Leseprobe
I Inhaltsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Tabellenverzeichnis
IV Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Stress
2.1 Begrifflichkeit Stress
2.2 Belastungs-Beanspruchungsmodell und Arbeitspsychologisches Stressmodell
3 Resilienz
3.1 Begrifflichkeit Resilienz
3.2 Eigenschaften resilienter Menschen
3.2.1 Sieben Resilienzfaktoren
3.2.2 Modell: zehn Schritte zur persönlichen Resilienz-Förderung nach Wellensiek
4 Resilienz am Arbeitsplatz
4.1 Arbeitsbezogene Resilienz
4.2 Resilienzförderung von Mitarbeitern und Teams nach Wellensiek
4.3 Praxismodell mit dem Resilienzfaktor Stressbewältigung nach Sommer, Kuhn, Milletat, Blaschka und Redetzky
4.3.1 Regulation von Gefühlen
4.3.2 Distanzierungsfähigkeit
4.3.3 Selbstfürsorge
4.3.4 Belastungsempfinden
5 Fazit
V Literaturverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Belastung-Beanspruchungs-Konzept
Abbildung 2: Arbeitspsychologisches Stressmodell
III Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Resiliente Eigenschaften nach Reivich & Shatté, Mourlane, Wellensiek
IV Abkürzungsverzeichnis
BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
EU-OSHA Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
WHO Weltgesundheitsorganisation
1 Einleitung
Seit 1994 ist in Deutschland ein Anstieg der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von psy- chischen Erkrankungen um über 100 Prozent erkennbar. Die Arbeitsunfähigkeitstage sind um etwa 90 Prozent gestiegen (Wellensiek & Kleinschmidt, 2013). Laut der Bun- desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) lagen die Produktionsausfall- kosten durch Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Störungen im Jahr 2012 bei 6,0 Mrd. Euro, der Ausfall an Bruttowertschöpfung (Verlust an Arbeitsproduktivität) bei 10,5 Mrd. Euro (Nöllenheidt & Brenscheidt, 2014). Aus den genannten Daten wird nicht nur die gesundheitliche Problematik psychischer Krankheiten deutlich, sondern es werden auch Beispiele ökonomischer Auswirkungen aufgezeigt.
Dass Stress dabei als eine mögliche Ursache psychischer Erkrankungen gilt, zeigt eine Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach bis zum Jahr 2020 jede zweite Krankmeldung auf Stress zurückzuführen sein wird. Der WHO zufolge stellt Stress das größte Gesundheitsrisiko des 21. Jahrhunderts dar (Poulsen, 2012).
Nach Sommer, Kuhn, Milletat, Blaschka und Redetzky (2014) können die heutzutage hohen psychischen Anforderungen und Stressbelastungen beispielsweise durch die hohe Informationsflut, die modernen Kommunikationstechniken, oder durch die geforderte Fähigkeit zum Multitasking begründet werden. Die Beschäftigungsverhältnisse sind oft weniger stabil und ein hohes Maß an Flexibilität wird vorausgesetzt. Ein weiterer Grund kann nach Wellensiek (2011) der stetige Veränderungsprozess sein, d.h., dass es keinen klassischen Change Prozess mehr gibt. Ihrer Meinung nach werden Menschen heutzuta- ge ausgebeutet und bei Leistungsabfall weiterhin stigmatisiert. Erforderlich sind ent- sprechend kompetente Führungskräfte, eine Beachtung der Ressourcen und Regenerati- on der Mitarbeiter, sowie eine neue innere Haltung. Um bei den heutigen Anforderun- gen auf Dauer gesund bleiben zu können, ist eine Auseinandersetzung mit sich selbst erforderlich. Man muss die eigenen Belastungsgrenzen und Kraftspeicher kennen, um sich selbst steuern zu können.
Auf dieser inneren Haltung, Selbststeuerung und Selbstwirksamkeit baut auch das Kon- zept der Resilienz, der psychischen Widerstandsfähigkeit, auf. Aus diesem Grund soll in der vorliegenden Hausarbeit die Signifikanz der Resilienz als Stressbewältigung unter- sucht werden. Explizit soll dabei der Einfluss von Resilienz auf die Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress bei Mitarbeitern erörtert werden. Dazu wird in Kapitel zwei zunächst die Begrifflichkeit Stress definiert und konkret auf den Arbeitsalltag bezogen. Es folgt eine Klärung des allgemeinen Resilienz-Begriffs in Kapitel drei, indem an- schließend gängige Eigenschaften resilienter Menschen erläutert werden. Danach wird in Kapitel vier ein Bezug zur arbeitsbezogenen Resilienz bei Mitarbeitern hergestellt und mögliche Faktoren zur Stressbewältigung dargestellt. Schließlich bildet das Fazit das fünfte Kapitel, beantwortet die Fragestellung und beinhaltet eine kritische Reflexion der Ergebnisse.
2 Stress
In diesem Kapitel soll der Begriff des Stresses zunächst in allgemeiner Hinsicht und dann arbeitsbezogen geklärt werden. Folgen und die damit verbundene hohe Bedeutung von Bewältigungsstrategien sollen deutlich gemacht werden. Zur Erläuterung wird knapp auf das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept von Rohmert und Rutenfranz ein- gegangen und durch das Arbeitspsychologische Stressmodell nach Bamberg, Busch & Ducki ein Bezug zur Resilienz hergestellt.
2.1 Begrifflichkeit Stress
Allgemein gesehen kann Stress in positiven Stress (Eustress) und negativen Stress (Dis- tress) unterteilt werden, wobei positiver Stress als biologisch sinnvoll betrachtet wird. Durch ihn kann man den notwendigen Antrieb oder auch Flow erlangen und anstren- gende Zeiten besser überstehen. Dauerstress ohne Ausgleich belastet allerdings das Im- munsystem und die Abwehrkräfte. Wenn durch Überlastungen die eigenen Grenzen dauerhaft überschritten werden und dabei keine neue Energie getankt werden kann, kann es zu einem Abbau der eigenen Ressourcen kommen. Die Folgen sind Erschöp- fungszustände, seelische und körperliche Zusammenbrüche oder Krankheiten wie Burnout oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Poulsen, 2012). Es gibt allerdings keine allgemeingültigen Bewältigungsstrategien, die für jeden funktionieren. Mögliche Vor- gehensweisen um Stress zu mildern sind beispielsweise Sport zu treiben, aktive Ent- spannungsmethoden oder Traumreisen durchzuführen. Hilfreich können Meditation, autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder aber eine Änderung der eige- nen Einstellung sein (o. V., o. J., S. 2-4).
Daraus ergibt sich die Wichtigkeit, mit der das Thema Stress und seine Folgen behan- delt und untersucht werden sollte. Es gilt mögliche Ursachen und Bewältigungsstrate- gien herauszuarbeiten, um Lösungsansätze erkennbar machen zu können. Der Ar- beitsalltag kann ein möglicher Ort hoher Stressbelastung und Überforderung darstellen, weshalb nun gezielt auf negativen Stress im Hinblick auf den Arbeitsplatz eingegangen werden soll.
Der europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU- OSHA) zufolge bezieht sich arbeitsbedingter Stress auf die Interaktion zwischen dem Beschäftigten mit seinen Fähigkeiten und den Anforderungen durch das Arbeitsumfeld. Stress entsteht dann, wenn eine Bewältigung oder Kontrolle der Anforderungen wegen mangelnder Fähigkeiten nicht möglich ist (o. V., 2000). Die Anforderungen können sich dabei auf die Arbeitsaufgabe (Zeit- und Termindruck, Informationsüberflutung), die Arbeitsrolle (Verantwortung, Konkurrenz), die materielle Umgebung (Lärm, Hitze, kälte), die soziale Umgebung (Betriebsklima, strukturelle Veränderungen) oder das Per- sonensystem (Angst vor Aufgaben, fehlende Eignung) beziehen (Richter & Hacker, 1998, zitiert nach Zapf, 1998). Die Generalkommission V der Europäischen Union ver- steht unter arbeitsbedingtem Stress eine "emotionale und psychophysiologische Reakti- on auf ungünstige und schädliche Aspekte der Arbeit, des Arbeitsumfeldes und der Ar- beitsorganisation. Stress ist ein Zustand, der durch hohe Aktivierungs- und Belastungs- niveaus gekennzeichnet ist und oft mit dem Gefühl verbunden ist, man könne die Situa- tion nicht bewältigen" (o. V., o. J., o. S.).
Aus beiden Definitionen geht hervor, dass die individuelle Empfindung der Belastung eine entscheidende Rolle für die Bewältigung von Stress spielt. Es existiert zwar eine hohe und ungünstige Belastung, jedoch kommt es erst dann tatsächlich zu Stress, wenn die eigenen Fähigkeiten zur Bewältigung nicht ausreichend sind.
2.2 Belastungs-Beanspruchungsmodell und Arbeitspsychologisches Stressmodell
In diesem Zusammenhang ist das Belastungs-Beanspruchungs-Modell von Rohmert und Ruthenfranz (1975) aus der Arbeitswissenschaft erwähnenswert. Dabei wird eine Unter- scheidung zwischen Belastung und Beanspruchung gemacht, wonach die Belastung neutral ist und alle Einflussfaktoren enthält, die auf jeden Menschen gleichermaßen einwirken. Die Beanspruchung stellt die innere Reaktion auf die Belastung dar und ist von individuell verfügbaren Ressourcen (intervenierenden Variablen) abhängig ist, bei- spielsweise von der Persönlichkeit, dem Alter oder der physiologischen Anpassungsfä- higkeit (Schüle, 2012). Abbildung eins verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Be- lastung und Beanspruchung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Belastungs-Beanspruchungs-Konzept (in Anlehnung an Rohmert & Rutenfranz, 1975, nach Schüle, 2012, S.7).
Ein weiteres Modell, das zur Verdeutlichung der Zusammenhänge herangezogen wer- den kann, ist das Arbeitspsychologische Stressmodell nach Bamberg et al. (2003). Es unterscheidet zunächst zwischen bedingungsbezogenen Stressoren und personenbezo- genen Risikofaktoren. Unter bedingungsbezogenen Stressoren werden Einflüsse aus der Umwelt und Situation, z.B. Arbeitsaufgabe und –bedingungen, verstanden. Zu den per- sonenbedingten Risikofaktoren gehören Merkmale oder Verhaltensmuster der Person. Dem stehen bedingungs- und personenbezogene Ressourcen gegenüber, wobei es sich bei den bedingungsbezogenen beispielsweise um Autonomie, Kontrolle oder soziale Unterstützung handelt. Personenbezogene Ressourcen hingegen sind die verfügbaren Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien. Aus den Stressoren bzw. Risikofaktoren und Ressourcen ergibt sich eine entsprechende Bewertung und Bewältigung. Die Situation kann etwa als Verlust, Schädigung, Herausforderung, Bedrohung oder aber als irrele- vant primär bewertet werden. Sekundär wird dann eingeschätzt, ob die eigenen Bewäl- tigungsmöglichkeiten ausreichend sind. Das anschließende Bewältigungsverhalten kann emotions- oder problembezogen sein. Die Stressfolgen können kurz- oder langfristig und somatisch, kognitiv-emotional oder verhaltensorientiert sein. Zur Stressbewältigung können nun die verschiedenen Aspekte, d.h. Stressoren/Risikofaktoren oder Ressourcen beeinflusst werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Arbeitspsychologisches Stressmodell (in Anlehnung an Bamberg et al., 2003)
Aus dem beschriebenen Arbeitspsychologischen Stressmodell soll sich zu erkennen geben, dass als Ursache von Stress ein Mangel an personenbedingten Ressourcen her- angezogen werden kann. Wenn also die vorhandenen Fähigkeiten als nicht ausreichend für eine Bewältigung des Stressors/Risikofaktors bewertet werden, kann es zu Stress mit kurz- oder langfristigen Folgen kommen. Genau an diesen verfügbaren inneren Res- sourcen knüpft das Konzept der Resilienz an, wodurch eine widerstandsfähige innere Haltung aufgebaut werden soll und im folgenden Kapitel explizit eingegangen wird.
3 Resilienz
Dieses Kapitel soll zunächst den Begriff der Resilienz klären, indem es die Herkunft des Wortes und das Konzept an sich beleuchtet. Im Anschluss werden mögliche persönliche Eigenschaften resilienter Menschen erläutert.
3.1 Begrifflichkeit Resilienz
Resilienz lässt sich von dem lateinischen Wort „resilire“ ableiten, was „zurückspringen“ oder „abprallen“ bedeutet. Außerdem bezeichnet es in der Werkstoffkunde einen Stoff, der nach äußeren Druck- oder Zugeinwirkungen wieder in seine ursprüngliche Form zurückkehren kann ohne daran kaputtzugehen. Unter Resilienz kann demnach die Wi- derstandsfähigkeit, Belastbarkeit, Flexibilität oder Elastizität eines Menschen verstan- den werden (Wellensiek & Kleinschmidt, 2013). Zander (2009) versteht unter Resilienz die „’seelische Widerstandsfähigkeit’ in sehr belastenden, risikobehafteten und trauma- tischen Situationen“. Dabei entsteht sie durch ein „Wechselspiel von Risiko- und Schutzfaktoren“ (Zander, 2009, S. 12). Eine passende Längsschnittstudie dazu führte die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy E. Werner bereits im Jahr 1955 mit etwa 700 Kindern durch, die auf der Hawaii-Insel Kauai geboren worden sind. Die Entwicklung wurde über 40 Jahre lang beobachtet, wobei die Kinder unter unterschied- lichen Bedingungen aufgewachsen sind. Auffällig dabei war zu sehen, dass sich etwa ein Drittel der Kinder trotz Risikofaktoren und kritischen Lebensereignissen normal entwickelte. Durch die besagte Studie ist erkennbar, dass Resilienz als eine Art der Per- sönlichkeitsentwicklung angesehen werden kann, da es dabei um die Aneignung einer entsprechenden inneren Haltung und der daraus resultierende Verhaltensweisen geht (Wellensiek & Kleinschmidt, 2013). Es handelt sich nicht um eine angeborene Eigen- schaft, sondern um „eine Veranlagung, die bei jedem unterschiedlich ausgeprägt ist, aber aktiv angestoßen und gestärkt werden kann“ (Wellensiek & Kleinschmidt, 2013, S. 10).
3.2 Eigenschaften resilienter Menschen
Welche Eigenschaften konkret zu einer resilienteren Persönlichkeit führen können bzw. eine resiliente innere Haltung ausmachen, soll im folgenden Abschnitt analysiert wer- den. Es ist allerdings anzumerken, dass es verschiedene Quellen gibt, die die zunächst aufgeführten gängigen Resilienzfaktoren anzweifeln und etwas anders auslegen oder übersetzen. Zudem entwickeln sich Begrifflichkeiten im Laufe der Zeit weiter.
3.2.1 Sieben Resilienzfaktoren
Unter den sieben gängigen Resilienzfaktoren nach Reivich und Shatté (auch sieben Säu- len der Resilienz genannt) werden Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Ver- lassen der Opferrolle, Übernahme von Verantwortung, Netzwerkorientierung und Zu- kunftsplanung verstanden (Mourlane, 2012). Tabelle eins zeigt die einzelnen Eigen- schaften im Vergleich zu den Auffassungen von Denis Mourlane (2012) und Sylvia Kéré Wellensiek (2011), wobei nicht jeder Resilienzfaktor eines Konzepts in den ande- ren Konzepten vertreten ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: resiliente Eigenschaften nach Reivich & Shatté, Moulane, Wellensiek (eigene Darstellung)
Denis Mourlane hat die sieben gängigen Resilienzfaktoren etwas verändert und daraus Emotionssteuerung, Impulskontrolle, Kausalanalyse, Empathie, realistischer Optimis- mus, Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Zielorientierung gemacht. Genauer erklärt bedeutet das, dass Emotionen und Impulse nicht ihren freien Lauf nehmen, sondern gesteuert werden. Gründe für Erfolge und Misserfolge werden zeitlich und inhaltlich gründlich analysiert, damit diese besser eingeschätzt werden können. Die Gedanken und Gefühle der anderen können nachvollzogen werden und es besteht eine optimistische, aber auch nicht zu optimistische Grundeinstellung. Es besteht der Glaube, dass das ei- gene Schicksal selbst in die Hand genommen werden kann und durch ein entsprechen- des Verhalten verändert werden kann. Nach Mourlanes Erkenntnissen macht die Set- zung von neuen und klaren Zielen, ohne sich dabei von Rückschlägen entmutigen zu lassen, einen resilienten Menschen aus. Sylvia Kéré Wellensiek entwickelte aus dem genannten gängigen Modell zehn Schritte zur persönlichen Resilienz-Förderung, die im Folgenden genauer erläutert werden sollen.
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