereiche sie betrifft und welchen Bedarf es gibt.

2.1 Situation in Deutschland

In diesem Kapitel wird zunächst die geschichtliche Entwicklung der Krankenpflege in Deutschland bis zum Jahr 2020 kurz vorgestellt, anschlieBend werden statistische Daten zu Pflegekräften präsentiert.

2.1.1 Entwicklung der Ausbildung in der Pflege

Im Jahr 1938 wurde erstmals ein Krankenpflegegesetz (KrPflG) verabschiedet, welches die Einführung einer staatlich anerkannten Krankenpflegeausbildung und Krankenpfle- geprüfung vorschrieb. Zudem wurde in ihm zum ersten Mal einheitliche Ausbildungsbe- stimmungen innerhalb von Deutschland festgelegt. Damalige Aufnahmekriterien für die Ausbildung waren ein Alter von 18 Jahren, ein Volksschulabschluss sowie eine einjäh- rige hauswirtschaftliche Tätigkeit. Die Inhalte der Ausbildung oblagen den jeweiligen ausbildenden Krankenhäusern, theoretischer Unterricht war mit einem Umfang von 200 Stunden vorgesehen. Nach Abschluss der Ausbildung waren Fortbildungen eine Aus- nahme.

1957 folgte eine Neuregelung für die Bundesrepublik Deutschland. Diese verlangte ebenfalls einen Volksschulabschluss, der theoretische Unterricht wurde auf mindestens 400 Stunden erhöht, zudem wurde eine einjährige praktische Ausbildung vorgeschrie- ben. Eine erste Möglichkeit für Weiterbildungen gab es ab 1953 in der Agnes-Karll- Schule für Schwesternvorbildung und Schwesternfortbildung in Westberlin; die Kosten der Weiterbildungen waren von den Teilnehmern selbst zu tragen.

Ab dem Ende des Jahrzehnts wurden die Aus- und Fortbildung gefördert, was sich unter anderem in einem Ausbau der Lehrgänge für die Lehrer der Krankenpflegeschulen zeigte.

Im Jahr 1966 folgte eine neue Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, welche die An- sprüche an Bewerber und den Umfang der Ausbildung erweiterte; fortan musste ein Re- alschulabschluss vorliegen, die Ausbildungsdauer sollte drei Jahre umfassen, in denen 1200 Stunden theoretischer Unterricht und 18 Monate praktische Ausbildung erfolgen sollten. Viele Schulen erhöhten den Unterrichtsumfang in der Theorie freiwillig auf 1800 Stunden. In dieser Verordnung gab es zudem erstmalig Vorgaben zur Ausbildung der Unterrichtsschwestern; die vorgesehene Fortbildung war zunächst auf sieben Monate ausgelegt und wurde in den 1970er Jahren auf zwölf Monate erweitert.16

Darüber hinaus konnte ab 1978 bzw. 1979 in Westberlin oder Osnabrück Lehre für Kran- kenpflege studiert werden. Der Berliner Studiengang wurde allerdings nach nur drei Jah- ren wieder abgeschafft.17

1985 wurde ein neues KrPflG verabschiedet; nun konnten erstmals Krankenpflegeschu- len ohne einen verantwortlichen Arzt geleitet werden. Neben einer Erhöhung der theo- retischen Pflichtstunden von 1200 auf 1600 wurden Ausbildungsziele formuliert und fortan die Berufsbezeichnung geschützt. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und dem wachsenden Einfluss amerikanischer Pflegetheorien fanden sich immer mehr Befürworter einer akademischen Pflegeausbildung, was im Gegensatz zur früheren Si­tuation stand; wenige Jahre zuvor gab es auch unter den Pflegenden selbst Zweifel an einer Hochschulausbildung für Pflegende, da befürchtet wurde, dass studierte Pflege- kräfte nicht mehr direkt am Patienten arbeiten.18

2.1.2 Der Weg zum Pflegestudium

In den 1990er Jahren stieg die Zahl der Pflegestudiengänge an, was auch durch den Einfluss der neuen Bundesländer erklärt werden kann. Hier gab es bereits in den 1960er Jahren einen Studiengang für Medizinpädagogen, Pflegekräfte mit Leitungsaufgaben konnten seit den 1970er Jahren studieren.19

Im Jahr 1992 hat die Robert-Bosch-Stiftung mit ihrer Denkschrift „Pflege braucht Eliten“ auf die Notwendigkeit akademisierter Pflegekräfte hingewiesen; in diesem Werk geht es allerdings tatsächlich, wie der Titel bereits verdeutlicht, um eine Elite, also eine ausge- wählte Gruppe, genauer gesagt die Führungsschicht und die Lehrkräfte.20 Als Grund für diese Notwendigkeit werden die veränderten Anforderungen an die Pflegeberufe sowie die wenig zufriedenstellende Fort- und Weiterbildungssituation angegeben.21 Zudem wird darauf hingewiesen, dass eine Integration der Pflegewissenschaft im tertiären Sek­tor dringend notwendig sei; nur so könnten Erfahrungen aus der Pflegepraxis wissen- schaftlich ausgewertet und in gesichertes Wissen übertragen werden müsste. So könnte die Forschung die Praxis unterstützen und somit die Qualität der Pflege sicherstellen.22 Seit dem Jahr 2017 gibt es in Deutschland erstmal eine Gesetzesgrundlage für eine hochschulische Pflegeausbildung. Die primärqualifizierende Pflegeausbildung befähig dem Pflegeberufereformgesetz zufolge nicht nur zu den gleichen Tätigkeiten und vermit- telt die gleichen Kompetenzen wie die berufliche Pflegeausbildung, sie befähigt zudem: „zur Steuerung und Gestaltung hochkomplexer Pflegeprozesse auf der Grundlage wis- senschaftsbasierter oder wissenschaftsorientierter Entscheidungen,“ zum Aneignen von vertieftem pflegewissenschafltichen Wissen und der aktiven Mitgestaltung von pflegeri- scher Versorgung und ihrer Entwicklung, zum ErschlieBen von neuen evidenzbasierten und durch Forschung gewonnenen Erkenntnissen sowie Technologien und zur Bedarfs- ermittlung im Bereich Fort- und Weiterbildung. Zudem werden die Pflegenden bestärkt im Bereich des kritischen Denkens und in der Entwicklung und Implementierung von Lösungsansätzen für ihren Handlungsbereich. Die Absolventen sollen zudem in der Lage sein, an Expertenstandards, Qualitätsmanagement und Leitlinien mitzuarbeiten.

Die Mindeststudienzeit beläuft sich auf sechs Semester, in denen Lehrveranstaltungen an der Hochschule und Praxiseinsätze absolviert werden. Die Hochschulen stellen die Praxisbegleiter und tragen die Verantwortung für die Koordination, die Einrichtungen der Praxiseinsätze die Praxisanleiter. Der Abschluss wird mit der Verleihung des akademi- schen Grades durch die Hochschule erreicht.23

Im ersten Quartal 2020 werden in Deutschland laut der Seite Hochschulkompass.de an 85 Standorten insgesamt 157 Studiengänge im Bereich „Pflege“ angeboten. Darunter 111 Bachelor- sowie 45 Masterstudiengänge und 1 Lehramtsstudiengang (Vgl. Abb.2 Abschlüsse S.11). Es handelt sich dabei sowohl um 41 Studiengänge aus dem Bereich Pflegepädagogik, 29 Studiengänge im Bereich Pflegemanagement sowie 28 im Bereich Pflegewissenschaft. Weiterhin werden 16 Fachstudiengänge für spezielle Pflege und 33 primärqualifizierende Studiengänge angeboten (Vgl. Abb. 3 Studiengänge S. 11).24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Abschlüsse25

[...]


1 BGM (2009) S. 85

2 Vergleiche (im Folgenden: Vgl.) Blinkert (2004) S.319

3 Radkte (2019)

4 Vgl. van den Bussche (2011), S.73

5 O.V. Statista (2020)

6 Vgl. Mayer (2014), S. 31

7 Vgl. Audet (2018), S. 129

8 Vgl. o.V. Wissenschaftsrat (2012), S.32

9 Vgl. Audet (2018) S.128

10 O.V. wiktionary (2018) Akademisierung

11 Schmidt (2018)

12 Vgl. ICN (1987)

13 O.V. (o.D.) Duden

14 Markgraf (2018)

15 Pottkämper (2012), S.3

16 Vgl. Moses, S.14-21

17 Vgl. Ebenda (im Folgenden: Ebd.) S.28-29

18 Vgl. Ebd S.25. 38-39

19 Vgl. Ebd, S.40-41

20 Vgl. Robert-Bosch-Stiftung (1992) S.26

21 Vgl. Ebd. S.19-30

22 Vgl. Ebd. S 102-103

23 Vgl. Pflegeberufereformgesetz 2017, Teil 3, §37-38

24 Vgl. Hochschulkompass

25 Eigene Darstellung

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Führt die Akademisierung der beruflich Pflegenden zu einer besseren Versorgungsqualität der Patienten?
Hochschule
Steinbeis-Hochschule Berlin
Note
1,7
Jahr
2020
Seiten
43
Katalognummer
V889185
ISBN (eBook)
9783346198754
ISBN (Buch)
9783346198761
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pflege Krankenpflege Akademisierung Studium Bachelor Qualifikation Versorgungsqualität Mortalität
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Führt die Akademisierung der beruflich Pflegenden zu einer besseren Versorgungsqualität der Patienten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/889185

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