„Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.“ So oder ähnlich könnten Leser denken, wenn sie Immanuel Kants Argumentationen zum Widerstandsrecht und zur Revolution, speziell der Französischen Revolution, allgemein lesen. Bei genauerer Lektüre wird jedoch schnell deutlich, dass der Vernunft-, Rechts- und Moralphilosoph Kant – für den Leser von heute sicherlich nicht immer ganz eindeutig – eine differenzierte Position einnahm, die dem Wandel von der Naturrechtsanschauung der Antike und des Mittelalters zum positiven Recht der Neuzeit geschuldet ist.
Um Immanuel Kants Position zu dem problematischen Verhältnis von Widerstand und Revolution in seinen staatsrechtlichen und staatsphilosophischen Ausführungen herauszuarbeiten zu können, ist es notwendig, einen kurzen historischen Abriss zur Entwicklung des Widerstandsrechts und zur Entwicklungsgeschichte der Revolution voranzustellen. Im Anschluss daran wird die Ablehnung des Widerstandrechtes bei Kant – seine Argumentation und die daraus folgenden Konsequenzen für den Staatsbürger – untersucht. Gibt es ein Widerstandsrecht bei Kant? Und wenn ja, wie begründet Kant die Ablehnung des Widerstandsrechts? Dies sind die erkenntnisleitenden Fragen.
Für die bürgerlichen Revolutionen in Europa und Nordamerika war ohne Zweifel die Aufklärung eine wesentliche Triebkraft. Wie aber stand der bedeutendste deutsche Aufklärer Immanuel Kant zu den revolutionären Vorgängen seiner Zeit? Anhand seiner Äußerungen zur Französischen Revolution wird der Frage nachgegangen, ob Revolutionen, erfolgreich oder nicht, rechtmäßig sind? Können Revolutionen überhaupt einen rechtlichen Zustand herstellen? Schließend werden die Wege aufgezeigt, die Kant für eine legale Systemveränderung vorgezeichnet hat. Für die Untersuchung ist eine intensive Arbeit mit den Texten Kants kennzeichnend. Im Hauptseminar, in dessen Rahmen die vorliegende Arbeit entstanden ist, standen hinter der Analyse der Texte Kants immer Fragen nach dessen Aussagen zur Politik, deren Aufgaben und dazu, ob sich aus diesen eine Theorie der Politik nach Kant herauskristallisieren lasse. Die folgenden Ausführungen sollen ein Baustein in der Untersuchung dieser zentralen Fragestellungen des Seminars sein. Nach Zechlin lassen sich drei Erscheinungsformen des Widerstandes, die als individuelle wie auch durch Gruppen und Bewegungen initiierte Auflehnung gegen die herrschende politische Ordnung verstanden werden, unterscheiden – Revolution, Widerstand im engeren Sinne und ziviler Ungehorsam.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Widerstand, Widerstandsrecht und Revolution - ein historischer Abriss
- Die Ablehnung des Widerstandsrechtes und der Revolution bei Kant
- Die Argumentation Kants
- Die Konsequenzen aus der Argumentation Kants
- Kants Verhältnis zur Französischen Revolution 1789
- Kants Sympathie und Antipathie zur Französischen Revolution
- Eine Frage der Rechtmäßigkeit – die erfolgreiche Revolution?
- Aufklärung als Triebkraft für Systemveränderung
- Die Kant'schen Wege der legalen Systemveränderung
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit widmet sich Immanuel Kants staatsrechtlichem Denken und untersucht dessen Verhältnis zu Widerstand, Widerstandsrecht und Revolution. Sie beleuchtet Kants Position im Kontext der historischen Entwicklung dieser Konzepte und analysiert seine Argumentation gegen ein Widerstandsrecht. Besonderes Augenmerk liegt auf Kants Haltung zur Französischen Revolution und der Frage, ob er Revolutionen als rechtmäßige Mittel zur Systemveränderung betrachtet. Darüber hinaus werden die Wege zur legalen Systemveränderung aufgezeigt, die Kant für möglich hält.
- Widerstandsrecht in der Geschichte
- Kants Ablehnung des Widerstandsrechtes
- Kants Haltung zur Französischen Revolution
- Revolution als Mittel zur Systemveränderung
- Legale Wege zur Systemveränderung nach Kant
Zusammenfassung der Kapitel
- Einführung: Die Einleitung stellt die Arbeit und deren Zielsetzung vor, indem sie Kants Position zum Widerstandsrecht und zur Revolution in den Kontext der historischen Entwicklung dieser Konzepte setzt.
- Widerstand, Widerstandsrecht und Revolution - ein historischer Abriss: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung des Widerstandsrechts von der Antike bis zur Neuzeit, wobei verschiedene Ansätze und Denker wie John Locke und Jean Jacques Rousseau beleuchtet werden.
- Die Ablehnung des Widerstandsrechtes und der Revolution bei Kant: Hier werden Kants Argumente gegen ein Widerstandsrecht vorgestellt und die daraus resultierenden Konsequenzen für den Staatsbürger untersucht.
- Kants Verhältnis zur Französischen Revolution 1789: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Kants Reaktionen auf die Französische Revolution und untersucht seine Ansichten zur Rechtmäßigkeit von Revolutionen sowie deren Bedeutung als Triebkraft für gesellschaftlichen Wandel.
- Die Kant'schen Wege der legalen Systemveränderung: Dieses Kapitel beleuchtet die von Kant vorgeschlagenen Wege zur legalen Systemveränderung, ohne jedoch den Inhalt der Zusammenfassung zu verraten.
Schlüsselwörter
Immanuel Kant, Widerstand, Widerstandsrecht, Revolution, Französische Revolution, Staatsrecht, Staats- und Rechtsphilosophie, Aufklärung, Systemveränderung, legale Veränderung, Vernunft, Recht, Moral, Freiheit, Volkssouveränität.
- Citation du texte
- Matthias Rekow (Auteur), 2008, Widerstand, Widerstandsrecht und Revolution in Immanuel Kants staatsrechtlichem Denken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89572