Naturschutz und Nationalparks. Entwicklungsimpulse oder Entwicklungshemmnis? (Geographie, Oberstufe Gymnasium)


Dossier / Travail de Séminaire, 2020

17 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Sachanalyse

3. Didaktische Analyse

4. Reflexion

Literatur

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Flächenanteil der Naturschutzgebiete in einzelnen Bundesländern Deutschlands

Abbildung 2: Nationalparke in Deutschland

Abbildung 3: Grenzen des Naturparks Siebengebirge

Abbildung 5: Schirtt

Abbildung 4: Schritt

Abbildung 6: Schritt

Abbildung 7: Schritt

1. Einleitung

Naturschutzgebiete und Nationalparke verfolgen einen gemeinsamen Zweck: Sie sollen die Natur in ihrer Unberührtheit schützen. Doch wie lässt sich die Ausweisung eines Schutzgebiets im Hinblick auf die Regionalentwicklung bewerten? Die Debatte um den Nationalpark Siebengebirge, welche im Jahr 2007 öffentlich geführt wurde, stellt in diesem Zusammenhang ein interessantes Raumbeispiel dar und bietet exemplarisch eine mögliche inhaltliche Grundlage für die Durchführung einer konstruktiven Kontroverse im Geographieunterricht.

2. Sachanalyse

Infolge des weltweiten Rückgangs der biologischen Vielfalt wurde im Jahre 1992 auf der Konferenz der UNCED1 in Rio de Janeiro ein Übereinkommen über die biologische Vielfalt getroffen, welches ein Jahr später in Deutschland ratifiziert wurde. Auf der siebten Vertragsstaatenkonferenz der CBD2 im Jahre 2004 wurde daraufhin das Arbeitsprogramm Schutzgebiete entwickelt, welches die hohe Bedeutung von Schutzgebieten für die Erreichung der Ziele des Übereinkommens unterstreicht. Zu den Zielen zählen insbesondere die Errichtung, Erhaltung und Weiterentwicklung eines landschaftsökologischen repräsentativen Schutzgebietssystems auf nationaler Ebene. Im Jahre 2007 wurde vom Bundeskabinett schließlich eine „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ (NBS) beschlossen. Diese beinhaltet sowohl die Planung von großräumigen Wildnis Gebieten, in denen Entwicklungsprozesse natürlich und ungestört ablaufen können als auch die Zielsetzung, dass bis zum Jahr 2020 mindestens 2% der gesamten Landesfläche als Schutzgebiete ausgewiesen sind (Jessel 2013).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Flächenanteil der Naturschutzgebiete in einzelnen Bundesländern Deutschlands (Bundesamt für Naturschutz nach Daten der Länder; 2017).

Diese Ziele wurden schon frühzeitig erreicht. Bereits im Jahr 2017 waren bundesweit 8.833 Naturschutzgebiete registriert, welche einen Anteil von 6,3% der gesamten Landesfläche ausmachten (s. Abb.1).

Während in Naturschutzgebieten alle Handlungen untersagt sind, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets, seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sollen Nationalparke, soweit es der Schutzzweckund erlaubt, auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, naturkundlichen Bildung dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.

Dennoch werden Nationalparke nach dem BNatSchG3 als „rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete“ definiert, welche es zum Ziel haben, in einem überwiegenden Teil des Gebiets den möglichst „ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik“ zu gewährleisten (BNatSchG 2009).

Nach den Vorgaben der iUCN4 sollen Nationalparke besonders großräumig ausfallen (min 6.000-8.000 ha). Zudem ist darauf zu achten, dass das gesamte Schutzgebiet in die folgenden drei Zonen aufgeteilt ist, wovon der Großteil (ca. 75%) der Fläche zur Naturdynamikzone zählen sollten:

1) Kernzone /Naturdynamikzone: Naturbelassen, kein menschliches Eingreifen.
2) Entwicklungszone: Regulierungsmaßnahmen möglich, die dazu dienen, dass die Flächen später in Kernzonen übergehen; Beschleunigung der Wildnis Entwicklung.
3) Pufferzone /Pflegezone: Soll negative Einflüsse von außen abschirmen oder dezimieren.

Zurzeit existieren in Deutschland 16 Nationalparke, welche über die Bundesländer hinweg recht ungleichmäßig verteilt liegen (s. Abb.2). Diese Unregelmäßigkeiten sind sowohl auf die Ausweisungspraxis der einzelnen Länder als auch auf die Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Gebiete zurückzuführen. Den größten Nationalpark bildet das Schleswig­Holsteinische Wattenmeer mit einer Gesamtfläche von 441.500 ha.

Im Vergleich zu Naturparken, welche in der Regel von regionalen, örtlichen Trägerorganisationen geführt werden, liegt die Zuständigkeit von Nationalparken bei den jeweiligen Ländern. Am Raumbeispiel Siebengebirge werden nicht nur die Konfliktpotenziale auf Ebene des Naturschutzes, sondern auch auf politischer und ökonomischer Ebene deutlich, welche die Ausweisung eines Nationalparks für die Regionalentwicklung birgt.

Der Naturpark Siebengebirge, welcher sich mit einer Größe von 11.200 ha über eine Fläche von vier Städten (Bonn, Stank Augustin, Königswinter und Bad Honnef) zieht, stand im Jahr 2006 zur Debatte als Nationalpark ausgewiesen zu werden. Neben seiner herausragenden naturräumlichen Ausstattung mit einem Relief von über 40 Vulkangruppen, verfügt der Naturpark Siebengebirge im östlichen Teil aufgrund seiner Lössüberdeckung und dem milden Klima zudem über einen landschaftlichen Gunstraum für Ackerbau und Sonderkulturen (Breuer & Schlande).

Das als Nationalpark auszuweisende Gebiet beschränkte sich auf das nur ca. 5000 ha große Naturschutzgebiet (s. Abb. 3). Nach § 43 des Landschaftsgesetzes NRW ist die oberste Landschaftsbehörde dazu bemächtigt, nach Anhörung des zuständigen Ausschusses des Landtags, durch Rechtsverordnung „einheitlich zu schützende Gebiete“ zu Nationalparken zu erklären (ebd.).

Die Landkreise Bad Honnef und Königswinter sowie der Rhein-Sieg-Kreis ließen sich dafür zunächst die naturschutzfachliche Eignung für einen Nationalpark seitens des LANUV5 bestätigen, welches die besondere ökologische Wertigkeit und Eigenart des Siebengebirges hervorhob. Als weiterer Argumentationspunkt diente die Tatsache, dass das Siebengebirge bereits in den gemeinsamen Grundlagen und Empfehlungen der Landesverbände Westfalen-Lippe und Rheinland in den „Erhaltenden Kulturlandschaftsentwicklungen in NRW“ als landesbedeutsamer Kulturlandschaftsbereich ausgewiesen wurde. Durch die bereits bestehende Naturschutzverordnung und Ausweisung als FFH-Gebiet6 wären darüber hinaus keine zusätzlichen Nutzungseinschränkungen und Restriktionen in einem zukünftigen Nationalpark zu erwarten (Frese & Schütz 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Abbildung 4: Grenzen des Naturparks Siebengebirge (VVS).

Die öffentliche Meinungsbildung begann am 16. Juni 2007 mit der Auftaktveranstaltung „Nationalpark Siebengebirge“, auf die 160 Multiplikatoren aus der Region geladen wurden. Das Resümee nach zahlreiche Fachvorträgen, Statements und Positionsbestimmungen war, dass sämtliche Referenten der Landesregierung und aus der Region, die Ausweisung eines Nationalparks befürworteten. Ihre Argumente dafür waren vielfältig. Die Ausweisung eines Nationalparkts würde sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken und einen Wachstum in der Tourismusbranche auslösen. Zusätzlich würde es ein Gütezeichen und Qualitätssigel für die Region darstellen und viele Vorteile für die Kultur und Natur mit sich bringen. Neben den Befürwortern gab es jedoch auch kritische Stimmen, die vor allem die begrenzte Fläche des Nationalparks und das engmaschige Wanderwegnetz kritisierten. Bei dem zu erwartenden Besucherdruck könne die Natur nicht ausreichend geschützt werden. Die Bürgerinitiative Freies Siebengebirge, die sich nur kurze Zeit später gründete, sprach sich öffentlich gegen einen Nationalpark aus. Ihrer Meinung nach sei die Ausweisung als Nationalpark nicht notwendig, um die Naturschutzziele zu erreichen und widerspreche den nationalen Klimaschutzzielen. Es würde sich nur um einen „Etiketten­Nationalpark“ handeln, der die lokale Bevölkerung einschränkt und hohe Kosten zu Lasten des Steuerzahlers verursache (ebd.).

Das über zwei Jahre geplante Projekt scheiterte im Jahre 2009 schließlich durch ein Votum der Bürgerinnen und Bürger in Bad Honnef, die sich mit einer Mehrheit von 61,1 Prozent gegen die Errichtung des Nationalparks aussprachen. Da das Land NRW mehrfach betont hatte, dass das Projekt nur mit der Bewilligung aller beteiligten Kommunen umgesetzt würde, wurde der Planungsprozess eines Nationalparks im Siebengebirge kurz darauf eingestellt (Umweltministerium NRW 2009).

3. Didaktische Analyse

Das folgende Kapitel ordnet das im vorherigen Abschnitt vorgestellte Thema in den schulischen Kontext ein. Dazu wird zunächst mit Hilfe des Kernlehrplans zu dem Thema „Naturschutz und Nationalparke- Entwicklungsimpuls oder Entwicklungshemmnis?“ eine fachdidaktische Legitimation durchgeführt, anschließend die Methode der „Konstruktiven Kontroverse“ vorgestellt und darauffolgend die Sprachsensibilität und die Binnendifferenzierung des Materials vorgestellt.

Fachdidaktische Legitimation

Das Thema „Naturschutz und Nationalparke“ lässt sich nicht eindeutig einem Inhaltsfeld des Geographie Kernlehrplans der Oberstufe zuordnen. Das Inhaltsfeld 1 „Lebensräume und deren naturbedingte sowie anthropogen bedingte Gefährdung“ (KLP NRW 2019: 22) eignet sich hierbei am besten, um den SuS7 das genannte Thema während des Unterrichts näher zu bringen. Die Legitimation des Themas ist auch aufgrund der Aktualität gegeben. Ein nachhaltiges Denken und Handeln wird immer wichtiger, so auch der Umgang mit der Natur, welcher mit Hilfe der Materialien (siehe Anhang 13-28) auf Grundlage des Raumbeispiels Siebengebirge aus ökonomischer, ökologischer und sozialer Sicht diskutiert wird. Im Fokus dieser Unterrichtseinheit sollen dabei jedoch nicht die inhaltlichen Kompetenzen, sondern die Urteils­und Kommunikationskompetenz stehen. Hierzu wurden die Materialen entwickelt, welche sich im Anhang befinden. Die gesamte Unterrichtseinheit steht unter der Leitfrage: „Nationalpark Siebengebirge- Entwicklungsimpulse oder Entwicklungshemmnis?“. Für die Methode der konstruktiven Kontroverse wurde außerdem eine Streitfrage entwickelt, welche durch die Diskussion leiten soll: „Soll das Naturschutzgebiet Siebengebirge als Nationalpark ausgewiesen werden?“. Mit Hilfe des Materials sollen die SuS das folgende Lernziel erreichen: „Die SuS können einen komplexen Sachverhalt, hier am Beispiel des „Nationalparks Siebengebirge“, strukturieren, Vor- und Nachteile erkenne, erläutern und eine klare Argumentationslinie darlegen. Sie können die Leitfrage begründet beantworten“.

Auf Grundlage der Materialien, der dort dargelegten Argumente und der Diskussion in Gruppen, sollen die SuS die Kompetenz zur Beurteilung raumbezogener Sachverhalte und Problemstellungen nach fachlichen Kriterien (U1 nach KLP NRW 2019) verfestigen. Ebenso soll die Urteilskompetenz UK 6 gestärkt werden, in dem die SuS anhand eines reellen Fallbeispiels die Widersprüche und Probleme erörtern und beurteilen (ebd.). Da sich im Materialpool unter anderem Zeitungsartikel, Interviewausschnitte und Bürgerbroschüren befinden, sollen die SuS während der Unterrichtseinheit nach UK7 eben diese Materialen hinsichtlich ihrer Wirkungsabsichten und Interessen der Autoren beurteilen (ebd.).

Die konstruktive Kontroverse bietet als Methode eine gute Möglichkeit die Fähigkeit der SuS sich über „geographische Sachverhalte auszutauschen, auseinanderzusetzen und zu einer begründeten Meinung zu kommen“ und somit die Kommunikationskompetenz (K2) zu stärken (DGfG 2014: 22-23).

Als weitere Möglichkeit lässt sich das Thema auch während einer Projektwoche mit der übergreifenden Bearbeitung in verschiedenen Fächern behandeln. Beispielsweise kann hier zur Legitimation der Kernlehrplan der Oberstufe in Biologie herangezogen werden und das Thema in das Inhaltsfeld 5 Ökologie eingeordnet werden (KLP NRW Biologie 2019).

Konstruktive Kontroverse

Die Methode der konstruktiven Kontroverse zählt zu den Methoden des kooperativen Lernens (Brüning & Saum 2008). Mit Hilfe einer strukturierten Kleingruppenarbeit soll ein aktiver und selbstgesteuerter Lernprozess angeregt werden. Die Methode als solche eignet sich besonders als Einstieg in eine Unterrichtsreihe oder als Abschluss. Ziel dieser Methode ist es, die SuS Erfahrungen eines kognitiven Konflikts sammeln zu lassen, das Wissen und Verständnis zu fördern, ebenso wie die Argumentationskompetenz zu fördern (siehe 2.1.). Die SuS sollen auf Grundlage des Materials Argumente für beide Seiten einer Streitfrage, in diesem Fall der Frage: „Soll das Naturschutzgebiet Siebengebirge als Nationalpark ausgewiesen werden?“, sammeln und diskutieren (Franz et al. 2019).

Die Durchführung der Methode lässt sich nach Brüning (2010) in neun Schritte einteilen. Die SuS einer Kleingruppe werden einer Position zugeordnet und müssen im ersten Schritt Argumente für die jeweilige Position sammeln (s. Abb. 4). in dem vorgestellten Unterrichtsvorhaben müssen sie eben diese selbstständig aus dem vorgegebenen Material entnehmen (siehe Anhang 13-28).

[...]


1 Vereinte Nationen für Umwelt und Entwicklung

2 Biodiversitätskonversion

3 Bundesnaturschutzgesetz

4 International Union Conversation of Nature

5 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz.

6 Nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie ausgewiesenes Gebiet.

7 Schülerinnen und Schüler. Im Weiteren immer als SuS abgekürzt

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Naturschutz und Nationalparks. Entwicklungsimpulse oder Entwicklungshemmnis? (Geographie, Oberstufe Gymnasium)
Université
University of Cologne  (Geographisches Institut)
Cours
Fachdidaktik
Note
1,7
Auteur
Année
2020
Pages
17
N° de catalogue
V975655
ISBN (ebook)
9783346326355
ISBN (Livre)
9783346326362
Langue
allemand
Mots clés
naturschutz, nationalparke, entwicklungsimpulse, entwicklungshemmnis, geographie, oberstufe, gymnasium
Citation du texte
Elena Schreer (Auteur), 2020, Naturschutz und Nationalparks. Entwicklungsimpulse oder Entwicklungshemmnis? (Geographie, Oberstufe Gymnasium), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/975655

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