Partizipation zwischen Teilhabe und Selbstbestimmung im pädagogischen Krippenalltag

Voraussetzungen und Grenzen der praktischen Umsetzung im theoretischen Kontext


Bachelorarbeit, 2019

105 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Die Bedeutung der Partizipation
1.1. Definition des Begriffs Partizipation
1.2. Rechtliche Verankerung von Partizipation
1.3. Partizipation im Orientierungsplan
1.4. Ziele der Partizipation
1.5. Nebeneffekte der Partizipation
1.5.1. Stärkung von Selbstbildungsprozessen und sozialen Kompetenzen
1.5.2. Partizipation als Schlüssel zur Demokratie

2. Standpunkt der Partizipation in der Krippenpädagogik
2.1. Pädagogik nach Emmi Pikler
2.2. Reggio-Pädagogik von Loris Mallaguzzi
2.3. Montessori-Pädagogik von Maria Montessori
2.4. Situationsorientierter Ansatz

3. Voraussetzungen zum Gelingen von Partizipation
3.1. Formen der Partizipation
3.2. Prinzipien der Partizipation
3.3. Professionalität der pädagogischen Fachkraft
3.3.1. Die Haltung der pädagogischen Fachkraft
3.3.2. Der Weg zur Förderung von Partizipation und Engagement
3.4. Wissen über Partizipation
3.5. Beobachtung
3.6. Partizipation im Alltag
3.7. Eltern beteiligen

4. Grenzen in der Partizipation – Regeln und Rituale
4.1. Grenzen – Verhindern Regeln und Rituale Partizipation?
4.2. Partizipativer Umgang mit Regeln und Beschwerden
4.3. Machtverhältnisse

5. Praxisbezug
5.1. Forschungsziel
5.2. Forschungsgegenstand
5.2.1. Erhebungsinstrument
5.2.2. Aufbau des Fragebogens und Art der Fragestellung
5.2.3. Stichprobe
5.2.4. Ein- und Ausschlusskriterien
5.3. Untersuchungsablauf
5.3.1. Pretest
5.3.2. Durchführung der Methode
5.4. Analyse der Daten
5.4.1. Form der Datenauswertung
5.4.2. Teil A – Einrichtung und Aktualität
5.4.3. Teil B – Krippenalltag – Spielsituation
5.4.4. Teil C – Krippenalltag – Essensituation
5.4.5. Teil D – Krippenalltag – Schlafenssituation
5.4.6. Teil E – Bedeutung von Partizipation
5.4.7. Teil F – Partizipation allgemein
5.4.8. Demografische Daten
5.5. Gütekriterien auf dem Prüfstand
5.6. Auswertung des Fragebogens
5.6.1. Partizipation in der Konzeption
5.6.2. Partizipation im Freispiel
5.6.3. Der Morgenkreis als partizipative Möglichkeit
5.6.4. Partizipation in Essenssituationen
5.6.5. Partizipation in der Schlafenssituation
5.6.6. Voraussetzungen für Partizipation – Grenzen im Blick
5.6.7. Partizipation abhängig vom Alter

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang
1.1 Fragebogen
1.2 Statistische Auswertung des Fragebogens

Einleitung

„Als alle Kinder schon draußen sind, sitzt die dreijährige Semra noch immer in der Garderobe und müht sich, in ihre gefütterten Winterstiefel zu kommen. Die Jacke hat sie bereits an. Der Reißverschluss ist zu; sie hatte ihre Erzieherin Anja gebeten, ihr dabei zu helfen. Als Anja ihr auch in die Stiefel helfen wollte, wehrte Semra entschieden ab: „Ich kann das alleine.“ Jetzt hat sie die Stiefel endlich an – aber jeweils am falschen Fuß. Sie setzt sich noch die Mütze etwas schief auf den Kopf und watschelt mit ihren „Entenfüßen“ hinter den anderen her.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 82)

Erzieherin Anja steht zwischen einem eventuellen Machtkampf und Partizipation. Besteht sie auf eine Korrektur des Schuhwerks oder lässt sie Semra diese Erfahrung machen? Was hat die Erzieherin zu verlieren und was kann Semra gewinnen?

Krippenalltag. Eine Situation, die sich tagtäglich in dieser oder ähnlicher Form findet. Entscheidungen, die sich unzählige Male in den Köpfen des Fachpersonals abspielen.

„Etwas allein oder mit anderen tun zu dürfen und zu können, ist für Kinder Motor ihrer Entwicklung.“ (ebd. S. 7) Diesen Motor heißt es mit Partizipation zu zünden, mithilfe von Haltung zu ölen und mittels Reflexion zu warten, um ihn am Laufen zu halten. Partizipation beschreibt dabei einen Prozess, der von Teilhabe über Selbstbestimmung bis hin zur selbstorganisierten Mitbestimmung reicht. (vgl. Schröder, 1995, S. 15ff) Hierbei werden die Bedürfnisse und Interesse der Kinder ernst- und wahrgenommen, wodurch sich ihr Erfahrungsraum entscheidend erweitert. (vgl. Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 1) „Die Kita bildet die Gesellschaft im Kleinen ab. Sie stellt damit einen geeigneten Rahmen bereit, um Engagement, Partizipation und demokratische Kompetenzen früh zu fördern.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 7)

Was es braucht, damit Selbst- und Mitbestimmung der Kinder im Krippenalltag funktionieren kann, an welchen Punkten der Umsetzung sich Grenzen aufzeigen und welche Rolle die pädagogische Fachkraft im partizipativen Handeln übernimmt, gilt es auf den folgenden Seiten zu erläutern. Mithilfe einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung und eines quantitativen Fragebogens werden diese Fragen im Hinblick auf Theorie und Praxis beleuchtet.

1. Die Bedeutung der Partizipation

Wenn Kinder im Krippenalltag am Geschehen beteiligt werden, sie das Gefühl haben wahrgenommen zu werden und ihre Meinung in der Gemeinschaft zählt, dann erfahren Kinder bereits in jungem Alter Partizipation und gesellschaftliches Engagement. (vgl. Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 10) Wie sich der Begriff Partizipation definiert, wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.

1.1. Definition des Begriffs Partizipation

Das Wort Partizipation findet seinen Ursprung im lateinischen Verb participare und bedeutet ‚teilnehmen‘ oder ‚teilhaben‘. Der Begriff der Partizipation wird sinnverwandt mit den Wörtern Selbstbestimmung, Beteiligung, Mitbestimmung und Teilhabe in Verbindung gebracht. (vgl. Irl, 2018, S. 4)

Der oft zitierte Psychologe Richard Schröder definierte Partizipation wie folgt: „Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben in der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden.“ (Schröder, 1995, S. 14)

In beiden Absätzen wird deutlich, dass Partizipation die eigene Meinung, das eigene Einstehen sowie das eigene Handeln für sich und in einer Gemeinschaft anspricht und vereint.

Rüdiger Hansen beschreibt Partizipation von Kindern als „eine freiwillige Machtabgabe und gleichzeitig eine hohe Verantwortlichkeit der Erwachsenen“(Hansen, 2003). Hierbei wird die pädagogische Verantwortung nicht als Formung des kindlichen Charakters gesehen, sondern als ein Raum, in dem gemeinsam für die Entwicklung eine wohlwollende Lebensumgebung sowie für eigenverantwortliche und gesellschaftsfähige Persönlichkeiten eingestanden wird. (vgl. Hansen, 2003) Diese Auffassung zeigt, welche erhebliche Bedeutung der pädagogischen Fachkraft im Krippengeschehen beigemessen wird und welche unbewusste Abhängigkeit des Kindes in diesem Kontext besteht. Auf diesen Aspekt wird in einem weiteren Abschnitt näher eingegangen.

1.2. Rechtliche Verankerung von Partizipation

Partizipation lässt sich in mehreren Gesetzestexten wiederfinden. In dem „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ oder auch bekannt als UN-Kinderrechtskonvention von 1989, sind die bedeutenden Menschenrechte für Kinder festgehalten. In Artikel 12 Absatz 1 (Berücksichtigung des Kinderwillens) sichern die Vertragsstaaten dem Kind, (vgl. Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 45f) „das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife“ (Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 46).

Das Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) – Kinder- und Jugendhilfe verweist im §8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf die partizipative Anteilnahme von Kindern „entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen“ (NomosGesetze, 2017, S. 1883). Des Weiteren hat der Beschluss des Bundeskinderschutzgesetz von Januar 2012 veranlasst, dass der §8 des SGB VIII um den §8b zur fachlichen Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen erweitert wurde (vgl. BKiSchG, 2011). Darin heißt es, dass Träger von Einrichtungen Anspruch auf Beratung „zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten“ (NomosGesetze, 2017, S. 1884) haben.

Damit eine Einrichtung die Erlaubnis für den Betrieb gemäß §45 SGB VIII erhält, muss sichergestellt sein, dass aufgrund des Kindeswohl „die Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden“ (ebd. S. 1899).

In diesem Umriss von Rechten und Gesetzen wird die gesetzliche Verankerung der Beteiligung von Kindern auf nationaler sowie internationaler Ebene deutlich. Dieser rechtliche Hintergrund kann bei der Umsetzung von Partizipation ein zusätzlicher Wegbereiter sein. (vgl. Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 44)

1.3. Partizipation im Orientierungsplan

Der „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen“ nennt als Grundlage die Artikel der UN-Kinderrechtskonvention von 1989. Hierbei wird explizit auf das Recht auf Teilhabe und Beteiligung eingegangen und Partizipation neben Inklusion, wertschätzende Anerkennung von Unterschiedlichkeit und das bedürfnisorientierte Handeln als ein Grundprinzip einer kindgerechten Elementarpädagogik genannt (vgl. Ministerium für Kultus, 2014, S. 18).

Unter dem Ziel „Vielfalt, Unterschiedlichkeit und Gemeinsamkeit“ steht Partizipation und Teilhabe immer wieder im Fokus. „Jedes Kind hat ein Recht auf gleichberechtigte Bildungschancen und soziale Teilhabe.“ (ebd. S. 48) Dabei ist die Haltung der pädagogischen Fachkraft und ihr Handeln hinsichtlich der Anerkennung der vorgefundenen Vielfalt als Bereicherung des Kita-Alltags gefragt. (vgl. ebd. S. 48) Der Orientierungsplan benennt Partizipation als ein Prinzip des pädagogischen Handelns bezüglich der Grundhaltung der pädagogischen Fachkraft. Diese Grundhaltung ist geprägt von einem demokratischen Verständnis und der damit verbundenen Einhaltung der Grundrechte (vgl. ebd. S. 56).

„Partizipation ist auch als Beitrag der Kinder zur Gestaltung des Zusammenlebens zu verstehen. Kinder fühlen sich auf diese Weise zugehörig und anerkannt. Von der gemeinsamen Erziehung von Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichem Unterstützungsbedarf profitieren alle.“ (ebd. S. 52) Partizipation wird hier als mitwirkende Kraft hin zu einer vielfältigen Gemeinschaft gesehen, die sich auf positive Weise unterstützt und weiterentwickelt ohne die Individualität des einzelnen Kindes aus dem Blick zunehmen.

1.4. Ziele der Partizipation

In den vorangegangenen Unterpunkten wurde deutlich, dass Partizipation rechtlich und im Orientierungsplan fest verankert ist. Warum partizipative Beteiligung so eine erhebliche Bedeutung im pädagogischen Alltag aufweist, wird mit den anschließenden Zielen deutlich.

„Im Wesentlichen geht es darum, dass Kinder sich an den Aufgaben des Alltags und deren Verrichtung beteiligen können und als Gestalter ihres eigenen Lebens Selbstwirksamkeit erfahren.“ (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, 2013) Der Orientierungsplan versteht unter Selbstwirksamkeit, „sich seiner selbst bewusst zu sein“ (Ministerium für Kultus, 2014, S. 21). Dazu gehört es auch, „eigenverantwortlich zu leben und zu handeln […], eigene Gefühle regulieren zu können, sich seiner eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten bewusst“ (ebd.) zu sein, sowie „Meinungen und eigene Bedürfnisse frei zu äußern, mit zu entscheiden, wenn es um die eigenen Belange geht und Aufgaben selbst zu übernehmen.“(ebd.). Das Ziel der Förderung der Selbstwirksamkeit stärkt wiederum die Resilienz, auch Widerstandskraft genannt. Resiliente Kinder stützen sich auf erworbene Fähig- und Fertigkeiten, um Risiken, Bedrohungen und Entwicklungsaufgaben zu meistern. (vgl. Brandl, 2012, S. 3)

Aber nicht nur das Bewusstsein über sich selbst steht im Vordergrund der Partizipation, sondern auch das Wahrnehmen anderer Personen, Meinungen und Bedürfnisse. „Die Kindertageseinrichtung ist eine soziale Gemeinschaft, in der sich dynamische Prozesse von Kindern und Erwachsenen aufeinander beziehen. Jede Person ist an der Entwicklung dieses Systems beteiligt und somit Teil des Ganzen.“ (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, 2013) Hierbei schafft Beteiligung einen Rahmen, indem Ansichten und Wünsche von anderen Kindern gehört, diskutiert und akzeptiert werden. „Ausgehend von dieser Erkenntnis ist Beteiligung die Grundlage eines beziehungsvollen Miteinanders.“ (ebd. ) Der §9 SGB VIII zielt in diesem Zusammenhang auf die Achtung der Erziehung der Personensorgeberechtigten, Gleichberechtigung und „die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes […] zu selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln sowie den jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Bedürfnissen und Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien zu berücksichtigen“ (NomosGesetze, 2017, S. 1884) ab.

Dieses Ziel steht eng in Verbindung mit der Förderung des gesellschaftlichen Engagements. Der Deutsche Bundestag hat in einer Enquete-Kommission den Sachverhalt des bürgerschaftlichen Engagements untersucht und beschreibt diese soziale Bereitschaft als „freiwillig, nicht auf materiellen Gewinn gerichtet, gemeinwohlorientiert […] und wird in der Regel gemeinschaftlich/kooperativ ausgeübt. […] Gleichzeitig erfüllt bürgerschaftliches Engagement wichtige Funktionen in einer Bürgergesellschaft: Es schafft [..] gesellschaftlichen Zusammenhalt, ermöglicht Teilhabe und trägt gesellschaftliche Selbstorganisation.“ (Deutscher Bundestag, 2002, S. 38) Was im großen, öffentlichen Raum funktioniert, funktioniert auch auf kleiner Ebene in der öffentlichen Kindertageseinrichtung. „Sich zu engagieren bedeutet für Kinder, dabei zu sein, etwas Spannendes zu tun, etwas Wichtiges beitragen zu können, mitmachen und mitgestalten zu dürfen.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 17) Demnach besteht ein Ziel der Partizipation in der Förderung des gesellschaftlichen Engagements, indem Kinder an gemeinschaftlichen Aufgaben und Herausforderungen beteiligt werden und ihre altruistische1 Denk- und Handlungsweise gefördert wird. Michael Tomasello verfolgt, aufgrund seiner Untersuchungen, die These, dass Kinder von Natur aus hilfsbereit sind und die Weiterentwicklung des kindlichen Altruismus von der sozialen Umwelt und individuellen Erfahrungen beeinflusst wird. (vgl. Tomasello in: ebd. S. 37ff) Daher kann in einem hilfsbereites und partizipatives Umfeld, in dem es möglich ist, sich in einer Gemeinschaft für die Gemeinschaft zu engagieren, die Chance bestehen, dass die altruistische Verhaltensweise fortwährend gelebt und erweitert werden kann (vgl. ebd. S. 43). Dazu gehört es auch, dass die Kinder einerseits Ideen, andererseits aber auch Beschwerden einbringen können. „Sie sollen im Alltag der Kindertageseinrichtung erleben, dass sie bei Unzufriedenheit auch über Ausdrucksformen wie Weinen, Zurückziehen, Aggressivität ernst und wahrgenommen werden.“ (Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, 2013)

Diese Zielperspektiven sind eng miteinander verbunden und bilden meist in der Umsetzung von Partizipation einen Strang von Zielen, der weitreichende Nebeneffekte auslöst, die im folgenden Punkt beschrieben werden.

1.5. Nebeneffekte der Partizipation

Die Umsetzung von Partizipation bringt hinsichtlich der beschriebenen Ziele sogenannte Nebeneffekte hervor, die weniger den Fokus auf einzelne Situationen legen und mehr im Hinblick auf die Partizipation weitreichende Auswirkungen besitzen. Dazu zählen die Stärkung der Selbstbildungsprozesse und der sozialen Kompetenzen als Schlüssel zur Bildung sowie die Vermittlung eines Demokratieverständnisses.

1.5.1. Stärkung von Selbstbildungsprozessen und sozialen Kompetenzen

Um die Bedeutung der zu stärkenden Selbstbildungsprozesse und der sozialen Kompetenzen in Bezug auf Partizipation zu erklären, braucht es die Beantwortung der Fragen „Was bedeutet Bildung?“ und „Wie lernen Kinder?“.

Wilhelm von Humboldt prägte den Begriff Bildung wie folgt: „Die Kräfte eines Menschen sollten angeregt werden und sich dann entfalten.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 50) Demzufolge seien die Kräfte eines Menschen von Natur aus angelegt, müssten aber mithilfe von äußeren Reizen angeregt werden, um sich entfalten zu können. (vgl. ebd. S. 50) Diese Perspektive findet heute immer noch Anklang. Aus heutiger Sicht wird die Selbstbildung des Menschen betont. Der Orientierungsplan umfasst Bildung beispielsweise als „die lebenslangen und selbsttätigen Prozesse zur Weltaneignung von Geburt an. Bildung ist mehr als angehäuftes Wissen, über das ein Kind verfügen muss.“ (Ministerium für Kultus, 2014, S. 22) „Individuell Erlerntes, Erfahrenes, erworbene Kompetenzen und verinnerlichte Werte und Normen sollen dazu befähigen, autonom und sozial zu handeln.“ (Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 17)

Martin Textor nennt in seinem Artikel Drei Formen der Bildung, die Selbstbildung, das ko-konstruktive Lernen und die bildenden Aktivitäten der Fachkräfte (vgl. Textor, 2009). Im Weiteren wird auf die Form der Selbstbildung und auf das ko-konstruktive Lernen näher eingegangen.

Schäfer beschreibt in seinem Buch Bildungsprozesse im Kindesalter: „Bildung hat etwas mit Selbsttätigkeit zu tun. Man kann nicht gebildet werden, bilden muss man sich selbst.“ (Schäfer, 5. Auflage 2016, S. 24) Mithilfe der Hirnforschung sowie Lern- und Entwicklungspsychologie werden Kleinkinder heutzutage als forschende Entdecker wahrgenommen, „die neugierig ihre Umgebung erkunden, selbsttätig Erfahrungen sammeln, neue Kompetenzen entwickeln und sich immer mehr Wissen aneignen. Sie lernen in ihren ersten Lebensjahren viel mehr als in späteren Entwicklungsphasen - und dies weitgehend eigenständig.“ (Textor, 2009) Das aktive Kind tritt hochmotiviert, kreativ, konzentriert, oft selbstvergessen und mit natürlicher Freude Herausforderungen und Neuem entgegen. Dieser selbsttätige Prozess wird als Selbstbildung bezeichnet. (vgl. ebd.) „Das Kind lernt, sich immer besser in seiner materiellen, sozialen und kulturellen Umwelt zu orientieren und sich in ihr handelnd zu behaupten.“ (ebd.) Bei dieser Form der Bildung spielt die Fachkraft eine bedeutende Rolle. „Kindliche Tätigkeit ist bereits von Anfang an eine Mischung aus inneren Konzepten und äußeren Strukturen“ (Schäfer, 5. Auflage 2016, S. 23), die die Fachkraft mithilfe einer verlässlichen Bindung und einer vorbereiteten Umgebung, die dem Kind erlaubt aktiv und selbsttätig zu werden, positiv unterstützen kann. Für die Fachkraft geht es nicht darum, „Wahrheiten vorzutragen und Wissen weiterzugeben, sondern vielmehr, Anlässe zum Denken zu schaffen […], also eine Lernumgebung zu schaffen, die anregend und impulsgebend wirkt.“ (Kurcharz, 2012, S. 14) Aufgaben aus dem Alltag, die das Prinzip der Lebensnähe verkörpern, werden als bedeutende und selbstwirksame Lernerfahrungen erlebt (vgl. Ministerium für Kultus, 2014, S. 45). Ein partizipativer Ansatz schafft dabei dem Kind Möglichkeiten, sich in das Geschehen einzubringen, in seiner Umgebung selbst tätig zu werden und seiner Neugier und Kreativität freien Lauf zu lassen. Alltägliche Routinen im Krippengeschehen laden zum Mitmachen und Mitbestimmen ein und ermöglichen und ermuntern Kinder, sich Aufgaben zuzuwenden, die gewöhnlicherweise von den Fachkräften in der Einrichtung übernommen werden. (vgl. Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 45f) „Wenn sie sich aktiv beteiligen, wenn sie engagiert bei der Sache sind und alle ihre Kräfte herausgefordert werden, finden intensive, beeindruckende Bildungsprozesse statt.“ (ebd. S. 55)

Die zweite Form der Bildung bezieht sich auf das ko-konstruktive Lernen, das sich in zwei - sich oft überschneidenden - Unterformen gliedert. „Ko-konstruktive Bildung kann zum einen durch die Interaktion von Kindern miteinander und zum anderen durch die Interaktion zwischen Kindern und Fachkräften zustande kommen.“ (Textor, 2009) Bei beiden Unterformen ist eine Beziehung von Nöten, in der sich das Kind sicher fühlen kann, um frei von Ängsten und Hemmungen mit den Beteiligten zu interagieren (vgl. ebd.). Hier findet ein Erkenntnisgewinn in der Gemeinschaft statt, der auf Dialog oder gemeinsamer Erfahrung basiert. „Kinder lernen miteinander und voneinander. Gemeinsam erkunden sie ihre Umgebung, machen Wahrnehmungen, […] experimentieren, erproben verschiedene Verwendungsmöglichkeiten von Materialien, übernehmen Rollen, gestalten diese phantasievoll aus, lösen Probleme, stimmen ihr Verhalten miteinander ab [..]. In der Interaktion miteinander stimulieren sich Kinder wechselseitig und lernen so oft mehr, als wenn sie sich alleine beschäftigen.“ (ebd.) Die Fachkraft kann in diesem Prozess die Funktion einer unterstützenden Hilfe oder einer aktiven, aber auch zurückhaltenden Beteiligten einnehmen, die auf partnerschaftlicher Ebene mit dem Kind agiert (vgl. ebd.).

Aber nicht nur der Lernprozess wird in der ko-konstruktiven Bildungsform gefördert, sondern auch das soziale Miteinander. In aktiven Spielsituationen lernt das Kind, seine Interessen mit seinen Spielpartnern abzustimmen und zu erweitern. Hier ist oftmals die Fachkraft als helfende Unterstützung gefragt, welche Konflikte auf faire Weise anleitet und begleitet. Folgendermaßen wird Partizipation unbewusst gelebt und erfahren.

1.5.2. Partizipation als Schlüssel zur Demokratie

Grundrechte, Abstimmungen, Macht, Entscheidungen, Gesellschaft, Meinungen und Gemeinschaft. Das sind nur einige Schlagworte, die bis hierhin gefallen sind. Worte, die auf den Begriff „Demokratie“ hinweisen. „Demokratie setzt sich zusammen aus den altgriechischen Worten demos (=Volk) und kratia (= Herrschaft). Demokratie bedeutet im Wortsinn „Herrschaft des Volkes“.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 63) Doch wo liegt die Verbindung zwischen Demokratie und Kindertageseinrichtung?

Die Antwort liefert John Dewey, indem er erklärt: „Die Demokratie ist mehr als eine Regierungsform; sie ist in erster Linie eine Form des Zusammenlebens, der gemeinsamen und miteinander geteilten Erfahrungen.“ (zitiert nach ebd. S. 64)

Mit dieser Aussage wird deutlich, dass Demokratie die Gemeinschaft betrifft und somit Kinder und Erwachsene gleichermaßen anspricht. Die Grundlagen für ein Demokratieverständnis können daher im Kindesalter gelegt werden. „Auch das Lernen von Demokratie ist in erster Linie ein Bildungsprozess. Demokratische Kompetenzen können kaum von außen „theoretisch“ vermittelt, sondern sie müssen von den Kindern und Jugendlichen handelnd immer wieder erfahren werden.“ (Institut für Partizipation und Bildung, 2014) Die Kindertageseinrichtung bietet in einem übersichtlichen, gesellschaftlichen Rahmen verschiedene Möglichkeiten, demokratische Fähigkeiten zu erleben, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und angeleitet Diskussionsräume zu nutzen. „Demokratisches Handeln verlangt die Fähigkeit, die eigenen Interessen zu kennen, die Interessen anderer wahrnehmen und einbeziehen zu können, sich mit anderen auseinandersetzen zu können, in der Lage zu sein [und] gemeinsam nach Lösungen zu suchen […]. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten erfahren Kinder [..] vor allem dann, wenn sie sich selbst in ihre Angelegenheiten einmischen – wenn sie sich an der Gestaltung ihrer Lebensumwelt beteiligen.“ (ebd.) Hier schafft die Partizipation eine Brücke zwischen Demokratie und Kindertageseinrichtung. Mithilfe einer partizipativen Grundhaltung der pädagogischen Fachkräfte und partizipativer Methoden kann Kindern ein demokratisches Verständnis nähergebracht und als sinnvolles Handlungsinstrument im gegenseitigen Miteinander ermöglicht werden. „Partizipation wird so zum Schlüssel für den Erwerb demokratischer Kompetenzen, demokratischer Haltungen und demokratischer Handlungsfähigkeit.“ (ebd.)

2. Standpunkt der Partizipation in der Krippenpädagogik

In diesem Abschnitt wird auf verschiedene krippenrelevante, pädagogische Handlungskonzepte2 eingegangen und deren Sichtweise auf Partizipation herauskristallisiert. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund des geschichtlichen Hintergrunds und der daraus resultierenden Einstellung zu Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren, die Entwicklung krippenpädagogischer Ansätze noch in den Kinderschuhen steckt. Die Krippe durchlebte einen Wandel von einer „Säuglingsbewahranstalt“ über eine negativbehaftete, außerfamiliäre Betreuungseinrichtung hin zu einer erziehungspartnerschaftlichen Kindertagesstätte für Betreuung, Bildung und Erziehung (vgl. Neuß, 3. Auflage 2014, S. 13ff). „Mit dem gesetzlich beschlossenen Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder dieser Altersgruppe wurde eine regelrechte Suchbewegung nach praxisbezogenen und erprobten Orientierungspunkten für eine qualitativ hochwertige Betreuung, Bildung und Erziehung ausgelöst.“ (ebd. S. 70) In der heutigen Arbeit mit Kindern unter drei Jahren spielen die Pädagogik von Emmi Pikler, Reggio, Maria Montessori und der Situationsorientierung eine bedeutende Rolle. Hierbei ist eine wesentliche Unterteilung vorzunehmen. Die Pikler- sowie die Reggiopädagogik entwickelten ohne auf „heutige Forschungserkenntnisse der Elementarpädagogik, Entwicklungspsychologie und der Neurobiologie zugreifen zu können,“ (ebd. S. 70) pädagogische Ansätze für Kinder ab null Jahren, die in den Kernaussagen und mit den aktuellen Anforderungen an die Krippenpädagogik übereinstimmen (vgl. ebd. S. 70). Dahingegen werden aus der Montessori-Pädagogik und dem Situationsorientierten Ansatz Grundgedanken und auf Krippenkinder zutreffende Aspekte für die Arbeit übernommen und angepasst.

2.1. Pädagogik nach Emmi Pikler

Emmi Pikler (1902 – 1984) entwickelte für die Arbeit mit Kleinkindern von null bis drei Jahren einen pädagogischen Ansatz, der auf den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder beruht. (vgl. Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 41) „Charakteristisch für ihre Pädagogik sind die äußerst feinfühlig an den individuellen Entwicklungsprozessen und -bedürfnissen eines jeden Kindes orientierten Handlungsempfehlungen.“ (Schmelzeisen-Hagemann, 2012, S. 5) Hierbei spricht sie sich eher für die Bedeutung der pädagogischen Haltung aus als für eine anzuwendende, erzieherische Methode. Besonderes Augenmerk wird auf die drei Säulen der Pikler-Pädagogik, die „beziehungsvolle Pflege“, die „freie Bewegungsentwicklung“ und das „freie Spielen“, gelegt (vgl. ebd. S. 5f). Diese drei Aspekte werden von einem Fundament, bestehend aus einem fürsorglichen und respektvollen Umgang, getragen.

In den Grundprinzipien der Pikler-Pädagogik wird der Bezug zur Partizipation mehr als deutlich. Zum einen findet die selbstständige Aktivität des Kindes in der täglichen Arbeit große Beachtung. Die Fachkräfte sind angehalten, eine Umgebung zu schaffen, in der sich das Kind aktiv und autonom betätigen kann. Dazu braucht es eine vertrauensvolle und beständige Bindung, durch die sich das Kind sicher fühlt. Zum anderen wird dem Kind durch die Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisse und eine aktive Teilhabe an Handlungen ermöglicht, sich selbst wahrzunehmen und sich auf die eigene Umwelt einzulassen. (vgl. Neuß, 3. Auflage 2014, S. 71) Emmi Pikler umfasst, wie wichtig es ist, dass die Kinder selbst aktiv werden und die Chance auf Beteiligung haben. Dadurch werden die Ziele der Partizipation hinsichtlich der Selbstwirksamkeit sowie eines durch Teilhabe entstehendes Gemeinschaftsgefühl eingeschlossen. Bezüglich der Bildung geht Pikler davon aus, dass „Bildung [..] gerade in den ersten drei Lebensjahren nicht vermittelte Bildung sein [kann], sondern nur gelebte, vom Individuum eigenständig erfahrene (Selbst-) Bildung.“ (Pikler zitiert in: Andrea von Gosen, 2009, S. 13) Hier lässt sich eine Parallele zur Partizipation als Schlüssel zur Bildung ziehen.

2.2. Reggio-Pädagogik von Loris Mallaguzzi

Loris Mallaguzzi (1920 – 1994) entwickelte ab 1960 mit pädagogischen Fachkräften ein Handlungskonzept für Kinder von null bis sechs Jahren (vgl. Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 40). „In Reggio wird in verschiedenen Formulierungen gern von den Kindern als Entdeckern, Forschern und Künstlern gesprochen.“ (Knauf, 2017, S. 9) Bei diesen Tätigkeiten werden sie von den pädagogischen Fachkräften als forschende und beobachtende Begleiter unterstützt und gefördert (vgl. ebd. S. 9). Die Schwerpunkte der Reggio-Pädagogik liegen in der Förderung des selbstbestimmten Lernens mithilfe von Projekten und Raumgestaltung. Projekte eröffnen eine aktive Auseinandersetzung mit der materiellen und sozialen Umwelt des Kindes und bieten die Chance Fertigkeiten des Alltags zu entdecken und zu erlernen. Dem Raum werden zwei Hauptmerkmale zugewiesen. Auf der einen Seite bietet der Raum dem Kind Sicherheit und Geborgenheit und auf der anderen Seite stellt der Raum eine Herausforderung dar, die dem Kind Entdeckungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gewährt (vgl. Neuß, 3. Auflage 2014, S. 75f).

In der Auseinandersetzung mit der Reggio-Pädagogik lässt sich der Bezug zur Partizipation stets feststellen. Die Selbstbestimmung und Mitbestimmung stehen in der Durchführung von Projekten und der Raumgestaltung im Vordergrund. Die Ideen der Projektthemen müssen auf den Gedanken und Bedürfnissen der Kinder aufgebaut sein. Um die Ideen der Kinder zu erkennen, braucht es ein hohes Maß an Beobachtungsfähigkeit seitens der pädagogischen Fachkraft (vgl. ebd. S. 75). Hierbei stehen das sinnliche und lebensnahe Experimentieren und Entdecken wie beispielsweise mit Alltags- und Naturmaterialien im Vordergrund eines Projekts (vgl. Knauf, 2017, S. 14). Der Raum bietet in seiner Mitgestaltung sowie Offenheit und Transparenz eine partizipative Einbindung der Kinder (vgl. Neuß, 3. Auflage 2014, S. 76). Die Kinder haben die Möglichkeit, sich an der Raumgestaltung zu beteiligen und ihre Ideen einfließen zu lassen.

Ein Ziel der Reggio-Pädagogik strebt die altersgemäße Übernahme von Verantwortung, die Auswahl von Aufgaben und die engagierte Ausführung dieser an. Diese drei Aspekte lassen sich in der Vorstellung von Partizipation wiederfinden.

2.3. Montessori-Pädagogik von Maria Montessori

Maria Montessori (1870 – 1952) entwickelte für die Arbeit mit Kindern von drei bis zwölf Jahren ein Handlungskonzept, das auch heute noch großen Anklang findet (vgl. Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 39). Auf die Krippenpädagogik lassen sich einige Aspekte übertragen, die für Kinder von null bis drei Jahren ebenfalls eine hohe Bedeutung haben. Montessori geht davon aus, dass das Kind sich selbst in seiner Entwicklung vorantreibt, wenn es den entsprechenden Rahmen dafür bekommt (vgl. ebd. S. 39). Hier wird das Zitat von Maria Montessori „Hilf mir, es allein zu tun!“ sinnhaft verdeutlicht. Das Kind braucht, um seine Selbstständigkeit zu entwickeln, die notwendige Unterstützung durch einen Erwachsenen. (vgl. Ministerium für Kultus, 2014, S. 43) Das Kind wird zur Selbstständigkeit angeregt, in dem die Fachkraft als Vorbild fungiert sowie eine ansprechende Umgebung vorbereitet. (vgl. Becker-Textor, 2003)

Hauptziel der Montessori-Pädagogik ist die Erziehung zur Selbstbestimmung (vgl. Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 39). „Kinder sind eigenständige Menschen, denen wir behilflich sein sollen, die Tätigkeiten und Probleme im Alltag selbst zu bewältigen.“ (Becker-Textor, 2003) Montessori betont außerdem die Hilfsbereitschaft der Kinder, wenn ihnen die Möglichkeit dazu gewährt wird (vgl. ebd. ). Diese Ansätze sind ebenfalls bei den Grundgedanken von Partizipation wiederzufinden. Das Ziel der Selbstbestimmung und dem Zulassen von Engagiertheit sprechen für eine partizipative Haltung.

2.4. Situationsorientierter Ansatz

Der Situationsorientierte Ansatz (S.o.A) wurde auf der Grundlage des „Situationsansatzes“ von 1984 bis 1989 am „Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik (IFAP)“ in Kiel von dem Wissenschaftsdozenten Armin Krenz entwickelt (vgl. Krenz, 2018). Unter Berücksichtigung der „sozialkulturellen, psychologisch-pädagogisch bedeutsamen Lebensbedingungen der Kinder und deren Eltern sowie entwicklungspsychologische und entwicklungspädagogische Aspekte“ (ebd.), basiert der Situationsorientierte Ansatz „auf einem humanistisch orientierten, ganzheitlichen Menschenbild, das die Entwicklung aller Personen, die im Entwicklungsprozess eines Kindes involviert sind.“ (ebd.)

Der Bezug zur Partizipation lässt sich in der Zielformulierung des Situationsorientierten Ansatzes bereits deutlich bestimmen. Ziel ist es, die Selbstbildungsprozesse der Kinder zu unterstützen und zu begleiten sowie ihre Ressourcen zu aktivieren, um ihre Entwicklung in Selbst-, Sach- und Sozialkompetenzen zu fördern. (vgl. Gebauer 2012 zitiert in: Krenz, 2018) „Praktisch bedeutet dies, die nachhaltige Entwicklung der Selbstständigkeit der Kinder, ihre Autonomie, ihre Partizipationsaktivität und ihr soziales Verhalten auf der Grundlage eines werteorientierten Verhaltens zu unterstützen.“ (ebd.) Der Erziehungsstil des Situationsorientierten Ansatzes hebt einen partizipatorisch-demokratischen Fokus in den Vordergrund. Mithilfe der Umsetzung des Mitspracherechts der Kinder bei alltäglichen und pädagogischen Entscheidungen unter der Voraussetzung einer respektvollen und wertschätzenden Kommunikation kann Partizipation bei diesem Handlungskonzept großgeschrieben werden (vgl. Krenz, 2018).

3. Voraussetzungen zum Gelingen von Partizipation

Im folgenden Abschnitt werden verschiedene Voraussetzungen dargelegt, die das Gelingen partizipatorischer Prozesse begünstigen. Hier spielt vorerst das Wissen über Partizipation hinsichtlich der Formen, Prinzipien und Methoden eine bedeutende Rolle. Folgend wird der Einfluss der pädagogischen Fachkraft beleuchtet und ihre Handlungskompetenz in Bezug auf Partizipationsprozesse erläutert. Anschließend finden das Beschwerde-Management und die Beteiligung der Eltern auf dem Weg hin zu einer gelingenden Umsetzung von Partizipation Einzug.

3.1. Formen der Partizipation

Hier stellt sich die Frage: Wo beginnt Partizipation und wo endet sie? Dazu gibt es verschiedene Modelle, die sich in groben Zügen ähneln und eine Antwort geben können. Das Stufenmodell nach Roger Hart und Wolfgang Gernert (siehe Abbildung 1) umfasst neun Stufen, „die von reiner Fremdbestimmung bis hin zur Selbstverwaltung reichen“ (Schröder, 1995, S. 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Stufen der Beteilung nach Roger Hart und Wolfgang Gernert aus Schröder 1995, S. 16

Die ersten drei Stufen (von unten gelesen) sind durch Fremdbestimmung und fehlende Beteiligung gekennzeichnet. Die Kinder haben kein Wissen und keine Vorstellung über die manipulative und scheinbare Beteiligungsform, wodurch auch die Freiwilligkeit an der Teilnahme fragwürdig erscheint. Die Stufen vier bis sieben beschreiben eine steigende anteilige Beteiligung, die von einer teilweise engagierten Teilnahme über einen Informationsgewinn bis hin zu einer mitwirkenden Komponente sowie einem mitverantwortlichen Beteiligungsrecht reichen. Die letzten beiden Stufen gehen auf eine Beteiligung mit hoher Eigeninitiative, Entscheidungsfreiheit und Selbstorganisation ein. (vgl. Schröder, 1995, S. 16f)

Das Stufenmodell beginnt mit Beteiligung in der vierten und fünften Stufe und umfasst einen gewissen Grad an Zulassen von Engagement und Einbezug in die vorbereitete Thematik mithilfe von Informationen und teilweiser Beteiligung am Prozess. Sie endet in der neunten Stufe der Selbstverwaltung und geht „weit über die eigentliche Beteiligung hinaus.“ (ebd. S. 17)

Gaby Straßburger und Judith Rieger haben 2014 das Modell „Die Partizipationspyramide“ (siehe Abbildung 2) entwickelt, welches zwei Seiten der Partizipation darstellt: „Partizipation aus institutionell-professioneller Perspektive“ und „Partizipation aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger“. (vgl. Straßburger & Rieger, 2014)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Partizipationspyramide nach Straßburger und Rieger 2014

Bei der Beschreibung des Modells wird im Folgenden nicht gesondert auf beide Seiten eingegangen, sondern sie werden zusammengefasst dargestellt, um den Unterschied zum Stufenmodell eindeutiger zu vergleichen.

Die Partizipationspyramide umfasst sieben Stufen, die sich in Vorstufen und Stufen der Partizipation aufteilen. Die ersten drei Ebenen beginnen mit der Information über Einbringen der eigenen Meinung bis hin zu beratender Funktion. Diese Vorstufen schaffen Transparenz, aber noch keine Sicherheit, dass die eigene Beteiligung in dem Prozess berücksichtigt wird. Die Stufen vier bis sechs beschreiben Partizipation als gemeinsamen Entscheidungsprozess, als eigenständige Mitentscheidung sowie als unterstützte Entscheidungsfreiheit. Die letzte Stufe geht auf einen selbstorganisierten Prozess der Partizipation ein. (vgl. Straßburger & Rieger, 2014)

Im Vergleich der beiden Modelle wird deutlich, dass die Partizipationspyramide die ersten drei Stufen des Stufenmodells, die sogenannte Fremdbestimmung außer Acht lässt. Beide Modelle steigen somit mit der kleinstmöglichen Beteiligung durch die Information und der Teilnahme am Geschehen in den Prozess der Partizipation ein. Hier spielen Transparenz, Offenheit und Information als Grundlage der Meinungsbildung und Entscheidung eine bedeutende Rolle. Darauf aufbauend beginnt die eigentliche Beteiligung, die von gemeinsamem Austausch, Entscheidungsprozessen und Eigeninitiative wie auch -aktivität geprägt ist. Hier gleichen sich die letzten vier Ebenen des Stufenmodells und der Partizipationspyramide. Welche Stufe der beiden Modelle umgesetzt wird, ist von Projekt und individuellen Maßstäben abhängig. „,Gute‘ Beteiligungsformen sind dadurch gekennzeichnet, daß Kinder und Jugendliche freiwillig, unter Begleitung von Erwachsenen, an einen gemeinsamen formulierten und transparenten Ziel mit hoher Verbindlichkeit in überschaubaren Prozessen arbeiten.“ (Schröder, 1995, S. 17)

Franziska Schubert-Suffrian und Michael Regner haben in Anlehnung an das Stufenmodell von Gerd und Roger folgende Abstufung (siehe Abbildung 3) der Beteiligung für Kindertagesstätten entwickelt. Auch dieses Modell beginnt als Vorstufe der Partizipation mit der Information. Diese benötigt das Kind, um sich darauf basierend eine eigene Meinung bilden und anschließend Entscheidungen treffen zu können. Die pädagogische Fachkraft hat die Aufgabe, die Kinder auf verständliche Weise über Hintergründe und Handlungsmöglichkeiten zu informieren. (vgl. Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 29f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Stufen der Partizipation nach Regner und Schubert-Suffrian 2010, S. 19

Eine weitere Vorstufe betrifft das Gehört werden. Das Ziel in dieser Stufe liegt in der Erweiterung des Entscheidungsspektrums. Die pädagogische Fachkraft ist angehalten, die Ideen der Kinder in den Beteiligungsprozess miteinzubeziehen. Hier wird die Grundlage geschaffen, dass die Gedanken der Kinder zu einem gemeinsamen Ergebnis führen können. Mithilfe der darauffolgenden Ebene der Mitbestimmung können die Ideen im Austausch besprochen werden und durch eine Abstimmung zu einer gemeinsamen Entscheidung gelangen. Die letzte Stufe teilt sich in Selbstbestimmung in der Gruppe und Selbstbestimmung jedes Kindes auf. Die Selbstbestimmung in der Gruppe bietet die Chance, dass die Kinder ohne eine erwachsene Stimme eine Entscheidung treffen können. Die individuelle Selbstbestimmung kommt dem Bedürfnis und der Eigenverantwortung jedes einzelnen Kindes nach (vgl. ebd. S. 30). Auch hierbei ist zu beachten, dass die Wahl der Stufen von der Situation und vom Prozess abhängig ist und somit wertfrei betrachtet werden kann. Die folgenden Prinzipien liefern Aufschluss darüber, was es braucht, damit das Kind als Akteur seiner Entscheidungen verstanden werden und sich als mitentscheidende Komponente im Partizipationsprozess fühlen kann (vgl. Uray, 2013, S. 4).

3.2. Prinzipien der Partizipation

Im Verlauf der Partizipation sind fünf wesentliche Prinzipien zu beachten, damit die Grundlagen der Partizipation für die Kinder gesichert sind.

Prinzip der Information

Um eine Entscheidung treffen zu können, brauchen Kinder Wissen über das entscheidende Thema und die damit verbundenen Auswirkungen sowie über die Methode der Entscheidung. Das Thema muss einen Bezug zum Kind darstellen, um die Interessen der Kinder einzubinden. Diese Verantwortung liegt bei der pädagogischen Fachkraft, die die Kinder über ihre Entscheidungsspielräume und die Alternativen aufklärt.

Prinzip der Transparenz

Das Prinzip der Transparenz verdeutlicht die Wichtigkeit über eine durchschaubare und übersichtliche Struktur der partizipativen Prozesse. Die Kinder müssen Wissen darüber erlangen, wie und in welcher Tragweite sie sich beteiligen können. Ein wiederkehrender Ablauf entwickelt bei den Kindern Sicherheit im Umgang mit Entscheidungsfindungen.

Prinzip der Freiwilligkeit

Partizipative Vorgehensweisen unterliegen der Freiwilligkeit. Die Kinder dürfen selbst entscheiden, ob sie sich an einer Entscheidung, einem Projekt oder an einem Thema beteiligen möchten und in welchem Umfang. Auch die Fachkräfte sind angehalten, freiwillig zu entscheiden, an welchen Entscheidungen und Themen sie die Kinder einbeziehen möchten und können.

Prinzip der Verlässlichkeit

Kinder brauchen die Sicherheit, dass ihnen zum einen das Recht auf Beteiligung eingeräumt wird und sie zum anderen in einem solchen Prozess informiert und begleitet werden. Im weiteren Schritt müssen sich die Kinder darauf verlassen können, dass die angekündigten Projekte sowie gemeinsam getroffene Entscheidungen auch umgesetzt werden. Sollten bestimmte Abläufe scheitern, müssen den Kindern die Gründe transparent und offen erklärt und dargelegt werden.

Prinzip der individuellen Begleitung

Im Prozess der Beteiligung braucht es eine aktive Unterstützung von Seiten der pädagogischen Fachkraft. Hierbei hat jedes Kind seine eigenen Bedürfnisse, die individuell betrachtet und mit Informationen befriedigt werden müssen. (vgl. Uray, 2013, S. 4)

Diese fünf Prinzipien verdeutlichen die Wichtigkeit der pädagogischen Fachkraft in ihrer Informationsvermittlung, die transparente Struktur ihrer Kommunikation sowie ihrer verlässlichen und individuellen Begleitung der Partizipationsprozesse.

3.3. Professionalität der pädagogischen Fachkraft

Die pädagogische Fachkraft spielt in Partizipationsprozessen eine bedeutende Rolle. Denn ihre professionelle Haltung und ihr Wissen stellen die Grundlagen der Partizipation dar und entscheiden über das Gelingen der Beteiligung von Kindern.

3.3.1. Die Haltung der pädagogischen Fachkraft

„Die Grundhaltung der pädagogischen Fachkraft ist geprägt von den demokratischen Werten unserer Gesellschaft und der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen. Deshalb ist das pädagogische Handeln von Respekt, Achtung und Wertschätzung gegenüber jedem Kind geleitet. […] Ausdruck dieser Grundhaltung sind auch Prinzipien des pädagogischen Handelns wie Partizipation, Integration, Ganzheitlichkeit sowie eine vorurteilsbewusste, geschlechtersensible Bildung und Erziehung.“ (Ministerium für Kultus, 2014, S. 56ff) Im baden-württembergischen Orientierungsplan wird deutlich, dass bereits die Grundhaltung der pädagogischen Fachkraft von partizipativen Aspekten bestimmt sein muss, um jedes Kind mit seinen Bedürfnissen und Interessen individuell wahrzunehmen.

Die Haltung der pädagogischen Fachkraft wird durch die eigenen Erfahrungen und Werte beeinflusst. Da die Haltung sich auf das professionelle Handeln auswirkt, setzt sich die professionelle, pädagogische Fachkraft mit den Einflüssen ihrer Biografie auseinander und berücksichtigt sie in ihrer pädagogischen Arbeit (vgl. ebd. S. 56). Mithilfe der Selbst- und Teamreflektion hat die Fachkraft die Möglichkeit, sich in ihrer Persönlichkeit und ihrer Fach- sowie Handlungskompetenz zu entwickeln.

An dieser Stelle ist es ratsam, einen Blick auf das allgemeine Kompetenzmodell nach Fröhlich-Gildhoff zu werfen, um die Haltung und Reflexion im Kreislauf des pädagogischen Professionshandelns nachvollziehen zu können.

Da pädagogisches Handeln im Alltag auf Situationen und Handlungsanforderungen beruht, die oft komplex, mehrdeutig und schwer vorhersehbar sind, ist eine Planung nur bedingt möglich. Die Zielsetzung einer pädagogischen Professionalität ist dabei nur mit dem Erwerb von Kompetenzen erreichbar, die es der Fachkraft ermöglichen, situative Lösungsmöglichkeiten zu akquirieren und organisiert, kreativ und reflexiv zu handeln (vgl. Nentwig-Gesemann, Fröhlich-Gildhoff, Harms, & Richter, 2011, S. 11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Allgemeines Kompetenzmodell nach Fröhlich-Gildhoff 2011, S.12

Dieser Kreislauf teilt sich in die Disposition, die hierbei die Voraussetzung für das Hervorbringen von bestimmten Handlungen darstellt, und der Performanz, die die Handlungsbereitschaft sowie die erbrachte Leistung verdeutlicht. Professionelle Handlungsfähigkeit ergibt sich aus einem wechselseitigen Zusammenspiel zwischen Theorie- und Erfahrungswissen und wird sowohl durch die Situationswahrnehmung und –analyse, als auch von der aktuellen Motivation des Handelnden beeinflusst. Im Hintergrund des Modells ist die Haltung verankert, die das Denken und Handeln der Fachkraft im höchsten Maße prägt. Die Handlungsplanung und -bereitschaft führen zum Ergebnis des konkreten Handelns in pädagogischen Situationen. Dieses Handeln wird in der Phase der Evaluation beurteilt und bewertet, um auf Wissen, Motivation und Handlungspotenziale zurückzuwirken. Dieser ganze Prozess wird von der Selbstreflexion gelenkt, die auf fachlicher und forschender Ebene verstanden werden sollte. (vgl. ebd. S. 11ff)

Das Ziel im Kreislauf des professionellen Handelns liegt darin, sich seiner Kompetenzen unter Berücksichtigung der eigenen Haltung bewusst zu werden, um diese situativ und reflektiert im pädagogischen Alltag einzusetzen und zu erweitern.

Im Partizipationsprozess „nimmt die Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung und die Reflexionsfähigkeit des eigenen Handelns einen besonderen Stellenwert ein.“ (Schubert-Suffrian & Regner, 1. Auflage 2015, S. 18) Um das partizipative Engagement von Kindern bis drei Jahren zu fördern, muss die Fachkraft einige entwicklungsbedingte Eigenheiten und folgende vier Schritte beachten (vgl. Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 162).

3.3.2. Der Weg zur Förderung von Partizipation und Engagement

Wie in der Zielformulierung unter Kapitel 1.4. bereits erwähnt wurde, sind Kinder nach Michael Tomasellos Experimenten zum Helfen geboren. Kinder im Alter zwischen 14 und 18 Monaten sind dazu bereit Erwachsenen zu helfen, auch wenn sie keine Beziehung zueinander haben (vgl. Tomasello, 2010, S. 21). Michael Tomasello erklärt auch, dass sich der kindliche Altruismus im Alter durch Umwelteinflüsse weiterentwickelt. Wie sich das altruistische Kind entwickelt, hängt von individuellen Erfahrungen, dem Verhalten der umgebenden Bezugspersonen und sozialen Normen zusammen. Über Beobachtungen oder Erfahrungen lernen die Kinder entweder, dass das eigene Kooperationsverhalten dazu führt, dass andere ebenfalls hilfsbereit sind oder, dass die eigene Hilfsbereitschaft von anderen ausgenutzt wird. (vgl. ebd. S. 36f) „Zu Beginn des Prozesses sind sie [Kinder] zum Helfen und zur Kooperation veranlagt. Dann aber lernen sie, selektiv zu helfen, zu informieren und zu teilen.“ (Tomasello, 2010, S. 45)

Diese Annahme erfordert es, den Fokus auf die Förderung des gemeinschaftlichen Engagierens wie auch auf die Bedeutung der Vorbildfunktion der pädagogischen Fachkraft zu legen. „Kinder bringen also die Bereitschaft und erstaunliche Fähigkeiten mit, sich bereits im Krippenalter in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft zu engagieren. Wenn sie […] in der Kindertageseinrichtung auf freundschaftliche und hilfsbereite Erwachsene treffen und eine Einrichtungskultur vorfinden, in der es möglich ist und gern gesehen sowie angemessen unterstützt wird, sich in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft zu engagieren, dann bestehen gute Chancen dass ihre altruistische Veranlagung erhalten bleibt und sich weiter entfaltet.“ (Hansen & Knauer, 6. Auflage 2019, S. 43)

Um die Möglichkeit, sich in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft zu engagieren, entstehen zu lassen, braucht es eine pädagogische Fachkraft, die folgende Aspekte beachtet.

Berücksichtigung von entwicklungsbedingten Eigenheiten

In diesem Absatz werden drei wesentliche entwicklungsbedingte Eigenheiten von Kindern bis drei Jahren beschrieben. Dazu gehört der Beziehungsaufbau zwischen Kind und pädagogischer Fachkraft sowie zwischen den Kindern, die Entwicklung des Raum- und Zeitverständnisses und die Besonderheiten der Kommunikation.

Der Start in einer Kinderkrippe bedeutet für das Kind eine enorme Umstellung von einer vertrauten, familiären Umgebung in eine neue, unbekannte Situation. Daher sind pädagogische Fachkräfte gefordert, mit den Eltern gemeinsam „eine individuelle Eingewöhnungsphase zu gestalten, in der das Kind in seinem Tempo eine Beziehung zu einer Fachkraft“ (ebd. S. 163) aufbauen kann. Das Modell der Beziehungsachsen verdeutlicht ergänzend die Beziehungsgestaltung zwischen dem Kind, den Eltern und der Fachkraft und hebt die Entwicklung einer professionellen Haltung der pädagogischen Fachkraft hervor.

[...]


1 Bedeutung von Altruismus: selbstlose Denk- und Handlungsweise; Uneigennützigkeit (Duden, kein Datum)

2 Ein Handlungskonzept beschreibt „eine Darstellung richtungsweisender Grundsätze für pädagogisches Denken, Wahrnehmen und Handeln.“ (Büchin-Wilhelm & Jaszus, 2013, S. 38)

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Partizipation zwischen Teilhabe und Selbstbestimmung im pädagogischen Krippenalltag
Untertitel
Voraussetzungen und Grenzen der praktischen Umsetzung im theoretischen Kontext
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
105
Katalognummer
V984135
ISBN (eBook)
9783346341389
ISBN (Buch)
9783346341396
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Partizipation, Teilhabe, Selbstbestimmung, Krippe, Demokratie, Machtverhältnisse, Haltung
Arbeit zitieren
Kathleen Lienig (Autor:in), 2019, Partizipation zwischen Teilhabe und Selbstbestimmung im pädagogischen Krippenalltag, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984135

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