Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Geschlechterrollenorientierung und elterliche Schuldgefühle


Thèse de Master, 2019

108 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

Vereinbarkeit von Familie und Beruf:

Geschlechterrollenorientierung und elterliche Schuldgefühle

Theoretische Grundlagen
Segmentationsmodell
Kompensationsmodell
Spillover- und Crossover-Modell
Identity Theory
Rollenstressmodell
Rollenkonflikt
Rollenambiguität
Rollenbezogene Überforderung
Work-Family Role Pressure Incompatibilty-Modell
Rational View-Modell
Modell der Geschlechterrollenorientierung
Conservation of Ressources-Modell

Aktueller Forschungsstand
Work-Family Interface (WFI)
Antezedenzien und Folgen
Inhaltsbereiche der Forschung zu WFI
Längsschnittliches Forschungsdesign
Experience Sampling (ESM)
Interventionsstudien
Objective Health
Vorgesetzter
Geschlecht und Gesamtkonstrukt Work-Family Conflict (WFC)
Geschlechterrollenorientierung und Gesamtkonstrukt WFC
Emotionen und Gesamtkonstrukt WFC
Schuldgefühle
Soziale Unterstützung und Gesamtkonstrukt WFC

Vorliegendes Forschungsprojekt
Methode
Stichprobenbeschreibung
Basisbefragung
Tägliche Befragungen
Durchführung
Materialien
Demografische Variablen
Geschlechterrollenorientierung
Work-Family Conflict
Schuldgefühle
Work-Family Guilt (WFG)
Work-Family Guilt revised (WFGS)
Soziale Unterstützung
Analysen
Hypothesentestung
Zusätzliche Analysen

Ergebnisse
Deskriptive Analysen
Unterschiede bei Geschlecht und Familiensituation
Hypothesentestung
Zusätzliche Analysen

Diskussion
Limitationen und Ausblicke
Schlussfolgerung und zukünftige Forschung

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangverzeichnis

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie untersucht den Effekt von täglich erlebten Konflikten in Familie und Beruf auf tägliche Schuldgefühle in den jeweiligen Domänen, sowie den Moderationseffekt von Geschlechterrollenorientierung (GRO) und wahrgenommener sozialer Unterstützung aus dem familiären Umfeld (SozU). 47 berufstätige Eltern beantworteten einen Online-Fragebogen, beginnend mit einer einmaligen Basisbefragung und zusätzlich einer täglichen Befragung über einen Zeitraum von fünf Tagen. Auf Basis einer Mehrebenenanalyse konnte ein signifikanter Zusammenhang von täglichem Work-Family Conflict (WFC) und täglichem Work-Family Guilt (WFG), wie auch der Zusammenhang von täglichem Family-Work Conflict (FWC) und täglichem Family-Work Guilt (FWG) bestätigt werden. Die Moderationshypothesen, die die Auswirkung von egalitärer und traditioneller GRO auf den Zusammenhang von Schuld und Konflikt messen sollten, konnten nicht berechnet werden. Ebenso verhielt es sich mit der Hypothese, dass Personen mit hoher SozU weniger täglichen FWG in Zusammenhang mit täglichem FWC erleben. Jedoch wurde ein signifikanter mittlerer Zusammenhang von GRO mit täglich erlebten Schuldgefühlen und täglichen Konflikten in Familie und Beruf festgestellt. Täglicher FWC zeigte einen stärkeren signifikanten negativen Zusammenhang zu SozU als zu täglichem WFC. Weiterhin erlebten Frauen im Mittel höhere Mengen an Konflikt in beiden Bereichen als Männer. Teilnehmende, die mit Kindern im Haushalt leben, berichteten signifikant mehr WFG und FWG als die Gruppe ohne Kinder im Haushalt. Wie auch in vorheriger Forschung zeigt diese Studie ein höheres Erleben von WFG als FWG unabhängig von Geschlecht oder Kindern im Haushalt. Eine Limitation der Studie war die geringe Teilnehmendenzahl für das Längsschnittdesign. Weitere Limitationen und Implikationen für zukünftige Forschung werden diskutiert.

Schlüsselwörter: Vereinbarkeit Familie und Beruf, Work-Family Conflict, Schuldgefühle, Geschlechterrollenorientierung, soziale Unterstützung

Abstract

This study examines the effect of daily conflicts in family and work on daily feelings of guilt in the respective domains as well as the moderation effect of gender role orientation (GRO) and perceived social support from the family environment (SozU). 47 working parents answered an online questionnaire, starting with a one-off basic survey and additionally a daily survey over a five-day period. On the basis of a multi-level analysis, a significant correlation of daily work-family conflict (WFC) and daily work-family guilt (WFG), as well as the connection between daily family-work conflict (FWC) and daily family-work guilt (FWG), was confirmed. It was not possible to calculate the moderation hypotheses that were supposed to measure the impact of egalitarian and traditional GRO on the relationship between guilt and conflict. The same applied to the hypothesis that people with high SozU experience less daily FWG in connection with daily FWC. However, a significant middle relationship of GRO with daily feelings of guilt and daily conflicts in family and work was noted. Daily FWC showed a stronger significant negative correlation to SozU than to daily WFC. Furthermore, on average women experienced higher levels of conflict in both areas than men. Participants living with children in their household reported significantly more WFG and FWG than the group without children in the household. As in previous research, this study shows a higher experience of WFG than FWG regardless of gender or children in respective households. Implications for future research are discussed.

Keywords: work-family interface, work-family conflict, guilt, gender role orientation, social support

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Geschlechterrollenorientierung und elterliche Schuldgefühle

Die Begriffe Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch Work-Life Balance sind immer wieder in den Medien zu finden. Eine GOOGLE-Suche (http://www.google.de) am 07.02.2018 zu Work-Life Balance ergab 98 600 000 Ergebnisse unterschiedlichster Art. Zu Vereinbarkeit Familie und Beruf waren es noch 1 140 000 Treffer. Es ist ein aktuell gesellschaftlich bedeutsames Thema, das auch durch den demographischen Wandel und die Digitalisierung stetig an Beachtung gewinnt.

Auf politischer Ebene wird dem Thema engagiert gefolgt. Im September 2015 haben sich das Bundesfamilienministerium, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf ein Memorandum geeinigt, das sich für eine neue Vereinbarkeit für Familie und Arbeitswelt einsetzt (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [BMFSFJ], 2016a). Es soll eine Modernisierung der Arbeitskultur angestrebt werden, die es Frauen und Männern erlaubt, eine familienbewusste Arbeitszeitgestaltung in unterschiedlichen Lebenslagen zu wählen. Bedürfnisse von Mitarbeitenden sollen mit betrieblichen Belangen in Einklang gebracht werden.

Die Bundesministerin Dr. Franziska Giffey weist in einer Broschüre der Bundesregierung zum Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie auf die Wichtigkeit einer familienorientierten Unternehmenskultur hin (BMFSFJ, 2018). Es sei wichtig, nicht nur Rahmenbedingungen für ein familienfreundliches Klima zu schaffen, sondern auch Mitarbeitende zu unterstützen diese Angebote wahrnehmen zu können, u.a. durch die Schaffung von Rollenvorbildern in der Führungsebene. Im Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit konnte eine höhere Inanspruchnahme der Maßnahmen durch Beschäftigte um rund 60 Prozent ermittelt werden, wenn Führungskräfte selbige ebenfalls nutzten (BMFSFJ, 2016b). Ein familienorientiertes Unternehmen würden 92 Prozent der Beschäftigten weiterempfehlen, nur 22 Prozent ein Unternehmen, das keine solchen Strukturen anbietet (BMFSFJ, 2018). Diese Zahlen unterstreichen die gestiegene Wichtigkeit für Unternehmen ihren Erwerbstätigen Zeiten für deren unterschiedliche Lebensrollen einzuräumen.

Hinzu kommt ein über die Jahre verändertes Geschlechterrollenbild. Eine Studie zu Karriereperspektiven von berufstätigen Müttern der Frankfurt University of Applied Sciences konnte zeigen, dass 42 Prozent der befragten Mütter Beruf und Familie gleich wichtig sind. Insbesondere befürchteten Frauen in Führungspositionen eine Benachteiligung durch eine längere Auszeit, insgesamt empfanden das 70 Prozent der Befragten. Bei 12 Prozent bestand sogar die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren. 25 Prozent der Mütter konnten ihren alten Arbeitsplatz nicht wieder einnehmen und waren damit überwiegend unzufrieden (Frankfurt University of Applied Sciences, 2010).

Ein neues Leitbild in der Familie hin zu mehr Partnerschaftlichkeit in Familienaufgaben konnte bereits 2009 in einer Studie zum Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf dargestellt werden (BMFSFJ, 2009). 40 Prozent der teilnehmenden Frauen vertraten ein egalitäres Rollenmodell, wohingegen nur 16 Prozent das traditionelle Rollenbild der Ehe mit einem Hauptverdiener bevorzugten. Allerdings hat sich auch bei den Männern das Rollenbild verändert. Es besteht der Wunsch und auch die Bereitschaft von Vätern sich an Kinderbetreuung und -erziehung zu beteiligen. So äußerten 69 Prozent der Befragten einer Studie, dass sie sich mehr an der Erziehung beteiligen würden als ihre Väter (Institut für Demoskopie Allensbach, 2015).

Im Rahmen der National Study of the Changing Workforce (NSCW) in den Vereinigten Staaten von Amerika wurden ähnliche Ergebnisse ermittelt (Families and Work Institute [FWI], 2009). Die NSCW war eine fortlaufende Studie zu Themen des Arbeits- und Familienlebens, die 1977 startete und bis 2008 alle fünf Jahre wiederholt wurde. Teilnehmende sollten folgende Aussage auf einer Skala von strongly zu somewhat beurteilen: „It’s better for all involved if the man earns the money and the woman takes care of the home and children.“ Es zeigte sich eine signifikante Veränderung über drei Jahrzehnte von 64 Prozent im Jahr 1977 zu 39 Prozent in 2008, die dieser Aussage zugestimmt hatten. Die Veränderung war bei Männern höher (1977: 74 Prozent, 2008: 40 Prozent) als bei Frauen (1977: 52 Prozent, 2008: 37 Prozent).

Eine weitere Aussage, die Teilnehmende auf einer Skala von strongly zu somewhat beurteilen sollten, war: „A mother who works outside the home can have just as good a relationship with her children as a mother who does not work”. Auch hier zeigte sich eine Veränderung in der Zustimmung über drei Jahrzehnte von 58 Prozent im Jahr 1977 zu 74 Prozent im Jahr 2008.

Bei Männern stieg dabei die Zustimmung um 19 Prozent, bei Frauen nur um 10 Prozent. Im Jahr 2008 war die Akzeptanz einer arbeitenden Mutter bei Männern signifikant höher als 1977.

Auch die Menge an Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen, hat sich über diese drei Jahrzehnte verändert. Väter von Kindern unter 13 Jahren verbringen wochentags statt zwei Stunden im Jahr 1977 drei Stunden im Jahr 2008 mit ihren Kindern. Bei Müttern hat sich nichts zwischen 1977 und 2008 geändert. Sie verbringen konstant knapp vier Stunden mit ihren Kindern. Ebenfalls wurde ausgewertet inwieweit es Generationsunterschiede gibt. Väter der Generation Y verbringen laut Studie mehr Zeit mit ihren Kindern als Väter der Generation X.

Weitere Bereiche wurden betrachtet: Hausarbeit, Kochen, Verantwortlichkeit für die Kinder. In allen Bereichen konnten signifikante Veränderungen festgestellt werden. Männer bringen sich 2008 in allem mehr ein als 1977. Diese Veränderung bei Männern zog auch eine Erhöhung des Konflikts im Rahmen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach sich. Er stieg signifikant von 34 Prozent im Jahr 1977 auf 49 Prozent im Jahr 2008, während es bei Frauen einen nicht signifikanten Anstieg von 34 Prozent im Jahr 1977 auf 43 Prozent im Jahr 2008 gab.

Wie die Langzeit-Studie aus den USA ebenfalls bekräftigt, haben sich die unterschiedlichen Lebensrollen und die Ansichten dazu stark verändert. Die Vereinbarkeit ist aufgrund der Veränderung noch wichtiger geworden. So sehen Familien in Deutschland den Faktor Vereinbarkeit von Familie und Beruf als einen wichtigen Indikator ihrer Lebensqualität. Dies gilt für 68 Prozent der Mütter und 54 Prozent der Männer. Vereinbarkeit sehen 74 Prozent in der Familienpolitik hoch oben angesiedelt, bis hin zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor (BMFSFJ, 2016b).

Politische Rahmenbedingungen in Deutschland wie die Einführung des ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus und flexiblerer Elternzeit bietet Eltern mehr finanzielle Sicherheit und Flexibilität der Arbeitszeit. Ein Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder ist ein weiterer Baustein im Hinblick auf Vereinbarkeit der Lebensrollen. Äußere Rahmenbedingungen werden stetig verbessert.

Jedoch gibt es nach wie vor den Bedarf an Umsetzungsmöglichkeiten für familienfreundliche Unternehmenskulturen, die die vorhandenen Unzufriedenheiten bei den Erwerbstätigen minimiert. Weiterhin sind auch die veränderten Geschlechterrollen in Partnerschaften ein Aspekt, der im Hinblick auf eine Vereinbarkeit der Lebenswelten zu betrachten ist. Auch hier können Unzufriedenheiten zwischen den Lebenspartnern auftreten. Welche Problematik ergibt sich nun für Einzelne aus dem Versuch ein Gleichgewicht zwischen den Lebensbereichen zu schaffen?

Durch die unterschiedlichen Anforderungen aus Beruf und familiären Aufgaben ergeben sich Spannungsfelder, sei es durch die zeitliche Beschränkung oder durch die hohe Beanspruchung aus einem Bereich. Berufliche Belastungen können zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen und zu geringerer Arbeitszufriedenheit führen (Kauffeld & Hoppe, 2011). Es treten Schuldgefühle gegenüber Familienmitgliedern auf, wenn die Arbeitsaufgaben wieder einmal die ersehnte Zeit mit der Familie beeinträchtigen (Work-Family Conflict) oder vice versa die Familienaufgaben die persönlich wichtige Arbeitserfüllung erschweren (Family-Work Conflict).

Zu diesen Rollenkonflikten kann beitragen, dass sich die Geschlechterrollen über die letzten Jahrzehnte sehr verändert haben. Im traditionellen Rollenverständnis übernimmt die Frau den Familienanteil und der Mann ist der Brotverdiener. Frauen sind immer noch weniger Stunden erwerbstätig als Männer, allerdings übernehmen sie weiterhin mehr Zeit in der Familienarbeit (Statistisches Bundesamt [DESTATIS], 2012). Auch für Männer hat sich in den letzten Jahrzehnten ein neues Geschlechterrollenverständnis entwickelt. Das zeigt sich u.a. in der veränderten Familienpolitik. Männer nehmen berufliche Auszeiten, um sich z.B. innerhalb der Elternzeit um die Kinder zu kümmern.

Rollenkonflikte im Allgemeinen können zu emotionaler Erschöpfung, Depersonalisation und Gefühlen reduzierter Leistungsfähigkeit bis hin zu Burnout führen (Kauffeld & Hoppe, 2011). Eine Studie zeigte, dass Frauen durch den Family-Work Conflict stärker in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt wurden als durch den Work-Family Conflict, wenn sie sich mit ihrer Arbeitsrolle identifizierten (Noor, 2004). Im Hinblick auf Wohlbefinden und Gesundheit gilt es zu beleuchten, inwieweit eine persönliche Geschlechterrollenorientierung (GRO) zu Konflikten beiträgt. In dieser Studie soll daher untersucht werden, wie sich eine traditionelle / egalitäre GRO auf elterliche Schuldgefühle im Kontext des Work-Family Conflict (WFC) wie auch des Family-Work Conflict (FWC) auswirkt.

Weiterhin soll in dieser Studie geprüft werden, welchen Einfluss soziale Unterstützung von Familie und Freunden (SozU) auf den Zusammenhang von WFC / FWC und Schuldgefühlen nimmt. Soziale Unterstützung aus dem beruflichen und dem außerberuflichen Bereich dient als Ressource und Bewältigungsstrategie gegen den Effekt von negativen Stressoren (z.B. Carlson & Perrewé, 1999; Lee, Zvonkovic & Crawford, 2014; Parasuraman, Greenhaus & Granrose, 1992; Schaefer, Coyne & Lazarus, 1981) und nimmt Einfluss auf das persönliche Wohlbefinden. So konnte eine Studie z.B. zeigen, dass die soziale Unterstützung durch Familienmitglieder für berufstätige Frauen im Hinblick auf Arbeitszufriedenheit ein wichtiger Faktor ist (King, Mattimore, King & Adams, 1995).

Es liegen empirische Evidenzen vor, die die Verbindung von WFC / FWC zu folgenden negativen Auswirkungen belegen (z.B. Allen, Herst, Bruck & Sutton, 2000; Amstad, Meier, Fasel, Elfering & Semmer, 2011; Burke, 1997; Jacobshagen, Amstad, Semmer & Kuster, 2005; Karim & Weisz, 2011; Kossek & Ozeki, 1998; Mesmer-Magnus & Visweswaran, 2005):

- Schlechte physische und mentale Gesundheit;
- Psychosomatische Beschwerden;
- Psychologischer Stress;
- Burnout;
- Arbeitsbezogene Depressivität;
- Geringe Jobzufriedenheit und Organisationscommitment;
- Hohe Kündigungsabsichten;
- Hoher Stresslevel in der Familie;
- Geringe Höhe an Ehezufriedenheit;
- Geringe Höhe an Familienzufriedenheit und der Qualität des Familienlebens.

Im Hinblick auf das persönliche Wohlbefinden des Einzelnen, das im direkten Zusammenhang zu Stress und Gesundheit steht (z.B. Lazarus & Folkman, 1984), ist es daher wichtig Zusammenhänge zu erkunden, die aus der Problematik der Rolleninkompatibilität entstehen können.

Weitere Forschungen im Bereich Vereinbarkeit Familie und Beruf können neue Impulse liefern, um Unternehmen in ihrem Aufbau von familienfreundlichen Kulturen zu unterstützen. Die Kenntnis von Rahmenbedingungen, die zur Reduzierung von Rollenkonflikten und dadurch zur Verbesserung des Wohlbefindens beitragen, kann genutzt werden, um Präventions- und Interventionsprogramme für Unternehmen und spezifische Zielgruppen zu erstellen.

Theoretische Grundlagen

Verschiedene theoretische Grundlagen zum Gesamtkonstrukt WFC wurden auf ihre Evidenz untersucht: Segmentationsmodell, Kompensationsmodell und Spillover-/Crossover-Modell (Lambert, 1990). Viele der vorhergesagten verbindenden Mechanismen in den Theorien existieren. Es konnte empirisch belegt werden, dass die Theorien simultan genutzt werden können, um den Zusammenhang von Familie und Beruf zu beschreiben (McElwain, 2008).

Segmentationsmodell

Das Modell kann als hypothetisches Konstrukt verstanden werden (Genkova & Breuer, 2012). Die Annahme dahinter ist eine Abgrenzung der Lebensbereiche dahingehend, dass sie sich nicht berühren und daher auch keinen Einfluss aufeinander haben. Eine Umsetzung könnte beispielsweise die strikte Trennung von Arbeitsthemen und Familienangelegenheiten bedeuten. Eine Studie mit Führungskräften, die einen hohen FWC erlebten, zeigte, dass diese zufriedener mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf waren, wenn deren hohe Segmentierungspräferenzen auf hohe Segmentierungsmöglichkeiten trafen (Peters, Michel & Sonntag, 2014).

Kompensationsmodell

Kompensation bedeutet bei Goldsmith (2007), wenn eine Person sich in einem Bereich (Familie oder Beruf) besonders einbringt und im jeweils anderen Bereich entspannt. Als reaktive Kompensation bezeichnen dies Genkova und Breuer (2012). Sie schreiben dazu, dass negative Erfahrungen aus einem Bereich durch Erholung im anderen ausgeglichen werden. Die Autorinnen nennen ein weiteres Kompensationsmodell. Als ergänzende Komponente bezeichnen sie die Rückzugsmöglichkeit bei erlebten negativen Erfahrungen in einem Bereich hin zum anderen Bereich. Im Rückzugsbereich kann Verhalten und Erfahrung aus dem anderen Bereich beispielsweise ausgelebt werden. Sie weisen in dem Zusammenhang auf die Effort-Recovery-Theorie von Meijman und Mulder (1998) hin, der zufolge die Qualität und Quantität der Erholung ausschlaggebend sei.

Spillover- und Crossover-Modell

Die Theorie geht davon aus, dass die Bereiche Familie und Beruf eine Einheit bilden. Entwicklungen eines Bereichs und Stimmungen daraus können in den anderen überschwappen (Higgins & Duxbury, 1992b; Williams & Alliger, 1994). Bei Spillover würde eine Person positive (z.B. eigene Zufriedenheit, Stärken) wie negative (z.B. Überforderung, Stress) Erlebnisse mit in den jeweils anderen Bereich tragen (intrapersonal). Positiver Spillover zwischen Arbeit und Familie konnte in Zusammenhang gebracht werden mit engen emotionalen Verbindungen zum Ehepartner und zur Familie, mit Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten und mehr Entscheidungsfreiheit bei Arbeitsaufgaben (Grzywacz & Marks, 2000). Die Forschenden fanden Zusammenhänge von negativem Spillover zwischen Arbeit und Familie zu hohem Arbeitsdruck, Unstimmigkeiten mit dem Partner und wahrgenommener Familienbelastung.

Crossover-Effekte treten zwischen Personen (interpersonal) auf, d.h. das Erleben und die Erfahrungen einer Person wirken sich auf die andere Person aus und beeinflussen dessen Wohlbefinden in Abhängigkeit der Beziehungsqualität (Genkova & Breuer, 2012; Steiner & Krings, 2016). Bei positiven Crossover-Effekten kann es zu einer Verbesserung der Qualität bei der Interaktion mit den eigenen Kindern kommen (Bass, Butler, Grzywacz & Linney, 2009). Greenhaus und Powell (2006) verfolgen mit ihrem Modell des Work-Family Enrichment eine ähnliche Theorie. Sie legen dar, dass es affektive und instrumentelle Wege gibt, die von einer Rolle zur anderen hilfreich sein können.

Eine einheitliche theoretische Untermauerung zum Zusammenhang von Familie und Beruf ist bisher nicht vorhanden. Für diese Studie werden einige weitere Modelle beleuchtet, die ebenfalls im Kontext der Forschung zum Gesamtkonstrukt WFC zu finden sind. Sie werden zusätzlich zur Betrachtung der Zusammenhänge herangezogen.

Identity Theory

Im Allgemeinen wurde diese Theorie in der bisherigen Forschung zur Erklärung der Zusammenhänge bei WFC zugrunde gelegt (McElwain, 2008). Nach der Identity-Theorie von Burke (1991) ist die Identität einer Person ein Set aus Annahmen über das Selbst in einer sozialen Rolle oder einer Situation. Der Identitätsprozess dient als ein System der Kontrolle des Selbst (Burke, 1991; Carver & Scheier, 1981).

Es wird angenommen, wie die Person in der Rolle zu sein hat und wird als Standard bzw. als Referenz angelegt (Thoits, 1991). Wenn die Rolle aktiviert und salient ist, wird über einen ständigen Feedbackprozess mit der Umwelt ein Abgleich der Passung vorgenommen. Störende Ereignisse können die Identitätswahrnehmung beeinflussen und damit die Beherrschbarkeit der Rollenwahrnehmung beeinflussen. Wenn sich daraufhin eine Inkongruenz für die Person ergibt, wird versucht über Änderung des Verhaltens Stimmigkeit zu erreichen. Sollte die Angleichung fehlschlagen, können daraus Gefühle von Stress und geringer Beherrschung der Situation resultieren (Burke, 1991).

Rollenstressmodell

Im Rahmen eines Forschungsprojektes am Institute for Social Research der University of Michigan hat Kahn (1978) den Einfluss von Rollenmustern im Stressgeschehen untersucht. Es wurde ermittelt welche Wirkung organisatorische Ursachen im Arbeitskontext, das Ausmaß an Konflikt und die Unklarheit von Rollenanforderungen auf Personen haben (Frieling & Sonntag, 1999). Drei zentrale Ursachen liegen dem Konzept des Rollenstresses zugrunde: Rollenkonflikt, Rollenambiguität und rollenbezogene Überforderung (Bartholdt & Schütz, 2010).

Rollenkonflikt. Inkompatibilität von Anforderungen aus verschiedenen Rollenmustern oder den Erwartungen verschiedener Rollensender lassen einen Rollenkonflikt entstehen. Vier unterschiedliche Konfliktarten sind möglich (Semmer, 1984):

- Inter-Sender-Konflikt: unvereinbare Erwartungen von zwei Rollensendern an das Verhalten einer Person;
- Intra-Sender-Konflikt: widersprüchliche Anforderungen eines Rollensenders an eine Person;
- Inter-Rollen-Konflikt: verschiedene miteinander unvereinbare Rollen für eine Person;
- Person-Rollen-Konflikt: Rollenerwartungen stehen im Konflikt mit dem Wertesystem der Person.

Als eine spezielle Form des Inter-Rollen-Konflikts kann der Konflikt zwischen Arbeits- und Privatleben bezeichnet werden (Bartholdt & Schütz, 2010). Der Rollenträger muss verschiedene miteinander unvereinbare Rollen erfüllen (Kauffeld & Hoppe, 2011)

Rollenambiguität. Wenn einem Rolleninhaber unklar ist, welche Erwartungen oder Anforderungen genau an ihn gestellt werden, herrscht Rollenambiguität. Aufgrund ungenügender Informationen wie eine Rolle angemessen auszufüllen ist, kann Unsicherheit auftreten und zu Ohnmachtserleben und Unzulänglichkeitsgefühlen führen. Personen, die ein hohes Bedürfnis nach Klarheit haben, zeigen im beruflichen Bereich größere Unzufriedenheit mit der Arbeit und stärkere Einschränkungen des Wohlbefindens als Personen mit geringerem Bedürfnis (Bartholdt & Schütz, 2010).

Rollenbezogene Überforderung. Sie entsteht nach Bartholdt und Schütz (2010), wenn zur Erfüllung der Rollenanforderungen zeitliche und andere Ressourcen unzureichend vorhanden sind. Als Prädiktoren für Arbeitsrollenüberlastung haben Duxbury, Higgins und Halinski (2014) u.a. konkurrierende Forderungen, Unterbesetzung und eine nicht-unterstützende Organisationskultur gefunden.

Work-Family Role Pressure Incompatibility-Modell

Nach Greenhaus und Beutell (1985) ist das Gesamtkonstrukt WFC eine Form des Inter-Rollen-Konflikts nach Kahn (1978), in dem der Rollendruck aus Arbeits- und Familienbereichen in gewisser Weise inkompatibel ist. Je wichtiger eine Rolle für die Person ist, umso mehr Zeit und Energie wird in diese Rolle investiert und umso weniger bleibt für die andere Rolle.

Greenhaus und Beutell (1985) bieten in ihrem Modell unterschiedliche Konflikt-Quellen in beiden Domänen an, die durch drei Formen entstehen können: (a) zeitbasiert; (b) belastungsbasiert; (c) verhaltensbasiert. Weiterhin legt das Modell nahe, dass Rollendruck intensiviert wird, wenn Arbeits- oder Familienrolle salient sind und sich die Person damit identifiziert. Es kann zu starken negativen Folgen führen, wenn die Rollenanforderungen nicht erfüllt werden können.

Rational View-Modell

Die rationale Sicht auf das Gesamtkonstrukt WFC postuliert die Menge an Konflikt, der durch die verbrachte Zeit in der jeweiligen Rolle entsteht (z.B. Duxbury, Higgings & Lee, 1994; Gutek, Searle & Klepa, 1991; McElwain, 2008). Es sollte mehr WFC erlebt werden, wenn mehr Zeit in der Berufsrolle verbracht wird und vice versa mehr FWC, wenn mehr Zeit in der Familienrolle verbracht wird.

Die Zusammenhänge von verbrachter Zeit und Konflikt sind im jeweiligen Bereich zu finden, nicht zwischen den Bereichen, d.h. verbrachte Zeit in der Arbeit ist nicht mit FWC assoziiert und Zeit in der Familie nicht mit WFC. Weiterhin ist die Menge an verbrachter Zeit in der jeweiligen Rolle positiv assoziiert mit Rollenüberforderung (Gutek et al., 1991).

Modell der Geschlechterrollenorientierung

Um Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Kontext von WFC und FWC zu prüfen, wird das Konstrukt der GRO zugrunde gelegt. In diesem Konstrukt wird angenommen, dass sich Frauen mehr mit der Familienrolle identifizieren, Männer hingegen mit der Arbeitsrolle und idealerweise in der jeweiligen Rolle arbeiten (z.B. Lott, 1988).

Traditionelle Geschlechterrollen beschreiben unterschiedliche Schwerpunkte für Männer und Frauen (Gutek et al., 1991).

Personen mit traditioneller GRO glauben, dass Frauen ihre Priorität auf familiäre Pflichten legen sollten und Männer ihre Priorität in die Arbeit (Korabik, McElwain & Chappell, 2008; Pleck, 1977).

Im Gegensatz dazu steht die egalitäre GRO, die sich an einer Gleichverteilung der Aufgaben zwischen Mann und Frau orientiert. GRO kann daher als eine Einstellung zu einer Rolle verstanden werden und unterscheidet sich damit vom Geschlecht selbst (Larsen & Long, 1988; Livingston & Judge, 2008).

Livingston und Judge (2008) bezeichnen das Konstrukt der GRO als eine Geschlechter-Version des auch in der Literatur erwähnten Konstrukts der Zentralität der Domänen Arbeit und Familie. Die Sichtweise auf die Wichtigkeit der Domäne legt die individuelle Wertigkeit fest, die in die Erfüllung der Rollen gelegt wird. Das Selbstkonzept eines Einzelnen wird bestimmt durch die Rolle, die er einnimmt. Im Falle eines traditionell denkenden Mannes läge das Selbstkonzept näher an der Arbeitsrolle als an der Familienrolle. Eine egalitäre Einstellung würde die Wertigkeit auf beide Domänen gleich verteilen.

Conservation of Ressources-Modell

Das Ressourcenorientierte Modell nach Hobfoll (1989) kombiniert unterschiedliche Stresstheorien. Es basiert auf der Annahme, dass Menschen in Richtung Erhalt, Schutz und Aufbau von Ressourcen streben. Als bedrohlich wird der potentielle oder aktuelle Verlust dieser geschätzten Ressourcen empfunden, der wiederum zu Stress bzw. Verlust von Wohlbefinden führt (Hobfoll, 1989).

Als Ressourcen gelten zum einen Objekte (z.B. ein Haus), da sie in einem direkten Zusammenhang zum sozioökonomischen Status stehen und einen wichtigen Faktor hinsichtlich Stressresistenz darstellen. Als zweite Ressource führt Hobfoll Conditions an. Darunter verstehen sich Gegebenheiten, wie z.B. Ehestand, Anstellungsverhältnis oder Betriebszugehörigkeit. Weitere Ressourcen sind Persönlichkeitsmerkmale, wie z.B. die generelle Lebenseinstellung und Energiereserven wie Zeit, Geld und Wissen. Im Hinblick auf die Ressource der Conditions wie den Ehestand oder das Anstellungsverhältnis, wäre der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Familienrolle bzw. die Bedrohung dessen laut Modell von Hobfoll ein Stressfaktor. Der Verlust eines Arbeitsplatzes kann auch die weiteren Ressourcen bedrohen, wie Geld und Eigenheim.

Die dargestellten Theorien zeigen gemeinschaftlich an, dass die Inkompatibilität von unterschiedlichen Lebensbereichen oder Rollenanforderungen zu Unzufriedenheit und Stress führen können. Ebenso verhält es sich mit der Gefahr eines Verlustes von Ressourcen. Stressige Situationen werden als Schaden oder Verlust, Bedrohung oder Herausforderung für das Wohlergehen des Einzelnen bewertet (Lazarus, 1994). Die dargestellten theoretischen Ansätze greifen ineinander über und können daher als Grundlage für die vorliegende Studie dienen.

Aktueller Forschungsstand

Work-Family Interface (WFI)

Studien zu WFI sind zahlreich vorhanden, wobei das Konstrukt durch unterschiedliche Beschreibungen dargestellt und messbar gemacht werden soll. Es wurden austauschbare Bezeichnungen benutzt u.a. WFC, job-family role strain, work-family tension, family/work role incompatibility, interrole conflict (Duxbury et al., 1994). Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf das Gesamtkonstrukt des WFC gelegt und dazu die bisherige Forschung im Überblick dargestellt.

Das Gesamtkonstrukt des WFC wird bi-dimensional betrachtet – WFC und FWC. WFC wird in der vorliegenden Studie auch für die Subskala WFC verwendet. Um sprachlichen Irritationen vorzubeugen wird bei der Bezeichnung des Gesamtkonstrukts explizit darauf hingewiesen.

WFC steht in einem positiven Zusammenhang mit FWC. So wird Zeit, die in einer Domäne verbracht wird auch nur mit dem Konflikt in dieser Domäne assoziiert, d.h. Familienzeit steht mit der Domäne Familie und FWC in Zusammenhang, Arbeitszeit steht mit der Domäne Arbeit und WFC in Zusammenhang (z.B. Greenhaus & Beutell, 1985; Gutek et al., 1991).

Kopelman, Greenhaus und Connolly hatten 1983 das Ziel, ein Modell für Arbeit, Familie und den dazugehörigen Rollenkonflikten zu schaffen. Sie wollten mit ihrer Studie ein Konstrukt validieren, dass drei Skalen beinhaltet um Arbeitskonflikt, Familienkonflikt und Interrollenkonflikt messen zu können. Eine Stichprobe bestand nur aus männlichen Teilnehmenden, die zu 100 Prozent verheiratet waren und überwiegend mindestens einen Bachelor-Abschluss besaßen. Die zweite Gruppe bestand aus Studierenden (50 Prozent weiblich), die zu 99 Prozent verheiratet waren. Folgende Zusammenhänge wurden betrachtet:

- Arbeitskonflikt und Arbeitszufriedenheit;
- Familienkonflikt und Familienzufriedenheit;
- Arbeitszufriedenheit/ Familienzufriedenheit und Lebenszufriedenheit;
- Interrollenkonflikt und Arbeitskonflikt/ Familienkonflikt;
- Interrollenkonflikt und Arbeitszufriedenheit/ Familienzufriedenheit.

Sie fanden den jeweils stärksten Zusammenhang zwischen Konflikt und Zufriedenheit innerhalb einer Domäne. Das bestätigten auch Untersuchungen von Higgins und Duxbury (1992a). Ebenfalls konnten mittlere Zusammenhänge zwischen Arbeits- und Familienzufriedenheit mit der Lebenszufriedenheit nachgewiesen werden. Ein mittlerer Zusammenhang zeigte sich zwischen Interrollenkonflikt und den beiden Domänenkonflikten, sowie den Zufriedenheiten in den beiden Domänen. Sie regten an nach moderierenden Variablen zu forschen, die diese Zusammenhänge beeinflussen könnten. Dem wurde in weiterer Forschung nachgegangen und sich mit Antezedenzien und zusätzlichen Folgen von WFC und FWC beschäftigt (z.B. MacDermid & Harvey, 2006).

Antezedenzien und Folgen. Burke (1988) untersuchte dazu eine Stichprobe von 828 Teilnehmenden aus dem Polizeidienst. Es fanden sich schwache Zusammenhänge zu demografischen Antezedenzien, jedoch starke Korrelationen zu Eigenschaften des Arbeitsrahmens, Arbeitsmenge, fehlender sozialer Unterstützung und Stressoren.

WFC korrelierte moderat negativ mit Arbeitszufriedenheit und moderat positiv mit Kündigungsabsichten. Eine hohe positive Korrelation fand sich zu Burnout, wie auch zu psychosomatischen Symptomen, negativen Gefühlszuständen und negativer physischer Gesundheit. Auf der Seite der Antezedenzien zeigte sich ein schwacher positiver Zusammenhang von Familienstand und Type A-Verhalten. Fehlende soziale Unterstützung, Arbeitsstressoren, Stressoren außerhalb des Arbeitskontexts und negative Arbeitsplatzeigenschaften korrelierten ebenfalls mit WFC.

Frone, Russell und Cooper (1992a) haben ebenfalls ein Modell entwickelt und getestet, um den Zusammenhang von Familie und Arbeit zu erklären. Sie untersuchten mit einer Stichprobe von 631 Teilnehmenden einzelne Antezedenzien und Folgen beider Formen des Gesamtkonstrukts WFC. Zusätzlich untersuchten sie den Einfluss von Geschlecht, Herkunft und Arbeitstyp.

Arbeitsstressoren und Arbeitsbeteiligung standen in Zusammenhang mit der Häufigkeit an WFC, Familienstressoren und Beteiligung in der Familie mit FWC. Familienrelevante Faktoren schienen mehr die Qualität des Arbeitslebens zu beeinflussen als andersherum. Des Weiteren fanden sich signifikante Unterschiede zwischen der Gruppe von Arbeitenden aus Produktion und Handwerk und den Erwerbstätigen aus Büro-, Dienstleistungs- oder ähnlichen Bereichen beim Zusammenhang von Arbeitsbeteiligung und Stress in Familie mit WFC. Wobei bei Arbeitenden aus Produktion und Handwerk ein signifikanter Zusammenhang von Familienstress und WFC festgestellt werden konnte. Weder bei Geschlecht noch Herkunft (Weiß/ Nicht-Weiß) wurden signifikante Unterschiede belegt. Der Zusammenhang zu Depression wurde ebenfalls überprüft. Ein hoher signifikanter Zusammenhang zeigte sich bei FWC, jedoch nicht bei WFC. Geringe bis moderate Zusammenhänge mit Depression wurden bei Stressoren aus Arbeit und Familie festgestellt. Eine Erweiterung des Modells durch proximale und distale Prädiktoren von WFC und den Blick auf weitere Zusammenhänge schafften Frone, Yardley und Markel (1997).

Byron (2005) hat metaanalytisch den Einfluss von Faktoren aus dem Bereich Arbeit und dem Bereich außerhalb von Arbeit (Familie, Hobby, Ehrenamt usw.) auf WFC und FWC untersucht. Ebenfalls interessierte sich die Autorin für individuelle und demografische Faktoren. Es zeigte sich, dass Arbeitsfaktoren stärker mit WFC zusammenhängen und Nicht-Arbeitsfaktoren stärker mit FWC. Byron schlussfolgerte daraus, dass Faktoren aus einer Domäne auch lediglich den Konflikt aus dieser Domäne vorhersagen. Ein weiteres Ergebnis der Studie war der schwache Zusammenhang von Geschlecht und Familienstand mit WFC. Laut Byron sind diese Variablen für sich allein keine guten Prädiktoren zur Vorhersage von WFC oder FWC.

In einer Meta-Analyse von Michel, Kotrba, Mitchelson, Clark und Baltes (2011) wurde ebenso untersucht welche Prädiktoren aus dem Arbeitsbereich, dem Familienbereich und welche persönlichen Eigenschaften auf den WFC und den FWC wirken. Weiterhin wurden demografische Variablen auf moderierende Wirkungen betrachtet. Der Unterschied zur Studie von Byron (2005) war die Berücksichtigung ausschließlich familiärer Faktoren ohne weitere außerberufliche Bereiche.

Die Ergebnisse von Michel et al. (2011) zeigen Unterschiede zur Metaanalyse von Byron (2005) auf. So wurden Faktoren aus den jeweiligen Bereichen identifiziert, die auch Konflikte im jeweils anderen Bereich vorhersagen können. Prädiktoren für WFC sind laut Michel et al.:

- Stressoren der Arbeitsrolle (globale Arbeitsstressoren, Rollenkonflikt, Rollenambiguität, zeitliche Anforderungen in der Arbeit);
- Einbindung in die Arbeitsrolle (Arbeitsmentalität, Arbeitsinteresse/ Zentralität);
- Fehlende soziale Unterstützung im Arbeitsbereich (Unterstützung durch Organisation, Führungskraft, Kollegen);
- Arbeitscharakteristiken (Aufgabenvielfalt, Autonomie, familienfreundliches Unternehmen);
- Stressoren der Familienrolle (globale familiäre Stressoren, Rollenkonflikt, Rollenambiguität, Überlastung);
- Einbindung in die Familienrolle (Arbeitsmentalität, Familieninteresse/ Zentralität);
- Fehlende soziale Unterstützung im Familienbereich (familiäre und partnerschaftliche Unterstützung);
- Familiäre Charakteristiken (Familienklima).

Prädiktoren laut Michel et al., die FWC vorhersagen sind:

- Stressoren der Familienrolle (globale familiäre Stressoren, Rollenkonflikt, Rollenambiguität, Überlastung, zeitliche Anforderungen in der Familie/ als Eltern, Zahl der Kinder/ Angehörigen);
- Einbindung in die Familienrolle (Arbeitsmentalität, Familieninteresse/ Zentralität);
- Fehlende soziale Unterstützung im Familienbereich (familiäre und partnerschaftliche Unterstützung);
- Familiäre Charakteristiken (Familienklima);
- Stressoren der Arbeitsrolle (globale Arbeitsstressoren, Rollenkonflikt, Rollenambiguität, zeitliche Anforderungen in der Arbeit);
- Fehlende soziale Unterstützung im Arbeitsbereich (Unterstützung durch Organisation, Führungskraft, Kollegen).

Persönliche Faktoren wie negative Affektivität sowie Neurotizismus und interne Kontrollüberzeugung wurden getestet. Beide Faktoren zeigten einen mittleren positiven Zusammenhang mit WFC und FWC, die interne Kontrollüberzeugung einen geringen negativen Zusammenhang mit WFC und FWC. Die signifikante moderierende Wirkung von Geschlecht, Familienstand und Elternschaft auf den Zusammenhang von Arbeitsbereich und WFC bzw. Familienbereich und FWC wurde bestätigt.

Prädiktoren und Folgen von WFC und FWC haben auch Carlson, Kacmar und Williams (2000) mit ihrer mehrdimensionalen Skala untersucht. Antezedenzien, die zu belastungsbasiertem WFC führten sind (a) Arbeitsrollenkonflikt; (b) Arbeitsrollenambiguität; (c) Arbeitseinbindung. Signifikante Prädiktoren für verhaltensbasierten WFC waren Arbeitsrollenambiguität und Arbeitseinbindung. Lediglich die Arbeitseinbindung fand sich als signifikanter Prädiktor für zeitbasierten WFC. Als Folgen aus belastungs- und verhaltensbasiertem WFC konnten negative Familien- und Lebenszufriedenheit ermittelt werden.

Die Untersuchung des FWC zeigte ein etwas anderes Bild. Familienrollenkonflikt und fehlende soziale Unterstützung wurden als signifikante Prädiktoren für jede Form des FWC bestätigt. Verhaltensbasierter FWC wurde zusätzlich durch Familienrollenambiguität und Familieneinbindung vorhergesagt. Als signifikante Folgen von belastungsbasiertem FWC wurden negative Arbeits-, Familien- und Lebenszufriedenheit identifiziert. Durch verhaltensbasierten FWC folgte signifikantes negatives Organisationscommitment.

Inhaltsbereiche der Forschung zu WFI. Einen guten Überblick zur Forschung des Zusammenhangs von Arbeit und Familie geben Allen und Martin (2017). Die Zusammenfassung erfolgte aufgrund des 20-jährigen Bestehens des Journal of Occupational Health Psychology (JOHP). Es handelt sich allerdings um einen selektiven Ausschnitt, denn der Schwerpunkt wurde überwiegend auf Studien gelegt, die im JOHP veröffentlicht wurden. Fünf Inhaltsbereiche wurden beleuchtet: (a) längsschnittliches Forschungsdesign; (b) Experience sampling (ESM); (c) Interventionsstudien; (d) Objective Health; (e) Vorgesetzter.

Längsschnittliches Forschungsdesign. Bei Längsschnittstudien wurden nur Studien inkludiert, die mindestens zwei wiederholte Messungen an einer Observationseinheit aufwiesen. Eine der ersten längsschnittlichen Studien im JOHP untersuchte den Zusammenhang von zeit- und belastungsbasiertem WFC / FWC und wahrgenommenen Stress, sowie Kündigungsabsichten. Wobei nur belastungsbasierter FWC als Prädiktor bestätigt wurde (Kelloway, Gottlieb & Barham, 1999). Eine Metaanalyse von Nohe, Meier, Sonntag und Michel (2015) untersuchte den Zusammenhang des Gesamtkonstrukts WFC und Belastung, wobei reziproke Effekte über Geschlecht und über mehrere Zeitpunkte hinweg belegt wurden (Allen & Martin, 2017). Eine weitere Längsschnittstudie fand einen kurzfristigen negativen Zusammenhang des Gesamtkonstrukts WFC und subjektiven Wohlbefinden, langfristig stieg jedoch das Wohlbefinden wieder (Matthews, Wayne & Ford, 2014).

Eine Studie über 14 Jahre mit den gleichen Teilnehmenden konnte keine signifikante Veränderung in der mittleren Höhe von WFC und FWC feststellen. Ebenfalls war kein Geschlechterunterschied erkennbar. Trotz geringer Veränderung in WFC und FWC in kleinen Teilen der Gesamtstichprobe konnte eine Abnahme aufgrund des zunehmenden Alters nicht belegt werden (Rantanen, Kinnunen, Pulkkinen & Kokko, 2012).

Studien mit Paaren zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von einem Jahr ergaben unterschiedliche Ergebnisse (Allen & Martin, 2017). Veränderungen in FWC, die mit Veränderungen in Depression zusammenhingen, wurden in einer Studie bei Ehemännern, aber nicht bei Ehefrauen gefunden (Hammer, Cullen, Neal, Sinclair & Shafiro, 2005). Eine andere Studie zeigte Veränderungen in der Arbeitszufriedenheit im Zusammenhang mit WFC bei Frauen, aber nicht bei Männern (Grandey, Cordeiro & Crouter, 2005).

Experience Sampling (ESM). Hier handelt es sich um längsschnittliche Erhebungen, die allerdings nur über einen kurzen Zeitraum erhoben werden. Es sind Tagebuchstudien, bei denen Teilnehmende über ca. 5–10 Tage zu ihrem Erleben und Verhalten einmal oder mehrmals täglich befragt werden (Allen & Martin, 2017).

Unterschiedliche Zusammenhänge wurden untersucht:

- Spillover-Effekt: Personen, die an Tagen weniger optimistisch waren, zeigten höhere belastungsbasierte Konflikte im außerberuflichen Bereich, wenn sie im beruflichen Bereich zwischenmenschliche Konflikte erlebten (Martinez-Corts, Demerouti, Bakker & Boz (2015); täglicher WFC korrelierte positiv mit täglichem Alkoholkonsum (Wang, Liu, Zhan & Shi, 2010); tägliche Arbeitsbelastung korrelierte mit täglichem negativen Affekt im Familienbereich (Ilies et al., 2007);
- Crossover-Effekt: Positive berufliche Erlebnisse von Müttern stehen im Zusammenhang mit der mentalen und physischen Gesundheit ihrer Jugendlichen aufgrund der besseren Gemütsverfassung nach der Arbeit (Lawson, Davis, McHale, Hammer & Buxton, 2014);
- Gesamtkonstrukt WFC: Teilnehmende wurden 10 Tage nach täglich erlebtem WFC oder täglich erlebtem FWC inklusive der Beschreibung der Konfliktumstände befragt. Alle erlebten Konflikte waren mit Erhöhung der Herzrate verbunden, aber nicht mit Bluthochdruck und nur für FWC signifikant (Shockley & Allen, 2013).

Signifikante tägliche Veränderungen in WFC, die durch die täglichen Arbeitscharakteristiken in Zusammenhang standen, fanden Butler, Grzywacz, Bass und Linney (2005). Sie verwiesen in ihrem Artikel auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen von täglichen Veränderungen in der Person, da diese Erhebungen zu dem Zeitpunkt sehr wenig vorhanden waren. Die Überlegenheit der Erhebungsmethode von ESM im Vergleich zu anderen im Bereich der Forschung zu Arbeit und Familie hoben Butler, Song und Ilies (2013) in einem Review-Artikel hervor.

Interventionsstudien. In diesen Studien wurde die Auswirkung von Interventionen zu Arbeitsgestaltungen wie flexible Arbeitszeitmodelle, der Einfluss von Telekommunikationsformen und Schichtarbeit auf das WFI untersucht. Die Ergebnisse der Studien zeigten geringe Effektivität der Interventionen zu flexibler Arbeit und Telekommunikation auf die Verbesserung des Gesamtkonstrukts WFC (Hammer, Demsky, Kossek & Bray, 2016). Mit einer Stichprobe von 118 Schichttätigen und einer Kontrollgruppe von 67 Personen, die nur tagsüber arbeiteten, wurden in Schweden unterschiedliche Schichtmodelle auf ihre Auswirkungen untersucht. Eine klare Verbesserung des Schlafs, der Erholungsmöglichkeiten, der Müdigkeit und des WFC wurden durch eine Verkürzung der Schichtblöcke festgestellt (Karlson, Eek, Orbaek & Osterberg, 2009).

Auswirkungen von Programmen, die Führungskräfte in familienfreundlichem Verhalten schulen, wurden ebenfalls untersucht. In einer Studie mit Erwerbstätigen im Einzelhandel konnten bessere physische Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und weniger Kündigungsabsichten bei den Teilnehmenden festgestellt werden, die eine hohe Menge an FWC zeigten, wenn die Führungskräfte geschult waren (Hammer, Kossek, Anger, Bodner & Zimmerman, 2011). Eine Replikationsstudie im Gesundheitswesen zeigte Veränderungen der Teilnehmenden in Arbeitsleistung, Engagement, Arbeitszufriedenheit, Organisationscommitment und Kündigungsabsichten. Allen und Martin (2017) weisen jedoch daraufhin, dass keine der Studien eine Verbesserung des Gesamtkonstrukts WFC bei den Teilnehmenden durch Schulungen von Führungskräften zeigen konnte (Odle-Dusseau, Hammer, Crain & Bodner, 2016).

Ein dreiwöchiges Online-Selbstschulungsprogramm in Achtsamkeit – als eine emotional-kognitive Segmentierungsstrategie – wurde auf Wirksamkeit in Bezug auf die Kontrolle von Vereinbarkeit Familie und Beruf untersucht (Michel, Bosch & Rexroth, 2014). Am Pre- und Posttest nahmen 246 Personen teil, am Test zwei Wochen später noch 191 Personen. Es zeigten sich im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant mehr psychologische Abgrenzung und Zufriedenheit mit der Work-Life Balance, ebenfalls signifikant weniger belastungsbasierten WFC.

Objective Health. Es findet sich einiges an Forschung, die auf selbstberichtete Gesundheitsdaten von Personen zurückgreift. Selbstbericht gilt als methodologische Limitation innerhalb der Forschung. Laut Allen und Martin (2017) könnte der Vertrauensbereich im Zusammenhang zwischen dem Gesamtkonstrukt WFC und den gesundheitlichen Folgen daraus überschätzt werden, wenn beide Datenerhebungen über einen Selbstbericht erfolgen (Allen, 2012).

Im JOHP wurden dazu mehrere Studien mit objektiven Gesundheitsdaten veröffentlicht, z.B. zu Blutdruckmessung, Body Mass Index, Cortisolwerte, Schlafüberwachung. Beispielhafte Ergebnisse aus den Studien sind:

- Größerer WFC wurde assoziiert mit geringerer Menge an der gesamten Schlafdauer (Crain et al., 2014).
- Mütter mit höherem elterlichem Stress zeigten höhere morgendliche Cortisolwerte an Arbeitstagen im Vergleich zu Tagen ohne berufliche Verpflichtung (Hibel, Mercado & Trumbell, 2012).

Vorgesetzter. Es werden unterschiedliche Studien angeführt, die einen Zusammenhang zwischen familienfreundlichem Verhalten des Vorgesetzten und des erlebten WFC / FWC des Erwerbstätigen belegen. Höheres familienfreundliches Verhalten des Vorgesetzten kann z.B. (a) zu umso geringerem WFC führen (Lapierre & Allen, 2006); (b) den Zusammenhang von WFC und gesundheitlichen Folgen moderieren (Shockley & Allen, 2013).

Unternehmen haben bereits unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um Mitarbeitende zu unterstützen, z.B. durch flexible Arbeitszeiten (Hammer, Kossek, Zimmerman und Daniels, 2007), jedoch hängt ein familienfreundliches Verhalten des Vorgesetzen signifikant mit Arbeitszufriedenheit, Kündigungsabsichten, positivem Spillover von Arbeit zu Familie und WFC zusammen (Hammer, Kossek, Yragui, Bodner & Hanson, 2009). Studien konnten zeigen, dass flexiblere Arbeitszeiten und Heimarbeitsplätze im Vergleich zu traditionellen Regelarbeitszeiten (Nine to Five) sogar mit höherer Menge an WFC assoziiert waren (Higgins, Duxbury & Julien, 2014). Ebenfalls fanden Higgins et al. (2014) bei Heimarbeitstätigen im Vergleich zu Nine to Five höhere Mengen an FWC, wenn die Arbeitsanforderungen hoch waren.

Der bisherige Überblick lässt bereits erkennen, dass viele unterschiedliche Antezedenzien das Erleben von Konflikt in den Domänen Arbeit und Familie beeinflussen. Die Auswirkungen auf das gesundheitliche Wohlbefinden werden ebenfalls deutlich. Aufgrund der erhöhten Beteiligung von Frauen im Arbeitsbereich ist eine weitere Recherche im Forschungsbereich zu Geschlechterunterschieden im Erleben von WFC und FWC an dieser Stelle sinnvoll.

Geschlecht und Gesamtkonstrukt Work-Family Conflict (WFC)

Im Zusammenhang mit WFC wird Geschlecht als Moderator (z.B. Carlson & Kacmar, 2000; McElwain, Korabik & Rosin, 2005; Shockley & Singla, 2011) sowie als Prädiktor in der aktuellen Forschung erwähnt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mag in unterschiedlichen Weisen durch das Geschlecht beeinflusst werden (Higgins, Duxbury & Lee, 1994). Es finden sich daher verschiedene Forschungsinhalte, um diese Verbindung zu beleuchten.

Eine aktuelle Metaanalyse von Shockley, Shen, DeNunzio, Arvan und Knudsen (2017) untersuchte den Zusammenhang zwischen Geschlecht mit WFC und FWC. Es sollte die Idee beleuchtet werden, ob die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen herausfordernder sei als für Männer. Anhand von 350 unabhängigen Stichproben fanden die Forschenden im Allgemeinen keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Hinblick auf berichteten WFC. Allerdings konnten moderate moderierende Effekte bei Doppelverdiener-Paaren, Eltern, bei unterschiedlichen Typen von WFC (zeit-, belastungs- und verhaltensbasiert) und Männern und Frauen mit gleichen Berufen gefunden werden.

Die größten Effekte der Metaanalyse zeigten sich bei Eltern und Doppelverdiener-Paaren. Bei Eltern wurden keine Unterschiede in generellem WFC festgestellt, jedoch zeigten Mütter größere FWC als Väter. Bei den Doppelverdiener-Paaren zeigten Männer etwas mehr WFC als Frauen, Frauen hingegen mehr FWC als Männer. Männer und Frauen mit den gleichen Berufen unterschieden sich nicht im FWC, aber Männer zeigten etwas mehr WFC als Frauen.

Geringe Effekte im Geschlechterunterschied konnten bei zeitbasiertem WFC festgestellt werden, dahingehend dass Männer mehr erleben als Frauen. Frauen erleben hingegen mehr belastungsbasierten WFC und FWC als Männer. Keine Unterschiede zeigten sich in zeitbasiertem FWC und verhaltensbasiertem WFC / FWC. Die Assoziation zwischen Geschlecht und WFC / FWC weist in dieser Studie statistisch signifikant in Richtung Frauen, die generell mehr Konflikte erleben als Männer.

Zusammenhänge zwischen Geschlecht, Alter, Familienstand und dem Gesamtkonstrukt WFC untersuchten auch Allen und Finkelstein (2014) auf Basis von Längsschnittdaten aus 2008, die im Rahmen der NSCW (FWI, 2009) erhoben wurden. Teilnehmende der Studie setzten sich zusammen aus 690 verheirateten bzw. in Beziehung lebenden Berufstätigen, die 35 oder mehr Stunden in der Woche arbeiteten.

Es zeigte sich eine Abhängigkeit von WFC zum Familienstand. Dieser wurde unterteilt in sechs Gruppen: Personen unter 35 Jahre ohne Kinder, Familien mit Kindern unter 3 Jahren, Familien mit Kindern von 3–5 Jahren, Familien mit Kindern von 6–12 Jahren, Familien mit Kindern von 13–18 Jahren, Personen über 54 Jahre ohne Kinder im Haushalt. Der WFC in Abhängigkeit zum Geschlecht wurde hier nicht bestätigt.

Signifikante Geschlechterunterschiede konnten bei Familien festgestellt werden, wenn ein Teenager das jüngste Kind im Haushalt war. Männer erlebten in diesem Fall mehr WFC als Frauen. Männer aus der Gruppe ohne Kinder im Haushalt erlebten signifikant weniger WFC als Männer aus den anderen Gruppen. Für Frauen konnten ebenfalls signifikante Unterschiede beobachtet werden. Frauen mit Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren erlebten mehr WFC als Frauen aus den anderen Gruppen.

Im Hinblick auf FWC zeigte sich ein Haupteffekt des Geschlechts und des Familienstands, aber kein Interaktionseffekt von Geschlecht und Familienstand. FWC war am höchsten in Familien mit kleinen Kindern und Frauen berichteten mehr FWC als Männer.

Eine Studie mit Hotel-Mitarbeitenden in der Türkei untersuchte das Geschlecht als Moderator im Zusammenhang von WFC und FWC mit (a) emotionaler Erschöpfung; (b) Arbeitsleistung; (c) Kündigungsabsichten (Yavas, Babakus & Karatepe, 2008). Als Moderator bestätigte sich das Geschlecht lediglich beim Zusammenhang von WFC mit Kündigungsabsichten, stärker für Männer als für Frauen. Es zeigte sich generell ein signifikanter Unterschied im erlebten WFC und FWC, der höher bei Frauen als bei Männern war.

Mit dem Zusammenhang von WFC / FWC, Einteilung der Arbeitszeit und den Auswirkungen auf Arbeitszufriedenheit, Wohlbefinden und Gehalt beschäftigte sich die Studie von Dahm, Glomb, Manchester und Leroy (2015). Das Geschlecht moderierte den Zusammenhang zwischen WFC und der Selbstdiskrepanz in der zeitlichen Arbeitseinteilung bei Servicetätigkeiten, jedoch nicht bei Tätigkeiten in Forschung oder Lehre. Bei Frauen war dieser Zusammenhang größer als bei Männern. Bei steigendem WFC verteilten die Frauen ihre noch zur Verfügung stehende Zeit mehr in den Arbeitsbereich im Vergleich zu Männern.

Die Forschenden vermuten eine höhere Erschöpfung durch WFC bei Frauen. Durch das Auftreten des Konflikts, dass Arbeit Einfluss auf die Familie nimmt, könne eine Verletzung der sozialen Rollenerwartung an eine Frau von außen entstehen bzw. die Frau hätte selbst diese Erwartung an sich und sei daher im zeitlichen Rollenkonflikt.

Das Geschlecht von Erwerbstätigen im Verkauf konnte als Moderator des Zusammenhangs von Rollenkonflikt, Rollenambiguität und WFC auf die Arbeitszufriedenheit identifiziert werden (Boles, Wood & Johnson, 2003). Es wurden Unterschiede im Zusammenhang der jeweiligen Prädiktoren auf die unterschiedlichen Facetten von Arbeitszufriedenheit für Männer und Frauen belegt.

Im Jahr 1994 konnten Higgins et al. mit einer Studie zum Gesamtkonstrukt WFC, Lebensabschnittszyklen und Geschlecht signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen. Sie vermuteten einen höheren WFC bei Frauen und bei Eltern mit jüngeren Kindern im Haus. Es bestätigte sich eine signifikante Interaktion zwischen Geschlecht und Lebensabschnittszyklus zu WFC.

WFC und FWC lag bei Frauen generell jeweils höher als bei Männern. Der Einfluss war am höchsten, wenn die Kinder klein waren und am niedrigsten, wenn die Kinder älter waren. Es zeigte sich bei den Männern eine gleichbleibende Höhe an WFC und FWC über die Lebensphasen. Bei den Frauen sank die Höhe des erlebten WFC und FWC dramatisch, wenn die Kinder älter als 13 Jahre alt waren. Eltern mit Kindern unter sechs Jahre hatten den höchsten WFC. Den geringsten WFC erlebten Paare ohne Kinder. Die Rollenbelastung wurde auch erhoben und zeigte ebenfalls einen signifikant höheren WFC bei Frauen als bei Männern. Die Rollenbelastung war am höchsten bei Eltern mit kleinen Kindern.

Eine Metaanalyse von Winslow (2005) beschäftigte sich mit WFC, Geschlecht und Elternschaft. Dazu wurden Daten aus dem Quality of Employment Survey von 1977 und aus dem NSCE von 1997 herangezogen. Auch hier zeigte sich ein ähnliches Bild wie in obigen Ausführungen.

Die Menge an Zeit, die Männer mit ihren Kindern verbringen, stieg über die Jahre. Frauen verbringen mehr Zeit in bezahlter Arbeit, jedoch die Menge an Zeit für Familienarbeit blieb bei Frauen gleich. Die Autorin weist jedoch darauf hin, dass die Literaturlage zu WFC, Geschlechterrollenverständnis und Geschlechterunterschiede sehr uneinheitlich sei.

Innerhalb der Jahre 1977 und 1997 zeigte sich eine etwa gleich hohe Menge an WFC bei beiden Geschlechtern. Wenn das Geschlecht kontrolliert wurde, konnte lediglich bei Männern eine Erhöhung des WFC festgestellt werden. Eltern hatten höheren WFC als Nicht-Eltern unabhängig vom Familienstand.

Den Geschlechterunterschied im Zusammenhang von Arbeitsaufgaben und WFC untersuchten McElwain et al. (2005). Es konnten keine Geschlechterunterschiede festgestellt werden. Ein signifikanter Unterschied zeigte sich nur, wenn Frauen eine höhere Menge an FWC bei hoher Menge an Familienaufgaben erlebten. Männer wurden durch viele Familienaufgaben in der Menge an FWC nicht beeinflusst.

Carlson et al. (2000) untersuchten Geschlechterunterschiede innerhalb ihrer Validierungsstudie zur multidimensionalen Skala für das Gesamtkonstrukt WFC. Signifikante Unterschiede fanden sich in zeit-, belastungs- und verhaltensbasiertem FWC und auch im belastungsbasierten WFC, dahingehend dass Frauen eine höhere Menge erlebten.

Mit Geschlechterunterschieden zu belastungs- und zeitbasiertem WFC und FWC beschäftigte sich auch eine Studie aus Deutschland (König & Cesinger, 2015). An 1395 Teilnehmenden wurde untersucht wie sich die Flexibilität der Arbeitszeit und eine selbstständige Tätigkeit auf das Gesamtkonstrukt des WFC auswirken.

Selbstständig tätige Personen zeigten generell höhere Mengen an Konflikt als angestellte Erwerbstätige. Flexibilität und Selbstständigkeit führten laut Studie nicht zu höherem FWC und weniger WFC, wobei sich Männer und Frauen auch nicht unterschieden. Frauen zeigten höhere Konfliktwerte in beiden Bereichen als Männer. Familien- und Hausarbeit, Kinder im Haushalt und eine hohe Aufteilung der Hausarbeit ließen den WFC für beide Geschlechter ansteigen.

Kinder im Haushalt bewirkten bei Frauen einen signifikant höheren zeitbasierten WFC als bei Männern. Die Konflikthöhe aufgrund der Aufteilung der Hausarbeit zeigte keine Geschlechterunterschiede. Wenn der WFC aufgrund eines langen Arbeitstages anstieg, war der belastungsbasierte WFC signifikant höher bei Männern als bei Frauen. König und Cesinger (2015) fanden bei älteren Frauen eine signifikant geringere Höhe an belastungsbasiertem FWC als bei jüngeren Frauen, wobei Männer keine Unterschiede zeigten. Der Effekt war nur bei Frauen signifikant, wenn die Kinder im Haushalt lebten.

Geschlechterunterschiede im WFC / FWC untersuchten Duxbury und Higgins (1991) und fanden einen stärkeren Zusammenhang von Arbeitseinbindung und WFC bei Frauen, sowie einen stärkeren Zusammenhang von Familieneinbindung und WFC bei Männern. Erwartungen aus der Familie stellten sich als signifikanter Prädiktor für FWC bei Frauen dar, für Männer hingegen der Pfad zwischen Arbeitserwartungen und WFC. Ebenfalls zeigten sich geschlechterabhängige Unterschiede in den Auswirkungen von WFC. Hoher WFC reduzierte signifikant die Qualität des Familienlebens mehr für Männer als für Frauen.

Bei Frone, Russell und Barnes (1996) bestätigte sich zwar der Zusammenhang des Gesamtkonstrukts WFC und Folgen, wie erhöhtem Alkoholkonsum, Depression und schlechter physischer Gesundheit. Ein Moderationseffekt des Geschlechts konnte hier nicht festgestellt werden.

Eine Forschungsstudie zum Zusammenhang von Rollenüberlastung und Stress im Hinblick auf Geschlechterunterschiede machten Duxbury, Stevenson und Higgins (2018). Sie differenzierten Rollenüberlastung im allgemeinen und domänenspezifische Überlastung durch Arbeit und Familie. Alle Formen der Rollenüberlastung sagten für beide Geschlechter wahrgenommenen Stress vorher. Die familiäre Rollenüberlastung wurde von beiden Geschlechter höher als die beruflich bedingte Überlastung berichtet.

Die recherchierte bisherige Forschung zu Geschlechterunterschieden zeigt in den Ergebnissen ein uneinheitliches Bild. Mit Studien zu Lebensphasen konnte eine Stabilität von erlebtem WFC / FWC über die Zeit hinweg belegt werden (z.B. Higgins et al., 1994; Kelloway et al., 1999; Rantanen et al., 2012). Die statistischen Erhebungen aus Deutschland und den USA zeigen allerdings eine veränderte Rollenbesetzung von Frauen und auch Männern im Bereich Arbeit und Familie über die letzten Jahre (z.B. BMFSFJ, 2009; FWI, 2009). Da die Einstellung zum Geschlecht auch auf erlerntem Verhalten und Kultur basiert, können innerhalb des Geschlechts unterschiedliche Identitätsorientierungen vorhanden sein (McElwain, 2008). Daher scheint es sinnvoll GRO als eine ergänzende Variable zum Geschlecht und als möglichen Prädiktor für WFC / FWC näher zu beleuchten.

[...]

Fin de l'extrait de 108 pages

Résumé des informations

Titre
Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Geschlechterrollenorientierung und elterliche Schuldgefühle
Université
University of Hagen  (Lehrgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie)
Note
1,3
Auteur
Année
2019
Pages
108
N° de catalogue
V919273
ISBN (ebook)
9783346314093
ISBN (Livre)
9783346314109
Langue
allemand
Mots clés
Vereinbarkeit Familie und Beruf, Work-Family Conflict, Schuldgefühle, Geschlechterrollenorientierung, soziale Unterstützung
Citation du texte
Silvia Berger-Muenster (Auteur), 2019, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Geschlechterrollenorientierung und elterliche Schuldgefühle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/919273

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