Die Übergriffe reichsdeutscher Soldaten im Jahr 1913 auf die Bevölkerung des 1871 vom deutschen Reich annektierten „Reichsland“ Elsass-Lothringen wurden als „Zabern-Affäre“ bekannt. Die anschließende parlamentarische und publizistische Debatte warf ein Schlaglicht auf die Haltung politischer Kreise zu Militarismus, Rechtsstaatlichkeit und „Reichslandproblematik“, der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Annexion und der politischen Zukunft Elsass-Lothringens. Während die Sozialdemokratie in den ersten Jahren nach der Annexion noch für das Selbstbestimmungsrecht der Elsass-Lothringer gekämpft hatte, nutzte sie die Zabern-Affäre zu einer Abrechnung mit dem Militär ohne auf die „Reichslandproblematik“ einzugehen. Der erste Teil der Arbeit zeichnet den Umgang der deutschen Arbeiterbewegung mit Elsass-Lothringen in den Jahren von der Annexion bis zur Zabern-Affäre nach: Von einer an Karl Marx orientierten internationalistischen Linie über die schrittweise Akzeptanz der Verhältnisse bis zur Verteidigung des deutschen Anspruchs auf das „Reichsland“. Der zweite Teil untersucht die Parlamentsdebatten nach Zabern sowie die publizistischen sozialdemokratischen Beiträge zur Zabern-Kontroverse anhand einer eingehenden Analyse relevanter Veröffentlichungen. Es wird gezeigt, dass die Rechtmäßigkeit der Annexion kaum mehr angezweifelt wird und die „Eindeutschung“ Elsass-Lothringens das Ziel vieler Sozialdemokraten bildet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die deutsche Sozialdemokratie und die Reichslandproblematik während der Zabern-Affäre
- Die Sozialdemokratie im Jahr 1913
- Sozialdemokratie und Reichsland 1870 bis 1913
- Die Zabern-Affäre
- Die Sozialdemokratie in den Debatten nach Zabern
- Im Reichstag
- In Presse & Publizistik
- Zusammenfassende Bemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Haltung der deutschen Sozialdemokratie gegenüber der Annexion und der Reichslandspolitik der Regierung im Kontext der Zabern-Affäre. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Frage, welche Meinungen die Sozialdemokraten zur Reichslandproblematik im Jahr 1913 vertraten und ob diese mit ihrer bisherigen inneren Entwicklung korrespondierten.
- Nationalisierungsprozess der Sozialdemokratie
- Entwicklung des sozialdemokratischen Nations- und Vaterlandsbegriffs
- Haltung der Sozialdemokratie zur Annexion Elsaß-Lothringens
- Sozialdemokratische Reichslandpolitik im Kontext der Zabern-Affäre
- Bedeutung der Zabern-Affäre für die sozialdemokratische Reichslandpolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die innere und äußere Situation der deutschen Sozialdemokratie im Jahr 1913 und skizziert ihren Nationalisierungsprozess. Im zweiten Kapitel wird die Haltung der SPD gegenüber der Annexion und der Reichslandspolitik der Regierung sowie das eigene politische Wirken in Elsaß-Lothringen ab 1890 beleuchtet. Nach einer kurzen Darstellung der Zabern-Affäre folgt die Analyse der Behandlung der Affäre durch die Sozialdemokratie im Reichstag und in der Presse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich den Themen Sozialdemokratie, Reichslandproblematik, Zabern-Affäre, Elsaß-Lothringen, Annexion, Germanisierung, Nationalisierung, Militarismus, Parlamentarismus und Verfassungskrise.
- Arbeit zitieren
- Julius Hess (Autor:in), 2006, Die deutsche Sozialdemokratie und die Reichslandproblematik während der Zabern-Affäre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90421