Reconquista - Der "Heilige Krieg" in Spanien?

Die Deutung der Kriegsmotivationen vom 8. bis zum 12. Jahrhundert


Term Paper, 2015

21 Pages, Grade: 1,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

Die Expansion des Islam als ,Bedrohungʻ für das Christentum

2 Begrifflichkeiten
2.1 Die Reconquista: Definition und zeitliche Einordnung
2.2 Problematik und Definition des Begriffs ,Heiliger Kriegʻ

3 Die Deutung der Kriegsmotivationen während den verschiedenen Perioden der Reconquista
3.1 Die Anfänge (8. bis 10. Jahrhundert)
3.2 Die Hochphase (11. bis 12. Jahrhundert)

Fazit mit Ausblick auf die weitere Entwicklung der Reconquista

Quellen- und Literaturverzeichnis

Die Expansion des Islam als ,Bedrohungʻ für das Christentum

Die Expansion des Islam ging im 7. Jahrhundert von der arabischen Halbinsel aus. In einer nicht vergleichbaren Schnelligkeit, Ausdauer sowie Intensität weiteten die Araber ihre Herrschaft zu-nächst in der Levante aus. Danach folgten Eroberungszüge in Nordafrika, wobei ihnen 711 der Übergang über die Straße von Gibraltar nach Europa gelang. Nach nicht einmal 100 Jahren beherrschten die muslimischen Araber nahezu den ganzen Mittelmeerraum, sodass das Christentum die islamische Expansion zunehmend als Bedrohung empfand.1 Im 11. Jahrhundert kam es schließlich zu den berühmten Kreuzzügen in den Nahen Osten, aber auch im Abendland wurde seit Langem gegen die Andersgläubigen gekämpft, wie beispielsweise im Rahmen der Rückeroberungsversuche (,Reconquistaʻ) auf der Iberischen Halbinsel2.

In der vorliegenden Arbeit soll nicht etwa der geschichtliche Verlauf der Reconquista näher beleuchtet werden oder – wie so häufig in der Forschung – der Zusammenhang zwischen den spanischen Unternehmungen und der Kreuzzugsbewegung.3 Die Fragestellung lautet vielmehr: Kann man nach den zu deutenden Kriegsmotivationen die Reconquista des 8. bis 12. Jahrhunderts aus der Sicht der Spanier als einen Heiligen Krieg bezeichnen? Bevor aber diese Motive untersucht werden können, müssen die Begriffe ,Reconquistaʻ und ,Heiliger Kriegʻ näher bestimmt werden. Das erste Kapitel befasst sich daher kurz mit dem Ursprung sowie der Definition beider Fachbegriffe, um deren eindeutiges Verständnis in dieser Arbeit zu gewährleisten. Wegen den in vergangener Zeit zunehmenden Gewaltaktionen islamistischer Terrorgruppen wie des ,Islamischen Staatesʻ rückte in der Forschung der Begriff ,Dschihadʻ in das Blickfeld der Betrachtung.4 Dagegen wird hier der christliche Heilige Krieg losgelöst von dem muslimischen Verständnis bestimmt. Für seine Definition dient der Erste Kreuzzug als Vorlage, da er von vielen Historikern als „epochale[r] Musterfall eines ,Heiligen Kriegesʻ“5 gesehen wird. An dem Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. sollen diejenigen Elemente (hier ,Metaelementeʻ genannt) festgelegt werden, die ein solches Konzept charakterisieren.

Um die Fragestellung beantworten zu können, muss anschließend überprüft werden, ob die erarbeiteten Metaelemente in den verschiedenen Phasen der Reconquista nachweisbar sind. Auf den ersten Blick wirkt der Einwand, es könne vor 1095 keine Heiligen Kriege gegeben haben und deshalb sei eine Untersuchung der Motive erst ab diesem Zeitraum relevant, legitim. Aber schon vor dem Kreuzzugsaufruf sind in der zweiten Periode (11. bis 12. Jahrhundert) Elemente eines Heiligen Krieges in Spanien vorzufinden. Außerdem soll überprüft werden, ob in der Anfangsphase (8. bis 10. Jahrhundert) schon eine Vorstellung von einem geheiligten Krieg vorhanden war und inwiefern die christlich-muslimischen Auseinandersetzungen von den Spaniern einen sakralen Charakter erhielten. Bei der Deutung der Motivationen wird chronologisch vorgegangen. Diese sollen sowohl aus den christlichen Quellen (Chroniken, Urkunden etc.) als auch aus den tatsächlichen Taten der Spanier erschlossen werden.6 Um nicht den Rahmen der Hausarbeit zu sprengen, werden nur exemplarisch Quellenbelege aufgezeigt und nicht jede für die Fragestellung geeignete Quelle ausführlich besprochen.

Zum Abschluss sind die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend aufgeführt, woraufhin ein kurzer Ausblick auf die weitere Entwicklung der Reconquista folgt.

Zu den wichtigen Literaturtiteln der Arbeit zählt beispielsweise Nikolas Jasperts „Die Kreuzzüge“. Er gibt nützliches Überblickswissen rund um das Thema ,Kreuzzugsbewegungʻ, wobei seine Aussagen deswegen manchmal zu allgemein ausfallen. Äußerst detailliert analysiert Alexander Bronisch die Quellen besonders des 8. bis 11. Jahrhunderts, aber die Deutung der Reconquista ist einseitig, da er nicht das Verhalten der Spanier in seine Betrachtung miteinbezieht. Unter den wesentlichen Quellen sind die asturisch-leonischen Chroniken, die Rede Papst Urbans II. in Clermont und die Papsturkunden in Spanien zu nennen.

2 Begrifflichkeiten

2.1 Die Reconquista: Definition und zeitliche Einordnung

Unter ,Reconquistaʻ versteht man hauptsächlich die Phasen der militärischen Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Reichen Spaniens und den muslimischen Arabern sowie Berbern7, die sich im Jahre 711 gegen das Westgotenreich behaupten und sich so innerhalb von kurzer Zeit die Vorherrschaft im nahezu ganzen Land sichern konnten. Dabei gelang es den Christen im Laufe von fast acht Jahrhunderten nach und nach die verlorenen Gebiete zurückzuerobern, sodass mit der Einnahme von Granada, dem letzten Emirat der Nasriden-Dynastie, die Reconquista am 2. Januar 1492 als abgeschlossen betrachtet wird.8

Uneinig ist man sich dagegen über den genauen Anbruch der Reconquista: Während manche schon den Einfall der Muslime als Beginn festlegen, halten andere erst den Sieg der Christen in der Schlacht von Covadonga 722 für entscheidend. Weitere Autoren wie etwa Menéndez Pidal verwenden wiederum andere Jahreszahlen.9 Beispielsweise grenzt er die erste Phase von 720 bis 1002 ein und behauptet anhand seiner Epochengliederung, dass „der tatsächliche Kampf Spaniens gegen die muselmanischen Invasionen […] 5 Jahrhunderte [dauerte], von denen nur 2 auf die eigentliche Reconquista entfallen“10. Mit dieser These widerspricht er der üblichen Auffassung in der Forschung, wobei die acht Jahrhunderte der Reconquista nicht ausschließlich von Kriegen geprägt waren; zwischendurch gab es in der Tat friedensähnliche Zustände.11

Ferner soll darauf hingewiesen werden, dass der Begriff ,Reconquistaʻ – anders als die französische Bezeichnung ,Reconquȇteʻ – seinen Ursprung nicht im Mittelalter hat, sondern den Ereignissen post festum einen Namen gibt und diese somit ideologisch bewertet.12 Deswegen stellt sich die Frage, ob und inwiefern „der Begriff nicht nur Kennzeichnung, sondern zugleich Interpretation [ist]“13. Kann man folglich voraussetzen, dass die Idee der Reconquista den Spaniern in all den Jahrhunderten gleichermaßen bekannt war? Oder muss man dabei eher eine „nachträgliche Projektion“14 durch Historiker annehmen?

Zu dieser Frage gibt es verschiedene Standpunkte, die im Rahmen der Hausarbeit nicht alle genannt werden können.15 Allgemein ist aber die These vertreten, dass die Wiedereroberungen nicht immer eine konsequente Politik der christlichen Reiche darstellten, allerdings durchaus den „roten Faden“16 der mittelalterlichen Geschichte Spaniens ausmachen. Jedoch wäre die Charakterisierung der Reconquista als einen gleichmäßig verlaufenden Prozess nicht richtig. Wie schon Alexander Bronisch anmerkt, kann ein fast das ganze spanische Mittelalter fortdauerndes Phänomen nicht nur eine Erscheinungsform haben.17

Genau diese lange Zeitspanne und die fehlende Einheit der Spanier wie auch der muslimischen Gegner zeigen die Schwierigkeit auf, die Reconquista und das Phänomen ,Heiliger Kriegʻ in einen allgemeinen Zusammenhang zu bringen.

2.2 Problematik und Definition des Begriffs ,Heiliger Kriegʻ

Die Bezeichnung ,Heiliger Kriegʻ lässt sich nicht als Quellenbegriff des 11. bis 13. Jahrhunderts einordnen.18 Zwar findet man in einem Brief des Papstes Gregor VII. an den Bischof von Pavia die Worte „in certamine Christi“19, diese Wendung aber könne nicht immer eindeutig im militärischen Sinn verstanden werden.20 Eine andere Formulierung (,prelium sanctumʻ)21, die in einem engen Zusammenhang mit dem heutigen Begriff ,Heiliger Kriegʻ stehe, verwendete der benediktinische Geschichtsschreiber Guibert de Nogent in seinem Anfang des 12. Jahrhundert entstandenen Werk ,Dei gesta per Francosʻ.22 Die „prelia sancta“ – gemeint sind die Kreuzzüge – seien gottgegeben („instituit deus“), um die Menschen durch die Verteidigung des Gelobten Landes von ungerechten Kriegen abzubringen und ihnen so eine neue Form der Erlösung („novum salutis promerendae genus“) zu ermöglichen.23

Nach Carsten Cople jedoch kann es überhaupt keine Heiligen Kriege gegeben haben, denn für ihn stellen die Worte ,heiligʻ und ,Kriegʻ Gegensätze dar.24 Außerdem argumentiert er, dass „der Krieg kein Gott [sei], deshalb [könne] er nicht heilig und nicht erhaben sein“25. Ob ein Krieg per se als heilig im Sinne von verehrungswürdig und sakrosankt (wie bei Carsten Colpe) oder im Sinne von heilbringend (oder zumindest heilversprechend) und religiös motiviert anzusehen ist, steht hier nicht zur Debatte. Im Gegensatz zu Colpe sollen im Folgenden nicht die sprachlichen Bestandteile des Begriffs hinterfragt, sondern im Rahmen eines Definitionsversuchs kurz diejenigen Merkmale erläutert werden, die einen Heiligen Krieg als solchen kennzeichnen. Dabei lässt sich durchaus eine hierarchische Beziehung dieser sogenannten Metaelemente erkennen (vgl. Tabelle 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die Metaelemente des Heiligen Krieges am Musterbeispiel des Ersten Kreuzzugs

Betrachtet man den Inhalt des Kreuzzugsaufrufs von Papst Urban II, fällt einem der außerordentlich religiöse Charakter des Krieges auf. Es ist die Rede davon, den christlichen Brüdern zu Hilfe zu eilen, um die ungläubigen Türken aus den christlichen Gebieten zu vertreiben. Die Befreiung des Heiligen Landes erscheint somit als einzig entscheidender sowie legitimer Zweck des Feldzuges, der von Gott selbst angeordnet worden sei.26 Von den Kreuzzügen kann man zwar diejenigen, die aus profanen Motiven nach Jerusalem gingen (z.B. aus Hoffnung auf Land oder aus Abenteuerlust), nicht ganz ausschließen. Allerdings wuchs zum einen die Anzahl solcher Teilnehmer erst spät nach dem Ersten Kreuzzug, zum anderen ist es praktisch unmöglich, im Mittelalter vollkommen zwischen rein-profanen und rein-religiösen Kriegen zu unterscheiden. Daher bildet die vorwiegend religiöse Intention des Kampfes – sei es die Verteidigung Jerusalems oder die der (Ost-)Kirche vor den Andersgläubigen27 – durchaus ein grundlegendes Kennzeichen des Heiligen Krieges (Metaelement Nr. 1).28

Da in einer mittelalterlichen Gesellschaft, in der Religion wegen ihrer Omnipräsenz einen hohen Stellenwert besaß, nicht selten nach einer religiösen Legitimation des Krieges gesucht wurde, hatte nahezu jede kriegerische Auseinandersetzung eine gewisse religiöse Konnotation.29 Um das Wesen eines Heiligen Krieges näher zu bestimmen, bedarf es darum weiterer Merkmale. Genannt sei als nächstes das Element „papal encouragement“30: Die Menschen wurden zu den Kreuzzügen vorzugsweise von einem Papst oder auch von einer anderen religiösen Autorität (z.B. von einem Bischof oder päpstlichen Gesandten) aufgefordert.31 Manche Historiker wie Bronisch jedoch messen diesem zweiten Metaelement eine geringe Bedeutung zu. So weist er darauf hin, dass die Interpretation des Alten Testaments andere Möglichkeiten zeige, Kriege als den Willen Gottes aufzufassen.32 Eine derartige Annahme würde aber wieder bedeuten, sämtliche Kriege, die im Namen Gottes geführt wurden, zur Kategorie ,Heiliger Kriegʻ zu zählen oder zumindest als potentielle Heilige Kriege zu betrachten.33

Schließlich steht der Sündenerlass in engem Zusammenhang mit der initiativen Funktion des Papsttums bzw. der Kirche. In welchem Umfang und wem genau ein Ablass der Sünden gewährt wurde, ist allerdings aufgrund abweichender Aussagen in den verschiedenen Fassungen der Papstrede nicht mit absoluter Sicherheit belegbar. Nach Fulcher von Chartes beispielsweise sollen nur denjenigen, die im Kampf fallen, die Vergebung aller Sünden erhalten; bei Robert von Reims dagegen steht das jedem Teilnehmer zu.34 Des Weiteren gab es ein Missverständnis hinsichtlich der Form der Indulgenz: Anstelle der ursprünglich genannten Tilgung der irdischen Sünden (,remissio peccatorumʻ) gingen die Menschen von einem Plenarablass aus, d.h. von einem Ablass sowohl der diesseitigen als auch jenseitigen Sünden.35 Weil diese Fehlinterpretation von der Kirche nicht revidiert wurde, ist letztendlich das ewige Seelenheil als religiösen Nutzen des Heiligen Krieges festzuhalten (Metaelement Nr. 3), wobei die Zielgruppe des Papsttums für die Zwecke dieser Arbeit keine entscheidende Rolle spielt.36

3 Die Deutung der Kriegsmotivationen während den verschiedenen Perioden der Reconquista

Zwar wurde im vorherigen Kapitel der Erste Kreuzzug als Musterbeispiel zur Bestimmung des Begriffs ,Heiliger Kriegʻ herangezogen, dennoch sollte dieses Phänomen vor allem aus zweierlei Gründen nicht ausschließlich auf die Kreuzzüge im Nahen Osten beschränkt werden: Zum einen liegen Quellen vor, die zeigen, dass schon vor 1095 Päpste den Spaniern im Kampf gegen die Heiden Ablass gewährten (Metaelemente Nr. 2 und 3). Zum anderen bleibt die Frage offen, ob und inwiefern die Reconquista einen überwiegend religiösen Charakter hatte (Metaelement Nr. 1).

[...]


1 Vgl. Herbers, Klaus: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Stuttgart 2006, S.74-79.

2 Der Einfachheit halber wird die Iberische Halbinsel auch als ,Spanienʻ und die dort wohnenden Christen als ,Spanierʻ bezeichnet, obwohl es zum einen nicht wie heute ein einheitliches Spanien gab und zum anderen unterschiedliche christliche Sozialgruppen auf der Halbinsel entstanden. Außerdem werden die arabischen Stämme bzw. Dynastien ebenfalls zur Vereinfachung ,Araberʻ oder ,Muslimeʻ genannt.

3 Aus der Fülle der Literatur seien nur folgende angeführt: Herbers: Geschichte Spaniens (behandelt die Reconquista im weiteren geschichtlichen Kontext Spaniens) oder Lomax, Derek W.: Die Reconquista. Die Wiedereroberung Spaniens durch das Christentum (= Heyne Geschichte 39). München 1980 (etwas ältere Literatur, wird dennoch in aktuelleren Werken zitiert) oder O´Callaghan, Joseph F.: Reconquest and crusade in medieval Spain (= The Middle Ages Series). Philadelphia 2003 (untersucht die Entwicklung der Kreuzzugsgesinnung in Spanien, gibt aber den geschichtlichen Verlauf der Reconquista ab 1063 sehr gut wieder). // Der Zusammenhang Reconquista – Kreuzzüge ist z.B. Thema in O´Callaghan: Reconquest and crusade oder Purkis, William J.: Crusading spirituality in the Holy Land and Iberia. C.1095-c.1187. Woodbridge [u.a.] 2008.

4 Dschihad wird oft als ein Heiliger Krieg im Islam verstanden. Vgl. Kampmann, Christoph: Heiliger Krieg – Religionskrieg: Sakralisierung des Krieges in der Geschichte. Einführung in die Gesamtthematik. In: Historisches Jahrbuch 134 (2014), S.3-9, hier S.7. Zuletzt lieferte Egon Flaig eine ausführliche Typologie des Heiligen Krieges, differenziert nach unterschiedlichen Epochen sowie Glaubensrichtungen (siehe dafür Flaig, Egon: ,Heiliger Kriegʻ. Auf der Suche nach einer Typologie. In: Historische Zeitschrift 285 (2007), S.265-302).

5 Graf, Friedrich W.: Sakralisierung von Kriegen. Begriffs- und problemgeschichtliche Erwägungen. In: Schreiner, Klaus (Hrsg.): Heilige Kriege. Religiöse Begründungen militärischer Gewaltanwendung. Judentum, Christentum und Islam im Vergleich (= Schriften des Historischen Kollegs 78). München 2008, S.1-30, hier S.17. Vgl. auch Brundage, James A.: Holy war and the medieval lawyers. In: Murphy, Thomas P. (Hrsg.): The Holy War. Columbus 1976, S.99-140, besonders S.120 („the Crusades, the holy wars par excellence of the Middle Ages“). Viele Historiker betrachten zudem beide Begriffe als Synonyme. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Kreuzzüge die praktische Ausführung des mentalen Modells ,Heiliger Kriegʻ bilden und zusätzlich zu den festgelegten Metaelementen weitere Attribute (Gelübde, Kreuzzeichen…) haben. Dies ist für die Beantwortung der Fragestellung aber von keiner großen Bedeutung.

6 Die Chroniken legen allerdings eher die Ansichten der Oberschicht dar, weshalb die aufgeführten Motive die des weltlichen sowie geistlichen Adels widerspiegeln. Dabei liegt der Schwerpunkt auf das Königreich Asturien/León.

7 Die fünf spanischen Herrschaften (Aragón, Asturien, Barcelona, Kastilien, Pamplona/Navarra) entwickelten sich nach dem Untergang des Westgotenreiches und liefen während der Reconquista Veränderungen zu Königreichen durch. Genauso wenig bildeten die verschiedenen Araber-Dynastien eine Einheit; die muslimischen Mächte (u.a. Umaiyaden, Almoraviden, Almohaden, Nasriden) lösten sich vielmehr gegenseitig ab. Vgl. Jaspert, Nikolas: Die Kreuzzüge (= Geschichte kompakt). Darmstadt6 2013, S.110 f. // Vgl. Lomax: Reconquista, S.44.

8 Vgl. Jaspert: Kreuzzüge, S.110 f. und S.117.

9 Vgl. Engels, Odilo: Reconquista und Landesherrschaft. Studien zur Rechts- und Verfassungsgeschichte Spaniens im Mittelalter (= Görresgesellschaft zur Pflege der Wissenschaft: Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görresgesellschaft 53). Paderborn [u.a.] 1989, S.279 f. (Beginn „nach der traditionellen Anschauung“ auf 722 datiert). // Vgl. Jaspert: Kreuzzüge, S.110 (Beginn bereits 711). // Vgl. Caballero Kroschel, Miguel-Angel: Reconquista und Kaiseridee. Die Iberische Halbinsel und Europa von der Eroberung Toledos (1085) bis zum Tod Alfonsos X. (1284) (= Beiträge zur deutschen und europäischen Geschichte 37). Hamburg 2008, S.28 Anm. 46 (Beginn 722 oder 732). // Vgl. Lomax: Reconquista, S.44 (Beginn 718). Diese verschiedenen Jahreszahlen resultieren aus der Diskussion über die genaue Datierung der Schlacht von Covadonga (vgl. Bronisch, Alexander P.: Reconquista und Heiliger Krieg. Die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frühe 12. Jahrhundert (= Spanische Forschungen der Görresgesellschaft Reihe 2, 35). Münster 1998, S.95.

10 Menéndez Pidal, Ramón: Das Spanien des Cid. Band 2. München 1937, S.289. Für seine Gliederung siehe S.287-289 (bereits im ersten Band ist eine Trennung der Kämpfe im 11. Jahrhundert in zwei Perioden zu finden, vgl. Ders.: Das Spanien des Cid. Band 1. München 1936, S.33). Menéndez Pidal scheint dabei den Prozess der Wiedereroberungen als einen überragenden Nationalverdienst der Spanier darstellen zu wollen, welche „ganz allein der mächtigsten muselmanischen Welt gegenüberstand[en]“ (Menéndez Pidal: Das Spanien des Cid 2, S.289). Daher zählt für ihn offensichtlich die defensive Phase vor 1045 streng genommen nicht zur „eigentlichen“ Reconquista genauso wenig wie das „Nachspiel von Granada“ 1250-1492 (ebd. S.288).

11 Vgl. z.B. Jaspert: Kreuzzüge, S.111. Erdmann scheint Menéndez Pidal aber zuzustimmen, da in den ersten Jahrhunderten vielmehr die „Kolonisation menschenarmer Gebiete als [deren] Eroberung“ auf dem Programm stand. Deshalb sei es unpassend die Rede von „Rückeroberungen“ unpassend. (Erdmann, Carl: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (= Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6). Darmstadt2 1955, S.88). Er spricht aber nicht explizit von einer nur fünf bzw. zwei Jahrhunderte dauernden Reconquista.

12 Vgl. Caballero Kroschel: Reconquista und Kaiseridee, S.33.

13 Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.2.

14 Ebd. S.3.

15 Zudem soll in dieser Arbeit nicht primär einer derartigen Frage nachgegangen werden. Dennoch lässt sie sich bei der Analyse der Motivationen nicht völlig umgehen. Für einen Überblick über diverse Ansichten zur Reconquista siehe z.B. Fernández-Armesto, Felipe: The survival of a notion of Reconquista in late tenth- and eleventh-century-León. In: Lopéz-Portillo, José-Juan (Hrsg.): Spain, Portugal and the Atlantic frontier of medieval Europe (= The Expansion of Latin Europe, 1000-1500, 8). Farnham [u.a.] 2013, S.47-67, hier S.126-130.

16 Engels: Reconquista und Landesherrschaft, S.279. Vgl. die ähnliche Meinung von Fernández-Armesto: The survival of a notion, S.142.

17 Vgl. neben Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.2 auch Lomax: Reconquista, S.271 und O´Callaghan: Reconquest and crusade, S.3 f.

18 Vgl. Graf: Sakralisierung von Kriegen, S.17. Zur Begriffsherkunft und -bedeutung des Begriffs in unterschiedlichen Epochen siehe ebd. S.17-23.

19 Aus dem Brief vom 29. Juni 1073 (Nummer 12). In: Casper, Erich (Hrsg.): Das Register Gregors VII. Band 1. Buch I-IV (= Monumenta Germaniae Historica/ Epistolae/ Epistolae selectae). Berlin 1920, S.20. Bei Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.202 wird „bellum Christi“ statt ,certamen Christiʻ zitiert.

20 Vgl. Erdmann: Entstehung des Kreuzzugsgedankens, S.185-187.

21 Mit ,preliumʻ ist ,proeliumʻ (= Schlacht) gemeint. Vgl. Glare, P.G.W. (Hrsg.): Oxford Latin Dictionary. Oxford 1994, S.1473, s.v. proelium.

22 Vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.202 f.

23 Vgl. Dei gesta per Francos, Buch 1, Kapitel 1. In: Huygens, Robert B. C.: Dei gesta per Francos et cinq autres textes. Guiberti abbatis Sanctae Mariae Novigenti Historia quae inscribitur Dei gesta per Francos quinque accedentibus appendicibus (= Corpus Christianorum/ Continuatio mediaevalis 127A). Turnholti 1996, S.87.

24 Vgl. Colpe, Carsten: Der „Heilige Krieg“. Benennung und Wirklichkeit, Begründung und Widerstreit. Bodenheim 1994, S.75 f. (Bezeichnung als „gewaltsame Zusammenfügung zweier antinomischer Begriffe“).

25 Ebd. S.82. Colpes Ergebnis beruht auf die als Gleichnis verstandene Lektüre der Vorrede von Johannes Keplers Werk ,Neue Astronomieʻ (vgl. ebd. S.81 f.). Die Attribuierung mit ,heiligʻ für Objekte und „objektivierbare Bereiche“ dagegen sei unproblematisch (ebd. S.50). Eine ähnliche Kritik des wissenschaftlichen Sprachgebrauchs mit Bezug auf eine Mainzer Ausstellung über Kreuzzüge findet sich ebenso bei: Brieskorn, Norbert: Kreuzzüge als „heilige Kriege“? In: Stimmen der Zeit 222 (2004), S.853-856, hier S.553 und S.856.

26 Vgl. Papst Urbans II. Rede in Clermont 1095 (Fulchers Version). In: Krieger, Karl-Friedrich: Papst Urban II. Aufruf zum Kreuzzug am 27. November 1095. Version bei Fulcher von Chartes. In: Brodersen, Kai (Hrsg.): Große Reden. Von der Antike bis heute. Darmstadt 2002, S.40 f. hier S.40. Vgl. auch Roberts Version. In: Krieger, Karl-Friedrich: Papst Urban II. Aufruf zum Kreuzzug am 27. November 1095. Version bei Robert dem Mönch. In: Brodersen, Kai (Hrsg.): Große Reden. Von der Antike bis heute. Darmstadt 2002, S.42-44, hier S.44.

27 Es ist umstritten, ob Urban II. Jerusalem als deutliches Kriegsziel nannte oder von einer Befreiung der Ostkirche sprach. Vgl. Krieger, Karl-Friedrich: Papst Urban II. Aufruf zum Kreuzzug (1095). In: Brodersen, Kai (Hrsg.): Große Reden. Von der Antike bis heute. Darmstadt 2002, S.28-39, hier S.34 f.

28 Vgl. Jaspert: Kreuzzüge, S.31. // Vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.227.

29 Vgl. Graf: Sakralisierung von Kriegen, S.11.

30 O´Callaghan: Reconquest and crusade, S.20.

31 Vgl. Brundage, James A.: Holy war and the medieval lawyers, S.116.

32 Vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.229. Als eine andere Möglichkeit wird z.B. der ,Gotteskampfʻ (,pugna Deiʻ) nach Augustinus aufgeführt. Der Krieg sei den Menschen als Strafe für ihre Sünden von Gott auferlegt worden, aber im Rahmen der göttlichen Vorsehung (,Providentialismusʻ) würden sie auf seine Veranlassung hin (,Deo auctoritateʻ) über die Feinde siegen (vgl. ebd. S.223-225).

33 Vgl. ebd. S.226.

34 Vgl. Papst Urbans II. Rede. In: Krieger: Aufruf zum Kreuzzug (Fulcher von Chartes), S.41 und in: Krieger: Aufruf zum Kreuzzug (Robert der Mönch), S.44.

35 Jaspert: Kreuzzüge, S.29 f.

36 So sieht es auch Brundage (vgl. Brundage: Holy war and the medieval lawyers, S.116 und S.118). Bronisch dagegen hält den religiösen Teilnahmelohn für unwichtig (vgl. Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg, S.228).

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Details

Title
Reconquista - Der "Heilige Krieg" in Spanien?
Subtitle
Die Deutung der Kriegsmotivationen vom 8. bis zum 12. Jahrhundert
College
University of Bamberg
Grade
1,0
Year
2015
Pages
21
Catalog Number
V978283
ISBN (eBook)
9783346334312
ISBN (Book)
9783346334329
Language
German
Keywords
Reconquista, Spanien, Iberische Halbinsel, Heiliger Krieg, Kriegsmotivation, Araber, Berber, Definition, Verlauf
Quote paper
Anonymous, 2015, Reconquista - Der "Heilige Krieg" in Spanien?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/978283

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