Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges - Die Marokkokrisen


Presentation / Essay (Pre-University), 2001

3 Pages, Grade: 12 Punkte


Excerpt


Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges - Die Marokkokrisen

1. Einleitung:

Durch die imperialistische Expansionspolitik kam es Ende des 19. Jahrhunderts zu Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Führungsmächten. Besonders am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese Konflikte noch verschärft: Afrika war aufgeteilt und Asien von den Europäern durchdrungen, so das eine Machterweiterung nur noch in Europa selbst stattfinden konnte. Das labile Gleichgewicht zwischen den europäischen Mächten, das der deutsche Reichskanzler Bismarck aufrechterhalten hatte, geriet nach seinem Sturz ins Wanken und auch auf dem Balkan entstand durch den Zusammenbruch des Osmanischen Reiches ein neuer Krisenherd. Die Häufung von Konflikten, das gespannte Verhältnis zwischen den europäischen Mächten und die zunehmende Kriegsbereitschaft sollten schließlich in den Ersten Weltkrieg führen.

2. Der „Neue Kurs“ Wilhelms II.:

Als Bismarck 1890 unter Kaiser Wilhelm II. zum Rücktritt gezwungen wurde, bedeutete dies einschneidende Veränderungen für die bisherige Außenpolitik. Durch den „Neuen Kurs“ Wilhelms II. geriet das von Bismarck aufgebaute Kräftegleichgewicht in Europa ins Wanken. 1890 lehnte Wilhelm die Erneuerung des Rückversicherungsvertrages mit Rußland ab, woraufhin dieses mit Frankreich 1894 eine Militärkonvention schloss und so einen Zweifrontenkrieg gegen das Deutsche Reich möglich machte.

Nun wäre ein Bündnis Deutschlands mit Großbritannien von großem Vorteil gewesen. Die deutsch-britischen Beziehungen verschlechterten sich jedoch, als man Mitte der 1890er Jahre mit dem Aufbau einer deutschen Hochseeflotte begann. Es setzte ein erbittertes Wettrüsten mit Großbritannien ein, denn dieses sah seine Vormachtstellung zur See und seine Sicherheit durch die deutsche Flotte gefährdet.

Ein Bündnis zwischen Frankreich und Großbritannien, die Entente cordiale, die später mit Rußlands Beitritt zur Triple-Entente ausgeweitet wurde, führte schließlich zur Isolation des Deutschen Reiches, dem außer Österreich-Ungarn kein Bündnispartner mehr geblieben war.

3. Die Marokkokrisen:

Die Marokkokrisen waren zwei internationale Krisen in den Jahren 1905/06 und 1911/12 und wurden durch die Interessen Frankreichs und des Deutschen Reiches an Marokko ausgelöst.

3.1 Die erste Marokkokrise:

1880 war im Marokkoabkommen das Mitspracherecht des Deutschen Reiches in nordafrikanischen Fragen festgelegt und der Status Marokkos als formal souveränes Land vereinbart worden.

1904 begann Frankreich mit der Durchdringung Marokkos und einigte sich mit Spanien über die Aufteilung der Interessenzonen in Marokko; Die französische Regierung strebte die Zollkontrolle und die Umbildung der marokkanischen Armee unter französischem Kommando an.

Das Deutsche Reich wollte der britisch-französischen Annäherung (Entente cordiale) entgegenwirken, indem die deutsche Regierung die alten Pläne eines Kolonialbundes, der Großbritannien ausschließen und die deutsch-französische Gegnerschaft beenden sollte, wieder aufgriff. Da der erste Versuch, ein Bündnis mit Rußland und Frankreich zu schließen, scheiterte, versuchte Deutschland durch unmittelbaren Druck, Frankreich den Kurs der deutschen Kolonialpolitik aufzuzwingen. Die Marokko-Frage war dafür eine willkommene Möglichkeit.

Das Deutsche Reich meldete 1905, als Frankreich Marokko zum französischen Protektorat machen wollte, sein Mitspracherecht an dieser Entscheidung an. Kaiser Wilhelm II. stattete dem Sultan in Tanger einen Besuch ab, um zu demonstrieren, dass er Marokko für einen souveränen Staat halte.

Der französische Ministerpräsident schlug Deutschland daraufhin vor, alle deutsch- französischen kolonialen Differenzen nach dem Muster der Entente cordiale zu regeln. Die deutsche Regierung lehnte jedoch ab und bestand auf einer internationalen Konferenz. Ihr Ziel war, der französischen Marokko-Politik eine Niederlage zu bereiten. Sie wollte Frankreich die Nutzlosigkeit der Entente mit Großbritannien aufzeigen und ihm deutlich machen, dass es sich an Deutschland halten müsse, wenn es kolonialpolitische Erfolge haben wolle. Die französische Niederlage sollte Frankreich aus der Entente cordiale lösen und es dazu bringen, dem geplanten Kolonialbund beizutreten. Reichskanzler von Bülow rechnete damit, dass Frankreich nachgeben und es nicht auf einen Krieg ankommen lassen werde, zumal Deutschland keinen Krieg beabsichtigte (Politik des Bluffens).

Die deutsche Regierung beharrte auf einer internationalen Konferenz und Frankreich stimmte zu. Auf der Algeciras-Konferenz 1906 beratschlagten unter anderem das Deutsche Reich, Frankreich, Österreich-Ungarn, Großbritannien, die USA und Italien über den Konflikt. Deutschland hatte mit einer Mehrheit auf seiner Seite gerechnet; es war jedoch mit Österreich-Ungarn isoliert. Die Konferenz bestätigte zwar die Selbstständigkeit Marokkos, billigte aber den vorwiegend französischen Einfluss auf das nordafrikanische Land weitgehend. Äußerlich war der deutschen Forderung damit zwar Genüge getan, aber die Isolierung Deutschlands im Kreis der europäischen Mächte wurde besonders deutlich. Auch die Hoffnung der deutschen Regierung, die Entente cordiale zu schwächen, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Die Zusammenarbeit Frankreichs und Englands wurde durch die deutsche Politik noch gefestigt.

3.2 Die zweite Marokkokrise:

Die zweite Marokkokrise wurde ausgelöst, als französische Truppen 1911 anlässlich innerer Unruhen (ein Aufstand gegen den Sultan) die marokkanische Hauptstadt Fès besetzten und damit den Vertrag von Algeciras verletzten. Das Deutsche Reich schickte als Reaktion das Kanonenboot „Panther“ („Panthersprung“) nach Agadir, um seine militärische Stärke zu demonstrieren. Das Deutsche Reich hatte jedoch mit dieser militärischen Aktion Großbritannien nicht genügend berücksichtigt. So warnte der britische Schatzkanzler Lloyd George Deutschland davor, Frankreich den Krieg zu erklären und deutete an, dass England sich im Kriegsfall nicht mehr passiv verhalten, sondern auf Frankreichs Seite eingreifen würde. Um dieser Aussage Nachdruck zu verleihen, versetzte Großbritannien seine Marine sogar zeitweilig in Alarmzustand.

Am 11.11.1911 wurde die Marokkokrise nach längeren Verhandlungen zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich durch den Marokko-Kongo-Vertrag beigelegt. Das Deutsche Reich erkannte die französische Vorherrschaft über Marokko an und im Gegenzug trat Frankreich Teile des französischen Kongo und Französisch-Äquatorial-Afrikas an das Reich ab.

Wieder gelang es dem Deutschen Reich nicht, einen Keil zwischen die britisch-französische Entente zu treiben. Die Vorgänge in Marokko verstärkten den Zusammenhalt der Entente noch. Die politische Isolation des Deutschen Reiches wuchs. Gleichzeitig nahmen im Deutschen Reich die englandfeindliche Stimmung und die Kriegsbereitschaft zu.

4. Unruheherd Balkan:

Vor allem in den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg wurde der Balkan zum Unruheherd in Europa. 1908 kam es zur Bosnienkrise, als Österreich-Ungarn die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina annektierte. Serbien, Rußland und Montenegro protestierten zwar, mussten das österreichische Vorgehen aber hinnehmen, als sich das Deutsche Reich auf die Seite Österreich-Ungarns stellte.

Auch andere Staaten nutzten die Schwäche der Türkei („dem kranken Mann am Bosporus“) aus; so eroberten die Truppen des Balkanbundes (Bulgarien, Griechenland, Montenegro und Serbien) im ersten Balkankrieg 1912 fast die gesamte europäische Türkei. 1913 lösten Streitigkeiten um die Aufteilung Makedoniens den zweiten Balkankrieg aus. In diesem Krieg konnte Serbien sein Territorium fast verdoppeln und auch die russische Position auf dem Balkan wurde gestärkt.

Am 28. Juni 1914 wurden der österreich-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo von einem Mitglied einer großserbischen Geheimorganisation erschossen. Dieses Attentat bot Österreich-Ungarn eine willkommene Möglichkeit, gegen Serbien vorzugehen und löste damit die Julikrise aus, die schließlich in den Ersten Weltkrieg führen sollte.

" by Annika M.

Quellenangaben

ALTER, PETER (HRSG.): Der Imperialismus, Grundlagen, Probleme, Theorien, 1. Auflage, Ernst Klett Verlag, Stuttgart, 1985.

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BRÜCKMANN, ASMUT: Historisch-Politische Weltkunde, Die europäische Expansion, 1. Auflage, Ernst Klett Schulbuchverlag, Stuttgart, 1993.

GRUNDMANN, HERBERT (HRSG.): Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, vierbändig, Bd. 3, Von der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg, 9. bearbeitete Auflage, Union Verlag, Stuttgart, 1970.

HILGEMANN, WERNER / KINDER, HERMANN: dtv-Atlas Weltgeschichte, zweibändig, Bd.2: Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, 25. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 1991.

HIRSCHFELDER, HEINRICH / NUTZINGER, WILHELM: Das Kaiserreich 1871-1918, 1. Auflage, C.

C. Buchners Verlag, Bamberg, 1987.

HOLZBAUER, HANS / ZUBER, KARL-HEINZ (HRSG.): bsv Geschichte 3 N, Von der Zeit der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg, 1. Auflage, München, 1986.

HUG, WOLFGANG (HRSG.): Unsere Geschichte, vierbändig, Bd. 3, Von der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg, Diesterweg Verlag, Frankfurt a. M., 1988.

PROKASKY, HERBERT / TABACZEK, MARTIN (HRSG.): Geschichts-Kurse für die Sekundarstufe II, sechsbändig, Bd. 6: Krieg und Frieden, Friedensordnungen und Konflikte vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 1. Auflage, Schroedel Schulbuchverlag, Paderborn, 1994.

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Details

Title
Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges - Die Marokkokrisen
Course
LK Geschichte
Grade
12 Punkte
Author
Year
2001
Pages
3
Catalog Number
V99539
ISBN (eBook)
9783638979795
File size
331 KB
Language
German
Keywords
Vorgeschichte, Ersten, Weltkrieges, Marokkokrisen, Geschichte
Quote paper
Annika (Author), 2001, Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges - Die Marokkokrisen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99539

Comments

  • guest on 10/9/2004

    sehr gut.

    Ich finde diesen Beitrag ausgezeichnet zumal man sehr leicht vehrsteht was die Franzosen vorhaten. Und er hat mir auch sehr bei meiner Ausarbeitung geholfen. Vielen Dank

  • guest on 3/17/2001

    zusätzliche Anmerkung.

    Nur nebenbei: Der "Panthersprung nach Agadir" ist bis heute noch einigermaßen umstritten. Zwar gibt es Photos, die das angeblich deutsche Kanonenboot vor Agadir zeigen, allerdings ist das darauf abgebildete Schiff auffälligerweise keines der kaiserlichen Marine, erst recht nicht die Panther. Das abgebildete unterscheidet sich durch Stellung und Anzahl der Schlote von den bekannten deutschen.
    Das verändert nicht die Haltung des Reiches zu Marrokko oder dessen Absichten, ist aber vielleicht ganz interessant zu wissen.
    Cu

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