Adblocker und Geschäftsmodelle digitaler Online-Medien


Tesis de Máster, 2018

146 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Relevanz
1.2 Aufbau, Ziele und generelle Fragestellung

2. Digitalisierung und Medienwandel
2.1 Entwicklung und Nutzung des Internets
2.2 Bedeutung und Eigenschaften von Medien im Internet
2.3 Bedeutung der Entwicklung für Medienunternehmen

3. Monetisierung von Medieninhalten
3.1 Finanzierungsmodelle für digitale Medien
3.2 Entwicklung der Werbeumsätze
3.3 Abrechnungsmodelle von Online-Werbung
3.4 Spezifische Eigenschaften von Onlinemedien

4. Arten von Online-Werbung
4.1 Personalisierte Werbung
4.1.1 Targeting
4.1.2 Technische Funktionsweise
4.1.3 Datenspeicherung und Tracking
4.1.4 Gesetzliche Situation
4.2 Kontroversen
4.2.1 Schadsoftware
4.2.2 Performanceminderung
4.2.3 De-Mediatisierung
4.2.4 Weitere Kontroversen von Online-Werbung

5. Adblocking
5.1 Definition und Entwicklung
5.2 Technische Funktionsweise
5.3 Funktionen von Adblockern
5.4 Anbieter: Beispiel Adblock Plus
5.4.1 Filterlisten und Whitelisting
5.4.2 Acceptable Ads Initiative
5.4.3 Nutzungsbeispiele
5.5 Finanzierung und Geschäftsmodelle
5.6 Rechtliche Beurteilung

6. Empirische Forschung
6.1 Ziel der Befragungen
6.2 Konzeption und Forschungsdesign
6.2.1 Konzeption und Forschungsdesign der quantitativen Studie
6.2.2 Konzeption und Forschungsdesign der qualitativen Studie
6.3 Sample
6.3.1 Sample der quantitativen Umfrage
6.3.2 Sample der qualitativen Studie
6.4 Datenerhebung und Durchführung
6.4.1 Ablauf der quantitativen Umfrage
6.4.2 Ablauf der Experteninterviews
6.4.3 Probleme der Datenerhebung

7. Nutzerperspektive
7.1 Hypothesen, Forschungsfragen und Operationalisierung
7.2 Verbreitung und Nutzung
7.3 Nutzungsweisen
7.4 Nutzungsmotive
7.4.1 Unangenehme Werbung
7.4.2 Schutz vor Tracking und Privatsphäre
7.4.3 Schutz vor Schadsoftware
7.4.4 Verbesserung der Performance
7.4.5 De-Mediatisierung
7.5 Umfrageergebnisse
7.5.1 Wahrnehmung von Online-Werbung
7.5.2 Kenntnisse über Adblocker
7.5.3 Nutzung von Adblockern

8. Angebotsperspektive
8.1 Hypothesen, Forschungsfragen und Operationalisierung
8.2 Auswirkungen auf die Werbebranche
8.3 Maßnahmen der Werbetreibenden
8.3.1 Neue Bezahlmethoden (Paid-Content Modelle)
8.3.2 Anti-Adblock Sperren
8.3.3 Aufklärungskampagnen
8.4 Politisch-gesetzliche Maßnahmen
8.5 Alternative Werbeformen
8.5.1 Nutzerfreundliche Werbung
8.5.2 Native Advertising, Content Marketing & Influencer Marketing
8.6 Ergebnisse der Experteninterviews
8.6.1 Einschätzungen des Themas Adblocking
8.6.2 Effekte des Adblockings und Konsequenzen

9. Fazit
9.1 Zusammenfassung der Herleitung
9.2 Beantwortung der Forschungsfragen
9.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Internetnutzung in Deutschland nach Altersgruppen (mindestens seltene Nutzung), vgl. Koch und Frees 2017, 435

Abbildung 2: Durchschnittliche Internetnutzung in Deutschland in Minuten pro Tag 2017, vgl. Koch und Frees 2017, 438

Abbildung 3: Umsätze mit Onlinewerbung in Deutschland in den Jahren 2005 bis 2021* (in Millionen Euro), vgl. PwC 2017a

Abbildung 4: Screenshot aus der Firefox Browser-Extension Lightbeam

Abbildung 5: Prozess des Ausspielens von Werbung durch einen Ad-Server bei Aufruf einer Webseite, Eigendarstellung

Abbildung 6: Verbrauchtes Datenvolumen auf Nachrichtenportalen: News-Inhalte vs. Werbe-Inhalte (in Megabyte), vgl. Aisch, Andrews und Keller 2015

Abbildung 7: Anzahl der Nutzer von Adblock-Plugins weltweit in den Jahren 2010 bis 2016 (in Millionen), vgl. Adobe Systems 2017

Abbildung 8: Einrichtung des Browser-Plugins für Safari von Adblock Plus unter macOS, Eigendarstellung

Abbildung 9: Einrichtung der mobilen App von Adblock Plus unter iOS, Eigendarstellung

Abbildung 10: Faktoren für die störende Wirkung von Werbung, absteigend sortiert, Eigendarstellung

Abbildung 11: Faktoren für die störende Wirkung von Werbung, stationär vs. mobil, Eigendarstellung

Abbildung 12: Geschätzter Schaden durch Adblocking weltweit in den Jahren 2013 und 2014 und Prognose bis 2016 (in Milliarden US-Dollar), vgl. Adobe System/PageFair 2015

1. Einleitung

„We messed up“ (Slefo 2015) – auf Deutsch: Wir haben es vergeigt. Mit diesem beeindruckend offenen Satz beginnt Scott Cunningham, Senior Vice President des International Advertising Bureau1, im Oktober 2015 einen Blogbeitrag. Darin spricht er über die wachsende Bedrohung der Werbetreibenden im Internet durch sogenannte Adblocker. Software, mit der Nutzer Werbung beim Surfen ausblenden können. Die Nutzung dieser Anwendungen ist für Werbetreibende und Publizisten im Internet hochproblematisch, schließlich finanzieren sich viele Medienangebote vor allem durch Werbeeinnahmen – auch im Internet. Cunningham gibt in seinem Blogbeitrag sich selbst und dem Rest der Werbebranche die Schuld dafür, dass diese Bedrohung überhaupt erst eine solche Relevanz erlangen konnte. Er sagt: „We lost track of the user experience“ (Slefo 2015), die Branche habe also das Nutzererlebnis aus den Augen verloren, indem sie Werbung über Jahre immer aufdringlicher, präsenter und nutzerunfreundlicher habe werden lassen. Die vermeintliche Folge: Nutzer haben genug von Werbung und nutzen Adblocker, um sie zu umgehen. Dies wiederum stellt die Werbetreibenden vor das Problem, dass sie ihre Einnahmen aus eben dieser Werbung bedroht sehen und ihren Geschäftsmodellen die Grundlage entzogen wird.

Diese Darstellung ist stark simplifiziert und die tatsächlichen und genauen Kausalitätsmechanismen sind näher zu ergründen, trotzdem skizziert sie einen wichtigen und hochrelevanten Konflikt, der in den letzten Jahren auch medial große Aufmerksamkeit erlangt hat: Internetnutzer setzen zunehmend technische Möglichkeiten ein, um unliebsame Werbung beim Surfen auszublenden und schaden damit potenziell den Geschäftsmodellen von Werbetreibenden und Publizisten im Onlinesektor. Aber wie groß ist dieser Schaden wirklich? Was sind die tatsächlichen Gründe dafür, dass Nutzer vermehrt Adblocker einsetzen? Und welche Lösungsansätze gibt es, um beide Seiten zufrieden zu stellen? Das sind einige der Fragen, die in dieser Arbeit beantwortet werden sollen.

1.1 Relevanz

Es nicht neu, dass Konsumenten von Medieninhalten nach Wegen suchen, um Werbung zu umgehen – auch bei klassischen Medien. Beim Konsum von Printmedien kann Werbung zum Beispiel überlesen werden. Beim Fernsehen werden Werbepause dazu genutzt, um währenddessen etwas anderes zu tun. Auch technische Hilfsmittel wurden in der Vergangenheit bereits eingesetzt, um Werbung auszublenden: Vom Vorspulen von Kassettenaufnahmen bis hin zu digitalen Videorekordern oder VCR-Rekordern, die Werbeblöcke automatisch aus der Aufnahme entfernen. Trotzdem nehmen die heutigen Möglichkeiten des Adblockings eine vollkommen andere Dimension ein. Das liegt am Internet als Verbreitungsplattform der Werbung.

Allein in Deutschland nutzen über 62 Millionen Menschen das Internet (Koch und Frees 2017, 435), das sind etwa drei Viertel der Gesamtbevölkerung. Alleine aus diesem Grund hat Online-Werbung eine besondere Relevanz. Außerdem bietet das Internet durch seine spezifischen Eigenschaften besondere gestalterische Möglichkeiten, insbesondere bei der Platzierung von Werbung, die bestimmte Vor- und Nachteile mit sich bringen. Hinzu kommt, dass Adblocking-Software es dem Nutzer besonders leicht macht, Werbung zu umgehen und dabei eine Vielzahl von Funktionen bietet – gleichzeitig ist sie im Gegensatz zu vorherigen technischen Möglichkeiten günstig, schnell und einfach anzuwenden. Der entscheidende Unterschied, der das Umgehen von Werbung im Internet jedoch besonders relevant und bedrohlich für Werbetreibende macht, ist das Finanzierungssystem von Werbung im Internet. In klassischen Medien wurden der Preis und folglich auch der Umsatz mit Werbung anhand statischer Maße wie Auflagezahlen oder Einschaltquoten definiert – wie viele dieser Leute die Werbung tatsächlich gesehen haben, konnte nicht festgestellt werden. Das ist im Internet anders: Durch den technologischen Fortschritt können Werbekampagnen nachverfolgt werden. Es kann genauestens gemessen werden, welche Zahl an Nutzern die Werbung gesehen hat und wie viele sie ausgeblendet haben. Jeder Nutzer der eine Online-Werbung blockiert, mindert damit unmittelbar mit dieser Werbung verbundenen Umsatz.

Dies sind nur einige Beispiele, aber sie zeigen, warum Adblocking durch das Internet eine besondere Relevanz einnimmt. Vor allem die Reichweite und die daraus folgende Bedeutung des Internets für Anbieter von Medieninhalten und Werbetreibende spielt eine besondere Rolle. Das Finden, Etablieren und Beschützen rentabler Online-Geschäftsmodelle ist deswegen für diese Branchen essenziell wichtig.

1.2 Aufbau, Ziele und generelle Fragestellung

In der vorliegenden Arbeit möchten wir dieses hochrelevante Thema behandeln und dazu Adblocking generell sowie die Auswirkungen, die es auf mediale Angebote im Internet und die dahinterstehenden Geschäftsmodelle haben kann, analysieren. Dadurch soll zum einen ein Bild von der Gegenwart gezeichnet werden. Zum anderen soll diese Arbeit Möglichkeiten ableiten, wie werbliche Inhalte und Geschäftsmodelle für mediale Angebote im Internet künftig gestaltet werden können, sodass die Bedürfnisse von Nutzern und Anbietern gleichermaßen erfüllt werden. In diesem Zusammenhang möchten wir generellen Fragen beantworten: Was ist Adblocking und wie wird es genutzt? Welche Folgen hat die Nutzung für das Angebot im Internet? Und was lässt sich daraus für die zukünftige Gestaltung von Werbung und digitalen Geschäftsmodellen ableiten?

Um die Rahmenbedingungen besser zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Entwicklung und Bedeutung des Internets. Dadurch soll verständlich werden, welche Rolle das Internet für Werbetreibende und Anbieter von Medieninhalten hat. Darauf aufbauend widmen wird uns im Folgenden den Geschäftsmodellen, die auf dieser Basis entstanden sind. Es soll ein Überblick über vorherrschende Modelle gegeben werden, um zu verdeutlichen, wie Finanzierungsmechanismen in der Welt von Onlinemedienangeboten funktionieren und welche Unterschiede es gibt.

Anschließend erfolgt eine genauere Betrachtung von Online-Werbung, in der wir auf die verschiedenen Gestaltungsformen und die spezifischen Vor- und Nachteile, die daraus abgeleitet werden können, eingehen. Ziel ist es aufzuzeigen, wie Online-Werbung funktioniert, welche Möglichkeiten sie bietet und welche Folgen daraus für die Angebots- und Nutzerseite abgeleitet werden können. Dabei geht es sowohl um Chancen, die diese Form der Werbung bietet, als auch die Kontroversen, die mit ihr verknüpft sind und die Nutzer dazu bringen könnten, Online-Werbung vermeiden zu wollen. Daran anknüpfend befassen wir uns umfassend mit der Praxis des Adblockings selbst. Der Abschnitt bietet eine umfassende Analyse der technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen zum Thema. Damit soll dargestellt werden, wie Adblocker funktionieren und welche Funktionen sie für einen Nutzer haben. Es soll aber auch aufgezeigt werden, welche wirtschaftlichen Hintergründe es gibt und wie die Verwendung rechtlich beurteilt wird.

Im Anschluss werden in zwei getrennten Abschnitten die Nutzer- und Angebotsperspektive tiefgehend analysiert. Für beide Seiten werden sowohl Erkenntnisse aus der Literatur, als auch selbst erhobene Daten aus zwei verschiedenen Studien verwendet. Auf Nutzerseite gilt es zum einen zu beantworten, wie Online-Werbung von Internetnutzern wahrgenommen wird. Das soll helfen zu verstehen, welche Eigenschaften und Arten von Werbung störend sind und welche Motive zur Anwendung von Adblockern daraus entstehen – gleichzeitig kann abgeleitet werden, welche Formen der Werbung für den Nutzer akzeptabel sind. Zum anderen soll auch erfasst werden, wie, in welcher Form und in welchem Umfang Adblocker genutzt werden. Dazu werden sowohl Nutzungsweisen als auch –motive dargestellt und empirisch belegt. Als Datenquelle dient auf Nutzerseite, neben einschlägiger Literatur, eine selbstkonzipierte quantitative Online-Befragung, die bestehende Erkenntnisse aus anderen Studien und Ableitungen aus dem Literaturteil unserer Arbeit bestätigen und vertiefen soll. Auf der Seite der Anbieter wird analysiert, welche Folgen die Nutzung von Adblockern für die verschiedenen Branchen hat und welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Neben der verwendeten Fachliteratur und externen Studienergebnissen, bedienen wir uns an dieser Stelle ergänzend auch qualitativer Interviews, die wir mit Experten aus verschiedenen, betroffenen Branchen geführt haben.

Ziel ist es, im Fazit die Ergebnisse auf beiden Seiten zusammenzuführen und gegenüberzustellen, um abzuleiten, welchen Einfluss Adblocking hat und welche Erkenntnisse für die Zukunft von Online-Werbung und für die Geschäftsmodelle digitaler Medieninhalte getroffen werden können.

2. Digitalisierung und Medienwandel

2.1 Entwicklung und Nutzung des Internets

Die Nutzung des Internets ist in Deutschland sehr weit verbreitet – über viele Nutzungsebenen hinweg sind das Internet und die damit verbundenen, vielfältigen Funktionen in die Tagesabläufe der Deutschen integriert. Die Statistik zur Onlinenutzung der ARD/ZDF-Onlinestudie zeigt, dass im Jahr 2014 80% der deutschen Gesamtbevölkerung zumindest selten das Internet nutzte (Koch und Frees 2017, 435). Nur drei Jahre später, im Jahr 2017, stieg dieser Wert auf 90% an. Das Ausmaß der Entwicklung der Internetnutzung lässt sich vor allem bei einem Blick auf das Jahr 1997 erahnen: Vor 21 Jahren waren nur 6,5% der deutschen Gesamtbevölkerung online, was in etwa 4,1 Millionen Personen entsprach (ebd.). Besonders relevant ist die Betrachtung der werberelevanten Altersgruppen von 14 bis 59 Jahre in der Abbildung 1, da diese in der Gesamtbetrachtung des Themas Onlinewerbung und Werbeblocker eine entscheidende Rolle spielen. Diese Zielgruppe ist mit 93% bis 100% fast vollständig online. Eine geringere Nutzung des Internets kann dagegen bei älteren Personen festgestellt werden, sodass die Nutzung bei Personen bis 59 Jahre noch bei 93% liegt, sich dieser Wert bei Personen die 60 Jahre oder älter sind aber deutlich auf 74% und weniger verringert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Internetnutzung in Deutschland nach Altersgruppen (mindestens seltene Nutzung), vgl. Koch und Frees 2017, 435

Die Auswertung der Nutzungsstatistik belegt, dass das Internet zwar über die Gesamtbevölkerung hinweg noch nicht flächendeckend genutzt wird, relevante Zielgruppen aber fast vollständig erreicht sind. Mit einem Blick auf die künftige Entwicklung der Onlinenutzung kann davon ausgegangen werden, dass sich dieses Gefälle neutralisiert und zukünftig durch die Verschiebung der Altersgruppen auch ältere Zielgruppen das Internet nahezu vollständig nutzen werden. Fraglich bliebt dabei, ob auch die Nutzungsgewohnheiten einer heute jüngeren Zielgruppen mit in das Alter übernommen werden. Für die Werbebranche kann das nur von Vorteil sein, denn so würden nahezu alle Zielgruppen vollständig erschlossen werden. Gefahrenpotentiale, die durch die Entwicklung des Internets teilweise von Fachvertretern gesehen wurden, wie zum Beispiel der Digital Divide, also eine Spaltung von jungen und älteren Internetnutzern, lässt sich an den oben genannten Zahlen nicht deutlich erkennen (vgl. Eimeren et. al 2012).2

Die aufgezeigte Statistik belegt nicht, wie intensiv das Internet genutzt wird. Hierfür wird als Referenz oftmals die Häufigkeit der Nutzung pro Tag gemessen. Wesentlich relevanter und aussagekräftiger schätzen wir jedoch ein, wie viele Minuten das Internet pro Tag durchschnittlich genutzt wird, nicht wie häufig – obschon diese beiden Messwerte korrelieren. Denn je länger eine Person im Internet verweilt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person mit Werbung konfrontiert wird. Die Wahrscheinlichkeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Häufigkeit des in Kontakttretens mit Werbung, sondern auch auf die Dauer des Werbekonsums. Die tägliche, durchschnittliche Nutzungsdauer des Internets betrug 2016 128 Minuten und hat sich in nur einem Jahr um 21 Minuten auf 149 Minuten im Jahr 2017 erhöht. (Koch und Frees 2017, 438). Dies entspricht einem Anstieg um 276% (ebd.). Der GlobalWebIndex gibt für Deutschland eine höhere durchschnittliche Internetnutzung von sogar 292 Minuten pro Tag an (2018).

Wesentlich wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer Entwicklungspotential bietet. Zwar ist die Nutzung des Internetzes fast vollständig in der Bevölkerung verbreitet, die durchschnittliche Nutzungsdauer wird jedoch weiterhin deutlich zunehmen. Dies wiederrum würde den Kontakt mit Werbemitteln pro Nutzer erhöhen. Im Vergleich liegt die durchschnittliche Internetnutzung in Minuten in Schweden bei 353 Minuten, in den USA bei 390 Minuten und in Ländern wie Südafrika, Indonesien oder Brasilien über 500 Minuten (ebd.). Zwar ist dies kein Beleg dafür, dass auch in Deutschland mit einer derart enormen täglichen Nutzung zu rechnen ist, jedoch liefert der Vergleich mit anderen Industriestaaten ein Indiz dafür, dass in Deutschland Entwicklungspotential vorhanden ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Durchschnittliche Internetnutzung in Deutschland in Minuten pro Tag 2017, vgl. Koch und Frees 2017, 438

Diese knappe Analyse bringt zwei zentrale Aspekte zum Ausdruck: Die Nutzung des Internets ist in der Gesamtbevölkerung weit verbreitet, in den relevanten Zielgruppen kann sogar teilweise von einer vollständigen Durchdringung gesprochen werden. Daneben hat sich auch die Dauer der Nutzung deutlich erhöht, sodass ein Nutzer in Deutschland täglich mindestens knapp 149 Minuten im Durchschnitt im Internet verbringt.3

Neben der grundsätzlichen Entwicklung der Internetnutzung in Deutschland sind auch weitere Veränderungsstufen zu erkennen: Das Internet entwickelt sich weiter. So hat sich zum Beispiel mit der Anzahl der Nutzer auch die Zahl der Internetseiten vermehrt: von 2004 auf 2014 um das 18,7-fache (Karsenty 2016, 56). Das Angebot hat sich deutlich stärker vermehrt als die Anzahl der Nutzer. Grundsätzlich ist auch eine Verschiebung der Nutzung hin zu mobilen Inhalten feststellbar (vgl. Wächter 2016, 12f.). Diese Verschiebung steht im Zusammen mit der technischen Entwicklung der Funktionen von mobilen Geräten und Smartphones, der steigenden Datenübertragungsraten von Mobilfunknetzen, der besseren Netzabdeckung und der günstigeren Preise für die Nutzung mobiler Geräte und der dazugehörigen Tarife. Bei der Betrachtung auf die Verbreitung von Android4 kann diese Prognose bestätigt werden: Gab es 2010 noch 60 Millionen Aktivierungen, verzeichnete das Betriebssystem im Jahr 2014 bereits über eine halbe Milliarde aktiver Nutzer im Monat über alle mobile Geräteklassen hinweg. Auch bei der Einbeziehung der Statistik zur Zahl der Internetnutzer in Deutschland kann diese Annahme belegt werden: Die mobilen Internetnutzer haben sich in Deutschland von 54% im Jahr 2014 auf 64% im Jahr 2017 weiter erhöht (12). Gleichzeitig zeigt die Verbreitung von 64% mobile Internetnutzer, dass noch Entwicklungspotential vorhanden ist. Letztlich werden auch für Werbeinhalte mobile Endgeräte und Plattformen zunehmend wichtiger, das lässt sich am Beispiel des sozialen Netzwerkes Facebook belegen: Im Jahr 2014 generierte Facebook bereits zwei Drittel seines Werbeumsatzes durch mobile Nutzung (21).

Ein großes Differenzierungsmerkmal von Smartphones und anderen mobilen Internetgeräten ist, dass sie aufgrund ihrer zahlreichen Sensoren kontextbasiert arbeiten können: Das heißt, sie können zum Beispiel ortsbasierte Anwendungen nutzen, die Daten aus GPS-Empfänger, Mobilfunksendern und WLAN-Hotspots verarbeiten und so den Standort eines Geräts ermitteln (103). Diese kontextbasierten Anwendungen finden ihren Höhepunkt in dem aktuellen Trend der sogenannte Personal Kontextual Assistent, wie zum Beispiel Google Now, Apple Siri oder Microsoft Cortana. Diese Geräte vereinen die Funktion einer digitalen Sprachsteuerung mit einem Assistenten, der laufend das Nutzerverhalten anhand diverser Parameter analysiert und kontextbezogen unterstützen kann - dabei werden zahlreiche scheinbar nicht vernetzte Apps und Funktionen miteinander verknüpft, darunter Kontakte, Musiktitel, Informationen aus E-Mails und Chats oder Kalendereinträge (ebd.). Diese Assistenten können eigenständig und vorausschauend helfen. Zum Beispiel werden vorab Staudaten für häufig vom Nutzer befahrene Routen angezeigt. Diese kontextbezogenen Funktionen werden auch durch mehrere Brücken zur realen Welt unterstützt: über QR-Codes5 zum Aufrufen einer bestimmten Website, NFC-Tags6 zum Informationsaustausch oder über Bluetooth7 -Schnittstellen - diese Technologien bieten unter anderem auch die Möglichkeit das Verhalten von Smartphone-Nutzern in der realen Welt zu analysieren. Weitere Kontextdaten werden vor allem auch durch Geräte des sogenannten Internet of Things8, zum Beispiel Wearables9 wie Fitnesstracker oder Smartwatches, erhoben. So können dem Nutzer zukünftig noch gezielter individuell und situativ angepasste Funktionen angeboten bekommen (105ff.).

2.2 Bedeutung und Eigenschaften von Medien im Internet

Das Internet ist das Massenmedium mit der größten Freiheit: Im Gegensatz zu klassischen Medien stellt es keinen einseitigen Informationsfluss dar, es bietet die Möglichkeit des Austauschs von Informationen in alle Richtungen, über alle Darstellungsformen hinweg, mit jedem Grad an Granularität, Förmlichkeit und Stil. Es ist außerdem die Informationsquelle für Produktinformationen, der das meiste Vertrauen zugesprochen wird (vgl. Clemons 2009, 17). Nutzer sind nicht länger darauf angewiesen eine Information anzunehmen, um eine Transaktion abzuschließen (zum Beispiel eine TV-Werbung). Stattdessen können die Informationen von verschiedenen Quellen zu jeder Zeit abgerufen werden. Das Internet ist also kein schlichter Nachfolger anderer Medien. Auch wenn das Internet einige Funktion der klassischen Medien substituiert unterscheidet es sich doch in seiner Komposition und Funktionsweise: Ein Nutzer kann jederzeit darüber entscheiden, was er sehen will und was nicht. Sowohl bezogen auf Inhalte als auch auf Werbung. Das ist bei klassischen Medien nicht der Fall.

Durch das Internet sind Nutzer besser informiert als je zuvor: Es gibt vielfältige Quellen von Informationen, die jederzeit zur Verfügung stehen - da die Nutzer besser informiert sind, zum Beispiel über die Verfügbarkeit von bestimmten Produkten, sinkt das Bedürfnis durch Werbung informiert zu werden. Werbung wird deswegen unattraktiver als Informationsquelle (25). Daneben kann die Werbebranche im Internet aber auch wesentlich breiter Zielgruppen ansprechen, als dies in anderen Kanälen möglich ist.

Der technische Fortschritt, in Form der bereits erwähnten, höheren mobilen und stationären Bandbreiten, macht es möglich datenintensive Inhalte anzubieten (vgl. Karsenty 2016, 57; vgl. Sidak & Teece, 2010)10. Gleichzeitig entwickeln sich Möglichkeiten, die Inhalte immer zielgerichteter auszuspielen. In der Vergangenheit konnten klassische Medien potentielle Interessenten nicht zielgerichtet adressieren, sondern mussten darauf hoffen, dass potentielle Interessenten auf das Medium bzw. die Werbung stoßen. Dabei wurden hohe Streuverluste in Kauf genommen, denn es erfolgte keine gezielte Ansprache. Onlinemedien können Werbung dagegen sehr zielgerichtet ausspielen.

2.3 Bedeutung der Entwicklung für Medienunternehmen

Für Medienunternehmen ist die abgebildete Entwicklung von existentieller Bedeutung. Die Verschiebung der Nutzungsweisen innerhalb der Gesellschaft von klassischen Medien hin zu neuen Medien bedroht bestehende Medienangebote, wie zum Beispiel lineares Fernsehen, Printzeitungen oder gedruckte Bücher. Die Langzeitstudie Massenkommunikation vom ARD und ZDF aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass das Fernsehen und das Radio zwar noch die höchste Reichweite erbringt, das Internet aber in kürzester Zeit einen wichtigen Platz im Medienkonsum eingenommen hat und mittelfristig die klassischen Medien vollends in der Reichweite und im Anteil des täglichen Gesamtmedienkonsums in Deutschland ablösen wird (vgl. Engel und Breunig 2015).

Insbesondere privat-rechtliche Anbieter sind davon betroffen, da diese ihr Angebote nicht nur durch einen Verkaufspreis finanzieren, wie bei der Printzeitung, sondern auch oder ausschließlich durch Werbeeinnahmen. Eine Verschiebung der Nutzung und ein Rückgang der Nutzerzahlen stehen dann auch im Zusammenhang mit sinkenden Einnahmen. Für Medienunternehmen bieten das Internet aber auch die Möglichkeit weitere Wege der Finanzierung zu etablieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diesen Schritt sind viele Verlage, Fernsehsender oder andere Medienunternehmen bereits vor vielen Jahren gegangen11.

Durch die Entwicklung im Bereich digitaler Medien verschieben sich auch die Budgets für Werbetreibende: Das Gesamtbudget für Werbung im Jahr 2015 lag bei etwa 42 Milliarden Euro - dabei überschritt der Umsatz für Online-Werbung (7,1 Milliarden Euro) erstmals den Umsatz von Printwerbung (6,6 Milliarden Euro). Zu Online-Werbung zählen vor alle, Investitionen für Werbung in den Umfeldern von Suchmaschinen, Content- und Preisvergleichsportalen, Social Media, Verzeichnisdienste sowie Online-Kleinanzeigen (Kreutzer und Land 2017, 16). Dabei verläuft die Budgetverlagerung von stationärer zu mobiler Werbung viel schneller als andere Veränderungen. Auch die erwähnte, steigende Relevanz der mobilen Kanäle lässt sich am Werbebudget erkennen: 2015 stiegen Ausgaben für mobile Werbung um mehr als 53% verglichen mit dem Vorjahr auf 1,26 Milliarden Euro - das führte zu einer Erhöhung des Onlineanteils an Werbung von 8% auf 22% (vgl. Kreutzer und Land 2017, 16; vgl. Paperlein 2015, 4). Vor allem für Video-Werbung konnte ein dramatischer Zuwachs beobachtet werden. Die Umsätze stiegen 2015 um 40% auf mehr als 430 Millionen Euro. Davon wurden 70% durch YouTube, Facebook oder Instagram erzielt, auch hier stehen mobile Inhalte im Fokus, denn 30% der Videoinhalte wurden über Smartphones abgerufen (Kreutzer und Land 2017, 17).

3. Monetisierung von Medieninhalten

Es wird deutlich, dass das Internet eine zunehmend attraktive Plattform für Anbieter von Medieninhalten ist. Die große Frage ist aber, wie diese Angebote am besten finanziert und monetisiert werden. Die spezifischen Eigenschaften des Internets bieten schließlich nicht nur neue Möglichkeiten für die Gestaltung von Inhalten, sie ermöglicht auch die Etablierung neuer Geschäftsmodelle.

3.1 Finanzierungsmodelle für digitale Medien

Auf welche Art und Weise sich ein Angebot im Netz finanzieren kann, hängt von seiner Beschaffenheit ab. Clemons (2009, 19f.) stellt die These auf, dass die Wertschöpfung im Internet grundsätzlich in drei Kategorien unterteilt werden kann. 1 Webseiten, die echte, im Sinne von materieller, Ware verkaufen. Das meint im weitesten Sinne E-Commerce, also Onlineshops beziehungsweise Plattformen wie Zalando12, die Waren verkaufen, die auch in Ladengeschäften verkauft werden können. Abweichend davon gibt es 2 Webseiten, die virtuelle Güter verkaufen – also Güter, die nicht greifbar sind, wie zum Beispiel digitale Musik im iTunes-Store13. Laut Clemons können diese weiter differenziert und kategorisiert werden. Die dritte Wertschöpfungskategorie im Internet meint 3 Webseiten, die den Zugang zu einem Angebot verkaufen14 (ebd.).

Je nachdem, welcher dieser Kategorien ein Anbieter zugeordnet werden kann, unterscheiden sich die Optionen und Präferenzen bei der Erstellung eines Geschäfts- und Finanzierungsmodells: Schließlich wird eine E-Commerce-Plattform ein anderes Geschäftsmodell bevorzugen als ein Anbieter für Videostreaming. Für die vorliegende Arbeit sind vor allem Angebote aus der zweiten und dritten Kategorie interessant. In diesen Kategorien können auf Werbung basierende Geschäftsmodelle traditionell eher aufbauen. Eine klare Trennung ist in der heutigen Zeit jedoch ohnehin oftmals nicht ehr möglich: Ein Anbieter wie Amazon, verkauft gleichermaßen physische Güter wie Bücher, digitale Güter wie Musikdownloads und gleichzeitig noch Zugänge zu einem eigenen Streaming-Service.

Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene grundsätzliche Geschäftsmodelle für Medieninhalte im Internet identifizieren: Kostenlose Modelle, Premium-Modelle und gemischte Modelle (vgl. Karsenty 2016, 56). Kostenlose Modelle verlangen von Kunden keine Gebühren für die Nutzung, sie schalten Werbung und finanzieren sich durch die Einnahmen aus Zahlungen der Werbetreibenden (57). Premium-Modelle stellen das Gegenteil dazu dar: Sie schalten keine Werbung, stattdessen findet die Transaktion zwischen Nutzer und Anbieter statt. Konkret heißt das, der Nutzer zahlt für die Benutzung, durch diese Zahlungen werden die Umsätze zur Finanzierung des Angebots generiert (ebd.). Gemischte Modelle vereinen die Umsatzquellen der beiden anderen Modelle. Sie generieren also Umsätze auf beiden Seiten des Marktes, zum einen durch Einnahmen aus geschalteter Werbung, zum anderen aus Zahlungen der Nutzer (56).

Der Markt für Online-Werbung, sowohl bei einem kostenlosen als auch bei einem gemischten Modell, ist dabei immer zweiseitig (ebd.). Das heißt: Der Betreiber einer Plattform agiert zum einen auf dem Markt für Werbung, um Werbeflächen an Werbetreibende zu verkaufen, zum anderen auf dem Markt der eigentlichen Inhalte, um über die Inhalte das Interesse von Kunden zu wecken, damit diese bei einem Besuch der Webseite durch das Ansehen von Werbung für die Nutzung zahlen. Um den Umsatz zu maximieren, muss der Betreiber den richtigen Preis15 auf beiden Märkten setzen. Der optimale Preis hängt ab von der Nützlichkeit der Plattform und ihrer Inhalte für den Konsumenten, der daraus resultierenden Nachfrage, der Sensibilität gegenüber der Werbung und der Nachfrage auf Seiten der Werbekunden.

Dass Angebote, die rein werbefinanziert sind, im Internet erfolgreich sein können, zeigt allen voran eindrucksvoll das Beispiel Google (vgl. Schwarz 2007, 17). Angefangen als kleines Unternehmen mit großer Innovationskraft, hat Google eine Suchmaschine für das Netz entwickelt, die schnell zu einem großen Erfolg wurde und sich die Position der beliebtesten Suchmaschine sichern konnte. Das Grundgeschäftsmodell besteht darin, dass Nutzern der Suchmaschine Werbung angezeigt wird, die zum dem eingegebenen Schlagwort passt. Der Werbetreibende bezahlt dabei nur, wenn der Nutzer die Werbung anklickt. Neben der Websuche hat Google über die Jahre hinweg ein großes Ökosystem mit Produkten und Services aufgebaut, die weitere für die Werbung nützliche Daten vom Nutzer sammeln und ihm situativ Werbung anzeigen können.

Google ist ein absolutes Ausnahmebeispiel, trotzdem wird dadurch das große Potenzial werbefinanzierter Angebote deutlich. Damit ist auch ein Trend verknüpft: Das heutige Geschäft im Internet wird zu einem großen Teil von Werbung getrieben (vgl. Nithyanand et al. 2016, 1).

Einige Experten gehen davon aus, dass Inhalte im Internet zukünftiger häufiger kostenpflichtig werden (vgl. Clemons 2009, 26). Das liegt vor allem daran, dass potentielle Werbeflächen im Internet um ein Vielfaches angewachsen sind - während Anbieter klassischer Medien ein Quasi-Monopol über Anzeigenwerbung hatten und den Preis für die Werbung, und auch den Preis für das Medium selbst, so hoch setzen konnten, dass Inhalte finanziert wurden (ebd.). Durch das gestiegene Angebot an Werbeflächen und Werbemöglichkeiten im Internet könnte der Preis für Werbung jedoch langfristig so weit fallen, dass die Inhalte alleine dadurch nicht mehr finanziert werden können. Trotzdem sind auch reine Premium-Modelle nicht für jede Plattform eine realistische Alternative: Für Seiten, die eine sehr elastische Nachfrage haben und gleichzeitig hohem Wettbewerbsdruck unterliegen tun, ist es schwer, sich nur durch ein kostenpflichtiges Modell zu finanzieren, da der digitale Inhalt im Netz besonders leicht reproduzierbar ist und der Nutzer quasi keine Kosten beim Wechsel zu einem anderen Anbieter hat (vgl. Karsenty 2016, 59).

Die Gestaltung eines Geschäfts- und Finanzierungsmodells ist also kontrovers und potenziell problematisch für Anbieter. Auf der einen Seite bietet die Online-Umgebung viele Möglichkeiten, um Werbung besser und effektiver als zuvor zu gestalten und zu verbreiten. Außerdem ist das Publikum groß, gut erreichbar und kann gezielter und persönlicher als je zuvor angesprochen werden. Auf der anderen Seite ist es, vor allem angesichts der großen Konkurrenz, nicht einfach, genug Werbeeinnahmen zu generieren, um alleine dadurch das Angebot zu finanzieren. Die niedrigen Wechselgebühren, die hohe Geschwindigkeit der Kommunikation und die leichte Reproduzierbarkeit vieler digitaler Inhalte machen es nicht einfach, ein Premium-Modell zu etablieren. Jeder Anbieter muss daher für seinen speziellen Fall abwägen, welches Werbemodell am besten geeignet ist. Wichtig ist in jedem Fall, alle Möglichkeiten des Internets zu nutzen, um auch gänzlich neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und nicht nur die Adaptionen beziehungsweise Erweiterungen bisheriger Offline-Geschäftsmodelle zu nutzen (vgl. Clemons 2009, 15).

3.2 Entwicklung der Werbeumsätze

Um die Bedeutung von Werbung klarer definieren zu können, müssen auch die Umsätze der letzten Jahre, die mit Online-Werbung erzielt wurden, betrachtet und mit den Entwicklungen der Umsätze in klassischen Massenmedien verglichen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Umsätze mit Onlinewerbung in Deutschland in den Jahren 2005 bis 2021* (in Millionen Euro), PwC 2017a

Wirft man einen Blick auf die Umsätze, wird deutlich, dass der Online-Markt für Werbung boomt: In Deutschland ist der Umsatz mit Online-Werbung von rund 4,249 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf mehr als 7,062 Milliarden Euro im Jahr 2017 gestiegen (vgl. PwC 2017a). Alleine von 2015 bis 2017 hat sich die Summe um mehr als 1 Milliarden Euro erhöht (vgl. PwC 2017a). Vor allem Bannerwerbung, aber auch Videowerbung, Suchmaschinenwerbung, Werbung in sozialen Netzwerken und bei Online-Kleinanzeigen zeigen ein hohes Wachstumspotential (vgl. Statista Digital Market Outlook 2018).

Bei der Betrachtung der Werbeumsätze klassischer Massenmedien, zum Beispiel Zeitungen, zeichnet sich ein gegenteiliges Bild ab. In Deutschland sind die Umsätze durch Werbung in Zeitungen (nur Print) seit 2007 durchgehend gesunken. Prognosen nach werden sie bis 2021 nur noch halb so groß sein, wie zu den besten Zeiten (vgl. PwC 2017b). Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch weltweit verfolgen (vgl. PwC 2013) Aus diesen Entwicklungen geht hervor, dass Online-Werbung zunehmend bedeutender wird. In Deutschland lag der Anteil von Online-Werbung an den Werbeausgaben insgesamt im Jahr 2014 bei etwa einem Viertel, bis 2020 soll der Anteil laut Prognosen schon etwa ein Drittel ausmachen (vgl. eMarketer 2016). Auch wenn die Entwicklungen beeindruckend sind und deutlich wird, dass das Internet stark an Bedeutung auf dem Werbemarkt gewonnen hat und auch weiter gewinnen wird, lässt sich bereits jetzt absehen, dass das Wachstum nicht konstant auf diesem Niveau bleiben wird. Zum einen gehen die Bruttowerbeinvestitionen zurück, während Höchstwerte zwischen 2015 und 2016 erreicht wurden, zeigt sich schon 2017 ein deutlicher Rückgang über alle Branchen hinweg (vgl. OVK 2018). Zum anderen sind auch die Prognosen für Umsatzveränderungen im Markt für digitale Werbung sinkend. Während das Wachstum für Bannerwerbung beispielsweise 2017 noch bei 12,6% lag, soll es 2022 schon nur noch bei 4,6% liegen. Der Markt wird weniger deutlich wachsen als zuvor (vgl. Statista 2018).

Zusammengefasst lässt sich beobachten, dass sich die Werbeumsätze in den letzten Jahren deutlich zunehmend in den Online-Bereich verschoben haben. Das Wachstum erreicht Rekordwerte und das Internet wird eine zunehmend wichtige Plattform für Werbung, während die Umsätze mit Werbung in den klassischen (Print-) Medien stetig zurückgehen. Trotzdem scheint vorerst der Höhepunkt des Booms erreicht zu sein, das Wachstum wird, Prognosen nach, in den nächsten Jahren sinken.

3.3 Abrechnungsmodelle von Online-Werbung

Online-Werbung bietet Anbietern viele Möglichkeiten in der Gestaltung und Positionierung der Werbemittel, aber auch die Abrechnungsmodelle unterscheiden sich teilweise von denen, die in einer Offline-Umgebung üblich sind. Aus dem Bereich klassischer Massenmedien bekannt ist der Tausenderkontaktpreis (TKP). Im Internet berechnet der TKP den Preis für 1.000 Werbeeinblendungen, sogenannte Ad-Impressions16, einer Werbung (Keßler Esther, Stefan Rabsch und Mirko Mandic, 2015, 644): Der Tausenderkontaktpreis für eine Seite mit 1.000.000 Aufrufen im Monat und 10.000€ Werbekosten wird wie folgt berechnet: . Hat eine Website mit 1.000.000 monatlichen Aufrufen einen Werbepreis von 10.000€, ergibt sich daraus ein Tausenderkontaktpreis von: . Der Tausenderkontaktpreis im Internet ist nicht nur abhängig von der Reichweite, sondern richtet sich auch nach Format und Platzierung auf der Webseite, ein normales Werbebanner ist beispielsweise günstiger als ein Wallpaper – und ein Fullsize-Banner auf der Startseite ist teurer auf einer Unterseite (vgl. Lammenett 2015, 221). Allerdings ist ein pauschaler Tausenderkontaktpreis in Zeiten des Internets nicht mehr zeitgemäß, denn ein großer Vorteil der Online-Werbung ist die Möglichkeit der gezielten Nachverfolgung (vgl. Weber und Fahr 2013, 347; Knauseder et al. 2016, S. 21). Dadurch kann auch der Erfolg von Kampagnen gezielter ermittelt werden. Bei klassischen Massenmedien kann zwar bestimmt werden, an wie viele Rezipienten Werbung verschickt wurde, zum Beispiel durch Auflagenzahlen oder Einschaltquoten, nicht aber welcher Anteil davon die Botschaft auch wirklich empfangen hat. Im Internet hingegen kann genau ermittelt werden, wie viele Menschen die Werbung angezeigt bekommen haben und welcher Anteil direkt darauf reagiert hat. Dies ermöglich genauere, leistungsbezogene Abrechnungsmodelle, wie zum Beispiel Cost-per-Click, Cost-per-Lead, Cost-per-Sale, Cost-per-Acquisition oder auch Cost-per-View17 (Keßler et al. 2015, 644). Hier bezahlt der Werbetreibende nur für Werbung, die auch wirklich beim Kunden angekommen ist und eine bestimmte Aktion – Klick, Kauf, Anfrage, Konversion etc. – ausgelöst hat. Die heutigen Analysemittel haben für den Werbetreibenden also den großen Vorteil, dass Erfolg, Klickraten und weitere kampagnenrelevante Daten viel präziser werden können und der gezahlte Preis besser bestimmt werden kann (Lammenett 2015, 218). Auch das ist ein großer Faktor des Erfolges von Online-Werbung.

Eine völlig neue Form des Verkaufs von Werbeflächen, die erst durch das Internet ermöglicht wurde, ist das sogenannte Realtime Advertising. Dabei handelt es sich um ein Konzept zur Versteigerung von Online-Werbeflächen in Echtzeit: Der Werbetreibende erwirbt Werbeinventar auktionsbasiert, anschließend findet eine automatisierte Verbreitung an eine vorab definierte Zielgruppe statt (vgl. Kreutzer und Land 2017, S. 84). Das Prinzip ist relativ simpel und basiert auf drei verschiedenen Plattformen (ebd.). Der Werbetreibende kauft auf einer nachfrageseitigen Plattform (Demand Side Platform, DSP) die gewünschten Werbeflächen ein, die auf der angebotsseitigen Plattform (Supply Side Platform, SSP) von den Publizisten angeboten wird. Auf der Data Management Platform (DMP) werden relevante Daten für den Werbetreibenden dargestellt, darunter die Nutzerprofile und besuchten Webseiten. Auf Basis dieser Daten können sie eine Entscheidung zur Platzierung der Werbung treffen. Der konkrete Prozess findet während der Ladezeit für den Nutzer statt: Während die Webseite lädt, findet das Auktionsverfahren statt, im Rahmen dessen die Werbeflächen innerhalb von wenigen Sekundenbruchteilen an den Höchstbietenden verkauft werden. Unmittelbar anschließend wird die Werbung ausgeliefert und dem Kunden auf der Webseite angezeigt. In den meisten Fällen bekommt der Kunde davon nichts mit, in manchen Fällen lässt sich aber beobachten, dass die Werbeflächen sich erst nach kurzer Zeit mit Werbung füllen. Laut Studien entfallen aktuell schon 45% der Ad-Impressions auf dieses Verfahren, Tendenz steigend (ebd.).

3.4 Spezifische Eigenschaften von Onlinemedien

Dass der Markt für Online-Werbung in den letzten Jahren so stark gewachsen ist, ist kein Zufall: Werbetreibende hoffen die Quantität und auch die Qualität ihrer Werbekontakte zu steigern, indem sie das Internet als interaktive Medienumgebung nutzen, um ihre Werbebotschaften zu platzieren und die definierten Zielgruppen zu erreichen (vgl. Weber und Fahr 2013, 345). Um diese Einschätzung besser verstehen zu können, ist es wichtig, sich zunächst die spezifischen Eigenschaften von Onlinemedien, und die Vorteile die daraus für das Internet als Werbeplattform erwachsen, anzusehen. Schon vor 15 Jahren wurden die spezifischen Eigenschaften von Medieninhalten im Netz untersucht, Deuze (2003, 211ff.) identifizierte dabei drei Faktoren: Interaktivität, Hypertextualität und Multimedialität. Spätere Forschungen haben zusätzlich noch weitere Charakteristika identifiziert (Trappel 2007, 35ff.), wie die Digitalität und Ubiquität18 sowie die Aktualität und Unmittelbarkeit.

Interaktivität meint zum einen die Wahlmöglichkeiten, die der Nutzer im Internet hat, also die Selektivität: Er kann eine Vielzahl von Angeboten auf eine ebenso große Anzahl an Art und Weisen nutzen. Der Begriff betont außerdem die Rückkopplungsmechanik des Netzes: Es gibt keine strikte Ein-Wege-Kommunikation, wie in vielen klassischen Medien, der Nutzer kann Information nicht nur empfangen – stattdessen gibt es eine teilnehmende Mehrwegekommunikation (vgl. Deuze 2003, 213). Der Anwender ist also in viel stärkerem Maße selbst in die Kommunikation eingebunden, außerdem lassen sich komplett neue Kommunikationskonzepte, auch aus Werbesicht, gestalten. Beispielsweise lässt sich der Rückkanal in der Kommunikation dazu nutzen, um die Reaktion des Nutzers auf Werbebotschaften zu erfassen und ihm gezieltere Kommunikation zu senden. Da Feedback der Konsumenten kann direkt erfasst und verarbeitet werden (vgl. Kreutzer und Land 2017, 6). Dass der Nutzer nicht nur noch Empfänger, sondern gleichzeitig auch Sender der Informationen ist, hat zur Folge, dass er sich die gewünschten Informationen auch selbst beschaffen kann (vgl. Knauseder et al. 2016, 33). Das heißt, dass der Nutzer sich im besten Falle auch gezielt werblichen Inhalten zuwenden kann, wenn sie als nützlich betrachtet werden. Hypertextualität spielt auf die Verwendung von Hypertext im Internet an und meint beispielsweise die Verlinkung interner und externer Seiteninhalte durch Hyperlinks und die Verknüpfung zusätzlicher Inhalte (vgl. Deuze 2003, 212). Das kann vor allem auch aus kommerzieller Sicht, beispielsweise für Werbetreibende, interessant sein: Schließlich erlaubt Hypertext auch werbliche oder informative Inhalte direkt mit dem Zugang zu Produkten zu verknüpfen. Der Nutzer kann direkt von der Werbung zum Kaufabschluss kommen – mit nur einem Klick. Außerdem können verschiedene Arten von Medieninhalten über eine einzelne Plattform genutzt werden, das wird zusammengefasst unter dem Begriff der Multimedialität: Onlinemedien können sowohl auf Text-, Bild- als auch Ton-Darstellungsformen zurückgreifen, um ihre Inhalte zu vermitteln (vgl. Knauseder et al. 2016, 32f.) – das können sich auch Anbieter von Werbung zu Nutze machen und die unterschiedlichen Darstellungsform für vielfältige und vor allem aufmerksamkeitserregende Gestaltung von Werbeinhalten benutzen. Die Multimedialität kann als Grundlage für die Vielfalt der verschiedenen Formen heutiger Online-Werbung betrachtet werden. Egal welche Form der Darstellung gewählt wird, im Internet ist sie stets auch geprägt durch ihre Digitalität: Die Inhalte liegen als digitaler Code, im weitesten Sinne als Zeichenfolgen vor. Konsequenz dieser Digitalität ist auch, dass die Produktion beziehungsweise die Distribution der Werbung im Internet ebenfalls digital abläuft: Das senkt die Kosten, um die Werbung zu verbreiten und erlaubt die Implementierung in eine Vielzahl von Plattformen. Verbunden mit der Digitalität ist auch die Virtualität: Im Internet erfolgt Kommunikation auf einer rein virtuellen Basis, der Informationsaustausch und die übertragenen Daten sind physisch nicht mehr greifbar (31f.). Das hat auch eine Zweitteilung der Handelsebene zur Folge: Es entsteht eine reale Handelsebene für physische Produkte und Dienstleistungen, und eine virtuelle Handelsebene, für die digitale Kommunikations- und Datenübertragungsebene (ebd.). Während Online-Werbemaßnahmen auf der virtuellen Ebene angesiedelt werden, können die beworbenen Produkte und Dienstleistungen sich sowohl auf der virtuellen als auch auf der realen Handelsebene befinden. Die Digitalität und Virtualität von Online-Inhalten haben zur Folge, dass der Abruf örtlich nicht beschränkt ist: Die Inhalte sind geprägt von Ubiquität, sind also allgegenwärtig (vgl. Kreutzer und Land 2017, 6). Für den Werbetreibenden heißt das, dass über Online-Kanäle Menschen in jeder Situation erreicht werden können: Zuhause auf dem Sofa am Tablet, bei der Arbeit am Computer und unterwegs auf dem Smartphone. Das sorgt nicht nur dafür, dass sich die Anzahl der Kanäle insgesamt erhöht, sondern auch, dass der Konsument in verschiedenen Situationen angesprochen werden kann. Unter Aktualität kann zum einen die Schnelle verstanden werden, mit der Informationen verbreitet und Inhalte erstellt werden– zum anderen aber auch die Geschwindigkeit, mit der Nutzer auf die Inhalte zugegriffen werden kann. Die Inhalte sind unmittelbar verfügbar, das meint Immediacy. Es findet eine Steigerung der Geschwindigkeit in der Kommunikation statt (ebd.): Das heißt für Werbereibende und Medienanbieter zum einen, dass sie schneller Rezipienten erreichen können, zum anderen aber auch, dass sie schneller auf Kommunikation reagieren müssen. Eine letzte zeitliche Komponente meint die Zeitsouveränität: Sie spielt darauf an, dass die Inhalte nicht nur schnell (Aktualität und Immediacy) und örtlich allgegenwärtig (Ubiquität) verfügbar sind, sondern dass sie auch zeitunabhängig abgerufen werden können. Das sorgt dafür, dass die Inhalte nicht nur unabhängig von Ort und Device, sondern auch unabhängig von der Zeit sind.

Die Kombination dieser spezifischen Eigenschaften und Vorteile bringt einen weiteren wichtigen Punkt hervor: Die Individualität der Kommunikation im Internet (vgl. Knauseder et al. 2016, 33f.).

Dies sollen nur die wichtigsten und prägnantesten Eigenschaften von Kommunikation über Onlinemedien sein, um zu verdeutlichen, welche Möglichkeiten und Anreize das Internet für Anbieter von Medieninhalten und Werbetreibende bietet. Es gibt viele weitere Vorteile und Charakteristika, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll, darunter: Die Verringerung der Reaktanz, die niedrigen Wechselbarrieren, die gesteigerte Aufmerksamkeit in der Rezeption und die aktivere Zuwendung der Rezipienten durch die Möglichkeit der Anwendung von Pull-Methoden (vgl. Knauseder et al. 2016, 34; Weber & Fahr 2013, 346). Zusammengefasst kann aber gesagt werden, dass das Internet viele Möglichkeiten bietet, um neue Arten von Werbung zu schaffen und bestehende Strategien besser umzusetzen, um Rezipienten gezielter, in personalisierter Ansprache unabhängig von Ort und Zeit anzusprechen. Das kann potenziell zu einer Steigerung von Quantität und Qualität der Werbekontakte führen.

4. Arten von Online-Werbung

Die Möglichkeiten für Werbetreibende im Internet sind riesig, vor allem die multimediale Natur des Mediums ermöglicht die Gestaltung vielfältiger Werbemittel und die Verbreitung dieser in einer Vielzahl von Kanälen. Werbe- und Kommunikationskanäle beim Online-Marketing können in verschiedene Klassen differenziert werden. Der größte Unterschied ist in Funktionsweisen, Zielsetzung und Abrechnungsmodellen zu finden (vgl. Knauseder et al. 2016, 24f.).

Als Beginn der Online-Werbung gilt das klassische Display Advertising. Das sind werbliche Anzeigen auf Webseiten, die meist eine Weiterleitung zu einem bestimmten Produkt, Unternehmen oder Dienstleistung durch einen verknüpften Link beinhalten (26f.). Display-Werbung meint also alle Arten von Online-Werbung, bei denen grafische Werbemittel, zum Beispiel Videos, Bilder oder Animationen, eingesetzt werden (vgl. Einramhof et al. 2016, 78). Das Hauptziel dieser Art von Werbung ist das Generieren von Aufmerksamkeit (vgl. Knauseder et al. 2016, 26f.). Das hat zu Beginn auch sehr gut geklappt: Als erste Werbemittel im Internet waren Werbebanner zunächst sehr erfolgreich, es wurden Click-Through-Rates von bis zu 44% erreicht (vgl. Dennemark 2016). Heute liegt diese Rate durchschnittlich noch bei 0,02% mit sinkender Tendenz (vgl. Hosseini 2015). Doch trotzdem, und obwohl andere interaktive Formen der Werbung kontinuierlich in der Branche wachsen, machen diese Banner immer noch einen Großteil der Onlinewerbebuchungen aus (vgl. Einramhof et al. 2016, 78). Heutzutage werden im Kontext von Display-Werbung oft sogenannte Rich-Media-Formate eingesetzt, um interaktive Merkmale wie Video, Audio, Animation, Spiele und anderen dynamischen Inhalt zu kombinieren und höhere Aufmerksamkeit bei den Rezipienten zu erzeugen (27).

Das Performance-Marketing macht sich die besondere Nachverfolgbarkeit des Kampagnenerfolgs im Internet zunutze: Gemeint sind Kampagnen, die auf eine konkrete Handlung in der Zielgruppe abzielen und nur dann Kosten für den Werbetreibenden verursachen, wenn die Rezipienten der Werbung diese Handlung auch wirklich tätigen (vgl. Klinser 2016a, 93). Das Besondere an dieser Art von Online-Werbung ist das leistungsbezogene Abrechnungsmodell, wodurch sie sich vor allem auch von Werbeformaten in klassischen Massenmedien differenziert (vgl. Knauseder et al. 2016, 29). Das ist vor allem Ergebnis der besseren Messbarkeit von Kampagnen im digitalen Umfeld gegenüber massenmedialen Werbemaßnahmen (vgl. Klinser 2016a, 93). Hier gibt es keine festgeschriebene Vergütung der involvierten publizierenden Medien, sie tragen selbst das Kostenrisiko, wenn die gewünschte und anvisierte Performance nicht erreicht wird – nicht der Werbetreibende (94). Zur Messung des Erfolgs der Kampagne und zur Abrechnung werden typische Online-Leistungswerte herangezogen, etwa Cost-per-Visitor oder Cost-per-Click. Das bekannteste Beispiel für Performance-Werbung ist Google AdWords: Dabei platzieren Werbetreibende ihre Anzeigen in den Ergebnissen der Websuche von Google (Klinser 2016a, 94). Die Anzeigen sind personalisiert und richten sich nach den eingegebenen Schlagwörtern des Nutzers. Der Werbetreibende bezahlt nun für jeden Klick, den Nutzer auf die Anzeige tätigen, es findet also eine Abrechnung auf Basis von Cost-Per-Click statt.

Zunehmende Bedeutung erlangt auch Werbung in sozialen Medien, sogenanntes Social-Media-Marketing. Social Media bezeichnet Austausch von Informationen, Erfahrungen und Meinungen über die Plattform einer Community-Website, zum Beispiel Facebook (vgl. Alternburger & Jelinek 2016, 156). Der Begriff des Social-Media-Marketings meint verschiedene Werbemittel, die in sozialen Netzwerken eingesetzt werden, zum Beispiel klassische Banner, Bild-Text-Kombinationen oder in letzter Zeit verstärkt auch Videos (vgl. Knauseder et al. 2016, 30f.), diese Art der Online-Werbung definiert sich also vor allem über ihren spezifischen Kanal. Sie kann mehrere Funktionen haben, zum Beispiel Erhöhung der Reichweite, Erhöhung des Traffics auf den eigenen Webseiten, Follower-/Fan-Generierung, Erhöhung von Engagement oder auch Verstärkung viraler Verbreitung (vgl. Alternburger & Jelinek 2016, 157f.). Social-Media-Marketing bietet den Einsatz vieler verschiedener Werbeformate, entscheidend ist jedoch vor allem die Funktion des Targetings. Facebook, das bekannteste soziale Medium, bietet zum Beispiel die Möglichkeit Nutzer je nach Soziodemographie, Themen- und Interessensgebieten und sogenannten Facebook Broad Categories (Verbindung von u.a. Geburtstagen und Kategorien wie Beziehungsstatus, Sprachen, Ausbildung und Arbeitsplätzen) zu adressieren (161f.). Besonders beliebt ist sogenanntes In-Stream-Advertising: Anzeigen, die in den News-Streams sozialer Medien, wie Facebook, Twitter oder Instagram, angezeigt werden (Wächter 2016, 152). Soziale Medien können aber auch als Kanäle für andere Arten der Werbung genutzt werden, zum Beispiel Affiliate Marketing oder Content-Marketing.

Eine weitere Art von Online-Werbung definiert sich über die Geräteklasse, auf die sie ausgerichtet ist. Mobile Marketing ist Werbung, die auf mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets platziert wird. Sie greift auf eine Vielzahl von Möglichkeiten zurück, darunter SMS- und MMS-Werbung, QR-Codes, Location-Based Services, mobile Bannerkampagnen oder auch Augmented Reality (vgl. Holland & Koch 2014, 445ff.). Dabei haben statische Banner nach wie vor eine große Bedeutung, mobil wird aber auch oft daraufgesetzt, Pop-Ups zu platzieren, die der Nutzer beim Versuch sie zu schließen aus Versehen antippt und dadurch dem hinterlegten Link folgt (Wächter 2016, 151f.). Besonders relevant ist Werbung in Videoform auf mobilen Endgeräten. Durch Werbemaßnahmen im mobilen Kontext können vor allem technikaffine und junge Menschen besonders gut erreicht werden, außerdem sind die Kanäle gut zur gezielten und persönlichen Ansprache geeignet, da mobile Geräte sehr intim und persönlich sind und der Rezipient sie meist nah an sich trägt (vgl. Klinser et al. 2016, 145). Das kann auch zum Nachteil werden, denn die Ansprache auf mobilen Geräten kann als Eingriff in die Privatsphäre verstanden werden.

Eine weitere Form der Online-Werbung ist unter anderem das E-Mail-Marketing (vgl. Knauseder et al. 2016, 27), bei dem E-Mails mit dem Ziel versendet werden, den Empfänger zu einer Transaktion bzw. Aktion zu animieren. Beispiel für E-Mail-Kampagnen sind Newsletter- oder Standalone-Kampagnen. Eine andere Form der Online-Werbung ist das Search-Engine-Marketing (29f.), eine Umschreibung für verschiedene Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, die eigenen Angebote bei der Verwendung von Suchmaschinen höher zu platzieren und mehr Kunden auf die eigenen Inhalte weiterzuleiten. Dazu gehören zum Beispiel die Suchmaschinenoptimierung, SEO, und das Keyword-Advertising, SEA.

Generell lässt sich feststellen, dass verschiedene Formen der Online-Werbung nicht immer trennscharf voneinander abgegrenzt werden können, da sich die verschiedenen Formen anhand unterschiedlicher Merkmale charakterisieren lassen.

4.1 Personalisierte Werbung

Wir haben festgestellt, dass Werbung, vor allem im Umfeld klassischer Medien, oft mit dem Problem hoher Streuverluste verbunden ist. Eine zielgerichtete Ausschüttung ist kaum möglich. Im Rahmen von Online-Werbung bieten sich jedoch neue Möglichkeiten. Denn Nutzerinteressen und das Surfverhalten werden durch sogenannte Targeting-Methoden analysiert, sodass die Werbung auf einen Nutzer ausgerichtet ist. Die personalisierte Werbung ist angepasst an die Interessen des Nutzers. Dadurch soll die Aufmerksamkeit erhöht werden, teilweise wird diese Art der Werbung auch als weniger störend wahrgenommen (vgl. Becker 2013, 222). Im Zentrum steht die Nutzeridentifikation, das heißt die Erkennung und das Speichern bestimmter Merkmale, die für die Personalisierung der Werbung verwendet werden können. Auf den nachfolgenden Seiten möchten wir die Möglichkeiten, die Funktionsweise und die gesetzliche Situation rund um das Thema personalisierte Werbung darstellen.

4.1.1 Targeting

Hinter dem Konzept der personalisierten Werbung steht das sogenannten Targeting. Der Prozess beschriebt die zielgerichtete Ausspielung von digitalen Werbeinhalten an Internetnutzer durch automatisierte Verfahren (vgl. BVDW 2014, S. 5). Nutzungsdaten einer Person werden dabei über alle Webseiten, die besucht werden, hinweg gespeichert und analysiert. Diese Möglichkeit der Zielgruppenansprache ist essentiell für die personalisierte Werbung (vgl. Bauer, Greve und Hopf 2011, 8).

Durch die Verarbeitung der Informationen in Echtzeit können Kampagnen präziser ausgespielt und auf das Verhalten von Nutzern angepasst werden (10). Das geschieht hauptsächlich durch sogenannte Cookies als Dateien, die lokal im Browser bzw. Gerät des Nutzers gespeichert werden. Die Cookies enthalten dabei nicht nur Informationen darüber, ob und auf welches Banner oder auf Werbung der Nutzer geklickt hat, sondern auch welche Seite er besucht und welche Artikel sich der Nutzer angesehen hat. Dadurch ist eine hohe Präzision bei der Bestimmung der Zielgruppe möglich, da diese Informationen aus den Cookies verarbeitet wird. Zum anderen wird durch die Reaktion potentieller Kunden (Klickrate, Conversion Rate, Page Impressions19 ) der Erfolg und die Wirkung besser messbar und steuerbarer (vgl. Hetmank, 2016).

Im Rahmen des Targetings können verschiedene Targeting Umgebungen bzw. Varianten unterschieden werden. Beim Contextual-Targeting wird der thematische Bezug der Webseite oder Suchanfrage die ein Nutzer besucht bzw. stellt, ermittelt (Bauer, Greve und Hopf 2011, 11). Daraufhin wird dem Nutzer passende Werbung angezeigt, es werden jedoch keine weiteren Daten erhoben oder gespeichert (17). Eine Ebene tiefer geht das semantische Targeting. Hierbei wird der Inhalte einer Seite untersucht, sodass sich das Werbemittel auch auf textlicher Basis dem Inhalt der Seite anpasst. In fortgeschrittenen Formen des semantischen Targetings werden auch Nutzerreaktionen wie Kommentare untersucht, nicht nur die Inhalte des Artikels oder der Seite. Eine weitere Form, das Behavioural Targeting, gilt dagegen als hoch umstritten (13f.). Hierbei wird das Surfverhalten des Nutzers genauestens erfasst, sodass die Werbung auf seine Interessen und Präferenzen genau abgestimmt wird. Daran knüpft auch das Retargeting an (ebd.). Hierbei werden die erhobenen Daten weiterverwendet, diese Daten können auch an Dritte weitergegeben werden. Die personalisierte Werbung wird basierend auf dem Verlauf mehrerer Webseiten angezeigt. Andere Formen beschränken sich auf technische Elemente, wie z.B. die IP-Adresse20 des Nutzers, sodass geographisch passende Werbung ausgespielt werden kann (vgl. Hass und Willbrandt 2011, 13ff.).

Um das Tracking zu visualisieren, haben wir uns eine Erweiterung für den Browser Firefox zu Nutzen gemacht. Mit der kostenlosen Browser-Erweiterung Lightbeam21 ist es möglich, Webseiten-Tracking zu visualisieren. Testweise haben wir vier Seiten besucht. Danach haben wir generisch nach Sportschuhen gesucht. Dafür haben wir auf der Webseite des Mode-Onlineshops22 Zalando 1, des Onlinehändlers Amazon 2, des Sportartikel-Herstellers Adidas 3 und der Suchmaschinenseite Google 4 nach Sportschuhen gesucht. Dabei haben wir keinen speziellen Artikel angesehen, sondern nur grundsätzlich die Kategorie Sportschuhe aufgerufen. Auf der Darstellung sind die vier genannten Webseitenaufrufe zu sehen. Die jeweiligen Dreieckssymbole geben an, mit wie vielen Drittservern die jeweilige Webseite kommuniziert hat, um das Surfverhalten zu tracken. Die insgesamt vier Seitenaufrufe führten zu 61 weiteren Anfragen und Verbindungen. Außerdem ist zu erkennen, wie diese Trackingaufrufe zwischen den Webseiten miteinander kommunizieren und Informationen weitergeben, damit dem Nutzer personalisierte Werbung angezeigt werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Screenshot aus der Firefox Browser-Extension Lightbeam

4.1.2 Technische Funktionsweise

Für die technische Umsetzung solcher Targeting-Methoden sind Ad-Server von Bedeutung. Im Gegensatz zu einer direkten Einbindung eines Werbemittels an einer bestimmten Stelle einer Website, werden die Werbemittel beim Ad-Serving23 auf dem Ad-Server eingebunden (vgl. Zulechner 2016, 51). Die Website selbst enthält an der Stelle, an der später die Werbung dargestellt werden soll, ein sogenanntes Ad-Tag: Dies stellt einen Platzhalter dar, der aus HTML- oder JavaScript-Code besteht (ebd.). Allgemein sind Tags Markierungen, die zum Kennzeichnen bestimmter Elemente benutzt werden (ebd.). Bei Websites beeinflussen sie Aussehen und Funktion - zum Beispiel enthält der Quelltext Informationen zur Strukturierung und Darstellung der Seite, wie etwa Positionen von Texten und Grafiken (54). Ad-Server steuern das Ausspielen von Werbemitteln zum geeigneten Zeitpunkt an die anvisierte Zielgruppe. Sie agieren als Schaltzentrale und sind verantwortlich für die Steuerung, Auslieferung und Messung der Werbemittel (vgl. Bauer, Greve und Hopf 2011, 8). Wenn die Website von einem Nutzer aufgerufen wird, kommuniziert das Ad-Tag mit dem Ad-Server und generiert und sendet eine Ad-Request - im weitesten Sinne eine Anfrage, um den vorhandenen Platzhalter mit Werbung vom Ad-Server zu befüllen (vgl. Zulechner 2016, 51). Nun wählt der Ad-Selector ein Werbemittel vom Ad-Server aus, das den Anforderungen an die jeweilige Situation entspricht und Ad-Server sendet einen Redirect an den Browser - und das Werbemittel wird vom Server ausgeliefert (51f.). Dieser Vorgang dauert nur einen kurzen Moment und für den Nutzer ist der Umweg nicht sichtbar. Die Aussteuerung der Formate kann sich nach verschiedensten Kriterien richten, darunter: Datum, Uhrzeit, Endgerät, Standort, Umfeld und das Surfverhalten (50). Der Vorteil dieser Methode liegt dabei auf der Hand: Die Verbreitung kann zielgruppengerichtet und ohne Streuverluste erfolgen (vgl. Jäckel und Scholderer 2001, 205). Auf Grund der beschriebenen Vorgehensweise sind Ad-Server wesentlich für Unternehmen im Internet: Nur so können Webseiten oder Onlineshops Angebote monetisieren (vgl. Schutzmann 2012, 36f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Prozess des Ausspielens von Werbung durch einen Ad-Server bei Aufruf einer Webseite, Eigendarstellung

4.1.3 Datenspeicherung und Tracking

Des Weiteren möchten wir noch auf die Themen Datenspeicherung und Cookies eingehen, um die mit dem Thema zusammenhängenden Faktoren näher zu erläutern. Cookies sind kleine Textinformationen, die am Unique Client24 des Nutzers gespeichert und die vor allem zum Sammeln von Informationen im Rahmen des Trackings von Nutzerverhalten eingesetzt werden (vgl. Zulechner 2016, 58). Je nach Lebensdauer kann man zwischen verschiedenen Arten von Cookies unterscheiden: Es gibt temporäre Cookies (Session-Cookies), die automatisch beim Schließen des Browsers gelöscht werden und permanente Cookies (Persistent Cookies), die auch über eine einzelne Session hinaus bestehen bleiben bis zu einem festgelegten Ablaufdatum oder bis zum manuellen Löschen durch den Nutzer (vgl. Alpar und Wojcik 2012, 603f.). Außerdem kann man nach Herkunft des Cookies unterscheiden: Cookies können von der besuchten Website selbst gesetzt werden (First-Party-Cookies) oder von Drittanbieter-Seiten, zum Beispiel Werbenetzwerken, die auf der Seite verwendet werden (Third-Party-Cookies) (vgl. Zulechner 2016, 58). Cookies werden vor allem zum (Re-)Targeting genutzt: Das heißt für die Adressierung von Inhalten, für die sich Nutzer vorher bereits interessiert haben (ebd.). Die klassische Art des Trackings, das Setzen von Cookies, ist mobil nur eingeschränkt möglich, schließlich findet die Nutzung nicht (nur) im Browser statt, sondern vor allem auch in einer Vielzahl von Apps: Daher vergeben Hersteller wie Apple oder Google pro Nutzer ihres Betriebssystems eine sogenannte Werbe-ID, der als permanenter Cookie über alle Anwendungen hinweg wirkt (vgl. Wächter 2016, 155f.). Eine andere Alternative ist das Ermitteln eines Geräte-Fingerabdrucks mit wahrscheinlichkeitstheoretischen Mitteln: Dabei werden verschiedene verfügbare Parameter des Geräts (z.B. Einstellungen zu Region und Sprache, Software-Version, benutzter Browser, Bildschirmauflösung) zu einem Fingerabdruck zusammengeführt und eine Identität für das Gerät ermittelt - allerdings erlischt diese Identität jedes Mal sobald sich einer der Parameter ändert, zum Beispiel durch ein Update des Betriebssystems (156). Dass mobile Werbung generell Alternativen zu klassischen Tracking-Methoden, wie Cookies, entwickeln muss, kann auch eine große Chance für den Markt sein: Anstatt von Beginn an die Nutererfahrung durch das Tracking zu verschlechtern, so wie es am Desktop der Fall ist, können die Hersteller und Publisher mobil von Beginn an neue, effektive und nutzerfreundlichere Methoden entwickeln (157).

Letztlich dient Tracking dazu, die Profilerzeugung und die Zuordnung zur (Wiedererkennung) zu automatisieren, ebenso bieten viele Tracker die Möglichkeit, die Daten statistisch auszuwerten. Das ist vor allem für Webseiten relevant, die über Werbung finanziert werden, da die Nutzerzahlen ausschlaggebend sind25. Ebenso helfen die Analysewerkzeuge dabei, die Webseiteninhalte zu optimieren, um das Erlebnis auf einer Webseite zu verbessern.

Allerdings gibt es auch Abwehrmaßnahmen. Zum einen mit Hilfe von zusätzlicher Software, wie zum Beispiel Adblocker, worauf wir in einem anderen Teil der Arbeit eingehen. Zum anderen aber auch über Einstellungsmöglichkeiten, die in Internet-Browsern bereitgestellt werden. Ein Auslesen der Daten kann aber nicht vollständig verhindert werden, da eine Kommunikation zwischen dem Nutzer und dem Webserver stattfinden muss. Eine dritte Option besteht in der manuellen Cookie-Abwehr. Cookies werden lokal am Computer des Nutzers gespeichert, auf den der Nutzer vollen Zugriff hat. Der Nutzer kann diese jederzeit löschen. Ebenso besteht die Möglichkeit, Cookies per Voreinstellung im Browser nach jeder Session automatisch zu löschen. Allerdings werden dabei alle Webseitendaten gelöscht, also auch Bookmarks26, was zu Lasten des Nutzers geht. Targeting ist zwar ein Weg um die Differenz zwischen den vom Nutzer gewünschten Inhalt und den angezeigten Werbeinhalten zu reduzieren, kann aber nichts am geringeren Vertrauen von Nutzern in Werbeinhalte ändern (18).

4.1.4 Gesetzliche Situation

Unternehmen, insbesondere im Online-Bereich, haben ein großes Interesse daran Informationen über Kunden zu erhalten. Allerdings gelten auch für Werbung im Internet Regeln wie für andere Werbung (vgl. Hetmank 2016, 96). Dazu gehört das Verschleierungsverbot sowie Trennungs- und Transparenzgebot aus § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und § 6 des Telemediengesetzes (TMG). (vgl. Scholz 2017; UWG §4 2018; TMG §6 2018). Diese besagen, dass kommerzielle Kommunikationen grundsätzlich als solche erkennbar sein muss. Im Mai 2011 wurde ein EU Gesetz erlassen, dass den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation schützen soll (vgl. Europäisches Parlament 2009). Die Richtlinie, die sogenannte Cookie Richtlinie, wurde aber von den Mitgliedsländern nicht einheitlich umgesetzt, sodass die nationale Umsetzung stark schwankt. In der Richtlinie wird bestimmt, dass Nutzer darüber informiert werden müssen, dass das Verhalten im Internet in Form von Cookies gespeichert werden kann (ebd.). Die Erstellung von Online-Nutzerprofilen und Weitergabe von gespeicherten Nutzerdaten bedarf nach deutschem Recht aber grundsätzlich der Vorabeinwilligung des Nutzers (vgl. Bauer, Greve und Hopf 2011, 17). Das Risiko einer Strafe bei einem Verstoß erhöht sich für die Unternehmen mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung ab Mai 2018 deutlich (vgl. Europäische Parament 2016).

4.2 Kontroversen

Daneben gibt es weitere Faktoren, die mit der Online-Werbung einhergehen. Einige davon können sich auch als Grund für Nutzer herausstellen, Online-Werbung umgehen zu wollen. Auf einige dieser negative Faktoren möchten wir eingehen.

4.2.1 Schadsoftware

Mit Online-Werbung wird auch das Thema Malware27 in Verbindung gebracht (vgl. Nithyanand et al. 2016, 1). Malvertising beschreibt, wie über manipulierte oder auch legal eingekaufte Online-Werbeanzeigen und Werbebanner Schadsoftware auf das Endgerät des Nutzers gelangt (vgl. Meyer, Benzmüller und Simons 2017, 274). Die Verbreitung von Malware über infizierte Werbebanner ist in zwei Arten unterscheidbar: Automatisierte Infektionen und Infektion mit Nutzerinteraktion. Im ersten Fall ist das Aufrufen des Werbebanners bereits problematisch, im zweiten Fall muss der Nutzer auf die Werbeeinblendung klicken (ebd.).

Dieses Thema ist hochaktuell, eine Studie des amerikanischen Unternehmens Cyphort bestätigt für das Jahr 2014 ein Wachstum bei Malvertising um 325 % (vgl. Meyer, Benzmüller und Simons 2017, 274). Und auch im darauffolgenden Jahr 2015 kam es zu einem Wachstum von 260%, 2016 ist der Anteil um weitere 132% gestiegen (ebd.). Der Schaden, der durch den Einsatz von Malvertising entsteht, schätzen Experten für das Jahr 2015 auf über eine Milliarde US-Dollar (ebd.). Vor allem sind aber nicht nur als illegal klassifizierte Webseiten infiziert, sondern auch seriöse Nachrichten-Webseiten, wie zum Beispiel New York Times, BBC und Spiegel Online (275). Das Software- und Technikunternehmen Cisco bezeichnet Online Werbung als zweithäufigste Ursache für onlinebasierte Schadsoftware-Infektionen (ebd.)

Die Verbreitung der Schadsoftware erfolgt nach einem einfachen Prinzip. Denn die Ausspielung infizierter Werbung funktioniert im ersten Schritt nicht anders, als das bei normaler Werbung der Fall ist. Für die Verbreitung werden in erster Linie Ad-Netzwerke und Ad-Exchanges genutzt, über die die Werbung verkauft und platziert wird (275f.). Es werden also auf legalem Weg manipulierte Werbeanzeigen auf Webseiten eingeblendet, die über hohe Besucherzahlen verfügen. Oftmals werden reguläre Werbeanzeigen geschaltet, damit bei einer Erstprüfung des Anbieters dieser als seriös eingestuft wird. Im weiteren Verlauf werden die hinterlegten Werbequellen dann verunreinigt (ebd.). Eine Prüfung ist dabei kaum möglich, da die Werbeanzeige selbst oftmals keinen schädlichen Inhalt mit sich bringt. Auch auf Seiten der Webseitenanbieter ist eine Prüfung nur schwierig umsetzbar, da die Werbeeinblendungen von einem Drittserver aufgerufen werden. Selbst bei nur wenigen erfolgreichen Infektionen entstehen erfolgreiche kriminelle Geschäftsmodelle. Besonders vorteilhaft sind Ad-Targeting Methoden, sodass Kriminelle bestimmte Kriterien adressieren können, wie zum Beispiel Nutzer eines bestimmten Betriebssystems, Browsers oder Gerätes (ebd.).

4.2.2 Performanceminderung

Ein weiterer Effekt der durch Online-Werbung hervorgerufen wird ist die Belastung von Geräte- und Datenverbindungsressourcen. Mit dem Einblenden von Werbung müssen neben dem eigentlichen Inhalt Werbeinhalte geladen werden, die abhängig vom Inhalt die Ladezeit merkbar verlängern können. Dies hat einen Effekt auf die sogenannte Performance und damit auf die Ladegeschwindigkeit der Inhalte, die konsumiert werden sollen. Nebeneffekte sind beim Datenverbrauch festzumachen, was vor allem bei mobilen Datentarifen eine zu berücksichtigende Rolle spielt.

[...]


1 Das Interactive Advertising Bureau ist ein internationaler Verband der digitalen Werbeindustrie.

2 Obschon der sogenannte Digital Divide hinsichtlich einer Trennung der Nutzungsweisen festgestellt werden kann, sodass jüngere Nutzer das Internet anders verwenden als ältere Nutzer. Dieser Aspekt kann im Rahmen unserer Arbeit aber keine Berücksichtigung erhalten (vgl. Eimeren et. al 2012).

3 Forschungen zeigen die Tendenz zu einer Differenzierung im Modus der Nutzung auf: zwischen Alltagsroutine für Digital Natives bis hin zu Rand- und Selektivnutzer (vgl. Eimeren et. al 2012, 364)

4 Android ist das meistgenutzte mobile Betriebssystem in Deutschland mit einer Marktdurchdringung von 65,53% im Januar 2018. Android ist für Geräte verschiedener Hersteller verwendbar. Daneben existiert das Betriebssystem iOS, das exklusiv nur für mobile Geräte des Herstellers Apple genutzt werden kann (32,99%). Weitere Betriebssysteme spielen keine Rolle mit einem Marktanteil von unter 0,8%. Dazu gehört auch das Betriebssystem Windows (vgl. StarCounter 2018).

5 QR-Code steht für Quick Response-Code, darunter sind meist quadratische, grafische Codes zu verstehen, die vom Prinzip dem klassischen Barcode ähneln. Die QR-Codes sind individuell und können beispielsweise mit dem Smartphone eingescannt werden. Dahinter stecken verschiedene Aktionen, wie zum Beispiel das Öffnen einer Webseite.

6 Unter NFC (Kurzform für Near-Field-Communication) ist ein Übertragungsstandard zu verstehen, der dem kontaktlosen Austausch von Daten dient. Die Funktion wird vor allem beim kontaktlosen Bezahlen eingesetzt. Die Reichweite beträgt hierbei nur wenige Meter.

7 Bluetooth ist ein Standard zur Datenübertragung zwischen Geräten. Die Reichweite beträgt bis zu 100 Meter. Im Unterschied zur NFC-Technologie ist die Reichweite größer, gleichzeitig bedient der Bluetooth-Standard andere Frequenzen.

8 Unter dem Begriff Internet of Things (kurz: IoT) oder Internet der Dinge ist die Eigenschaft vieler Geräte zu verstehen, miteinander zu kommunizieren und sich drahtlos zu vernetzen. Darunter fallen auch insbesondere haushaltsübliche Geräte, wie zum Beispiel Lampen, Kühlschränke, Heizungen o.ä. Diese Geräte können drahtlos und von unterwegs gesteuert werden.

9 Unter Wearables werden tragbare Computer-Systeme bzw. technische Geräte verstanden, die Informationen sammeln und diese mit anderen Systemen teilen können, dazu gehören unter anderem Fitness-Tracker.

10 Economides & Tag (2012) sagen, der Wert, den ein Individuum aus Internetzugang gewinnt, ist eine linear-steigende Funktion aus der Summe der Plattformen.

11 Grundsätzlich lassen sich zwei Strategien differenzieren. Strategie 1: Das Internet wird als Vertriebskanal für redaktionellen Content genutzt. Der Content wird für die multimediale Netzwelt und für Dienste für mobile Endgeräte aufbereitet. Strategie 2: Aufbau eines eigenen Geschäftsfeldes mit nicht-publizistischen Diensten und einer eigenen Plattform für die Vermittlung geschäftlicher Transaktionen (wie Wohnen, Auto, Reisen u.a.). Dies können auch Unternehmenspartnerschaften zwischen Medien und Onlineshops und Betreibern von Online-Handel mit Waren und Dienstleistungen sein (Vogel 2012, 170f.). In diesem Zusammenhang wird oft auch von der Metamorphose der Medienhäuser gesprochen, die verschiedene Internetstrategien verfolgen und sich von Medienhäuser in Konzernkonglomerate verwandeln, in denen Produktion und Vertrieb redaktioneller Inhalte neben der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen betrieben werden.

12 Zalando gehört zu den größten Onlineshops für Mode und Schuhe in Deutschland. Abrufbar unter https://www.zalando.de.

13 Der iTunes-Store ist ein virtuelles Geschäft des Technologie-Konzerns Apple. Im iTunes-Store können digitale Güter wie Musik, Filme, Spiele oder Programme gekauft werden.

14 Dies meint beispielsweise Anbieter eines Streamingdienstes, wie Netflix.

15 Damit ist nicht zwingend ein monetärer Wert verbunden. Auch der Aufwand oder die Zeit, die ein Nutzer aufbringen muss, ist es Preis den der Nutzer zahlt.

16 Ad-Impressions oder Ad-Views sind Marketingbegriffe, die die Anzahl von Aufrufen von Werbemitteln bezeichnet.

17 Die Begriffe beschreiben verschiedene Abrechnungsmodell. Im Rahmen von Cost-per-View zahlt der Werbekunde, wenn das Werbemittel dem Nutzer gezeigt wurde. Dies wird vor allem in sozialen Medien angewendet. Bei Cost-per-Click bezahlt der Werbekunde pro Klick auf ein festgelegtes Werbeelement. Bei Cost-per-Lead zahlt der Werbekunde pro gewonnene Kontaktadresse. Cost-per-Sale beschreibt Affiliate-Provisionen bei den Einnahmen generiert werden, wenn ein angezeigtes Produkt verkauft wird. Cost-per-Acquisition beschreibt die Rate der gewonnen Neukunden, sodass pro Neukunde eine Vergütung erfolgt.

18 Ubiquität meint eine Allgegenwertigkeit und dauerhafte Verfügbarkeit.

19 Klickrate wird auch Click-Trough-Rate (CTR) genannt und beschreibt die Anzahl der Klicks auf ein Objekt, wie zum Beispiel ein Werbebanner. Conversion Rate bezeichnet im Kontext von Marketingmaßnahmen, wie viel Prozent einer adressierten Gruppe eine bestimmte Aktion ausgeführt hat, wie zum Beispiel auf ein Werbebanner geklickt haben. Dabei reicht es aber nicht, dass der Nutzer nur auf den Werbebanner klickt. Der Nutzer muss auch zum Interessenten für das Produkt oder die Dienstleistung werden, die mit dem Banner verknüpft ist. Page Impression beschreibt die Anzahl der Seitenaufrufe einer Webseite, dabei können Nutzer doppelt gezählt werden.

20 Die IP-Adresse ist eine Zahlenfolge, die Computern und Geräten zugeiwesen wird, die an das Internet angeschlossen sind. Die Adresse kann einem Gerät oder eine Gruppe zugeordnet sein, gleichfalls kann ein Geräte über mehrere IP-Adressen verfügen. IP-Adressen werden zeitglich nicht doppelt vergeben, da sie als Identifizierungsmerkmal beim Transport von Daten verwendet werden. IP-Adressen können Aufschluss über den Standort geben.

21 Weitere Informationen: https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/lightbeam.

22 Aufrufbar unter https://www.zalando.de, https://www.amazon.de, https://www.adidas.de und https://www.google.de.

23 Das Ad-Serving setzt sich aus „Ad“ und „Server“ zusammen und beschreibt eine Software oder Hardware, die zur Abwicklung von Online-Werbung genutzt wird (Zulechner 2016, 50).

24 Jedem Nutzer individuell zugeordnetes Gerät.

25 Je höher die Nutzerzahlen, desto höher die Einkünfte.

26 Bookmarks sind Lesezeichen, die in Browser gespeichert werden. Mit Lesezeichen können Webseiten gespeichert werden, die häufiger genutzt werden. Dadurch kann das Aufrufen der Webseite schneller erfolgen.

27 Der Begriff Malware oder Malvertising setzt sich aus den Begriffen malicious (schädlich) und Advertising (Werbung) zusammen.

Final del extracto de 146 páginas

Detalles

Título
Adblocker und Geschäftsmodelle digitaler Online-Medien
Universidad
University of Cologne
Calificación
1,0
Autores
Año
2018
Páginas
146
No. de catálogo
V994988
ISBN (Ebook)
9783346369284
ISBN (Libro)
9783346369291
Idioma
Alemán
Notas
Zu den Autoren: Die Autoren sind Experten für Innovationsmanagement und New Business Development mit Schwerpunkt auf disruptiven Geschäftsmodellen. Sie haben Abschlüsse der Universitäten in Düsseldorf, Köln und San Diego in den Fachrichtungen Wirtschafts-, Medien- und Kommunikationswissenschaften.
Palabras clave
Adblocker, Online-Medien, Online-Werbung, Digitale Geschäftsmodelle
Citar trabajo
Brian Brand (Autor)Christopher Ludwig (Autor), 2018, Adblocker und Geschäftsmodelle digitaler Online-Medien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/994988

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