Verfassungsgefährdende Tendenzen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und die Reaktion des Rechtsstaats


Thèse de Bachelor, 2017

62 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Das Gemeinwesen in einer multipolaren Gesellschaft

2 Extremismus
2.1 Terminologische Bedeutung
2.2 Situation in der Bundesrepublik Deutschland

3 Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands
3.1 Entwicklung
3.1.2 Geschichtlicher Rückblick
3.1.2.1 Gründung und Aufstieg in der jungen Bundesrepublik
3.1.2.2 Abstieg und Krise bis zur Wiedervereinigung
3.1.2.3 Neuausrichtung und Nachwehen der Verbotsverfahren
3.1.2 Gegenwärtige Lage
3.2 Ideologie und Programmatik
3.2.1 Einordnung zentraler ideologischer Aspekte
3.2.2 Strategisches Konzept

4 Perspektive der Bundesrepublik Deutschland
4.1 Prinzip der streitbaren Demokratie
4.1.1 Entstehungsgeschichte der streitbaren Demokratie
4.1.2 Wertekern und grundlegende Dilemmata
4.2 Instrumentarium zum Erhalt der verfassungsgegebenen Ordnung
4.2.1 Verteidigung gegen Verfassungsfeinde aus der Gesellschaft
4.2.1.1 Protektion durch das Grundgesetz
4.2.1.1.1 Art. 9 II GG
4.2.1.1.2 Art. 21 II GG
4.2.1.1.3 Art. 18 GG
4.2.1.2 Sofortmaßnahmen
4.2.1.3 Staatliche Schutzorgane
4.2.2 Abwehr gegen Bedrohungen aus den Reihen des Staates
4.2.2.1 Mechanismen innerhalb der geteilten Gewalten
4.2.2.2 Verfassungstreue im Staatsdienst

5. Zukünftige Optionen und Bedrohungen

Literaturverzeichnis

Schriftliche Publikationen

Internetquellen

Abstract

Deutsch

In einer modernen, deutschen Gesellschaft sind sowohl die Grundrechte des Bürgers als auch der stabile Staat, der diese Rechte garantiert, eine Selbstverständlichkeit. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass es bis dahin ein weiter Weg war und dass das heutige Gemeinwesen immer noch Bedrohungen ausgesetzt ist.

Um dies aufzuzeigen, geht die vorliegende Arbeit anfangs auf Extremismus im Allgemeinen unter Berücksichtigung der gegebenen Verbreitung extremistischer Potenziale in der Bevölkerung ein. Daraufhin liegt der Fokus im Speziellen auf der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) mit ihrer Geschichte und Programmatik. Abschließend wird auf die Perspektive des Staates eingegangen. Dabei wird erst das theoretische Konzept der streitbaren Demokratie mit seinem zugehörigen Wertekern erläutert und schließlich das zur Abwehr von Gefahren zur Verfügung stehende Instrumentarium dargelegt.

Englisch

In a modern, German society seem both, the basic rights of the citizen and the stable state, guaranteeing these rights, to be self-evident. However, it must not be overlooked that there has been a lot of difficulties to solve and that today's community is still threatened.

In order to demonstrate this the present paper deals at first with extremism in general, taking into account the prevalence of extremist potentials in the population. Then the focus is on the Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) with its history and program. Finally, the state's perspective is discussed. The theoretical concept of disputable democracy with its associated core of values is first explained, and in the end, the instruments available for the defense of dangers are presented.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung I: Klassisches Links-Rechts-Spektrum: basiert auf „Schaubild 1: Triadische Darstellung des Rechts-Links-Spektrums“ bei Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 105.

Abbildung II: Von Kritikern unterstelltes Links-Rechts-Spektrum: eigenes Werk.

Abbildung III: Differenziertes Links-Rechts-Schema: eigenes Werk.

1 Das Gemeinwesen in einer multipolaren Gesellschaft

Ein Staat ist stets Abbild der Gesellschaft, die ihn formt. Auf diese Weise ändern sich auch die staatlichen Handlungsbedingungen mit den Variationen, die in dessen Umwelt passieren. Seit jeher können jedoch bestimmte Entwicklungen dem sozialen Konstrukt des Gemeinwesens gefährlich werden, in welchem sich Individuen zu einem sicheren und friedlichen Leben zusammenschließen, wie schon John Locke feststellte1. Ähnlich der römischen Republik, in der Verschwörer wie Lucius Sergius Catilina versuchten die Macht zu ergreifen2, können sich auch in der Gegenwart unerwartete Bedrohungen aus der Bevölkerung erheben.

Umso stärker müssen sowohl die Organe als auch der Souverän einer Nation daran interessiert sein, den denkbaren Gefährdungen zum Fortbestand der Ordnung zu begegnen. In der Bundesrepublik Deutschland bildet, wie in fast allen Ländern, die Verfassung - das Grundgesetz - die stabile Basis, auf der die Regeln und Institutionen des Landes aufbauen. Besonders deutlich offenbaren gesellschaftliche Gruppen ihren Willen drastische Veränderungen am Gemeinwesen vorzunehmen, indem sie Kritik an bestehenden Normen der Verfassung üben.

Geschieht dies nicht konstruktiv, geht damit stets eine Bedrohung einher, vor allem, falls dies von Parteien ausgeht, welche nach Art. 21 I GG zentral für die „Willensbildung des Volkes“ sind. Diese Arbeit widmet sich konkret den Bestrebungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sowie den Optionen des demokratischen, freiheitlichen Rechtsstaats jenen zu begegnen. Obwohl die NPD nun spätestens seit dem 17. Januar 2017 als Partei mit „verfassungsfeindlichen Ziele[n]“3 bezeichnet werden kann, nimmt sie dennoch eine Sonderstellung ein. Um ein tieferes Verständnis für die politische Position und die Begrifflichkeiten zu erlangen, wird zu Beginn auf die Begrifflichkeit von Extremismus und die dementsprechende Situation in Deutschland eingegangen. Davon ausgehend wird der Hintergrund der NPD im Bereich Geschichte und Programmatik näher erläutert. Im letzten Teil erfolgt schließlich eine Darlegung der Instrumentarien der Bundesrepublik, um Besagte an die gesetzlichen Bestimmungen zu erinnern und gegebenenfalls Übertretungen ahnden zu können.

2 Extremismus

Zu Beginn ist es unerlässlich, grundlegende Definitionen zu klären, um Irrtümer oder Missverständnisse zu vermeiden. Wie von einigen Autoren bereits erkannt4, herrscht in den Medien oder der Bevölkerung oftmals eine verwirrende Vielfalt an Begriffen, wenn eine Vereinigung, eine Partei oder ein Individuum als gegenüber dem Staat und seinen Prinzipien feindlich gesonnen bezeichnet werden soll. Wissenschaftlich etabliert hat sich hier die Einordnung als „extremistisch“. Die genaue Bedeutung davon sowie die Verbreitung solcher extremistischen Standpunkte ist für die Gesamtbeurteilung wesentlich.

2.1 Terminologische Bedeutung

Der Grund für die unscharfe Vielfalt und Varianz an Bezeichnungen ist, wie etwa Jesse ausführt, in einer Mischung aus „zum Teil (…) mangelnder Sorgfalt (…), zum Teil (…) [der] Verteufelung politisch unbequemer Richtungen“ zu suchen5. Nachvollziehbar ist zudem, dass der wissenschaftliche Laie sich in der Regel nicht innerhalb einer langen Reflexion mit den ursprünglichen Wurzeln eines Begriffs auseinandersetzt.

In der jungen Bundesrepublik war die Verwendung des Ausdrucks „Extremismus“ ursprünglich auch eher unüblich, bis er sich im Rahmen der Ereignisse der 60er Jahre in der wissenschaftlichen Forschung, dem politischen sowie dem journalistischen Sprachgebrauch durchsetzte.6 Zuvor dominierte der „Radikalismus“ die Einordnung, welcher sich von der lateinischen Bezeichnung für Ursprung ableitet und Probleme bei Besagtem zu lösen versucht.7 Da aber in der Zeit der Aufklärung Demokraten selbst Radikale waren und auch eine radikale Meinung nicht zwingend zu ungesetzlicher Agitation führt, erwies sich der Begriff als ungeeignet. Dies zeigt sich daran, dass radikale Ziele nicht unbedingt der Verfassung zuwiderlaufen müssen, sondern oftmals ihren Bereich des gesetzlich Möglichen bis an die Grenze belasten.8 Auch die Benennung einer Vereinigung mittels „Terrorismus“ ist oftmals nur sehr beschränkt einsetzbar, weil sich dieser ebenfalls aus dem Lateinischen stammende Ausdruck (wörtlich für Schrecken) maßgeblich auf extensive Gewaltanwendung bezieht und dementsprechend fast nie größeren organisatorischen Charakter annimmt.9

Am geeignetsten zeigte sich die Bezeichnung „Extremismus“, welche auf eine politische Einstellung angewandt wird, „die danach trachtet, den demokratischen Verfassungsstaat revolutionär zu verändern“10. Daraus folgt, dass eine extreme Position bereits den Superlativ einer potenziellen Meinung darstellt und sich zwischen diesen extremen Rändern des Möglichen auch stets gemäßigtere Einstellungen finden lassen müssen.11 In dieser von den einzelnen Rändern gleich weit – äquidistant – entfernten Mitte ist als gedanklicher Gegenpol der „demokratische[…] Verfassungsstaat, [mit seinen] fundamentale[n] Werte[n], Verfahrensregeln und Institutionen“ angesiedelt.12 Infolgedessen kann festgestellt werden, dass jeder Extremist die Verfassung und ihre grundlegenden Überzeugungen kompromisslos ablehnt, was in keinster Weise mit unter Umständen berechtigter Kritik an bestimmten Einzelregelungen gleichzusetzen ist. Als extremistisch bezeichnete Bestrebungen sind ohne Unterbrechung seit der Antike pejorativ konnotiert13, weshalb der Begriff von Extremisten nicht auf sich selbst angewandt wird14.

Eine solche Einteilung in einen extremen Außenbereich und ein gemäßigtes Zentrum ist jedoch unzureichend, wenn im Folgenden der Fokus auf eine bestimmte Vereinigung aus dem politischen Parteienspektrum liegen soll. Demzufolge ist es geboten, besagtem Raum, der sich visuell beispielsweise als Kreis mit zentralem, moderatem Kernbereich und äußerem, extremen Umfangskreis vorstellen lässt15, zusätzliche Richtungen zuzuweisen. An dieser Stelle gibt es keine einheitliche Vorgehensweise, da sich die Wissenschaft bisher hier nicht zu sehr festgelegt hat und es im Auge des Betrachters liegt, welche Unterscheidungen für seine Thesen wesentlich sind.

Für die spätere Untersuchung der NPD genügt es, sich auf die klassische Unterscheidung zwischen linken und rechten Gruppierungen zu konzentrieren. Nichtsdestotrotz muss auch diese Differenzierung näher erklärt und auch ihre Entwicklung nachvollzogen werden. Wie geschichtlich verbürgt ist, nahm diese räumliche Aufteilung ihren Anfang in der französischen Nationalversammlung aus dem Jahr 1789.16 Auf der linken Seite nahmen damals eher Vertreter einer revolutionären, republikanischen Gesinnung ihre Plätze ein, während sich rechts vor allem traditionelle und der Monarchie zugewandte Abgeordnete befanden.17 Diese prinzipielle Sitzordnung ist schließlich seit 1848 ebenso in Deutschland maßgeblich für den Aufbau bzw. die innere Ordnung in Parlamentssitzungen, wobei sich jede Seite im historischen Verlauf auch Anregungen bei der anderen holte sowie auch verschiedenste Mischformen Gestalt annahmen.18

Zu heutiger Zeit erschwert sich selbst der Vergleich der beiden Extrempositionen in rechter und linker Richtung, da jede der beiden dazu neigt sich in zahllose Untergruppen mit eigener Dogmatik zu unterteilen. Als ein geeignetes Unterscheidungsmerkmal wird exemplarisch die Bejahung des Ethos menschlicher Fundamentalgleichheit vorgeschlagen, dessen Ablehnung zumindest für die extreme Rechte offensichtlich ist.19 Dementsprechend wenden sich die im weiteren Verlauf im Vordergrund stehenden Rechtsextremisten gegen die Verfassung und ihre Werte, indem sie die eigene „Ethnie als anderen ohne jeden Zweifel überlegen“ ansehen20. Dabei dient die radikale Ausgestaltung des Gedankens einer homogenen Gruppe – oftmals als Volksgemeinschaft bezeichnet – dazu, sich von anderen abzugrenzen und gleichsam die eigene Nation als überhöhte Identifikationsfigur zu nutzen.21 Der daraus resultierende Nationalismus ist nicht mit einem selbstbewussten und dennoch pluralistischen Nationalstolz oder Patriotismus zu verwechseln, sondern nimmt einen absolutistischen Rang ein. Durch die Bildung einer solchen einheitlichen Gemeinschaft soll gleichsam das Wohl der Gruppe über dem des Einzelnen stehen und das Individuum von diesem Gebilde in Lebensführung oder Zielen gelenkt werden.22 Zudem ist es einfach, die somit höhere Stellung der Ziele der Gruppe zu instrumentalisieren: Gegenüber Andersdenkenden kann man sich autoritär durchzusetzen und jene verfolgen, die sich nicht dem Wohl aller unterordnen wollen23.

Abschließend zum Extremismuskonzept und der Anwendung des Links-Rechts-Schemas, wobei der Fokus auf dem Rechtsextremismus liegt, darf die Kritik an dieser Methodik nicht unterschlagen werden. So wird angeführt, dass die von der demokratischen Verfassung eingenommene Mitte entgegen der extremen Ränder bei der Extremismusunterscheidung als Ideal überhöht und die extremen Randgebiete zur einzigen Bedrohung erklärt würden, obwohl die Demokratie auch von der Mitte der Gesellschaft her bedrängt sei.24 Gleichzeitig wenden einige Autoren auf den Extremismusbegriff automatisch die Links-Rechts-Dichotomie an und üben Kritik daran, dass die rechte und linke Gefahr dann denselben Abstand zur Mitte besitzen, woraus eine Gleichsetzung dieser Richtungen abgeleitet werden kann.25 Auch soll keine qualitative Unterscheidung mehr zwischen verschiedenen extremistischen Ansichten möglich sein und eine Pauschalisierung von „Kritik an der Verfasstheit der Gesellschaft“ erfolgen.26

Dem ist zu entgegnen, dass allein die Unterteilung in eine Mitte, verkörpert durch die Werte der Verfassung einer Demokratie, und einem extremen, diese Werte negierenden Rand keinerlei Verpflichtung beinhaltet, die Links-Rechts-Dichotomie zu übernehmen. Für die Kritik, dass beide politischen Lager zu den Rändern gleichweit entfernt sind, falls diese Richtungseinordnung wie in der vorliegenden Arbeit genutzt wird, und der Anmerkung, dass Bedrohungen sich auch stets aus der Mitte der Gesellschaft erheben können, sollte man sich das Modell erst graphisch vergegenwärtigen – wie in Abbildung I gezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung I: Klassisches Links-Rechts-Spektrum

Wird nun der Vorwurf berücksichtigt, dass die an der Verfassung orientierte Mitte das absolute Ideal darstellt, müsste das Randspektrum wertungsmäßig tiefer liegen und somit deutlich machen, dass jeder Verbesserungsvorschlag an der aktuellen Ausprägung der Verfassung negativ aufgefasst und pauschalisiert wird. Dies versucht Abbildung II zu veranschaulichen, indem durch die zum Zentrum ansteigenden Linien symbolisiert wird, dass dort der höhere Geltungsanspruch zu finden ist und Abweichungen vom Konsens negativ stigmatisiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung II: Von Kritikern unterstelltes Links-Rechts-Spektrum

Dieser Interpretation muss aus mehreren Gründen klar widersprochen werden. Von den Kritikern wird einerseits missverstanden, dass sich selbstverständlich Bedrohungen, Ablehnung oder Ähnliches auch aus der Mitte der Gesellschaft erheben können. Die gemeinte Mitte, egal in wie vielen Dimensionen, bezieht sich auf die Werte der Verfassung, nicht etwa auf die Mittelschicht oder den Normalbürger.

Zweitens findet mit der Verwendung dieser Einteilung keine Gleichsetzung der beiden politischen Richtungen statt, die, wie unschwer zu erkennen, verschiedene Auffassungen in der Politik besitzen. Sie dient nur dazu abzubilden, dass sowohl linke als auch rechte Organisationen im Verlauf der Geschichte gleichsam rücksichtslos agieren konnten: So führt etwa Jesse mit Backes die totalitären Grundzüge an, welche sich in „den unübersehbaren herrschaftsstrukturellen Parallelen zwischen der Sowjetunion unter Lenin wie Stalin und dem NS-System Hitlers“ zeigten27. Bei einigen besonders kritischen Stimmen ist es auch mitunter denkbar, dass sie aufgrund ihrer eigenen Identifikation mit linken Idealen eher dazu neigen, derartigen Geschehnissen nicht mit demselben Maßstab zu begegnen.28

Dem letzten Argument, der fehlenden Differenzierung, ist keine Tragweite abzugewinnen, da beide Richtungen – besonders, wenn man sie miteinander vergleicht – auch ihrem Inhalt nach tiefergehend untersucht werden können. Eine möglicherweise zu präferierende Ansicht soll mit Abbildung III erreicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung III: Differenziertes Links-Rechts-Schema

Hierbei werden zwei verschiedene Ebenen unterschieden: Die obere Ebene vereint alle Kräfte, die sich innerhalb der verfassungsgegebenen Normen bewegen, selbst wenn es sich um radikale Ansichten handelt. Dagegen sind Individuen oder Organisationen, die zentrale Grundsätze des demokratischen Miteinanders bzw. Diskurses missachten oder den Staat verächtlich machen, klar von dieser Ebene abzugrenzen.29 Dieses Konzept ist natürlich auch für mehrere Dimensionen anwendbar, beispielsweise könnten Liberalismus in ideologischer Reinform dem Autoritarismus gegenübergestellt werden, sodass im Dreidimensionalen das Modell die Form eines Zylinders annehmen würde. Das Plateau bildet die Ebene derer, die sich in den demokratischen Diskurs einbringen, die tiefer gesetzte Krempe steht für die Extremen. Wichtig ist dabei, dass so offenbar wird, dass Demokraten jedweder Couleur sich einander näherstehen als den extremistischen Ablegern ihrer jeweiligen Richtung.30

2.2 Situation in der Bundesrepublik Deutschland

Von maßgeblicher Bedeutung für extremistische Ideen ist zweifellos, inwieweit sie bei der Bevölkerung, welche sie für sich gewinnen wollen, auf fruchtbaren Boden fallen. In einem Land, dessen Bewohner Gewalt, subversiven Tätigkeiten oder der Negation von Werten der Verfassung nichts abgewinnen können, haben Extremisten naturgemäß einen schweren Stand. Um diese Voraussetzungen beurteilen zu können ist eine Analyse der Bundesrepublik Deutschland in ihrem gegenwärtigen Zustand vonnöten.

Über die Verbreitung extremistischer Meinungen innerhalb der verschiedenen Bevölkerungsschichten existieren verschiedene Theorien, Ansätze und Studien. Für eine schwierige Ausgangslage hat die Geschichte Deutschlands gesorgt, welches im 18. Jahrhundert noch lange ein loser Bund von Fürstentümern war, während sich in anderen europäischen Ländern viele verschiedene Nationalstaaten gründeten.31 Über einen langen Zeitraum blieben Einigungen oder Revolutionen erfolglos, sodass etwa attestiert wurde, dass der deutschen Bevölkerung „die Ideen der Nation und der Demokratie (...) nicht mehr als organische Komponenten eines gemeinsamen Konzepts [galten, sondern] (…) sich stattdessen oftmals geradezu diametral“ einander entgegenstehend schienen32. Auch das Kaiserreich mit seinem schwierigen Erbe, das aus Militarismus, grenzenlosem Patriotismus und einer strikten Hierarchie in den gesellschaftlichen Schichten bestand, trug mit Sicherheit nicht zu der besten Basis bei. Dies zeigte sich spätestens im Zusammenbruch der Weimarer Demokratie, die sich zur Nemesis aller heutigen Werte des Grundgesetzes innerhalb der Zeit des Nationalsozialismus verkehrte.

So scheint zumindest die Charakterisierung von Deutschland als „schwierige[m] Vaterland“, wie im Titel des Werks von Martin und Sylvia Greiffenhagen aus der Wendezeit, gerechtfertigt, nachdem das Land jahrzehntelang bestehend aus zwei unterschiedlichen Staaten selbstredend eine Sonderposition einnahm.33 Entgegen einigen dramatischen Befürchtungen über den Bestand der Republik während der Nachkriegszeit und auch im Zuge der Wiedervereinigung hat der Staat mitsamt seiner Verfassung bis heute ohne extreme Krise seine Existenz bestritten. In diesem Sinne kann es beruhigen, dass die Deutschen etwa im Roland-Rechtsreport von 2014 einerseits mit 60 % das Grundgesetz an zweiter Stelle, direkt nach den sozialen Sicherungssystemen, als eine der größten Leistungen der Bundesrepublik seit ihrem Bestehen bewerten und gleichzeitig diesem in jedem Fall „ziemlich viel Vertrauen“ mit 91 % aussprechen.34

Dies kann aber nicht über ebenso unvorteilhafte Ressentiments hinwegtäuschen, welche sich in der Bevölkerung finden. So wird den Deutschen etwa unter anderem seit Jahrzehnten eine starke Fixierung auf ein Obrigkeitsdenken, wenig aktive Partizipation, eine Geringschätzung von Minderheiten, im Speziellen auch fehlender Sinn für Opposition, sowie in Kompromisslosigkeit mündende Konfliktscheu vorgeworfen.35 Um dies verifizieren zu können, lohnt sich insbesondere die Auswertung repräsentativer Studien, die die Meinungen innerhalb der Bevölkerung versuchen abzubilden. Hierfür wurde etwa in der Studie „Vom Rand zur Mitte“ von Decker und Brähler eine Reihe an Dimensionen definiert, mit welchen sie die unterschiedlichen Aspekte von Anschauungen im Bereich des Rechtsextremismus näher untersucht sowie differenziert haben. Besagte eignen sich auch an dieser Stelle, um derartige Gedankengänge zu skizzieren, die sich unter Umständen später auch bei der NPD finden können, konkret sind dies: Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus.36

Die Untersuchung wurde zudem von den genannten Wissenschaftlern in regelmäßigen Abständen wiederholt und jeder Aspekt mit drei verschiedenen Fragen ausgestaltet, was tiefere Einblicke über die Entwicklung der Zustimmung zu den verschiedenen Faktoren in der Gesellschaft erlaubt. So haben im Jahr 2010 trotz des Bekenntnisses zum Grundgesetz 23,6 % der Menschen in ganz Deutschland grundsätzlich der Idee einer alleinigen, mächtigen Partei beigepflichtet, einen starken Führer wünschten sich noch 13,2 % und ganz offensiv waren 8,8 % für eine Diktatur, wobei die Zustimmung jeweils um 2,8 bis 4 Prozentpunkte in Ostdeutschland höher war als im Westen.37

Der Chauvinismus, welcher hierbei „als Form des übersteigerten Nationalgefühls mit gleichzeitiger Fremdabwertung“ angesehen wird, erzielte insgesamt sehr hohe Zustimmungswerte.38 Die stärkste Resonanz der drei Fragen erzielten dabei mit 37,6 % der Wunsch nach einem größeren Nationalgefühl, gefolgt von der Forderung eines starken Auftretens gegenüber dem Ausland mit 30,6 %, während das Niveau von alten und neuen Bundesländern beinahe identisch war.39 Dies lässt insbesondere Aufhorchen, da Deutschland in Relation zu anderen Nationen seit der patriotischen Kriegseuphorie am Anfang des letzten Jahrhunderts im Bereich des offenen Nationalstolzes im Vergleich zu beispielsweise den Feierlichkeiten am amerikanischen Nationalfeiertag doch sehr zurückhaltend ist.

Dem gegenüber findet eine Geringschätzung des Fremden statt, was in der Ausländerfeindlichkeit beobachtbar ist. In diesem Sinne glauben 34,3 % der Bundesbürger, dass Ausländer primär darauf abzielen den Sozialstaat auszunutzen, was sich im Bereich der Zustimmung zu Ausweisungen bei hoher Arbeitslosigkeit oder zu Überfremdung mit Abweichungen zwischen einem und drei Prozent auf sehr ähnlichem Niveau verhält.40 Signifikant sind hierbei die in Ostdeutschland immer um mindestens zehn Prozent höheren Ergebnisse.41

Ähnlich der vorher angeführte Xenophobie hatte sich der Rechtsextremismus im historischen Kontext seitjeher auch in der Missachtung von bestimmten inländischen Minderheiten gleicher Ethnie etabliert. Dabei ist im Speziellen die Diffamierung von Personen jüdischen Glaubens zu beachten, der Antisemitismus. In der Bevölkerung ist trotz der Aufklärung über die Shoa bzw. den Holocaust ein Anteil von ca. 17 % der Meinung, dass von Juden eine zu große, negative Wirkung in der Welt ausgehe, und knapp 15 % verbinden zwielichtige Machenschaften mit ihnen oder finden, diese würden nicht in die Bundesrepublik passen, wobei zwei der drei Fragen im Westen, eine mehr Zustimmung im Osten erzielt.42

Ein weiterer, zentraler Aspekt der nationalsozialistischen Ideologie bestand aus den Konzepten des Sozialdarwinismus, durch welche das eigene Vorgehen mit Hilfe von Gesetzen der Natur gerechtfertigt werden sollte. In der Erhebung bejahten 15,2 % der Befragten das Recht des Stärkeren und noch 10,8 % stimmten einer Differenzierung zwischen wertvollem und unwertem Leben zu.43 Dieses Ergebnis ist insbesondere erschreckend, weil damit die fundamentale Aussage des Art. 1 GG negiert wird. Gleichzeitig mit einem Hauch von Chauvinismus behaftet sind die 13,3 % der Resultate, welche den Glauben an eine grundsätzliche Überlegenheit des deutschen Volkes anderen gegenübersehen.44

Der Bereich der Verharmlosung des Nationalsozialismus stellt die letzte untersuchte Dimension dar. In diesem Fall erkennen ca. 10 % in Hitler, ohne den Massenmord an den Juden Europas, staatsmännische Qualitäten oder auch gute Seiten im NS-Regime sowie 7,2 % gehen von Übertreibungen bei dessen Verbrechen aus, wobei höhere Werte in den alten Bundesländern auftreten.45

Im Verlauf von 2002 bis 2010 konnten in den genannten Bereichen, die für eine bessere Vergleichbarkeit aggregiert wurden, Veränderungen beobachtet werden. So nahm die Befürwortung für eine Diktatur bis 2008 kontinuierlich ab und erst 2010 wieder zu, ähnlich der Entwicklung des Sozialdarwinismus.46 Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeiten waren in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends relativ konstant, verzeichneten dann 2008 einen Rückgang und aktuell wieder einen dies kompensieren Anstieg der Zustimmung.47 Der Antisemitismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus dagegen stagnieren auf konstantem Niveau.48

Unbeantwortet bleiben die konkreten Gründe, die zu besagten Ausprägungen führen. Es bleibt nur der Versuch mittelbar auf sie zu schließen. Neben allgemeinen Entwicklungen, wie beispielsweise einem Wertewandel seit den 90er Jahren hin zu mehr Individualismus49, sind unterschiedliche Tendenzen zu entdecken, die Vorurteile in bestimmten Punkten verfestigen aber auch auflösen können. Um der Komplexität und der Verschränkung der verschiedenen Einflussgrößen untereinander gerecht zu werden, empfiehlt es sich die genannten, für rechtsextreme Gesinnungen typischen Aspekte mit verschiedenen gesellschaftlichen Strukturmerkmalen in Beziehung zu setzen.

Bei Einbezug der Bildung wurde festgestellt, dass alle sechs Kategorien deutlich weniger Zuspruch bei Personen mit Abitur erhalten, besonders signifikant zeigte sich dies bei Ausländerfeindlichkeit und Chauvinismus.50 Missy kommentiert dies damit, dass sich die Wirkung „rechtsextremistischer Weltbilder schein[bar] (…) diametral zur Weitung des individuellen Horizonts“ verringert.51 Auch bei dem Faktor Geschlecht zeigt sich, dass in allen Bereichen Männer die höheren Werten erzielen, jedoch der Abstand zu Frauen überraschend gering ist.52 Erwerbstätigkeit schlägt sich ebenso in den Ergebnissen nieder, sodass etwa bei Arbeitslosen aber auch Personen im Ruhestand hohe Zustimmungswerte zu finden sind, wobei Arbeitslosigkeit unter Umständen mittelbar durch den Faktor Bildung beeinflusst wird53 und das als nächstes vorgestellte Alter möglicherweise eine Querverbindung zu Ruheständlern aufweist.54 So weist der Strukturfaktor Lebensalter eine deutliche Erhöhung von extremistischen Positionen bei Menschen über 60 Jahren aus55, sodass die oft jugendlich wahrgenommenen Rechtsextremisten doch anscheinend eine altersstarke Basis verbergen56.

Erstaunlich bleiben auch die Ergebnisse, wenn dabei die Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit zu den existierenden Organisationen oder Gemeinschaften der Zivilgesellschaft einbezogen werden. Rechtsextremistische Überzeugungen finden sich sowohl bei den großen als auch bei eigentlich klar im anderen Lager positionierten Parteien, wie auch fast ohne Unterschiede zur normalen Bevölkerung in den Gewerkschaften sowie stärker bei Angehörigen der Katholischen oder Evangelischen Kirche als bei Konfessionslosen.57

Wesentlicher und dabei gleichzeitig spekulativer sind die reellen Ursachen für jene Charakteristika. Unzweifelhaft dürfte dabei sein, dass es keine monokausale Erklärung dafür gibt, ansonsten wäre sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon bekannt. Stattdessen ist es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, wobei auch hier stets neue auftauchen und alte wieder an Wirkung verlieren können. Wie von Autoren oft erkannt58, verursachen Veränderungen im sozialen oder demographischen Bereich Ängste und Unsicherheit in der Bevölkerung, beispielsweise der Wegfall der alten Strukturen in Ostdeutschland mit dem Zusammenbruch der DDR. So können rechtsextreme Ansichten etwa als eine Kombination aus prägenden Einflüssen der eigenen Identität, zum Beispiel in Hinblick auf Resilienz oder der Erfahrung von Gewalt59, und herrschenden Einflüssen der Umgebung, wie der politischen Kultur oder Akzeptanz und Etablierung anderer Ideen, wahrgenommen werden.60 Eminent ist zudem, dass Brähler und Decker festgestellt haben, dass die persönliche wirtschaftliche Lage des Individuums keinen signifikanten Einfluss auf dessen Einstellung ausübt, sondern diese wesentlich vom Umstand der empfundenen Krise für die gesamtdeutsche Wirtschaft beeinflusst wird.61 Dabei dürfen wirtschaftliche Lage und soziale Stellung, trotz des gemeinsamen Konnex, nicht vermischt werden, da insbesondere der Wandel der Lohnarbeit für neue Unsicherheit im sozialen Bereich sorgt.62 Weitere beobachtbare Trends sind außerdem eine häufig desillusionierte, fatalistische Einstellung gegenüber den eigenen Einflussmöglichkeiten in der politischen Gegenwart oder auch die Identifikation mit einer autoritären Ordnung.63

Dem gegenüber sind die Taten zu betrachten, die aufgrund dieser Einstellungen begangen wurden. Der Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz aus dem Jahr 2015 weist im Bereich der politisch motivierten Kriminalität 38.981 Straftaten aus, wobei davon 35,1 % Propagandadelikte sind und 11,3 % als Gewaltkriminalität verortet werden kann.64 Dabei wird unter politisch motivierter Kriminalität die Aufzählung aller Straftaten verstanden, welche entweder unter die Kategorie der klassischen Staatsschutzdelikte fallen oder Straftaten der Allgemeinkriminalität sind, wenn sie Anhaltspunkte für eine politische Motivation zu ihrer Begehung bieten.65

Von den genannten Straftaten können allgemein 22.960 dem rechten Spektrum zugeordnet werden, wobei hier sowohl ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr festzustellen ist als auch damit Delikte von linker Seite um mehr als das Doppelte, Ausländerkriminalität um mehr als das zehnfache übertroffen werden. Unabhängig davon wird auch noch unterschieden, ob Straftaten als extremistisch einzustufen sind, also wie bereits erklärt gegen die Verfassung und ihre Werte gerichtet sind. In diesem Bereich wurden mit einem Anstieg zum Vorjahr 29.681 Taten gezählt, worunter 21.933 wiederum Rechtsextremisten zugeschrieben werden.66 In dieser Anzahl können nun im Detail 1.408 Gewaltdelikte registriert werden, was einem Anstieg zu 2014 um circa 42 % gleichkommt und dabei schwerpunktmäßig mit 918 einen fremdenfeindlichen Hintergrund besitzt, während es antisemitisch motiviert zu 29 Vorfällen kam.67 Besonders nennenswert sind abschließend die gravierend erhöhten Delikte gegen Asylunterkünfte, eine ähnliche Zunahme bei Taten gegen Linksextreme (oder vermeintlich solche) sowie dass sich die meisten Taten in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsstärksten Bundesland, nachgefolgt von Sachsen und Berlin ereignet haben.68

Dieser Strauß an Facetten bildet somit die mit Sicherheit noch nicht vollständige Skizze zum Hintergrund der in der Bevölkerung verbreiteten Ansichten aus dem rechtsextremen Spektrum. Zudem zeigt das Geschehen, dass zwischen einer Ansicht und einer daraus abgeleiteten Handlung, die vermutlich der Verfassung zuwiderlaufen würde, ein klarer Unterschied liegt. Dabei können die deutlichen Zunahmen der Delikte nicht besonders zur Beruhigung beitragen.

3 Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands

Die NPD kann von sich behaupten, dass sie wie keine andere politisch aktive Kraft die Wähler aus dem politischen Feld am und weit über den rechten Rand hinaus für die Einwohner der Republik regelrecht verkörpert. Dabei bleibt sie eine widersprüchliche Synthese aus verschiedenen Merkmalen: einerseits als Bedrohung, Gefahr, andererseits eine Bewegung mit schwindender Kraft, Konzepten von sprichwörtlich gewordenen „Ewiggestrigen“. Für die Demokratie in Deutschland bildet sie eine Herausforderung, bei der es sich sowohl mit ihrer Entwicklung als auch ihren ideologischen Gefahren näher zu beschäftigen gilt, um auch in Zukunft widerstandsfähig gegen extreme Ränder zu sein.

Zu diesem Zweck erfolgt zuerst eine Einordung der NPD in ihrer Historie von Gründung bis heute, woraufhin ihre Strategie sowie ihr gedankliches Fundament erläutert wird, was den extremistischen Kern nach außen kehrt.

3.1 Entwicklung

Jede Organisation erfährt zwangsläufig einen Wandlungsprozess im Laufe ihres Bestehens, der zweifellos Auswirkungen auf ihre spätere Positionierung sowie ihre Kompetenzen und Schwächen hat. Bei Parteien betrifft dies vorwiegend neue Punkte innerhalb ihres Programms und Änderungen durch eine andere Führungsperson. Bei der NPD treffen diese Punkte zwar ebenso zu, jedoch hat sie einige in Struktur und Form doch sehr ausgeprägte Paradigmenwechsel hinter sich, deren Erläuterung wesentlich zum Gesamtverständnis beiträgt.

3.1.2 Geschichtlicher Rückblick

Wie oftmals in der Literatur festgestellt, handelt es sich bei der NPD um die seit längstem in der Bunderepublik aktive Partei des politischen Spektrums rechts außen und in gewisser Weise dabei auch erfolgreichsten Partei69, wobei dies eine relative Einschätzung ist. Speziell in ihrer Anfangszeit der 60er Jahre erlebte die Organisation einige unerwartete Höhenflüge, die sich jedoch sehr bald in zahlreiche tiefe Krisen und gelegentliche Achtungserfolge verkehrten.

3.1.2.1 Gründung und Aufstieg in der jungen Bundesrepublik

Der Ausgangspunkt für diese spätere Entwicklung mit all ihren Facetten ist innerhalb der frühen Nachkriegssituation in der jungen Bundesrepublik Deutschland zu suchen. Das politische Parteienspektrum hatte sich konsolidiert und seine späteren Grundsteine gelegt. Bei diesen Weichenstellungen besaß die politische Rechte aus mehreren Gründe die schlechteste Ausgangssituation: Einerseits war nach dem zweiten Weltkrieg, dessen „Niederlagen und Greueltaten [sic!] auf dem historischen Konto der ‚Rechten‘ verbucht wurden, (…) die Neigung geringer denn je, sich selbst als ‚rechts‘ zu deklarieren, nicht bloß in Deutschland, wo der Nationalsozialismus jegliche rechte Position schwer diskreditiert hat[te].“70 Aus diesen Gründen litten Bewegungen, die auf diesem gedanklichen Fundament aufbauen wollten, unter massiven Reputationsproblemen.

Eine weitere Hürde bestand für die Vereinigungen aus dem rechten Lager darin, dass speziell in der Zeit kurz nach Kriegsende die Alliierten mit großem Interesse darauf bedacht waren, ein Aufkommen einer Partei, die die NSDAP beerben könnte, mit allen Mitteln zu verhindern. In diesem Sinne wandten sie während der Unterteilung Deutschlands in Besatzungszonen „nicht selten repressive Maßnahmen [an], um aufkeimende rechtsextreme Tendenzen zu ersticken.“71 Von besonderem Nutzen war dabei der Lizenzierungszwang für Parteien u. ä., wodurch derartige Bestrebungen bereits in ihrer Bildung gestoppt werden konnten.72

[...]


1 Vgl. Locke, Über die Regierung, 2011, S. 73.

2 Vgl. Howatson [Hrsg.], in: Reclams Lexikon der Antike, 1996, S. 557 (566).

3 BVerfG NJW 2017, 611.

4 Vgl. exemplarisch Jesse, Streitbare Demokratie, 2. Aufl. (1981), S. 41.

5 Ebd.

6 Vgl. Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 33.

7 Vgl. Jesse, Streitbare Demokratie, 2. Aufl. (1981), S. 41.

8 Jesse, Streitbare Demokratie, 2. Aufl. (1981), S. 41.

9 Vgl. ebd., S. 42.

10 Ebd., S. 41.

11 Vgl. Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 31.

12 Vgl. ebd.; Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 28.

13 Vgl. Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 31, f.

14 Jesse, Streitbare Demokratie, 2. Aufl. (1981), S. 42.

15 Ein Kreis könnte alle denkbaren Dimensionen, die zur Unterscheidung notwendig wären, abbilden. Dass es sich dabei um eine Idealvorstellung handelt wird auch in der Literatur angedeutet, vgl. exemplarisch Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 108.

16 Nach allen.

17 Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 49.

18 Vgl. Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 103.

19 Vgl. ebd., S. 115; hier auch der Fußnotenverweis zu weiterführender Literatur.

20 Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 55.

21 Vgl. Minkenberg, in: Rechtsextremismus in Europa, 2013, S. 9 (11).

22 Vgl. Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 55, f.

23 Diese allgemeinen Kennzeichen von Extremismus werden bei der Analyse extremistischer Potenziale in der Bevölkerung näher vertieft, siehe 2.2.

24 Vgl. Kiess/Decker, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 10 (12).

25 Vgl. ebd., S.13.

26 Vgl. Decker/Brähler [ /Geißler ], Vom Rand zur Mitte, 2006, S. 11 f.

27 Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 117.

28 Vgl. exemplarisch Jesse, Streitbare Demokratie, 2.Aufl. (1981), S. 24.

29 Die staatlichen Normen bzw. der demokratische Grundkonsens, mit denen/dem dabei gebrochen wird, wird in Kapitel 4.1.2 näher erläutert.

30 Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 75.

31 Nach allen.

32 Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 60.

33 Greiffenhagen/Greiffenhagen, Ein schwieriges Vaterland, 1993, S. 3.

34 Vgl. ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG [Hrsg.], ROLAND RECHTSREPORT 2014, 2014, S. 47, 49.

35 Vgl. Greiffenhagen/Greiffenhagen, Ein schwieriges Vaterland, 1993, S. 76, 109, 114.

36 Vgl. Decker/Brähler [ /Geißler ], Vom Rand zur Mitte, 2006, S. 21, f.

37 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (76).

38 Vgl. ebd.

39 Vgl. ebd., S. 77.

40 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (78).

41 Vgl. ebd.

42 Vgl. ebd., S. 79.

43 Vgl. ebd., S. 80.

44 Vgl. ebd.

45 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (80).

46 Vgl. Brähler/Decker 1, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 89 (90, 94).

47 Vgl. ebd ., S. 91 f.

48 Vgl. ebd., S. 93, 95.

49 Vgl. Greiffenhagen/Greiffenhagen, Ein schwieriges Vaterland, 1993, S. 13.

50 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (82).

51 Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 115.

52 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (83).

53 In Hinblick nur auf den Faktor Bildung: Brähler/Decker 2, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 97 (105).

54 Vgl. hierzu insgesamt Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (83).

55 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (83, f.).

56 Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 114.

57 Vgl. Decker/Kiess/Brähler, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 72 (85, ff.).

58 Vgl. exemplarisch Schellenberg, in: Rechtsextremismus in Europa, 2013, S. 39 (63).

59 Der Faktor Gewalt wird im Detail näher ausgeführt bei Decker, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 21 (25, ff.).

60 Vgl. für die einzelnen Aspekte im Allgemeinen Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 132.

61 Vgl. Decker/Weißmann, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 114 (116, 119).

62 Vgl. in Hinblick auf die neue Verwundbarkeit Castel, Metamorphosen der sozialen Frage, 2000, S. 385, f.; ansonsten für die gegenwärtige moderne Gesellschaft auch detailliert ausgeführt ebd., S. 379 - 401.

63 Vgl. zum einen Brähler/Kiess/Weißmann/Decker, in: Die Mitte in der Krise, 2010, S. 136 (144, 147).

64 Vgl. Bundesministerium des Inneren [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht 2015, 2016, S. 24.

65 Ebd., S. 23.

66 Vgl. ebd., S. 24.

67 Vgl. ebd., S. 25, f.

68 Vgl. Bundesministerium des Inneren [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht 2015, 2016, S. 27, ff.

69 Vgl. Missy, Der politische Wandel der „neuen“ NPD, 2013, S. 8.

70 Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 114.

71 Ebd., S. 219.

72 Vgl. Backes/Jesse, Vergleichende Extremismusforschung, 2005, S. 271.

Fin de l'extrait de 62 pages

Résumé des informations

Titre
Verfassungsgefährdende Tendenzen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und die Reaktion des Rechtsstaats
Université
Technical University of Munich  (Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht & Geistiges Eigentum)
Note
1,0
Auteur
Année
2017
Pages
62
N° de catalogue
V903480
ISBN (ebook)
9783346197122
ISBN (Livre)
9783346197139
Langue
allemand
Mots clés
NPD, Streitbare Demokratie, Rechtsstaat, Extremismus, Wehrhafte Demokratie
Citation du texte
Tobias Ostner (Auteur), 2017, Verfassungsgefährdende Tendenzen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und die Reaktion des Rechtsstaats, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/903480

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