Die Situation von Geflüchteten in Deutschland

Rechtliche Herausforderungen, die Rolle der Sozialen Arbeit sowie geflüchtete Kinder und Jugendliche


Hausarbeit, 2020

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Einführende Erläuterung zum vergangenen und aktuellen Fluchtgeschehen

2. Rechtliche Herausforderungen für Asylantragsteller
2.1 Das Asylrecht
2.2 Das Asylverfahren

3. Die Rolle der Sozialen Arbeit
3.1 Aufgaben der Sozialen Arbeit
3.2 Notwendige Handlungs- und Wissenskompetenzen

4. Sozialräumliche Situation und Entwicklung von Geflüchteten
4.1 Die Wohnräumliche Situation
4.2 Arbeitsmark- und Bildungsintegration

5. Geflüchtete Kinder und Jugendliche
5.1 Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
5.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen
5.3 Die Aufgabe der Schulen

6. Abschließende Betrachtung

7. Literaturverzeichnis

Abstract

Im Jahr 2015 flüchteten so viele Menschen nach Deutschland wie noch nie zuvor. Vertrieben durch Krieg, Gewalt und Verfolgung suchten und suchen sie ein neues Zuhause in der Bundesrepublik. Eine Migration dieser Form hat massive Auswirkungen auf Gesellschaft und Politik, vielmehr jedoch auf die Lebenssituation der Geflüchteten selbst. In dieser Arbeit sollen sowohl aktuelle rechtliche Restriktionen der Schutzsuchenden erläutert, sowie die Möglichkeiten und notwendigen Kompetenzen der Sozialen Arbeit als Instrument der Integration reflektiert werden. Weiterhin wird die Frage nach der aktuellen Wohn- und Arbeitssituation und ihrer Entwicklung geklärt und zuletzt auf die besonders vulnerable Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit Fluchterfahrung eingegangen.

1. Einführende Erläuterung zum vergangenen und aktuellen Fluchtgeschehen

"Migrationen sind räumliche Bewegungen von Menschen“ (Oltmer 2019: 24). Selbstverständlich sind nicht alle räumlichen Bewegungen gleich als Migration anzusehen. "Gemeint sind vielmehr jene Formen regionaler Mobilität, die weitreichende Konsequenzen für die Lebensverläufe der Wandernden haben und aus denen sozialer Wandel resultiert" (Oltmer 2019: 24). Die Bundesrepublik war in der Vergangenheit bereits mit Migrationen, die einen solchen sozialen Wandel hervorbrachten, konfrontiert. Zwischen 1955 und 1973 beispielsweise, kamen rund 14 Millionen Arbeitsmigranten*innen nach Deutschland, was einen der Gründe dafür darstellt, dass heute ca. 20% der Deutschen einen Migrationshintergrund haben. Im Vergleich zu anderen Einwanderungsländern haben Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland jedoch einen wesentlich größeren sozialen Aufstieg vollzogen. Dies ist vor allem den Strukturen des Wohlfahrtsstaates anzurechnen. (vgl. Hoesch 2018: 7) Jedoch werden daher im wissenschaftlichen und politischen Diskurs vermehrt Typunterscheidungen der Migrationsformen vorgenommen, da Deutschland vermehrt auch an Wohnbürger*innen wohlfahrtsstaatliche Leistung erbrachte, deren Anspruchsvoraussetzungen geregelt werden mussten (vgl. ebd.: 20). Eine dieser Formen ist die Flucht, die in dieser Arbeit behandelt werden soll.

Flucht ist immer unfreiwillig, jedoch kann sie verschiedene Gründe haben. Besonders Gewalt, Kriege, Armut oder Menschenrechtsverletzungen bringen Menschen dazu, lange Wege auf sich zu nehmen, um für sich und/oder ihre Kinder in einem anderen Land bessere Zukunftschancen vorzufinden (vgl. Imm-Bazlen; Schmieg 2016: 10). Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, insbesondere Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jugoslawien in den 1990er Jahren, flohen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in die Bundesrepublik (vgl. Hoesch 2018: 7). Das Fluchtgeschehen nach Deutschland fand seinen Höhepunkt jedoch im Kalenderjahr 2015, in dem über 1,1 Million Menschen registriert wurden (vgl. BAMF 2019: 37). Im selben Jahr noch wurden 441.899 Asylerstanträge gestellt. Dabei machten drei Herkunftsländer 64% der Zuzüge aus: Syrien, Afghanistan und der Irak. Der Rest verteilt sich auf die Balkanstaaten und Afrika. (vgl. Toprak; Weitzel 2015: 10)

Diese Zahlen lassen sich auf den 2011 ausgebrochenen Krieg in Syrien und ca. 15 Konflikte in Afrika, im Nahen Osten, in Asien und der Ukraine, sowie eine chronische Instabilität von Staaten wie Afghanistan und Somalia zurückführen. Dass das globale Fluchtgeschehen zur Hälfte der 2010er Jahre drastisch zunahm, zeigt eine Schätzung der Vereinten Nationen: Während 2005 noch 37,5 Millionen Menschen auf der Flucht waren, wuchs die Zahl der Betroffenen 10 Jahre später auf knapp 60 Millionen an. Der ehemalige UN-Flüchtlingskommissar António Guterres äußerte sich 2015: "Wir geraten in eine Epoche, in der das Ausmaß der globalen Flucht und Vertreibung sowie die zu deren Bewältigung notwendigen Reaktionen alles davor Gewesene in den Schatten stellen". (UNHCR Deutschland 2015) Diese Bewältigung bringt Herausforderungen für Sozialpolitik und Gesellschaft, vor allem aber auch für die Geflüchteten mit sich. Auf den folgenden Seiten sollen verschiedene Aspekte der Situation geflüchteter Menschen in Deutschland und den daraus resultierenden Herausforderungen und Aufgaben beleuchtet und reflektiert werden.

2. Rechtliche Herausforderungen für Asylantragsteller

Grundlegende Merkmale wie Widerspruchsrechte, die Unbestechlichkeit von Polizisten und Richtern, zeitlich andauernde Rechtsentscheidungen oder die verbindliche Einhaltung von Fristen können oft fremd und verunsichernd auf Geflüchtete wirken. Nach der Ankunft in Deutschland stellt sich für sie meist die Frage, wie mit ihnen weiter verfahren werden kann und in welcher rechtlichen Position sie sich befinden. Aufgrund der unterschiedlichen Hintergründe und Motive der Flucht gibt es keine einheitliche Antwort auf diese Fragen. (vgl. Imm-Bazlen; Schmieg 2016: 26) Allerdings folgt das Vorgehen bei der Ankunft und dem Verbleib von Flüchtlingen rechtlich definierten Strukturen, dem Asylrecht- und Verfahren, welche in den folgenden Abschnitten erläutert werden sollen.

2.1 Das Asylrecht

Das Asylrecht regelt "politische, völkerrechtliche und humanitäre Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts sowie die damit verbundenen Rechtsfolgen und das Verfahren" (Ahlert; Nahrwold 2017: 74). Für asylrechtliche Fragen sind die Bücher des Asylgesetzes, aber auch die des Aufenthaltsgesetzes, der Aufenthaltsverordnung und des Asylbewerberleistungsgesetzes von Bedeutung. Im Asylgesetz ist vor allem zwischen nationalem und internationalem Schutz zu unterscheiden, um die Schutzform zu bestimmen, mit der ein Flüchtling ausgestattet wird.

Die Quelle des nationalen Asylrechtes ist Artikel 16a des Grundgesetzes: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" (Art. 16a Abs. 1 GG). Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die Erteilung einer Asylberechtigung nach dem Grundgesetz nur an staatliche, staatlich zuzurechnende oder quasistaatliche Verfolgung geknüpft ist, und daher anderweitige Notsituationen wie beispielsweise Armut, Bürgerkriege oder Naturkatastrophen keine Gründe für Asylgewährung dieser Form darstellen (vgl. Ahlert; Nahrwold 2017: 82). Auf das durch Grundrecht gewährte Asyl kann sich laut Art. 16a Abs. 2 ebenfalls nicht berufen, wer aus einem EU -oder sicheren Drittstaat einreist. Da Deutschland ausnahmslos an EU-Staaten und die Schweiz, die als sicherer Drittstaat gilt, grenzt, ist die praktische Anwendung des nationalen Schutzes nach dem Asylgrundrecht verschwindend gering. (vgl. UNHCR Deutschland o.J.). So lebten im ersten Halbjahr 2020 lediglich 42.536 Menschen in Deutschland, die durch Artikel 16a des Grundgesetzes Asylberechtig sind (vgl. Mediendienst Integration 2021b).

Schutzformen des internationalen Schutzes nach §1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG stützen sich hingegen auf internationale Abkommen und Konventionen. Zu ihnen gehört zum Einen die Schutzform der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, welche durch die Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951 vom damaligen Völkerbund beschlossen wurde (vgl. Informationsbund Asyl & Migration o.J.a). "Zuvor gab es völkerrechtlich keine verbindlichen Regelungen im Umgang mit Flüchtlingen. Das Ziel war und ist ein weitestgehend einheitlicher Rechtsstatus der Flüchtlinge" (Imm- Bazlen; Schmieg 2016: 27). Ein Ausländer wird dementsprechend als Flüchtling anerkannt, wenn er sich " aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet" (§3 Abs. 1 Nr. 1-2 AsylG). Verfolgung muss nach §3c Nr. 2-3 AsylG hier nicht nur vom Staat ausgehen. Allerdings wird die Flüchtlingseigenschaft einem Ausländer nicht zuerkannt, wenn er " in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach §3d hat" (§3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Im Falle einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird dem Flüchtling nach §25 Abs. 1 Satz 1 AufenthG und §26 Abs. 1 Satz 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Im Regelfall nach fünf, bei besonderer Integrationsleistung schon nach drei Jahren, können anerkannte Flüchtlinge eine Niederlassungserlaubnis nach §26 Abs. 3 Satz 1 bzw. Satz 2 erhalten (vgl. Altinzencir 2019: 58). Auch der subsidiäre Schutz nach §4 AsylG zählt zu den Formen des internationalen Schutzes und wurde durch die EU-Qualifikationsrichtline von 2004 eingeführt (vgl. Informationsbund Asyl & Migration o.J.b). Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigt, wenn er "stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht" (§4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). So schließt der subsidiäre Schutz auch Menschen mit ein, die durch Todesstrafe, Folter oder eine unmenschliche Behandlung oder Bestrafung im Herkunftsland bedroht sind, wie beispielsweise durch bewaffneten Konflikt (vgl. UNHCR Deutschland o.J.). Nach §26 Abs. 1 Satz 3 AufenthG wird ihnen eine Aufenthaltserlaubnis von einem Jahr gewährt, die um zwei Jahre je Verlängerung erweitert werden kann.

Wird einem Asylbewerber keine der genannten Schutzformen zugeschrieben, kann sich für ihn immer noch ein Abschiebungsverbot oder eine vorrübergehende Aussetzung der Abschiebung, auch Duldung genannt, ergeben. Dies ist in §60 AufenthG und §60a AufenthG geregelt. Laut §60 Abs. 1 Satz 1 kommt es zu einem Abschiebungsverbot, wenn Leben oder Freiheit aufgrund von bestimmten Merkmalen im Herkunftsland erheblich gefährdet sind. Die daraus entstehende Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr berechtigt allerdings nicht zur Erwerbstätigkeit. (vgl. Altinzencir 2019: 59) Eine Duldung liegt vor, wenn der gestellte Asylantrag abgelehnt, eine Abschiebung jedoch nicht vollzogen werden kann. Ihre Aufenthaltsberechtigung beschränkt sich auf das jeweilige Bundesland, teilweise sogar auf einen Landkreis. Gründe für eine Duldung können beispielsweise Krankheit des Geduldeten, ungeklärte Identität oder kriegsbedingte Unerreichbarkeit des Herkunftslandes sein. (vgl. Imm-Bazlen; Schmieg 2016: 31f.) Geduldete Menschen können jedoch von der Ausländerbehörde auf Antrag hin eine Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung erhalten (vgl. Altinzencir 2019: 59).

2.2 Das Asylverfahren

Nach §5 Abs. 1 AsylG ist das Bundesamt für Migration und Integration, kurz BAMF, zuständig. Die einzelnen Länder hingegen sind für den Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen verantwortlich, die den Asylbewerber bis zu drei Monaten Unterkunft gewähren. Nach der Verteilung auf die Kommunen sind die Städte und Landkreise für die Unterbringung und Versorgung zuständig, was meist durch die Ausländerbehörden und Sozialämter geschieht. (vgl. Ahlert; Nahrwold 2017: 83f.)

[...]

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Details

Titel
Die Situation von Geflüchteten in Deutschland
Untertitel
Rechtliche Herausforderungen, die Rolle der Sozialen Arbeit sowie geflüchtete Kinder und Jugendliche
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
21
Katalognummer
V1147835
ISBN (eBook)
9783346528346
ISBN (Buch)
9783346528353
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Migration, Flucht, Asyl, Asylgesetz, Soziale Arbeit, Integration
Arbeit zitieren
Lucas Kurz (Autor:in), 2020, Die Situation von Geflüchteten in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1147835

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