Kaufentscheidungsprozesse in Industrieunternehmen


Seminararbeit, 2015

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Kaufentscheidung
2.1 Allgemeine Begriffserläuterung
2.2 Organisationale Kaufentscheidung

3. Kaufentscheidungsprozesse in Industrieunternehmen
3.1 Definition, Aufgaben und Ziele von Industrieunternehmen
3.2 Kaufklassen und Kaufphasen (Buygrid-Modell)
3.3 Beschaffungsmanagement

4. Beschaffung in der Praxis

5. Quo Vadis?

Anhang

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beschaffungsphasen nach Robinson, Faris und Wind

Abbildung 2: Rollen im Buying Center

Anhangverzeichnis

Anhang 1: Die Entscheidungsarten

Anhang 2: Das Buygrid Modell

Anhang 3: Aluminiumpreisschwankungen

1. Einleitung

In unserer heutigen Konsumgesellschaft wird uns täglich eine große Produktauswahl präsentiert, aus der wir die Artikel herausfiltern müssen, welche wir präferieren und benötigen. Aber nicht nur wir als Konsumenten stehen vor solchen Entscheidungen, sondern auch Organisationen und Gesellschaften. Ständig befassen sie sich mit den Anforderungen, welche sie an die, zu beschaffenden Produkte stellen und entscheiden damit über den Kauf. Im Vergleich zum Konsumenten gestaltet sich der Beschaffungsvorgang deutlich komplexer und bedarf daher der Unterstützung von Fachpersonal, festen Systemen und Strukturen. Auf dem Weg zur richtigen Kaufentscheidung stehen Einkäufer vor zahlreichen Herausforderungen. Es muss darauf geachtet werden, ein geeignetes Gleichgewicht zwischen Qualität und Preis zu berücksichtigen, welches z.B. in der Automobilindustrie in Zukunft durch die Rohstoffpreisschwankungen ein immer wichtigeres Thema sein wird. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund die optimale Kaufentscheidung treffen? Grundlegend ist hierzu der organisationale Kaufentscheidungsprozess in Industrieunternehmen. Dessen betriebswirtschaftliche Strukturen lassen sich nahezu auf alle Unternehmungen projizieren, die im B2B-Bereich1 agieren.

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie sich Kaufentscheidungsstrukturen in Industrieunternehmen darstellen und wie diese optimal auf die oben genannte Problematik angepasst werden können.

2. Die Kaufentscheidung

2.1 Allgemeine Begriffserläuterung

Um den Begriff der Kaufentscheidung besser verstehen zu können, sollte dieser zuerst definiert werden. Die Kaufentscheidung tritt in vielen Formen auf und findet sich in zwei Käuferklassen wieder: In der der Organisationen und der des Konsumenten. Eine genaue, für sich allein stehende Begriffsbezeichnung ist schwer zu treffen, da der Begriff der Kaufentscheidung sehr vielfältig ist und selten ohne Zusammenhang zu den oben genannten Klassen steht. Jedoch trifft es am ehesten darauf zu, sie als Teil des Kaufentscheidungsprozesses anzusehen.2 Falls es zum Kauf kommt, lässt sich die Kaufentscheidung in Teilentscheidungen bezüglich folgender Aspekte differenzieren: Markenauswahl, Kaufzeitpunkt, Einkaufsstätte, Kaufmenge und Zahlungsweise.3

2.2 Organisationale Kaufentscheidung

„Organisationale Beschaffung betrifft alle Beschaffungsobjekte (Leistungen), die von Organisationen (Produzenten/Händler, also Nicht-Konsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge- und Verbrauch) weitere Güter für die Fremd-bedarfsdeckung zu erstellen oder um sie unverändert an andere Organisationen weiterzuveräußern, die diese Leistungserstellung vornehmen.“4 Diese Definition von Pepels erklärt prägnant den Begriff der organisationalen Beschaffung.

Traditionell ist bei organisationalem Beschaffungsverhalten meist die Rede von Industriegütermärkten (sog. industrial markets). Da dieser Begriff eine Spezifizierung bzw. enge Eingrenzung auf die Industrie suggeriert, spricht man heute eher vom Business-to-Business. Hier werden gewerblichen Beschaffungen umfasst und lediglich die privaten Einkäufe ausgeschlossen.5 Das B2B, oder auch die gewerbliche Beschaffung, umfasst alle Güterkategorien oder Dienstleistungen, bei denen auf beiden Transaktionsseiten Organisationen stehen.6

Kennzeichnend für Organisationen ist das kollektive Verhalten und der transparente Markt, welcher immaterielle und materielle Güter umfasst. Bei den Konsumentenentscheidungen hingegen handelt es sich meist um individuelle Entscheidungen und um einen anonymen Markt, welcher eher kurzzeitige Beziehungen zwischen Nachfrager und Anbieter aufweist.7 Hierzu lassen sich folgende Punkte hervorheben und gleichzeitig weitere Unterscheidungspunkte zum Konsumentenverhalten aufzeigen:

- Multipersonalität

Durch die Komplexität der Transaktionen ist es notwendig, dass mehrere Personen aus verschiedenen Unternehmensbereichen und Interessen an ihnen teilnehmen.

- Multioperativität

Die Entscheidungsfindung läuft oft in mehreren Phasen ab, welche meist schriftlich fixiert und stark rational geprägt sind; jedoch nicht losgelöst von Emotionen.8

- Multiorganisationalität

Geschäftsverbindungen und Kooperationen zwischen Unternehmen, welche die gleiche Richtung anstreben und einen ähnlichen Informationsstand und eine Professionalität aufweisen.

- Multitemporalität

Transaktionen nehmen eine lange Zeit in Anspruch, daher hat das Relationship-Marketing eine wichtige und entscheidende Rolle.9

Falls es doch zum individuellen Einkaufsverhalten kommt, ist bei hochwertigen und wichtigen Gütern, z.B. Investitionsgüter, die extensive Kaufentscheidung anzu-treffen, da hier eine hohe Informationsbeschaffung benötigt wird.10 Die limitierte Kaufentscheidung lässt sich als eine verkürzte Form der extensiven Kauf-entscheidung darstellen, da hier nicht immer alle Alternativen und deren Anbieter erfasst werden können. In Organisationen lässt sich ebenfalls habitualisiertes Verhalten beobachten, dies jedoch im Zusammenhang mit Gewohnheitseinkäufen, welche geringwertiger und bereits bekannt sind.11

Impulsives Kaufverhalten, der sogenannte Spontankauf, ist hauptsächlich bei Konsumenten anzutreffen und findet in Unternehmen kaum Relevanz, weil dieses betriebswirtschaftlich ineffizient ist.12

Der Kaufentscheidungsprozess lässt sich jedoch nicht nur in die Käuferklassen der Organisationen kategorisieren. Es gehört hierzu auch die Differenzierung in Individualität und Kollektivität, welche nun genauer beschrieben wird.

2.2.1 Individuelle Kaufentscheidung

Hierbei handelt es sich um einen Entscheidungsvorgang einer einzelnen Person. Dieses Verhalten ist überwiegend im Bereich der Konsumenten anzutreffen, jedoch kann man individuelle Entscheidungen gelegentlich auch im organisationalen Bereich beobachten, wenn es sich um routinierte und alltägliche Bestellungen handelt – die sogenannte „Einkäuferentscheidung“.13 Diese Art von Kauf-entscheidung lässt eine allgemeine Unterteilung in die vorher genannten vier Gruppen, habitualisierte, limitierte, extensive und impulsive Kaufentscheidungen zu. Diese können anhand der Intensität des Denkens in der Kaufentscheidung kategorisiert werden.14

2.2.2 Kollektive Kaufentscheide

Bei der kollektiven Kaufentscheidung sind mehrere Personen an dem Einkaufsprozess beteiligt. Diese Art kommt häufiger in Unternehmen vor, als Individuelle Kaufentscheidungen, da es in Organisationen häufig komplexere Beschaffungsprozesse gibt, als in privaten Haushalten, und somit mehrere erfahrene Personen benötigt werden. In Organisationen nennt man die kollektive Entscheidung auch „Gremienentscheidung“.15 Auch sie kann untergliedert werden, jedoch gibt es hier Unterschiede zu Organisationen und Konsumenten. Bei Konsumenten sind das partnerschaftliche Entscheidungen oder die sogenannten „Haushaltsentscheidungen“.16 Bei Organisationen lässt sich diese in zwei Hauptpunkte differenzieren. Einerseits Multiorganisationale Entscheidungen (z.B. Geschäftsbeziehungen und Kooperationen) und Monoorganisationale Entscheid-ungen (z.B. Buying Center), worauf in einem späteren Kapitel detailliert eingegangen wird.17

3. Kaufentscheidungsprozesse in Industrieunternehmen

3.1 Definition, Aufgaben und Ziele von Industrieunternehmen

Der Begriff „Unternehmung“ definiert sich dadurch, dass neben dem Betrieb eine Gewinnerzielungsabsicht und autonomes Handeln hinzukommen. Unterneh-mungen sind somit wirtschaftliche und rechtliche Einheiten, die einen Mehrwert durch Sachgüter, aber auch Dienstleistungen erzeugen.

Betriebe lassen sich als eine Stätte der Leistungserstellung von Sachgütern, innerhalb der Unternehmung beschreiben.18

Da „Betrieb“ und „Unternehmen“ oft synonym verwendet werden, lassen sich diese Begriffsdefinitionen auch, besonders auf Industrieunternehmen, übertragen. Zusammengefasst sind Industriebetriebe Teilbereiche von Industrieunter-nehmungen, welche sich durch Produktion von Sachgütern charakterisieren.

Die begriffliche Abgrenzung zum Handwerksbetrieb ist vor allem durch den vorwiegenden Einsatz maschineller Anlagen, den vorherrschenden Arbeits-teilungen und der Spezialisierung der Beschäftigten, gekennzeichnet. Neben der Erstellung der Sachgüter fällt in Industrieunternehmungen die Beschaffung der, für die Leistungserstellung benötigten Faktoren und der Absatz für den Vertrieb der Sachgüter an.19 Außer Unternehmen, welche Stoffe be- und verarbeiten, zählen ebenso Betriebe der Stoffgewinnung zu Industriebetrieben.20

3.2 Kaufklassen und Kaufphasen (Buygrid-Modell)

Robinson, Faris und Wind haben 1967 ein Phasenmodell konzipiert, welches das organisationale Kaufverhalten für die Beschaffung von Investitionsgütern darstellt. Diese acht Phasen (Buyphases) ergeben gemeinsam mit den verschiedenen Kaufklassen (Buyclasses) das Buygrid-Modell.21 Durch dieses Modell wird deutlich gemacht, dass die Beschaffungsphasen und ihre Reihenfolge von den Kaufklassen abhängen.22 Anhand des folgenden Schaubildes, kann man die einzelnen Beschaffungsphasen und ihre Ordnung im Gesamtbild sehen.

Die Beschaffungsphasen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Beschaffungsphasen nach Robinson, Faris und Wind (1967) [Richter,H.P., 2010, S.49]

Gemeinsam mit den drei verschiedenen Kaufklassen Neukauf (New Task), modifizierter Wiederholungskauf (Modified Rebuy) und dem reinen Wiederholungskauf (Straight Rebuy), ergibt sich eine 8x3 Matrix, welche eine zweifache Differenzierung zulässt.23 Bei den Wiederholungskäufen fallen meist anfängliche Phasen, wie die Informationsbeschaffung weg, da diese bereits bekannt und nur bei einem Neukauf relevant sind.24 Dieses Modell dient dazu, die Rollenverteilung in die dementsprechenden Kaufklassen und Phasen einzuteilen und herauszufinden, welche Phasen durchlaufen werden müssen. Da dieses Modell sehr allgemein gehalten ist, wurde es von vielen Kritikern erweitert bzw. verändert.25

3.3 Bes chaffungsmanagement

Bei reinen und modifizierten Wiederholungskäufen sind Einkaufsmanager und ihre Sachbearbeiter die Hauptentscheider. Da Erstkäufen ein komplexerer Prozess vorausgeht, wird eine kollektive Entscheidung von, am Einkauf beteiligten Mitgliedern der gesamten Organisation, getroffen (sog. Buying Center). Bei Produktwahlentscheidungen nimmt meist das technische Personal einen großen Einfluss.26

Die Kaufentscheidungen von Industrieunternehmen zeichnen sich durch hohe Bedarfsspezialisierung und genaue Vorstellungen über das zu erwerbende Produkt, durch ausgeprägtes Planungs- und Informationsverhalten, demzufolge umfangreichen Prozessen, sowie Beteiligung technischer und kaufmännischer Spezialisten aus.27

3.3.1 Buying Center

Um gedankliche Ordnung in das komplexe System der Beschaffung zu bringen, entwickelten Webster und Wind 1972 das Buying Center Konzept. Als Buying Center bezeichnet man die Entscheidungseinheit einer Organisation bei der Beschaffung.28 Somit stellt es eine Art „Beschaffungsteam“ dar.29

Die Rollenverteilung kann folgendermaßen unterschieden werden:

Abb. 2: Rollen im Buying Center [Pförtsch G., 2008, S.55]

Diese Verbindung besteht nur temporär, mit dem Ziel, eine spezielle Beschaffungs-entscheidung zu fällen, danach wird sie aufgelöst. Bei einem neuen Beschaffungsfall bildet sich individuell ein neues Buying Center.30 Für habituelle Beschaffungen, wie alltägliche Bestellungsabwicklungen, wird keine Konstitution eines Buying Centers benötigt, da diese von qualifizierten Einkäufern erledigt werden können.31

[...]


1 Business-to-Business.

2 Vgl. Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F., 2007, S.302.

3 Vgl. Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F., 2007, S.303.

4 Pepels, W., 2005, S. 173.

5 Vgl. Pförtsch, G., 2008, S.21.

6 Vgl. Pepels, W., 2005, S.172.

7 Vgl. Foscht, T; Swoboda, B, 2011, S.14.

8 Vgl. Schneider, W., 2013, S.211 f.; in Anlehnung an Backhaus, 1999, S.62.

9 Vgl. Schneider, W., 2013, S. 211 f.; vgl. dazu auch Pepels, W., 2005, S.176.

10 Vgl. Bänsch, A., 2002, S.181.

11 Vgl. Bänsch, A., 2002, S.182.

12 Vgl. Bänsch, A., 2002, S.181.

13 Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B., 2011, S.11.

14 Vgl. Bänsch, A., 2002, S.9; siehe auch: Anhang 1.

15 Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B., 2011, S.11.

16 Vgl. Foscht, T; Swoboda, B., 2011, S.11.

17 Vgl. Foscht, T; Swoboda, B., 2011, S.301.

18 Vgl. Gutenberg, E., 1983, S.511 f.

19 Vgl. Voigt, K.I., 2008, S.1 u. 3.

20 Vgl. Voigt, K.I., 2008, S.3.

21 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.48; in Anlehnung an: Robinson, P.J; Faris, C.W.; Wind, Y., 1967, S.14; vgl. dazu auch Webster, F.E.; Wind, Y., 1972 S.24.

22 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.48.

23 Siehe auch: Anhang 2.

24 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.49; vgl. dazu auch Foscht, T.; Swoboda, B., 2011, S.218 f.

25 Vgl. Foscht, T.; Swoboda, B, 2011, S.316.

26 Vgl. Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F., 2007, S.327.

27 Vgl. Schneider, W., 2013, S.215.

28 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.77; vgl. dazu auch Backhaus, K.; Voeth, M., 2010, S.44.

29 Vgl. Kotler, P.; Keller, K. L.; Bliemel, F., 2007, S.327.

30 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.78.

31 Vgl. Richter, H.P., 2001, S.77.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Kaufentscheidungsprozesse in Industrieunternehmen
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
20
Katalognummer
V925051
ISBN (eBook)
9783346305374
ISBN (Buch)
9783346305381
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kaufentscheidung, Buying Center, Industrieunternehmen, B2B
Arbeit zitieren
Linda Röhrle (Autor:in), 2015, Kaufentscheidungsprozesse in Industrieunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/925051

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