Die Hausse an den internationalen Kapitalmärkten Ende des letzten Jahrhunderts führte in Europa zu einem sprunghaften Anstieg der Eigenkapitalbeschaffung durch einen Börsengang, in der Finanzpresse auch IPO oder Going Public genannt. In Deutschland wurde diese Entwicklung durch die Einführung des "Neuen Marktes", eines Börsensegments für dynamische Wachstumsunternehmen, beschleunigt. Viele Unternehmen wurden durch den allgemeinen High-Tech Boom und die sehr hohe Bewertung ihres Firmenwertes durch die Investmentbanken bzw. deren Analysten angelockt und wagten den Sprung an die Börse.
Mittlerweile hat sich jedoch Enttäuschung breitgemacht. Nicht mehr Going Public, sondern Going Private, aus dem englischen übersetzt "Reprivatisierung", heißt der Modetrend. Die Finanzpresse bezeichnet so die Transformation einer Publikumsgesellschaft in eine Privatgesellschaft. Ziel eines Going Private ist also der Rückzug von der Börse. Ein Trend, der sich in Deutschland in den nächsten Jahren zunehmender Bedeutung erfreuen könnte.
Der deutsche Going Private Markt ist bisher im Vergleich zu Amerika oder Großbritannien, wo bereits in den 70-ziger und 80-ziger Jahren ein regelrechter Going-Private-Boom zu verzeichnen war, unterentwickelt. Vor allem angelsächsische Investoren waren bisher am deutschen Going Private Markt unterengagiert. Das konsolidierende Börsenumfeld mit den sinkenden Profitmargen für die Investmentbanken im IPO Geschäft, vor allem aber das neue Übernahmegesetz und die Steuerreform 2002, lassen erwarten, dass Going Privates in Deutschland erheblich an Bedeutung gewinnen werden.
Zielgesellschaften für Going Privates können unterbewertete Aktiengesellschaften oder Eigentümergesellschaften, die in der Börsennotierung für sich keine Funktion mehr sehen, sein. "Wir strampeln uns ab und der Kurs bewegt sich überhaupt nicht"1, so die Klage vieler Firmenchefs, deren Unternehmen die Börse verlassen. Die Beschaffung von Eigenkapitalmitteln über die Börse und viele weitere Vorteile, die man sich von dem Börsengang versprochen hatte, treten nicht ein. Ein Going Private kann die logische Konsequenz sein.
Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst der Begriff Going Private definiert. Es werden Hintergründe und Motive für ein Going Private erläutert und bewertet. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Folgen, die sich durch das neue Übernahmegesetz für den deutschen Going Private Markt ergeben, gelegt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Begriff Going Private
- 2.1. Entstehung des Begriffes Going Private
- 2.2. Definition Going Private
- 3. Motive und Ertragspotentiale eines Going Private
- 3.1. Funktionslosigkeit des Börsenlistings
- 3.2. Steuervorteile eines Going Private
- 3.3. Zugriff auf das Unternehmensvermögen
- 3.4. Kosten des Börsenlistings
- 3.5. Squeeze Out
- 4. Techniken zur Durchführung eines Going Private
- 4.1. Das reguläre Delisting - Wiederruf der Börsenzulassung
- 4.2. Das kalte Delisting
- 5. Umsetzungsformen des Going Private
- 5.1. Abgrenzung der Begriffe
- 5.2. MBO und MBI
- 5.3. LBO
- 6. Fallstudie: Das Going Private der Friedrich Grohe AG
- 6.1. Einleitung
- 6.2. Sichern einer wesentlichen Beteiligung von Grossaktionären
- 6.2.1. Historie und Eigentümerstruktur der Friedrich Grohe AG
- 6.2.2. Verkauf der Aktienpakete an einen Finanzinvestor
- 6.3. Aktienrückkauf und öffentliches Übernahmeangebot
- 6.4. Kaltes Delisting durch Formwechsel
- 6.5. Bewertung
- 7. Ausblick für den deutschen Going-Private-Markt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Vorgang des Going Private, insbesondere im deutschen Kontext. Sie beleuchtet die Motive, Techniken und Umsetzungsformen dieses Prozesses und analysiert am Beispiel der Friedrich Grohe AG ein konkretes Going Private. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für die Hintergründe und die Bedeutung des Going Private für Unternehmen und den Markt zu entwickeln.
- Der Begriff und die Entstehung von Going Private
- Motive für ein Going Private und die damit verbundenen Ertragspotentiale
- Techniken und Umsetzungsformen des Going Private (inkl. MBO, MBI, LBO)
- Fallstudie: Analyse des Going Private der Friedrich Grohe AG
- Ausblick auf den deutschen Going-Private-Markt
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Wandel vom Going Public zum Going Private als Reaktion auf die Enttäuschungen des Börsenbooms. Sie betont die bisherige Unterentwicklung des deutschen Marktes im Vergleich zu anderen Ländern und prognostiziert eine steigende Bedeutung von Going Private-Transaktionen aufgrund des sich konsolidierenden Börsenumfelds, des neuen Übernahmegesetzes und der Steuerreform 2002. Der Fokus liegt auf Unternehmen, die im Börsenlisting keine Vorteile mehr sehen und ein Going Private als logische Konsequenz betrachten.
2. Der Begriff Going Private: Dieses Kapitel definiert den Begriff "Going Private" und beleuchtet seine Entstehung. Es differenziert zwischen verschiedenen Aspekten des Begriffs und legt das Fundament für das Verständnis der folgenden Kapitel, indem es die Grundbegriffe und deren Bedeutung klärt. Die Definition liefert die Basis für die Analyse der nachfolgenden Motive und Techniken des Going Private.
3. Motive und Ertragspotentiale eines Going Private: Dieses Kapitel analysiert die verschiedenen Motive für ein Going Private, darunter die Funktionslosigkeit des Börsenlistings, Steuervorteile, den verbesserten Zugriff auf das Unternehmensvermögen und die Einsparung von Kosten des Börsenlistings. Der Squeeze-Out als mögliche Konsequenz wird ebenfalls behandelt. Der Fokus liegt darauf, die ökonomischen Vorteile und strategischen Gründe zu beleuchten, die ein Unternehmen zum Rückzug von der Börse bewegen können. Diese Aspekte werden im Kontext von Unternehmensstrategien und finanziellen Überlegungen eingeordnet.
4. Techniken zur Durchführung eines Going Private: Dieses Kapitel erläutert die verschiedenen Techniken zur Durchführung eines Going Private, insbesondere das reguläre Delisting durch Widerruf der Börsenzulassung und das kalte Delisting. Es bietet einen praxisorientierten Überblick über die verschiedenen Vorgehensweisen und deren rechtliche Implikationen. Der Vergleich beider Techniken verdeutlicht die unterschiedlichen strategischen Ansätze und Risiken.
5. Umsetzungsformen des Going Private: Das Kapitel beschreibt verschiedene Umsetzungsformen wie MBO (Management Buy Out), MBI (Management Buy In) und LBO (Leveraged Buy Out). Die Abgrenzung der Begriffe und die Darstellung der unterschiedlichen Akteure und Finanzierungsstrukturen bilden den Kernpunkt. Die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Umsetzungsformen werden im Detail beleuchtet und in den Kontext der Unternehmensziele gesetzt.
6. Fallstudie: Das Going Private der Friedrich Grohe AG: Diese Fallstudie analysiert das Going Private der Friedrich Grohe AG. Sie beschreibt den Prozess Schritt für Schritt, von der Sicherung wesentlicher Beteiligungen über den Aktienrückkauf und das öffentliche Übernahmeangebot bis zum kalten Delisting durch Formwechsel. Die Bewertung des gesamten Vorgangs und die relevanten Faktoren werden eingehend untersucht und im Zusammenhang mit den vorangegangenen Kapiteln interpretiert.
Schlüsselwörter
Going Private, Reprivatisierung, Börsengang, Delisting, MBO, MBI, LBO, Aktienrückkauf, Übernahmeangebot, Finanzinvestor, Steueroptimierung, Unternehmensbewertung, Friedrich Grohe AG, Deutscher Aktienmarkt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema "Going Private"
Was ist das Thema des Textes und was wird behandelt?
Der Text befasst sich umfassend mit dem Thema "Going Private", der Rücknahme eines Unternehmens von der Börse. Er behandelt die Definition, Entstehung und Motive für ein Going Private, die verschiedenen Techniken und Umsetzungsformen (inkl. MBO, MBI, LBO), und analysiert eine konkrete Fallstudie (Friedrich Grohe AG). Zusätzlich werden der deutsche Markt und zukünftige Entwicklungen beleuchtet.
Was ist Going Private und wie ist der Begriff entstanden?
Going Private beschreibt den Prozess, bei dem ein börsennotiertes Unternehmen von der Börse genommen wird und wieder in private Hände gelangt. Der Text beleuchtet die Entstehung des Begriffs und differenziert verschiedene Aspekte, um ein fundiertes Verständnis zu schaffen.
Welche Motive und Ertragspotenziale stecken hinter einem Going Private?
Der Text nennt verschiedene Motive, darunter die vermeintliche Funktionslosigkeit eines Börsenlistings, Steuervorteile, verbesserten Zugriff auf das Unternehmensvermögen, Kosteneinsparungen und die Möglichkeit eines Squeeze-Outs. Die ökonomischen Vorteile und strategischen Gründe werden im Detail erläutert.
Welche Techniken gibt es, um ein Going Private durchzuführen?
Es werden zwei Haupttechniken beschrieben: das reguläre Delisting durch Widerruf der Börsenzulassung und das kalte Delisting. Der Text erklärt die jeweiligen Vorgehensweisen und rechtlichen Implikationen und vergleicht die strategischen Ansätze und Risiken.
Welche Umsetzungsformen des Going Private gibt es?
Der Text unterscheidet zwischen MBO (Management Buy Out), MBI (Management Buy In) und LBO (Leveraged Buy Out). Die Abgrenzung der Begriffe, die beteiligten Akteure und Finanzierungsstrukturen sowie die Vor- und Nachteile jeder Form werden detailliert dargestellt.
Welche Fallstudie wird im Text analysiert?
Die Fallstudie konzentriert sich auf das Going Private der Friedrich Grohe AG. Der Prozess wird Schritt für Schritt nachvollzogen, von der Sicherung wesentlicher Beteiligungen bis zum kalten Delisting. Die Bewertung des Vorgangs und die relevanten Faktoren werden im Kontext der vorherigen Kapitel interpretiert.
Wie ist der Ausblick auf den deutschen Going-Private-Markt?
Der Text prognostiziert eine steigende Bedeutung von Going-Private-Transaktionen in Deutschland aufgrund verschiedener Faktoren wie dem sich konsolidierenden Börsenumfeld, dem neuen Übernahmegesetz und der Steuerreform 2002. Unternehmen, die im Börsenlisting keine Vorteile mehr sehen, werden als Zielgruppe für ein Going Private betrachtet.
Welche Schlüsselwörter sind im Zusammenhang mit Going Private relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Going Private, Reprivatisierung, Börsengang, Delisting, MBO, MBI, LBO, Aktienrückkauf, Übernahmeangebot, Finanzinvestor, Steueroptimierung, Unternehmensbewertung, Friedrich Grohe AG, Deutscher Aktienmarkt.
- Quote paper
- Bernd Berg (Author), 2002, Going Private - Das Going Private der Friedrich Grohe AG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9515