Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Aufgabenstellung
1 Einleitung
2 Vorurteile - eine sozialpsychologische Sicht
2.1 Vorurteil - eine Begriffsbestimmung
2.2 Entstehung von Vorurteilen
2.3 Reduktion von Vorurteilen
2.4 Zusammenfassung
3 Verschiedene Generationen in Unternehmen
4 Vorurteile und deren Wirkung auf ältere Mitarbeiter
5 Handlungsempfehlung fürjunge Führungskräfte
6 Diskussion
7 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
SDO Soziale Dominanzorientierung (social dominance orientation)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Arten von Einstellungen
Abbildung 2: Generationen ab 1945 im Überblick
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Generationenvergleich
Aufgabenstellung
Alternative A (100 Punkte, Umfang 20 Seiten)
Die Aufgabenstellung wurde aus urheberrechtlichen Gründen durch das Lektorat entfernt.
1 Einleitung
Die Politik hat aufgrund des demografischen Wandels entschieden, dass das Renteneintrittsalter seit 2012 stufenweise auf 67 Jahre angehoben wird. Dies hat zur positiven Folge, dass immer mehr „Alte“ am Erwerbsleben teilhaben. Laut dem Statistischen Bundesamt (2019) nimmt die Zahl der Arbeitnehmer im Alter von 60 bis 64 Jahren deutlich stärker zu, als in anderen Altersgruppen. Die betriebswirtschaftliche und psychologische Literatur beschäftigt sich mit diesem Phänomen bereits seit einigen Jahren. Das Thema „Generationen führen“ betrifft heute fastjedes Unternehmen. Wenn verschiedene Generationen zusammenkommen, geht dies meist nicht ohne verschiedene Vorstellungen und daraus entstehende Konflikte einher. Besonderes Konfliktpotenzial kann entstehen, wenn ältere Mitarbeiter vonjüngeren Führungskräften geführt werden. Es lässt sich ebenso sagen, dass die demografische Entwicklung einer der Megatrends unserer Zeit ist. Laut Schröder-Kunz (2019) haben die Führungskräfte einen großen Einfluss auf ihre Mitarbeiter, so auch den älteren Angestellten. Diese älteren Mitarbeiter bringen ein hohes Potenzial durch ihre Erfahrungen mit. Leider werden in unserer Gesellschaft immer noch viel zu häufig die negativen Seiten des Alterns betrachtet. (S. 6). Aufgrund dessen legt diese Arbeit ihr Augenmerk auf Vorurteile, die junge Führungskräfte gegenüber ihren älteren Mitarbeitenden haben können und wie diese Vorurteile im Unternehmen abgebaut werden können.
Bevor auf die inhaltlichen Aspekte eingegangen wird, folgt als Nächstes eine kurze Erläuterung zur Struktur der Arbeit. Zu Beginn der Arbeit wird im zweiten Kapitel erläutert, was Vorurteile sind und wie diese entstehen. Als weiterer Punkt werden die theoretischen Grundlagen zum Abbau von Vorurteilen betrachtet. Im darauffolgenden Kapitel werden die jüngere und die ältere Generation mit ihren Eigenheiten näher betrachtet. Im vierten Kapitel werden drei exemplarische Beispiel zu Vorurteilen in Unternehmen aufgeführt. Diese Beispiele sollen zeigen zu welchen Vorurteilen es in Unternehmen durch die Konstellation „Jung führt Alt“ kommen kann. Im anschließenden Abschnitt wird es um konkrete Handlungsempfehlungen an junge Führungskräfte gehen, um die eigenen Vorurteile effektiv abbauen zu können. Im sechsten Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit kritisch reflektiert und abschließend ein Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen gegeben.
2 Vorurteile - eine sozialpsychologische Sicht
Vorurteile und Stereotype sind wahrscheinlich genauso alt wie der Mensch. Wenn ein Blick in die Geschichte geworfen wird, so finden sich Vorurteile, die massive Folgen für die Menschheit hatten, wie zum Beispiel der Holocaust. Aber nicht nur Minderheiten sind von Vorurteilen betroffen. Es kann die Behauptung aufgestellt werden, dassjeder Mensch in irgendeiner Form von Vorurteilen betroffen ist (Aronson, Wilson & Akert, 2008, S. 422). Auch im beruflichen Alltag. Bevor aber über Vorurteile in der Arbeitswelt gesprochen werden kann, wird an dieser Stelle eine Begriffsbestimmung des Konstrukts Vorurteil durchgeführt. Anschließend wird beschrieben, wie Vorurteile entstehen. Abschließend wird vorgestellt, wie die Reduktion von Vorurteilen laut verschiedenen Wissenschaftlern erfolgen kann.
2.1 Vorurteil - eine Begriffsbestimmung
In den frühen 1950er Jahren hat Allport ein Buch über Vorurteile geschrieben. In der deutschen Ausgabe wird das Vorurteil als natürlich und notwendig beschrieben, weil der Mensch ansonsten nicht überleben könnte. Der Mensch ist darauf angewiesen seine Umgebung in Kategorien oder Gruppen aufzuteilen. Es wird uns dadurch ermöglicht die Welt in gut und schlecht zu unterteilen und wir können schneller Entscheidungen treffen (Allport, 1971, S. 23). Nach Allport (1971) ist ein Vorurteil eine Abneigung gegenüber einem Individuum oder einer Gruppe, die sich auf eine lückenhafte und unabänderliche Pau- schalisierung begründet. Diese Verallgemeinerung kann entweder gefühlt werden oder verbal und non-verbal ausgedrückt werden (S. 23). Aufbauend auf die Definition von Allport (1971) sieht die moderne Sozialpsychologie Vorurteile als einen Ausdruck einer konkreten Einstellung. Diese Einstellung bestehen aus drei Bestandteilen: einen affektiven oder emotionalen Teil, einen kognitiven Teil und einer Verhaltenskomponente (Aronson et al., 2008, S. 424). In der folgenden Abbildung sind die drei Komponenten zur besseren Verdeutlichung dargestellt. Wie aus der Abbildung hervorgeht, beziehen sich Vorurteile auf die affektive Komponente. Da diese Komponente die Art, der damit verbunden Gefühle und deren Auswirkungen darstellt, kann daraus geschlossen werden, dass es positive und negative Vorurteile geben muss. In der Psychologie und im Allgemeinen werden Vorurteile hingegen nur mit negativen Einstellungen gegenüber anderen Menschen oder Gruppen verbunden (Aronson et al., 2008, S. 424).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Arten von Einstellungen
Wie bereits Allport (1971) festgestellt hat, werden Personen aufgrund verschiedener Eigenschaften einer Gruppe zugeordnet (S. 21). Dies kann eine Ingroup oder eine Outgroup sein. In der Ingroup sind Menschen, mit denen sich eine Person selbst identifiziert. In der Outgroup befinden sich Personen, mit denen sich diese Person nicht identifiziert (Gerrig, 2016, S. 674). Diese Einordnung erfolgt meist, wie oben beschrieben, sehr schnell aufgrund weniger Merkmale, was zur Folge haben kann, dass die Einordnung falsch ist und nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (Fischer, Jander & Krueger, 2018, S. 116). So kann ein Mitarbeitender, der bereits älter als 50 Jahre ist schnell in die Gruppen „hoher Krankenstand, unflexibel, nicht bereit Neues zu lernen, wartet auf Ruhestand“ einsortiert werden, obwohl dieser Mitarbeitende vielleicht sehr gerne lernt, aber im Unternehmen nicht die Möglichkeit erhält, oder gerne nach dem Renteneintrittsalter weiter im Unternehmen arbeiten möchte. Spears und Tausch (2014) weisen daraufhin, dass in der heutigen Welt diese Kategorisierung wahrscheinlich nicht gegenüber der Person ausgesprochen werden würde, da es gegen die gesellschaftlichen Normen verstößt. Dies heißt nicht, dass die Vorurteile nicht trotzdem bestehen. Aufgrund des Versteckens der eigenen Vorurteile ist es schwieriger geworden gegen diese Vorurteile anzukämpfen und diese zu beseitigen (S. 509). Des Weiteren denken Personen, dass sie zum Beispiel gegenüber den älteren Mitarbeitenden keine Vorurteile haben, da diese außerhalb ihrer bewussten Wahrnehmung liegen. Diese Form der Vorurteile nennen sich implizite Vorurteile und sind ein weiteres Phänomen der modernen Zeit. Meist treten diese Vorurteile durch negative Emotionen, wie Stress, auf (Gerrig, 2016, S. 675).
Um bei dem Beispiel des älteren Mitarbeitenden zu bleiben: Wann sind die genannten Kategorien eigentlich ein Stereotyp oder gar eine Diskriminierung? Das Stereotyp unterscheidet sich vom Vorurteil darin, dass es rein kognitiver Natur ist und keine emotionale Ebene hat (Aronson etal., 2008, S. 425). Laut Gerrig (2016) sind Stereotype einfach nur Verallgemeinerungen, die auf ein bestimmtes Merkmal einer Gruppe zutreffen (S. 674). Weiterhin gilt für Stereotype, dass sie im Gegensatz zu Vorurteilen, von weiten Teilen einer Gesellschaft geteilt werden (Kessler & Fritsche, 2018, S. 158). Ein klassisches Beispiel ist „alle älteren Mitarbeitenden haben viel praktisches Wissen“. Bei den Zuschreibungen, die bei einem Stereotyp erfolgt, handelt es sich um subjektive Annahmen, die nicht immer neutral sein müssen, diese können genauso positiv oder negativ sein (Fischer et al., 2018, S. 116). Hingegen wird unter Diskriminierung laut Aronson und Kollegen (2008) verstanden, dass eine Person oder eine Gruppe aufgrund bestimmter Eigenschaften ungerechtfertigtes, negatives oder gar schädliches Verhalten erfährt (S. 428). In dem Beispiel mit dem älteren Mitarbeitenden könnte dies zum Beispiel sein, dass dieser sich auf eine Stelle bewirbt, aber aufgrund seines Alters von vornherein nicht berücksichtig wird.
2.2 Entstehung von Vorurteilen
Wie aus den Ausführungen von Allport (1971) bereits hervorging, sind Vorurteile nicht vermeidbar (S. 23). Daher stellt sich nun die Frage, wie Vorurteile entstehen und wie Vorurteile verursacht werden. Der folgende Abschnitt beantwortet diese Fragestellung. Unter den Sozialpsychologen herrscht keine Einigkeit darüber, ob Vorurteile bereits angeboren werden, oder erst im Lauf des Lebens erlernt werden (Aronson et al., 2008, S. 429; Josten & Kahnert, 2011, S. 120-121). Das eine Prägung des Kindes durch seine Umwelt, wie zum Beispiel die Eltern, die Gesellschaft, die Medien und die Kultur, bereits in sehr frühen Jahren vorgenommen wird, ist hingegen unumstritten (Aronson et al., 2008, S. 429). Haslam und Dovidio (2010) identifizierten grundlegende Faktoren, die die Voreingenommenheit fördern und aufrechterhalten (S. 655-659): (a) persönlichkeitstheoretische Ansätze, (b) Gruppenkonflikte, (c) soziale Kategorisierung und (d) soziale Identität. Im nachfolgenden werden diese Faktoren kurz erläutert und nur die wichtigsten Theorien zujedem Faktor vorgestellt.
In der Literatur werden als bekannteste Theorien des persönlichkeitsorientierten Ansatzes die autoritäre Persönlichkeit und die soziale Dominanzorientierung genannt (Kessler & Fritsche, 2018, S 159). Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson und Sanford (1950) haben nach Ende des zweiten Weltkrieges das Konzept der autoritären Persönlichkeit entwickelt. Der Gedanke hinter dieser Theorie ist, dass versucht werden sollte zu erklären, wie es zu den Verbrechen durch die Nazis kommen konnte (Adorno et al, 1950; zitiert nach Kessler & Fritsche, 2018, S. 159). Die zentrale Idee von Adorno und Kollegen (1950) ist, dass die faschistischen Ideen auf die frühe Entwicklung von Kindern und deren Erziehung zurückgeht. So konnten sie zeigen, dass eine ausgesprochen autoritäre Erziehung, die durch viel Gehorsamkeit gegenüber den Erziehungsberechtigten und bedacht auf klassische Normen und Werte, später zu inkonsistenten Emotionen gegenüber den Erziehungsberechtigten führen kann. Diese Gefühle in Bezug auf die Erziehungsberechtigten können positiv oder negativ sein. Weiterhin wurde gezeigt, dass sich die negativen Gefühle nicht gegen die eigenen Erziehungsberechtigten richten, sondern auf Mitglieder einer abweichend wahrgenommenen Fremdgruppe projiziert werden (Adorno et al, 1950; zitiert nach Spears & Tausch, 2014, S. 510).
Einen weiteren Ansatz für soziale Vorurteile stellte die Theorie der sozialen Dominanz dar. Diese Theorie, die auf Sidanius und Pratto (1999) zurückgeht, konzentriert sich auf die individuellen Unterschiede und untersucht dabei, ob Menschen die Beziehungen zwischen Gruppen als einen Wettbewerb ansehen, in dem es angemessen ist, dass einige Gruppen andere Gruppierungen dominieren (Sidanius & Pratto, 1999; zitiert nach Dovidio, Hewstone, Glick & Esses, 2010, S. 12). Personen mit einer hohen sozialen Dominanzorientierung (SDO) streben nach hierarchiefördernden Rollen im Berufsleben und Menschen mit niedrigen SDO-Werten suchen eher nach hierarchiedämpfenden Rollen (Pratto, Sidanius, Stallworth & Malle, 1994, S. 741). Zugleich zeigen Menschen mit einem hohen SDO-Wert eher eine Neigung zu Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber konkurrierenden Fremdgruppen (Dovidio et al., 2010, S. 13).
Kritiker an den Theorien der sozialen Vorurteile waren der Meinung, dass sich diese Vorurteile nicht nur auf wenige Personen beziehen, sondern auf ganze Gruppen. Aus diesem Grund entstanden die Gruppenansätze, die sich auf die funktionalen Beziehungen zwischen Gruppen konzentriert (Dovidio et al., 2010, S. 13). Grundsätzlich haben Gruppen für ein Mitglied viele Vorteile. In der Sozialpsychologie wird von Intragruppenerklärung des Vorurteils geredet, wenn Mitglieder einer Gruppe sich auf die Vorteile der eigenen Gruppe fokussieren und sich nicht mit den Bedrohungen von außen, also durch andere Gruppen, beschäftigen (Spears & Tausch, 2014, S. 525). Darauf aufbauend entstand die Theorie des realistischen Konfliktes. Laut der Theorie sind Vorurteile und Diskriminierung konkrete Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Gruppen. In diesen Konflikten geht es um Ressourcen, die nur in einer begrenzten Anzahl vorliegen (Spears & Tausch, 2014, S. 526). Im Berufsleben kann dies zum Beispiel ein Wettbewerb für eine Marketingkampagne sein und damit einhergehend ein Auftrag, der dem Unternehmen viel Geld einbringt. Die Forschungen von Sherif, Harvey, White und Hood, William R. Sherif, Carolyn W. (1961) ergaben, dass Gruppen immer mehr Vorurteile entwickeln, umso mehr sie in Konkurrenz zueinanderstehen. Wenn den Gruppen hingegen ein gemeinsames Ziel vorgegeben wird, das nur durch eine Zusammenarbeit der Gruppen erreicht werden kann, werden die Vorurteile nach und nach wieder abgebaut (Sherif et al., 1961; zitiert nach Dovidio et al., 2010, S. 13).
In der sozialen Kategorisierung werden die Gruppen, aufgrund einzelner Merkmale verschiedener Personen, gebildet. Es können zum Beispiel Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres Alters, der Nationalität oder des Bildungsabschlusses in verschiedene Gruppen einsortiert werden. Bereits bekannte Personen werden diesen Gruppen zugeordnet. Wenn nun eine unbekannte Person getroffen wird, die ähnliche Merkmale aufweist, kann diese Person leichter in eine Gruppe einsortiert werden. Das Gehirn beruft sich auf die bereits, zu einen vergangenen Zeitpunkt, getroffene Entscheidung (Andersen & Klatzky, 1987; zitiert nach Aronson et al., 2008; S. 430). Tajfel (1969) hat herausgefunden, dass Menschen durch die soziale Kategorisierung die Unterschiede zwischen den eigenen Gruppenmitgliedern beschönigen (Tajfel, 1969; zitiert nach Dovidio et al., 2010, S. 14). Abrams (1985) und Turner (1985) fanden zudem heraus, dass die Unterschiede zwischen den Gruppen übertrieben werden (Abrams, 1985, S 72-73; Turner, 1985; zitiert nach Dovidio et al., 2010, S. 14). Nach Otten und Moskowitz (2000) erleben Menschen bei der Begegnung von Ingroup-Mitgliedern einen positiven emotionalen Einfluss, der bei Mitgliedern von Fremdgruppen nicht vorhanden ist (Otten & Moskowitz, 2000; zitiert nach Dovidio et al., 2010, S 14).
Tajfels Ideen zur sozialen Kategorisierung mündeten schlussendlich in der Theorie der sozialen Identität. Tajfel, Billig, Bundy und Flament (1971) haben ein minimales Gruppenparadigma erstellt. Dieses Versuchsdesign wurde so gestaltet, dass die Versuchspersonen wussten, dass sie einer bestimmten Gruppe zugehören und andere Probanden einer anderen Gruppe zugerechnet werden. Des Weiteren war die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nur der eigenen Person und den Versuchsleitern bekannt. Ein weiterer Punkt des Versuchs ist, dass die Probanden untereinander keinen Kontakt hatten. Als weiteres wichtiges Kriterium sollte das Handeln der Versuchspersonen einen unstrittigen Stellenwert haben, aber gleichzeitig sollte das Handeln dem Probanden keinen persönlichen Vorteil bieten. Die Versuchsteilnehmer wurden nach einem Test in eine von zwei Gruppen, den sozialen Kategorien, eingeteilt und sollten anschließend irgendetwas von Wert an die In- und die Outgroup-Mitglieder verteilen. Nach diesem Test konnten Tajfel und seine Kollegen (1971) bereits feststellen, dass die Eigengruppe der Fremdgruppe gegenüber bevorzugt wird. Dabei haben die Versuchspersonen versucht einen möglichst großen Abstand zwischen ihrer eigenen Gruppe und der Outgroup herzustellen (Tajfel et al., 1971; zitiert nach Kessler & Fritsche, 2018, S. 164-165). Die Theorie der sozialen Identität von Tajfel und Turner (1979, 1986) baut auf vier wesentliche Mechanismen auf: „soziale Kategorisierung, Identifikation, soziale Vergleiche und positive Distinktheit“ (Tajfel und Turner, 1979, 1986; beide zitiert nach Kessler & Fritsche, 2018, S. 165). Die Theorie der sozialen Identität zeigt die Unterschiede zwischen der persönlichen und der sozialen Identität gut auf. Bei der persönlichen Identität wird nach den eigenen Bedürfnissen und Motiven gehandelt. Bei der sozialen Identität hingegen sehen sich die Menschen als austauschbar innerhalb der Gruppe, weshalb sie sich für die Bedürfnisse und Motive der Gruppe entscheiden und entsprechend handeln. Es geht also um den Erfolg der eigenen Gruppe (Dovidio et al., 2014, S. 15). Weiterhin wurde laut Kessler und Fritsche (2018) festgestellt, wenn die eigene Gruppe im Vergleich mit der Fremdgruppe als schlechter bewertet wird, die Versuchspersonen alles daransetzen, dass die eigene Gruppe wieder besser bewertet wird. Dies kann ebenfalls passieren in dem der Wettbewerb als nicht korrekt dargestellt wird und versucht wird diesen anzufechten. Dieser Wettbewerb wird auch sozialer Wettbewerb genannt. Wenn hingegen festgestellt wird, dass die eigene Gruppe grundsätzlich schlechter als die Fremdgruppe ist, kann im Rahmen der individuellen Mobilität versucht werden die Eigengruppe zu wechseln. Hierzu muss das Individuum jedoch bereit sein eigene Werte und Normen aufzugeben. Zusätzlich muss die Fremdgruppe dazu bereit sein das neue Mitglied aufzunehmen (Kessler & Fritsche, 2018, S. 165).
2.3 Reduktion von Vorurteilen
Nachdem auf die Entstehung von Vorurteilen eingegangen wurde, stellt sich die Frage, wie Vorurteile abgebaut werden können. Zur Reduktion von Vorurteilen gibt es einige Theorien, die mit empirischen Befunden belegt werden konnten. Im Hinblick auf die Fragestellung, wie Vorurteile junger Führungskräfte gegenüber ihren älteren Mitarbeitenden abgebaut werden können, hat die Autorin sich für fünf bekannte Theorien entschieden: (a) Kontakthypothese, (b) Dekategorisierung, (c) Neukategorisierung, (d) wechselseitige Differenzierung und (e) das Drei-Phasen-Längsschnittmodell. Die genannten Theorien werdenjeweils kurz mit ihrer Grundidee dargestellt.
Die Kontakthypothese von Allport (1971) gibt vier Empfehlungen, um den Abbau von Vorurteilen zwischen Fremdgruppen zu begünstigen. Erstens muss gewährleistet werden, dass eine Person mit einer Person aus einer Fremdgruppe eine Bekanntschaft machen kann. Die Vorurteile gegenüber der Fremdgruppe werden umso mehr abgebaut, je tiefgründiger die Bekanntschaft ist. Vor allem in der Berufswelt ist es wichtig, dass das Mitglied der Fremdgruppe mindestens auf der gleichen Ebene steht, oder gar noch höher angesiedelt ist (S. 270-272). Als weiteren Punkt nennt Allport das Arbeiten an gemeinsamen Zielen zum Beispiel bei der Arbeit oder in der Freizeit in einen Mannschaftssport (S. 281). Die vierte Empfehlung betrifft den Rahmen. Nach Allports Auffassung sollte eine öffentliche Einrichtung, wie die Gemeinde, gemeinsame Orte schaffen, um der Fremdgruppe überhaupt begegnen zu können (S. 258-286).
Einige Forscher, wie zum Beispiel Pettigrew (1998), haben versucht die Kontakthypothese weiterzuentwickeln. Dabei wurde versucht eine Verbindung zwischen der Theorie der sozialen Kategorisierung und der Kontakthypothese herzustellen. Daraus entstanden die drei Ansätze: (a) Dekategorisierung, (b) Neu-/Rekategorisierung und (c) wechselseitige Differenzierung (Fischer et al., 2018, S. 158). Die Dekategorisierung geht auf die Arbeit von Brewer und Miller (1984) zurück. Bei der Dekategorisierung geht es darum Auffälligkeiten der Intergruppengrenzen während der Kommunikation zu schrumpfen. Dazu werden Unterschiede zwischen einzelnen Mitgliedern der Outgroup aufgezeigt und zugleich die Individuen einer Fremdgruppe mit ihrer jeweiligen unverwechselbaren Art hervorgehoben. Dies geschieht in dem der Kontakt der Wir-Gruppe mit der Fremdgruppe gefördert wird. Während diesem Aufeinandertreffen sollte darauf geachtet werden, dass eine offene Kommunikation zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Gruppen stattfindet (Brewer & Miller, 1984; zitiert nach Spears & Tausch, 2014, S. 553).
Forscher haben sich die Frage gestellt, ob es realistisch ist, dass bei der Kommunikation zwischen zwei Personen aus verschiedenen Gruppen, die soziale Kategorisierung außen- vor gelassen werden kann (Spears & Tausch, 2014, S. 554). Wie bereits weiter oben beschrieben, wollen Mitglieder einer Gruppe nur ungern die eigene Identität für eine andere Gruppe aufgeben, solange die eigene Gruppe positiv bewertet wird. Aus diesem Wissen ist der Ansatz der Neukategorisierung entstanden. Gaertner, Mann, Murrell und Dovidio (1989) vertreten mit diesem Ansatz die Meinung, dass aus einer Ingroup und einer Outgroup eine gemeinsame Ingroup entstehen kann. Dazu wird ein gemeinsames Merkmal für die Obergruppe geschaffen mit dem sich beide Fremdgruppen identifizieren können (Gaertner et al., 1989; zitiert nach Spears & Tausch, 2014, S. 534).
Der dritte Ansatz, die wechselseitige Differenzierung, geht auf Hewstone und Brown (1986) zurück und unterscheidet sich entscheidend von den beiden anderen. Die beiden Wissenschaftler möchten nicht die sozialen Kategorien der beiden Gruppen vermindern, sondern sind der Meinung, dass eine positive eigene Identität viel zielführender ist. Der soziale Wettbewerb in der Intergruppenbeziehung soll abgeschwächte werden, trotzdem muss darauf geachtet werden, dassjede Gruppe ihre eigene Aufgabe übertragen bekommt (Hewstone & Brown, 1986; zitiert nach Fischer et al., 2018, S. 159).
Da jedes der drei Modelle seine eigenen Vor- und Nachteile hat, haben die Forscher die Konvergenz der Ansätze für sich entdeckt. Pettigrew (1998) kombiniert die drei Ansätze und es entstand daraus das Drei-Phasen-Längsschnittmodell. Nach diesem Modell werden die drei Strategien der Reihe nach betrachtet, wodurch der scheinbare Widerspruch zwischen den Theorien beseitigt wird. Da sich Ähnlichkeiten anziehen, profitieren die Gruppen in der anfänglichen Phase des Kontakts davon, dass die Gruppenmitgliedschaft nicht hervorgehoben wird. Später, wenn die Angst und Bedrohung nachgelassen haben, muss die Gruppenmitgliedschaft hervorgehoben werden, um die Verallgemeinerung positiver Effekte über die unmittelbare Situation hinaus zu maximieren. Eine Neukategorisierung ist dann möglich, wenn die Teilnehmer eine umfassende Gruppenidentifikation übernehmen(Pettigrew, 1998, S. 80).
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