Wie Mary und die Fledermäuse den Physikalismus herausfordern

Analyse zu Nagels "What is it like to be a bat" und Jacksons "Epiphenomenale Qualia"


Hausarbeit, 2020

13 Seiten, Note: 1,7

Moritz Fork (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Herausforderungen an den Physikalismus
2.1 Thomas Nagel: „What is it like to be a bat“
2.1.1 Bewusstsein
2.1.2 Das ‚What-is-it-like-to-be‘-Argument
2.1.3 Zukunftsvisionen
2.2 Frank Jackson: „Epiphenomenal Qualia“
2.2.1 Das Knowledge Argument
2.2.2 Epiphänomenalismus
2.2.3 Kritikpunkte am Argument

3 Diskussion und Gegenüberstellung der Positionen

4 Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Leib-Seele-Problem ist ein in der Philosophie seit der Antike viel diskutiertes Problem. Es beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Körperlichem und Mentalem, bzw. mit dem Verhältnis von Physischen zu Psychischem und stellt die Frage, ob das eine vom anderen abhängig oder unabhängig ist.

Grundsätzlich gibt es bei dieser Frage zwei Positionen: Die Position des Dualismus erklärt, dass Leib und Seele voneinander unabhängig sind und dass es zwei Typen von Substanzen gibt, nämlich körperliche und mentale. Die Position des Monismus erklärt, dass Leib und Seele voneinander abhängig sind und es nur einen Typ von Substanzen und Eigenschaften gibt. Innerhalb dieser beiden Strömungen lassen sich weitere Untergruppen ausmachen: Der Dualismus teilt sich u.a. in den Substanzdualismus, wie er z.B. von Descartes vortreten wurde, der besagt, es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Substanzen, nämlich körperliche und mentale und in den Eigenschaftsdualismus, der besagt, dass es nur eine einzige Substanz gibt, die aber verschiedene Eigenschaften haben kann. Der Monismus wiederum teilt sich erstens in den weniger populären Idealismus, der davon ausgeht, dass alles was es gibt mental ist, und zweitens in den Physikalismus, der besagt, dass das Mentale das Körperliche ist und dass das Mentale durch das Körperliche reduziert werden kann.

Nachdem es also eine Fülle von Lösungswegen aus dem Leib-Seele-Problem gibt, soll in dieser Hausarbeit der Fokus auf den Physikalismus gelegt werden. Bei diesem stellt sich nämlich die Frage, wie es möglich sein soll, zwei so unterschiedliche Dinge wie das Körperliches und das Mentales aufeinander zu reduzieren und die Frage, ob denn bei dieser Schwierigkeit eine physikalistische Position überhaupt gerechtfertigt sein kann und/oder inwieweit.

Sowohl der amerikanische Philosoph Thomas Nagel als auch der australische Philosoph Frank Jackson haben versucht, den Physikalismus herauszufordern bzw. zu widerlegen. Ihre dazu verfassten Arbeiten „ What is it like to be a bat “ und „ Epiphenomenale Qualia “ sollen daher in dieser Hausarbeit nach ihren Argumenten analysiert und verglichen werden, um darzulegen, welche Implikationen deren Ergebnisse auf das Leib-Seele-Problem haben und welche der beiden Positionen plausibler erscheint.

2 Herausforderungen an den Physikalismus

2.1 Thomas Nagel: „What is it like to be a bat“

2.1.1 Bewusstsein

Thomas Nagel stellt schon gleich zu Beginn seines 1974 verfassten Aufsatzes heraus, dass es das Bewusstsein ist, welches das Leib-Seele-Problem so schwierig macht. Mit Bewusstsein ist hier nicht das Bewusstsein gemeint im Sinne eines Wachzustandes im Gegensatz zum Schlafzustand, oder einem Bewusstsein als Selbstwissen bzw. Selbstbewusstsein, sondern gemeint ist das phänomenale Bewusstsein, nämlich das Bewusstsein irgendwie zu sein, welches Nagel auch als subjektiven Charakter von Erfahrungen bezeichnet:

„Die Tatsache, dass ein Organismus überhaupt bewusste Erfahrungen hat, heißt im Wesentlichen, dass es irgendwie ist, dieser Organismus zu sein. […] Wir können dies den subjektiven Charakter von Erfahrungen nennen“ (Nagel 2009, S. 63).

Bewusstsein ist also der Zustand, dass es sich bei physischen Erfahrungen irgendwie anfühlt, dieses Wesen zu sein, man könnte diesen Zustand von Erfahrungen auch als Subjektivität bezeichnen. Der subjektive Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes wird auch „Qualia“ genannt. Aber auch unbelebte Dinge haben Erfahrungen oder Erlebnisse, wie beispielsweise ein Haus, das in der Sonne steht. Aber im Gegensatz zum Menschen mit Bewusstsein, für den es sich irgendwie anfühlt die Wärme der Sonne zu spüren, fühlt das Haus in der Sonne die Wärme nicht. Das Bewusstsein ist also ein subjektiver Charakter.

Die Schwierigkeit an diesen Erlebnissen mit subjektivem Charakter ist nun aber, dass sie sich nicht mit den gängigen Methoden des Reduktionismus erklären lassen (vgl. ebd., S. 63). Reduktionismus bedeutet, dass man Dinge oder Eigenschaften, die verschieden zu sein scheinen, in Wirklichkeit identisch sind und das eine durch das das andere erklärt werden kann. So kann z.B. in einer reduktionistischen Analyse Wasser mit H2O erklärt werden oder ein Blitz durch elektrische Entladung, ohne dass hierbei etwas verloren geht, denn die Reduktion basiert vollständig auf den Naturgesetzen. Bei der Reduktion des Bewusstseins ist diese vollständige Reduktion nicht möglich, denn der subjektive Charakter wird bei dieser Reduktion nicht erfasst:

[Der subjektive Charakter] wird von keiner der vertrauten, neuerdings entwickelten reduktiven Analyse des Mentalen erfasst. Alle diese Analysen sind nämlich mit seiner Abwesenheit logisch vereinbar. Er ist nicht in der Begrifflichkeit irgendeines exploratorischen Systems funktionaler oder intentionaler Zustände analysierbar“ (ebd., S. 63).

Die Schwierigkeit in Bezug auf den Physikalismus besteht nun darin, dass der Physikalismus nur dann wahr sein kann, wenn phänomenologische Eigenschaften selbst physisch erklärt werden können. Da aber das subjektive Phänomen mit einer einzelnen Perspektive verbunden ist, scheint es unvermeidlich, dass eine objektive physikalische Theorie von dieser Theorie abstrahiert wird (vgl. ebd. S. 64). Dies soll mit dem folgenden Gedankenexperiment an Fledermäusen genauer erläutert werden.

2.1.2 Das ‚What-is-it-like-to-be‘-Argument

Um den Sachverhalt zwischen subjektiver und objektiver Betrachtungseise herauszustellen, entwirft Nagel das Gedankenexperiment, wie es ist eine Fledermaus zu sein. Man nehme dazu an, dass Fledermäuse, die genauso wie Menschen Säugetiere sind, Erlebnisse haben. Fledermäuse haben aber im Gegensatz zum Menschen einen ganz anderen Sinnesapparat. Sie orientieren sich im Raum nicht visuell, sondern durch das von ihnen durch Schreie zurückgeworfene Echo, also einer Sinneswahrnehmung, mit der sie das hören, was wir Menschen sehen können. Diese Tatsache macht es nun für uns schwierig sich vorstellen, wie es ist eine Fledermaus zu sein, denn wir können uns „keinen Begriff davon machen, wie es ist eine Fledermaus zu sein“ (ebd. S. 65). Selbst wenn man versuchte, alles über das Sinnesvermögen der Fledermäuse zu erfahren und sich Flughäute unten den Armen vorstellte, man könnte sich immer nur einen Begriff davon machen, wie es für einen selbst ist eine Fledermaus zu sein, aber nicht, wie es für die Fledermaus ist.

Wir können also den subjektiven Charakter, wie es ist eine Fledermaus zu sein, nicht mit den objektiven Fakten, die wir über Fledermäuse haben, erfassen. Daher müssen wir der Fledermaus zugestehen, dass sie Erlebnisse von subjektiven Charakter hat, die sie nur aus ihrer eignen Erfahrungsperspektive wahrnimmt und gleichsam müssen wir uns physikalische Tatsachen zugestehen, die wir von unserem Standort wahrnehmen, die aber objektiv sind. Aus dieser Kluft zwischen der Perspektive der 1. Person und der Perspektive der 3. Person ergibt sich nun die Unerklärbarkeit, „wie der wahre Charakter von Erlebnissen in der physikalischen Funktionsweise dieses Organismus entdeckt werden kann“ (ebd. S. 69). Es ist aber nicht nur diese Erklärungslücke, die eine Reduktion in eine physikalistische Theorie unmöglich erscheinen lässt, es ist auch die Reduktion an sich, denn die kann nur gelingen, „wenn die artspezifische Betrachtungsweise von dem was reduziert werden soll ausgeklammert wird“ (ebd. S. 72). Wenn man aber ein phänologisches Erlebnis von seinem subjektiven Charakter der artspezifischen Betrachtungsweise eliminiert, dann bleibt von diesem nichts inhaltlich Sinnvolles mehr übrig.

Für Nagel ist dies aber alles kein Grund, zu dem Schluss zu kommen, dass der Physikalismus falsch ist, sondern Nagel sieht gegenwärtig (noch) kein geeignetes Konzept, wie eine physikalistische Reduktion möglich sein könnte (vgl. ebd. S. 73).

Die folgende Argumentationsskizze macht dies nochmals deutlich:

(1) Der Physikalismus ist wahr, wenn mentale Zustände durch physische erklärbar sind.
(2) Es gibt mentale Zustände, die man nur erfassen kann, wenn man in deiner bestimmten Erfahrungsperspektive ist und damit sind subjektivsind.
(3) Es gibt physikalische Zustände, die von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden können und damit objektiv sind.
(4) Es gibt im Moment noch keine Methode mentale Zustände auf physische Zustände zu reduzieren.
(5) Im Moment kann noch nicht darauf geschlossen werden, dass der Physikalismus wahr ist.

2.1.3 Zukunftsvisionen

Die Tatsache, dass wir im Moment noch keine Methode haben, mentale Zustände auf physische Zustände zu reduzieren, sollte aber laut Nagel als eine Herausforderung angesehen werden, an einer Methode zu arbeiten. Auch für die Vorsokratiker wäre es noch unvorstellbar gewesen, zu erklären wie Materie gleich Energie sein könnte und dennoch ist es für uns heute möglich die Relativitätstheorie zu beweisen (vgl. ebd. S. 74). Um eine geeignete Methode zu entwickeln, wäre es nötig, neue Begriffe für phänomenale Zustände zu entwickeln und eine objektive Phänomenologie zu entwerfen, die von Einfühlung oder Fantasie unabhängig ist. Auch wenn diese Phänomenologie wohl niemals einen Anspruch auf Vollständigkeit hätte, so könnte sie dennoch den subjektiven Charakter von Erlebnissen teilweise so beschreiben, dass sie auch für diejenigen verständlich sind, die solche Erlebnisse nicht haben (vgl. ebd. S.76).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Wie Mary und die Fledermäuse den Physikalismus herausfordern
Untertitel
Analyse zu Nagels "What is it like to be a bat" und Jacksons "Epiphenomenale Qualia"
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
13
Katalognummer
V984619
ISBN (eBook)
9783346341297
ISBN (Buch)
9783346341303
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mary, fledermäuse, physikalismus, analyse, nagels, what, jacksons, epiphenomenale, qualia
Arbeit zitieren
Moritz Fork (Autor:in), 2020, Wie Mary und die Fledermäuse den Physikalismus herausfordern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984619

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