John Forbes Kerry

Ein Vietnam Veteran als Präsidentschaftskandidat 2004


Trabajo, 2006

26 Páginas, Calificación: 2,3


Extracto


1. Einleitung

In der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2004 forderte der demokratische US Senator John F. Kerry den amtierenden, republikanischen Präsidenten George W. Bush heraus.

Viele erinnern sich noch an heftig debattierte Themen im Wahlkampf, wie den Irakkrieg und die Sicherheit der amerikanischen Bevölkerung vor islamistischen Terroristen.

Manche werden sich auch noch entsinnen, dass nicht allein diese aktuellen Themen zur Wahlkampfstrategie der Kontrahenten gehörten, sondern der Fokus auch auf etwas gelenkt wurde, was bereits mehrere Jahrzehnte zurücklag: ihre „Dienstzeit“ im Vietnam Krieg (1960 – 75) und eventuelle zu unrecht erhaltene Auszeichnungen.

Wie ist es möglich, dass mehrere Jahrzehnte nach einem Krieg, dieser nicht nur zu einem Wahlkampfthema, sondern vielleicht auch mitentscheidend für das Wahlergebnis sein kann? Wie wichtig ist der Vietnam Krieg auch heute noch für die amerikanische Bevölkerung und warum hat John F. Kerry dieses Thema mitunter zum Fokus seines Wahlkampfes gemacht? Seinem viermonatigen Aufenthalt in Vietnam hat er mehr Gewichtung beigemessen als seine 20 jährige Mitgliedschaft im Senat des Bundesstaates Massachusetts.

John F. Kerry glaubte offensichtlich, er könne das vielleicht umstrittendste Thema der neueren amerikanischen Geschichte zu seinem Vorteil nutzen. Sowohl Kriegsbefürworter als auch -gegner sollten von ihm angesprochen werden, da er einerseits im Krieg gedient hatte, sich andererseits aber nach seiner Rückkehr vehement öffentlich gegen ihn ausgesprochen hatte.

Bei der Recherche konzentrierte ich mich auf amerikanische und englischsprachige Tageszeitungen, beginnend mit Artikeln ab Ende August 2004 bis zur Wahl im November 2004. Aber auch zwei viel diskutierte Bücher waren Grundlage meiner Arbeit. „Tour of Duty“, eine Biografie Kerrys, die seine Version seines Kriegsdienstes unterstützt und das Buch, „Unfit for Command“, geschrieben von Kerrys ehemaligen Kameraden während seines Vietnameinsatzes, die Kerry als unfähigen Feigling enttarnen möchten.

Warum der Vietnam Krieg in den USA immer noch eine strittige und viel diskutierte Thematik darstellt und wie genau die Präsidentschaftskandidaten den Vietnam Krieg in ihren Wahlprogrammen nutzten, soll im Folgenden näher erläutert werden.

Im Jahr 1991 errang ein Präsident namens George Bush einen schnellen Sieg im Krieg gegen den Irak und erklärte: „By God, we’ve kicked the Vietnam syndrome once and for all.“ Doch hier sind wir, mit einem weiteren George Bush im Weißen Haus und die amerikanischen Truppen wieder im Irak, erneut debattierend über die Geschichte und die Legitimität des Vietnam Kriegs.[1] „The Vietnam War suddenly has become a central issue in the presidential campaign“[2] schreibt die Detroit Free Press am 21. August 2004.

Wer hätte gedacht, dass 30 Jahre nachdem die USA Saigon verlassen hat, die Diskussion über den Dienst im Vietnam Krieg in der Wahlkampagne der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten erneut entflammt und derart viele Gemüter bewegt. Diese Tatsache beschreibt treffend die Gefühle, die viele Amerikaner auch heute noch mit dem Vietnam Krieg verbinden: er lässt sie einfach nicht los. Er ist immer noch in ihren Köpfen, weil Vietnam die Nation gespalten hat und nach wie vor spaltet. Darum ist die Präsidentschaftskampagne „a stark portrayal of how the terrible conflict in Vietnam still divides America years after the war ended“[3].

John Kerry personifiziert diesen Konflikt, den die Amerikaner mit dem Vietnam Krieg haben. Auf der einen Seite war er in Vietnam und hat dort mutig für sein Land gekämpft, auf der anderen Seite war er nach seiner Rückkehr ein vehementer Kriegsgegner und hat sich mehrmals öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen. Diese Tatsache, dass er selbst keine klare Position gegenüber dem Vietnam Krieg hat, wird ihm 30 Jahre später in seiner Präsidentschaftskampagne zum Verhängnis werden.

John Kerry hat das Thema Vietnam bewusst für seinen Wahlkampf 2004 ausgewählt. Mit den Worten „I‘m John Kerry, reporting for duty“[4] legte er bei der Convention Speech am 29. Juli 2004 den Grundstein für seine Kandidatur. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass der Vietnam Veteran John Kerry seinen Wahlkampf auf dem Thema ‚Vietnam Krieg‘ aufbauen würde.

Die Frage bleibt offen, warum John Kerry seine Wahlkampagne auf einen Krieg aufbaute, den er ablehnte. Offensichtlich muss er sich einiges von dem Thema Vietnam versprochen haben. Schließlich machen in Amerika, wo ungefähr 195 Millionen potentielle Wähler leben, mehr als 13 Prozent – also ca. 26 Millionen Kriegsveteranen – einen erheblichen Anteil an der Wählerschaft aus.[5] Diese Wähler versuchte John Kerry offensichtlich für sich zu gewinnen. Für Kerry war die Gleichung seiner Wahlstrategie sowohl einfach als auch einleuchtend: Wer sein Land im Vietnam Krieg verteidigt hat, ist ein idealer Commander in Chief, das Amt, das der amerikanische Präsident in Kriegszeiten innehat. Kerry war der Meinung, dass er mit dem Thema Vietnam Krieg punkten könne, da sein Kontrahent, der amtierende Präsident George W. Bush, selbst nicht im Krieg gedient hatte. Der zog es vor, eine Pilotenausbildung bei der National Guard zu absolvieren. „The war over who did what in the Vietnam era rages on in the 2004 campaign. But it has inflicted more wounds on the candidate who saw combat, Senator John Kerry, than the one who did not, President Bush, analysts across the political spectrum say.“[6] Die Frage, wer den Vietnam Krieg von 2004 gewonnen hat, ist mittlerweile beantwortet. Warum John Kerry ihn verloren hat, werden wir nun genauer betrachten.

Im Frühjahr 2004, wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl, brachte der Autor Douglas Brinkley eine Biografie über John Kerry auf den Markt. Brinkley, ein Unterstützer Kerrys, hatte zuvor solch berühmte Personen wie Rosa Parks, Jimmy Carter und John F. Kennedy biografiert. Das Werk über John Kerry betitelte er „Tour of Duty – John Kerry and the Vietnam War“. Das Buch erzählt äußerst anschaulich auf über 500 Seiten die Geschichte des Soldaten John Kerry in Vietnam – den alltäglichen Horror des Krieges, aber auch die vereinzelten Glücksmomente, in denen Freundschaft und die Honorierung seiner Tapferkeit eine Rolle spielen. Viele Veteranen identifizieren sich mit John Kerrys Biografie, denn das, was Kerry erlebt hat, spiegelt die Erfahrungen der meisten Vietnam- soldaten wieder.

„We who went to Vietnam left behind certain prideful things, and came away with a respect for the complexity of the world, one not seen through the prism of what we in America would like it to be. The most interesting aspect of Tour of Duty, the recent book that Douglas Brinkley wrote with John Kerry, using Kerry’s tapes, journals, and letters from Vietnam, is the change in Kerry’s voice – the sad, gradual maturation process as Kerry, the relatively rare son of the blue America who served, goes from gung-ho optimist, newly arrived officer, to an ever more skeptical and alienated dissident. This was a process I and others witnessed again and again among officers we knew in Vietnam. A friend called me when a chunk of Brinkley’s book was published in The Atlantic Monthly. Take out the name Kerry and substitute the names of half of the men we knew in Vietnam, he suggested – it’s the story of the entire generation that went.“[7]

Die Biografie ist bezeichnend für Kerrys Wahlkampf. Dass er wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl eine Biografie auf den Markt bringen ließ, ist nicht weiter verwunderlich, denn Biografien sorgen für Gesprächsstoff. Biografien tragen im Allgemeinen dazu bei, das Bild einer Person in der Öffentlichkeit zu verbessern, da sie meist – wenn nicht sogar von der Person selbst verfasst – doch zumindest in Kooperation mit den biografierten Personen entstehen. Doch bereits der Titel des Buches lässt stutzen:

„Tour of Duty – John Kerry and the Vietnam War“. Und warum befassen sich nicht nur der Buchtitel, sondern auch 14 der 17 Kapitel des Buches mit der Dienstzeit Kerrys in Vietnam?

Um die Dienstzeit Kerrys in Vietnam und damit auch seinen Wahlkampf von 2004 besser verstehen zu können, ist es nötig, sich verschiedene Inhalte der Biografie vor Augen zu führen. Darum werde ich im Folgenden die Dienstzeit Kerrys aus seiner Sicht, anhand der Biografie Brinkleys, erläutern.

2. Tour of Duty – John Kerry and the Vietnam War

Nachdem John Kerry 1966 sein Studium an der Yale University erfolgreich abgeschlossen hatte, meldete er sich im Februar 1966 freiwillig zum Dienst bei der U.S. Navy.[8] Zwei Jahre harten Trainings und Gefechtsausbildungen später entschloß er sich für den Dienst in Vietnam als Offizier eines Patrouillenbootes, eines sogenannten Swift Boats. Die Frage, warum er sich für den Kriegsdienst in Vietnam entschie]den hat, beantwortete er, er glaube, „it was the right thing to do“[9]. Bereits im August 1968 begann Kerry das Training zum Swift Boat Kommandanten in Coronado, Kalifornien.[10]

2.1 Das erste Purple Heart

Anschließend war er als Junior Officer für das Swift Boat PCF-44 verantwortlich, das er in Cam Ranh Bay in Südvietnam befehligte. Hier wurde er während eines Einsatzes am 2. Dezember 1968 derart verwundet, dass er dafür sein erstes Purple Heart erhält. Das Purple Heart ist eine Auszeichnung der US-Streitkräfte für Soldaten, die im Kampf durch gegnerische Truppen verwundet werden. Kerry patrouillierte am Abend des 2. Dezember vor einer Küste in Cam Ranh Bay zusammen mit zwei anderen Kameraden.

Auf der Insel sollten sich Viet Cong befinden. Kerry war auf einer speziellen Mission, da um sie herum viele Boote durch das Wasser streiften und Kerry und seine Kameraden sich deshalb sehr fürchteten.

„The jungle closed in on us both sides. It was scary as hell. You could hear yourself breathing. We were almost touching the shore. Suddenly, through the magnified moonlight of the infrared ‚starlight scope‘, I watched, mesmerized, as a group of sampans glided in toward the shore. We had been briefed that this was a favorite crossing area for VC [Viet Cong] trafficking contraband“.[11]

Als die Vietnamesen ihre Boote am Strand entluden, zündeten Kerry und seine Kameraden ein Leuchtfeuer, um zu erkennen, was an Land geschafft wird. Von der einen auf die andere Sekunde wurde das Feuer eröffnet. Kerry erklärte: „My M-16 jammed, and as I bent down in the boat to grap another gun, a stinging piece of heat socked into my arm and just seemed to burn like hell. By this time one of the sailors had started the engine and we ran by the beach, strafing it. Then it was quiet.“[12] Weder John Kerry noch seine zwei Kameraden bei dieser Mission konnten sich erklären, wo und aus welcher Richtung der Granatsplitter, der aus Kerrys Arm herausgeschnitten wurde, hergekommen war. „Nevertheless, the escapade introduced Kerry into combat with the VC and earned him a Purple Heart.“[13]

2.2 Das zweite Purple Heart

Im Januar 1969 wurde er auf das PCF-94 versetzt, wo er am 20. Februar 1969 erneut im Gefecht verwundet wird. Kerry und seine Kameraden haben den Auftrag, zusammen mit fünf anderen Booten, im Bo De Fluss zu patrouillieren, der in Viet Cong kontrolliertem Gebiet liegt. Es ist ein Gebiet, in dem seit mehr als zwei Jahren keine Amerikaner mehr ihren Dienst verrichtet haben. Lieutenant Rocky Hildreth, Senior Swift Officer eines der anderen Boote bei dieser Aktion, erinnert sich. „The canals in this area were really small [...] branches hung over the canals. Wires were often across the water.

We could cut them. Most of the people we met had never met an American before.“[14]

Obwohl in sehr langer Zeit kein Amerikaner mehr in diesem Gebiet gewesen war, wurde es zum Viet Cong Stützpunkt erklärt und somit als Free-Fire Zone eingestuft. Eine Free- Fire Zone ist ein Gebiet, in dem das Feuer eröffnet werden darf, ohne dass man zuvor selbst beschossen worden ist. Folglich also ohne dass eine Gegen- oder Notwehrsituation entstanden ist. Die Swift Boats erhielten an diesem Tag den Befehl, alle Boote und Hütten, die gesichtet wurden, zu zerstören. Hierbei äußerte John Kerry Bedenken:

„There was no doubt that after atrip through there by Swifts with guns blazing, randomly knocking down houses and sampans and shooting with an impersonality that betrayed the very reason that we were supposed to be there, more VC would have been created than would have been deterred.“[15]

Kerry war davon überzeugt, dass es wesentlich sinnvoller ist, den Vietnamesen gegenüber als Freund und Helfer, nicht als Feind, gegenüber zu treten. Er sah das Ziel der amerikanischen Mission darin, die Vietnamesen als Freunde zu gewinnen, so dass sich diese nicht an den Aktionen der Viet Cong beteiligen und keinen Grund sehen, die Amerikaner zu bekämpfen. Außerdem stellte Kerry sich die Frage, in welcher Relation all die Toten zum Ausgang des Krieges stehen: „When a good friend was hit and perhaps about to die, you’d ask if it was worth just his life alone – let alone all the others or your own.“[16] John Kerry hoffte, die Mission am 20. Februar 1969 ohne einen Kampf beenden zu können. Doch als die Boote den Cua Lon befahren, einen Nebenarm des Bo De Flusses, wurde das Feuer eröffnet.

[...]


[1] Text 19

[2] Text 11

[2] Text 23

[3] Text 20

[4] Text 3, 1

[5] Text 3, 1

[6] Text 2

[7] Text 7, 5

[8] Brinkley 459

[9] Brinkley

[10] Brinkley 460

[11] Brinkley 147

[12] Brinkley 147

[13] Brinkley 148

[14] Brinkley 284

[15] Brinkley 286

[16] Brinkley 279

[17] Brinkley 287

Final del extracto de 26 páginas

Detalles

Título
John Forbes Kerry
Subtítulo
Ein Vietnam Veteran als Präsidentschaftskandidat 2004
Universidad
LMU Munich  (Amerikanistik Institut)
Curso
Hauptseminar Vietnam - Geschichte und Nachgeschichte von Amerikas längstem Krieg
Calificación
2,3
Autor
Año
2006
Páginas
26
No. de catálogo
V114783
ISBN (Ebook)
9783640168880
ISBN (Libro)
9783640171842
Tamaño de fichero
449 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
John, Forbes, Kerry, Hauptseminar, Vietnam, Geschichte, Nachgeschichte, Amerikas, Krieg
Citar trabajo
M.A. Susanne Schalch (Autor), 2006, John Forbes Kerry, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114783

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