Die Methode der strukturierten Kontroverse am Beispiel der Herabsetzung des politischen Wahlalters

Eine Unterrichtsgestaltung für das Fach Wirtschaft in der 9. Klasse eines Gymnasiums


Plan de Clases, 2019

13 Páginas, Calificación: 1.0

Anónimo


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Vorstellung der Unterrichtseinheit
2.1 Darstellung der Methode Strukturierte Kontroverse
2.2 Umsetzung der Methode am gewählten Beispiel

3 Umsetzung von Gelingensbedingungen effektiven kooperativen Lernens

4 Möglicherweise auftretende Probleme und Lösungsmöglichkeiten
4.1 Verbesserungsvorschläge an der Methode
4.2 Verbesserungsvorschläge an der Umsetzung

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Eine Möglichkeit, um das Interesse und die Aufmerksamkeit der SchülerInnen für ein Thema zu gewinnen, ist es, intellektuelle Konflikte zu schüren. D.W. Johnson und R.T. Johnson führen an, dass Lehrkräfte wertvolles Potenzial zur Motivationsgewinnung und -aufrechterhaltung verschenken, wenn das gelegentliche Aufzeigen von Konflikten im Unterricht ausbleibt.1

Die Methode der Strukturierten Kontroverse ist eine Möglichkeit, die Auseinandersetzung mit konträren Sichtweisen im Unterricht zu fördern. Darüber hinaus werden die SchülerInnen in der Ausbildung sozialer Kompetenzen bestärkt und die Wertschätzung unter den Lernenden gefördert.2 Besonders geeignet ist die Methode daher für gesellschaftswissenschaftliche Fächer, wie den Geschichts- oder Gemeinschaftskundeunterricht. Aus diesem Grund bezieht sich die vorliegende Arbeit auf eine Unterrichtsausgestaltung für das Fach Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft. Dabei ist zu beachten, dass nach dem „Beutelsbacher Konsens“ kontrovers diskutierte Themen auch im Unterricht kontrovers bleiben und den SchülerInnen ersichtlich gemacht wird, dass es zu keiner abschließenden Lösungsfindung kommen soll.3

Die folgende Hausarbeit behandelt zu Beginn die Vorstellung der Methode und dessen Idee zur Ausgestaltung, analysiert danach umsetzbare Gelingensbedingungen und widmet sich abschließend möglichen Problemen und Verbesserungsvorschlägen.

2 Vorstellung der Unterrichtseinheit

2.1 Darstellung der Methode Strukturierte Kontroverse

Die Strukturierte Kontroverse ist eine kooperative Lernform, welche 1993 von D.W. Johnson & R.T. Johnson entwickelt wurde.4 Im Wesentlichen werden zu einer kontrovers diskutierbaren Fragestellung Argumente für die Pro- und Contra-Seite gesammelt und am Ende ein Konsens gebildet. Als Voraussetzung für jene Lernform muss es also möglich sein, einen umstrittenen Standpunkt zum Thema einnehmen zu können.5 Der Einsatz der Methode ist ab Klassenstufe 6 möglich und setzt voraus, dass die SchülerInnen über bestimmte kommunikative Kompetenzen verfügen. Dazu gehören u.a. aktives Zuhören, das Präsentieren von Positionen, überzeugendes Argumentieren, das Vertreten einer Meinung oder die Fähigkeit sich Fehler einzugestehen. Diese Kompetenzen können aber auch gemeinsam eingeübt werden.6

Nach Johnson & Johnson läuft die Strukturierte Kontroverse in fünf Phasen ab. Nachdem die SchülerInnen in Vierergruppen eingeteilt und jeweils zwei Paare der These und Antithese zugewiesen werden, recherchieren sie für ihren Standpunkt und bereiten ihre Position vor.7 In dieser ersten Lernphase besteht die Aufgabe der SchülerInnen darin, Experte für einen Standpunkt zu werden.8 In der zweiten Phase, die als Vermittlungsphase bezeichnet wird, präsentieren die SchülerInnen ihre Position dem anderen Paar. Wichtig dabei ist, dass sich jeder Schüler an der Präsentation beteiligt und die Argumente der anderen Seite überzeugend nahegebracht werden. Das zuhörende Paar hat währenddessen die Aufgabe dem Argumentationsgang zu folgen, sich Notizen zu machen und eventuelle Unverständlichkeiten anzusprechen. Die dritte Lernphase ist dafür gedacht, dass die SchülerInnen eine offene Diskussion in ihrer Vierergruppe führen. Dabei gilt es, die eigene Position glaubwürdig und stichhaltig zu vertreten und Gegenangriffe abzuwehren.9 Darauffolgend findet in der vierten Phase ein radikaler Perspektivwechsel statt.10 Nun werden die Positionen getauscht und es wird die andere Meinung vertreten. Noch nicht genannte Informationen sollen ergänzt werden. Im Vordergrund steht die Bemühung, das Thema aus beiden Perspektiven gleichzeitig zu betrachten. Dieser Versuch ist sogleich Voraussetzung für die letzte Phase der Strukturierten Kontroverse: Die Gruppe hat den Auftrag sich auf eine gemeinsame begründete Position zu einigen, mit der jedes Gruppenmitglied einverstanden ist.11

2.2 Umsetzung der Methode am gewählten Beispiel

Die Strukturierte Kontroverse wird im folgenden Unterrichtsvorschlag für das Fach Gemeinschaftskunde/ Rechtserziehung/ Wirtschaft der Klassenstufe 9 eines Gymnasiums konzipiert. Das Thema soll hierbei die Herabsetzung des politischen Wahlalters auf 16 Jahre sein, welches von den Lernenden kritisch diskutiert werden muss. Der Lernbereich 1 „Partizipation und politische Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland und im Freistaat Sachsen“ bietet die Möglichkeit unter dem Ziel „Beurteilen von Grundzügen der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses im politischen System der Bundesrepublik Deutschland“ dieses Thema aufzugreifen.12 Da die SchülerInnen in der neunten Klasse circa 15 Jahre alt sind, betrifft sie diese Thematik unmittelbar. Der starke Lebensweltbezug manifestiert sich ebenfalls darin, dass den SchülerInnen Möglichkeiten offeriert werden, bereits an der demokratischen Partizipation im Lebessumfeld teilzuhaben.13 Indem das Thema die didaktischen Prinzipien der Kontroversität, Problemorientierung und Handlungsorientierung des Politikunterrichts sichtbar macht, zeigt sich dessen Relevanz zur Auseinandersetzung.14

Um den SchülerInnen die Möglichkeit zu bieten, einen aktiven Beitrag zur Strukturierten Kontroverse zu leisten, erscheint es sinnvoll, vor dieser geplanten Unterrichtsstunde Wahlgrundsätze, Wahlsystem und Parteien der Bundesrepublik zu behandeln.15 Mit diesem Wissen kann es den Lernenden durchaus leichter fallen, die Thematik zu bearbeiten, da sie für die Strukturierte Kontroverse keine Arbeitsmaterialien bekommen, in denen noch einmal nachgelesen werden kann. Da es sich bei der Fragestellung um ein tatsächlich kontrovers diskutiertes Thema in der Politik handelt, bietet sich im Anschluss die Vorstellung der Parteihaltungen an. Diese Überzeugungen sollen vorher nicht thematisiert werden, damit die SchülerInnen so unvoreingenommen wie nur möglich argumentieren können und keine Meinung einer Partei im Hinterkopf haben. Die Unterrichtseinheit wird mit einer schriftlichen Erörterung im Fach Deutsch abgeschlossen, in der die SchülerInnen noch einmal Stellung zur Frage, ob das Wahlalter auf 16 Jahre herabgesetzt werden sollte, beziehen müssen. Damit wird zudem der fächerübergreifende Unterricht gefördert.

Die Ausgestaltung der Strukturierten Kontroverse ist so geplant, dass sie einen 90-minütigen Unterrichtsblock füllen kann. Zu Beginn der Stunde begrüßt die Lehrkraft ihre SchülerInnen und stellt ihnen den kommenden Unterrichtsablauf vor. Alle Arbeitsschritte und Zeitangaben werden ständig mit Hilfe einer Overhead-Präsentation visualisiert. Da die Lernenden die Methode bereits kennen und diese auch schon des Öfteren angewendet haben, wiederholt die Lehrkraft diese nur kurz. Intensiver werden noch einmal die Kooperationsregeln (Anhang 1) besprochen, welche beim ersten Einsatz der Methode aufgestellt wurden.16 Diese ‚Regelkarte‘ finden alle Gruppen auf ihren Tischen und können jederzeit darauf zurückgreifen. Als Arbeitsmaterial erhalten die SchülerInnen ein Arbeitsblatt (Anhang 2), das ebenfalls bereits auf den Tischen liegt. Wann dieses ausgefüllt werden muss, ergibt sich aus den Instruktionsanleitungen der Lehrkraft. Diese hat nun die Aufgabe, die SchülerInnen durch die Phasen der Strukturierten Kontroverse zu leiten.17 Nachdem die Klasse in Vierergruppen aufgeteilt wurde, bilden sich daraus nun zwei Paare.18 Dem einen Team wird die Pro-Seite (Das Wahlalter sollte auf 16 Jahre herabgesetzt werden) und dem anderen die Contra-Seite (Das Wahlalter sollte nicht auf 16 Jahre herabgesetzt werden) zugewiesen. Für die erste Phase der Lernform haben die Lernenden nun zehn Minuten Zeit. Zu Beginn erarbeiten sich die SchülerInnen ihren zugewiesenen Standpunkt in Einzelarbeit, tauschen sich danach mit ihrem Partner aus, notieren gemeinsam die gesammelten Argumente und überlegen, wie sie dem anderen ‚Team‘ diese stichhaltig präsentieren können. In der zweiten Phase findet nun die gegenseitige Präsentation statt. Hierbei muss sich jeder Lernende aktiv beteiligen und die Argumente so überzeugend wie möglich dem ‚gegnerischen Team‘ vorstellen. Jedes Paar hat hierzu fünf Minuten Zeit. Das Team, das gerade nicht ihre Argumente vorstellt, hört aufmerksam zu und notiert sich die Argumente der anderen Seite auf dem Arbeitsblatt. Bei Bedarf können Verständnisfragen gestellt werden. Für die folgende Diskussionsphase (Phase drei) haben die SchülerInnen die Möglichkeit in fünf Minuten ihre Position zu verteidigen. Argumente der Gegenseite sollte man stichhaltig zurückweisen können. Mit der anschließenden vierten Phase wird der Perspektivwechsel vollzogen. Binnen zehn Minuten sollen fehlende Gegenargumente gefunden und auf dem Arbeitsblatt notiert werden. Da die SchülerInnen nun alle Seiten beleuchtet haben, sind sie in der Lage eine gemeinsame, logisch begründete Position einzunehmen. Innerhalb von 15 Minuten können sie in dieser fünften Phase einen gemeinsamen Konsens finden, mit dem jedes Gruppenmitglied zufrieden ist. Dieser wird von ihnen auf dem Arbeitsblatt notiert. Hierbei besteht auch die Möglichkeit eine eigene Alternative zu finden. Die verbleibenden 30 Minuten des Unterrichtsblocks sollen dafür genutzt werden, dass jede Vierergruppe ihren gemeinsamen Standpunkt im Plenum präsentiert. Die Lehrkraft kann entscheiden, welches Gruppenmitglied diese Vorstellung übernehmen soll. Mit dieser angeschlossenen Abschlussphase haben die SchülerInnen die Möglichkeit, ihren Horizont zu erweitern und einen noch fundierteren Standpunkt zu entwickeln. Damit die Lernenden echte politische Partizipation nachempfinden können, wurde vor der Unterrichtsstunde mit Hilfe der Internetseite „mentimeter.com“ (Anhang 3) eine Präsentation erstellt, in der die SchülerInnen die Möglichkeit haben mit einem mobilen Endgerät für oder gegen die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 abzustimmen. In einer zweiten Frage sollen die SchülerInnen noch einmal ihre Meinung begründen. Wenn sich die Lernenden für Alternativlösungen entschieden haben, können diese von der Lehrkraft noch zum Mentimeter hinzugefügt werden, sodass auch dafür abgestimmt werden kann. Das Klassenergebnis kann sofort oder in der darauffolgenden Stunde besprochen werden und bei letzteren als Einstieg zur Wiederholung dienen. Die Unterrichtsstunde soll mit einer Reflexion über die Gruppenzusammenarbeit und die Methode abgeschlossen werden.19

[...]


1 Vgl. Johnson, David & Johnson, Roger & Tjosvold, Dean: Constructive Controversy, The value of intellectual opposition, in: Deutsch & Coleman & Marcus (Hrsg.): The handbook of conflict resolution, Theory and Practice, Hoboken 2012, S. 114.

2 Vgl. Huber, Anne: Kooperatives Lernen – kein Problem, Effektive Methoden der Partner- und Gruppenarbeit, Stuttgart 2007, S. 82.

3 Vgl. Reinhardt, Sybille: Politik Didaktik, Handbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2018, S. 30.

4 Vgl. Huber: Kooperatives Lernen – kein Problem, S. 81.

5 Vgl. Borsch, Frank: Kooperatives Lernen, Theorie – Anwendung – Wirksamkeit, Stuttgart 2015, S. 91f.

6 Vgl. Huber: Kooperatives Lernen – kein Problem, S. 84.

7 Vgl. Johnson & Johnson & Tjosvold: Constructive Controversy, S. 115.

8 Vgl. Huber: Kooperatives Lernen – kein Problem, S. 80.

9 Vgl. Johnson & Johnson & Tjosvold: Constructive Controversy, S. 115f.

10 Vgl. Huber: Kooperatives Lernen – kein Problem, S. 80.

11 Vgl. Johnson & Johnson & Tjosvold: Constructive Controversy, S. 116.

12 Lehrplan Gymnasium, Gemeinschaftskunde Rechtserziehung/ Wirtschaft, Sachsen 2004/ 2007/ 2009/ 2011/ 2013, S. 6f.

13 Vgl. ebd., S. X, 6.

14 Vgl. Sander, Wolfgang: Politik entdecken – Freiheit leben, Didaktische Grundlagen politischer Bildung, Schwalbach 2013, S. 197f.

15 Vgl. Lehrplan Gymnasium, S. 7.

16 Vgl. Borsch: Kooperatives Lernen, S. 92.

17 Vgl. Johnson, David & Johnson, Roger: Creative and Critical Thinking Through Academic Controversy, American Behavioral Scientist, 37(1), 1993, S. 41.

18 Vgl. Borsch: Kooperatives Lernen, S. 92.

19 Vgl. Huber: Kooperatives Lernen – kein Problem, S. 81.

Final del extracto de 13 páginas

Detalles

Título
Die Methode der strukturierten Kontroverse am Beispiel der Herabsetzung des politischen Wahlalters
Subtítulo
Eine Unterrichtsgestaltung für das Fach Wirtschaft in der 9. Klasse eines Gymnasiums
Universidad
University of Leipzig  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Curso
Schule als Lern- und Lebensraum
Calificación
1.0
Año
2019
Páginas
13
No. de catálogo
V906689
ISBN (Ebook)
9783346236494
Idioma
Alemán
Palabras clave
methode, kontroverse, beispiel, herabsetzung, wahlalters, eine, unterrichtsgestaltung, fach, wirtschaft, klasse, gymnasiums
Citar trabajo
Anónimo, 2019, Die Methode der strukturierten Kontroverse am Beispiel der Herabsetzung des politischen Wahlalters, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/906689

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