Methodenvariation beim Einsatz integrierter Unternehmenssoftware in der Übungsfirma als didaktische Herausforderung


Mémoire (de fin d'études), 2007

106 Pages, Note: 2,0


Extrait


I INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Die Herausbildung eines Dualismus zwischen bezugswissenschaftlicher und handlungsorientierter Didaktik mit einem Lösungsversuch über komplexe Lehr-Lern-Arrangements
2.1 Die bezugswissenschaftliche Didaktik
2.1.1 Entstehungsgeschichte und didaktische Orientierung
2.1.2 Tradiertes methodisches Vorgehen in der Diskussion
2.1.3 Schwächen des tradierten Unterrichts
2.2 Die handlungsorientierte Didaktik
2.2.1 Entstehung der handlungsorientierten Didaktik aus theoretischer und berufspraktischer Perspektive
2.2.2 Handlungskompetenz als Ergebnis
2.2.3 Grundsätze handlungsorientierter Unterrichtsgestaltung im Kontext der Methodenwahl
2.2.4 Handlungsorientierung und die Herausbildung eines "trägen prozessbezogenen Wissens“.
2.3 Komplexe Lehr-Lern-Arrangements zur Lösung des entstandenen Dualismus

3 Die Übungsfirma als komplexes Lehr-Lern-Arrangement und der Einfluss integrierter Unternehmenssoftware
3.1 Historische Entwicklung der Übungsfirma im Kontext des Dualismus
3.2 Beitrag der Übungsfirma zum Ausgleich des Dualismus
3.2.1 Merkmale der Übungsfirma
3.2.2 Die Übungsfirma als "übende Anwendung" im Kontext bisheriger Erkenntnisse
3.2.3 Die Übungsfirma als "Praxisersatz" im Kontext bisheriger Erkenntnisse
3.2.4 Die Übungsfirma als "Lernort eigener Prägung" - ein komplexes Lehr-Lern-Arrangement zum Ausgleich des Dualismus
3.3 Die Übungsfirma am Berufskolleg in Baden-Württemberg
3.3.1 Konzeption und Lehrplan des Berufskollegs mit Übungsfirma
3.3.2 Der Einfluss integrierter Unternehmenssoftware auf den Unterricht in der Übungsfirma
3.3.2.1 Berufspraktische Relevanz
3.3.2.2 Didaktischer Anspruch und Wirklichkeit des Einsatzes integrierter Unternehmenssoftware im Unterricht der Übungsfirma

4 Entscheidungsmodell zur Anregung von Variation der Lehr-Lern- Formen im Unterricht nach DUBS
4.1 Unterrichtsgeschehen aus der Perspektive von DUBS
4.2 Begriffsdefinitionen zum Verständnis des Modells
4.2.1 Unterrichtsverfahren
4.2.2 Lehrmethoden und Lernformen
4.2.3 Unterrichtsverhalten
4.3 Das Entscheidungsmodell

5 Entwicklung eines Phasenmodells mit Methodenvariation für den Unterricht in der Übungsfirma mit integrierter Unternehmenssoftware zum Ausgleich des Dualismus
5.1 Vorgehensweise zur Entwicklung und Beurteilung des Modells
5.2 Phase 1: Erarbeitung von Grundlagenwissen für die Arbeit in der Übungsfirma mit integrierter Unternehmenssoftware
5.3 Phase 2: Anwendung von Wissen und Können in der Übungsfirma mit integrierter Unternehmenssoftware
5.4 Phase 3: Eigenkonstruktion von Wissen und Können in der Übungsfirma mit integrierter Unternehmenssoftware
5.5 Anknüpfungspunkte innerhalb der Phasen zu Merkmalen der bezugswissenschaftlichen und handlungsorientierten Didaktik.

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

II ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Methoden der bezugswissenschaftlichen Didaktik

Abbildung 2: Ausgewählte Methoden der handlungsorientierten Didaktik

Abbildung 3: Lernen im Modell und Lernen am Modell

Abbildung 4: Unterscheidung Lernbüro, Übungsfirma und Juniorenfirma

Abbildung 5: Physischer Aufbau einer Übungsfirma

Abbildung 6: Unterrichtsverfahren

Abbildung 7: Formen des Frontalunterrichts

Abbildung 8: Lernformen

Abbildung 9: Direktes und indirektes Unterrichtsverhalten

Abbildung 10: Variation von direktem und indirektem Unterrichtsverhalten

Abbildung 11: Modell zur Anregung von Variation im Unterricht

Abbildung 12: Vorgehensweise zur Entwicklung und Beurteilung des Phasen- modells

1 Einleitung und Problemstellung

„Sie wissen wie es geht, können es aber nicht“ (DÖRNER 1989, S. 304). Dieses Zi- tat ist gefallen in der neueren wirtschaftsdidaktischen Diskussion um das so genannte "träge Wissen". Scheinbar vorhandenes Wissen wird bei anstehenden Problemen oftmals nicht eingesetzt. Jugendlichen fällt es ungemein schwer, das im Unterricht erarbeitete Wissen auf Lebens- und Berufssituationen zu übertragen. In der Literatur wird die Meinung vertreten, die Ursache liege in einer Wissensvermittlung, die sich auf eine didaktische Reduktion von bezugswissenschaftlichen Inhalten konzentriert. Methodisch werden diese Inhalte vor allem durch fragend-entwickelnde Lehrverfah- ren erarbeitet, deren Aufgabenstellungen sich nicht an aktuellen Problemen aus dem Berufsalltag orientieren (vgl. REETZ 1984a, S. 192). Diese "wenig anwendungsbe- zogene, abstrakte und künstlich systematisierte Wissensvermittlung" (DEISSIN- GER/RUF 2006, S. 39) führt nach Erkenntnissen der modernen Lernpsychologie zu "trägem Wissen".

Die kognitive Lernpsychologie hingegen verweist darauf, dass zwischen Denken und Tun eine Wechselwirkung besteht, die im Prozess des Lernens berücksichtigt werden muss. Als Ursache wird angegeben, dass die Anhäufung rein deklarativer Wissens- bestände, ohne Bezug zum "Tun" in der Arbeitswelt von heute nicht ausreiche, um Jugendlichen den Erwerb beruflicher Handlungskompetenz zu ermöglichen. Lernen- de finden sich heute in einer Berufswelt wieder, die geprägt ist durch prozessorien- tierte Handlungsvollzüge. Daraus zieht die handlungsorientierte Position die Konse- quenz, dass Jugendliche ein handlungsorientiertes Wissen zu erarbeiten haben, das sich an fachlichen, sozialen und personalen Kriterien orientiert. In einer solchen Lernkultur rückt der Lernende in den Mittelpunkt des Lernprozesses. Unterricht soll so gestaltet werden, dass methodisch nicht mehr lehrerzentriert und fachsystematisch Wissen erarbeitet wird, sondern der Lernende selbstorganisiert und ganzheitlich an- hand konkreter Lebens- und Arbeitssituationen lernt. In der Fachterminologie hat sich hierfür der Begriff der handlungsorientierten Didaktik etabliert. Schüler sollen durch den Unterricht zu einer umfassenden Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz ge- führt werden, die es Ihnen ermöglicht in beruflichen und privaten Handlungssituatio- nen kompetent zu agieren.

Doch auch an dieser Position gibt es inzwischen Kritik. Eine einseitige Ausrichtung des Unterrichts am handlungsorientierten Konzept hat nach dieser zur Folge, dass der Erwerb von strukturierten und fachlich grundlegenden Wissensbeständen vernachläs- sigt wird. Jugendliche zeigen Schwierigkeiten aus der Bearbeitung anwendungsbe- zogener Problemstellungen heraus, ein Wissen aufzubauen, das eine sinnvolle Struk- tur aufweist und Zusammenhänge erschließt. Die Ursache wird von den Kritikern der Handlungsorientierung in einer einseitigen Behandlung von lebens- und berufsnahen Problemstellungen gesehen, deren kognitiver Gehalt bescheiden bleibe und damit kaum Voraussetzungen für künftige Anwendungsmöglichkeiten schaffe. Wenn Ler- nen von vornherein an einen prozessbezogenen Anwendungszweck gebunden sei, würden Handlungsmuster erworben, die sich an der vorgefundenen Lernsituation orientierten. Jugendliche kommen dann in Schwierigkeiten, wenn sie im Berufsalltag offenen Situationen begegnen, die strukturell nicht der bereits im Unterricht durch- gearbeiteten Lernsituation entsprechen. Lernenden hilft dabei ein fachsystematisch geordnetes Wissen, um die komplexe Situation erklären und verstehen zu können (vgl. ZABECK 2005, S. 270). Stattdessen werde aber durch handlungsorientierten Unterricht ein träges prozessbezogenes Wissen erworben. "Damit wiederholt man spiegelbildlich einen Fehler bestimmter wissenschaftsbestimmter Ansätze. Bestand bisher der mit dem Programm der Wissenschaftsorientierung von Unterricht, wie es der Deutsche Bildungsrat 1974 verkündete, verbundene Irrtum darin, die Beschäfti- gung mit Wissenschaftswissen führe selbstverständlich auch zu Handlungskompe- tenzen, reflektierter Wertebildung usw., so wird nun umgekehrt einer speziellen kog- nitiven Struktur, die einen Sonderfall von Handlungen reguliert, das Erlernen von wissenschaftsstrukturierten Informationen aufgebürdet und die Aufgabe zugewiesen, Bildung anzuregen, Zusammenhänge erkennen zu lassen, einen kritisch reflektierten Blick auf die Welt zu entwickeln usw." (GERDSMEIER 1999, S. 292).

Nun gibt es in der neueren Wirtschaftsdidaktik einen Zugang der behauptet diesen Dualismus gelöst zu haben. Mit der Einführung komplexer Lehr-Lern-Arrangements soll ein Ausgleich zwischen inhaltlicher Kompetenz und beruflicher Handlungskom- petenz ermöglicht werden. Breiter Konsens besteht heute darüber, dass mit der me- thodischen Vorgabe komplexer Lernumgebungen auch die Kompetenzen entwickelt werden können, die für den beruflichen Alltag der Schüler bedeutsam sind (vgl. KLAUSER 1998, S. 249). In der Wirtscha]ftspädagogik wird von mehrdimensionalen Lehr-Lern-Arrangements gesprochen. Wissen muss nach dieser Position durch prob- lembezogene Aufgabenstellungen aus dem beruflichen und privaten Lebensraum der Schüler selbständig erschlossen werden. Daneben habe der Schüler, herausgelöst aus dem Kontext der Problemstellung, ein Wissen zu erwerben, das den Aufbau eines strukturierten Orientierungs- und Grundlagenwissens bewirke. Für diese Herauslö- sung von fachlich strukturierten Wissensbeständen aus dem problembezogenen Auf- gabenkontext wird in der Wirtschaftsdidaktik der Begriff der Dekontextualisierung gebraucht (vgl. ACHTENHAGEN/JOHN 1992a, S. 5f.). Die didaktische Idee hinter diesem methodischen Zugang ist die Verhinderung der Entstehung jenes "trägen Wissens", das in der aktuellen Diskussion im Vordergrund steht.

In der Literatur wird darauf verwiesen, dass Lernende in komplexen Lehr-Lern- Arrangements praxisbezogene Problemstellungen weitgehend selbständig zu bearbei- ten haben. Durch eine Aufgabenstellung, die sich an der Lebens- und Berufswelt der Schüler orientiert, werde ein zielgerichtetes und motiviertes Verhalten der Lernenden gefördert. Sie können dadurch ihre eigenen Erfahrungen und ihr Vorwissen in die Problembearbeitung mit einbringen. Ein solches Lernhandeln würde nach Ansicht wissenschaftlicher Autoren neue authentische Erfahrungen der Lernenden erzeugen. Der Zugang zur Aufgabenstellung habe möglichst aus differenzierten Perspektiven zu geschehen. Unterschiedliche Herangehensweisen an das Problem sind zu überprü- fen, um so Wissen aus unterschiedlichen Kontexten zu erarbeiten. Der soziale Aspekt wird als wichtiges Merkmal komplexer Lehr-Lern-Arrangements angeführt, deshalb finden solche Lernumgebungen oft in der Sozialform der Gruppenarbeit oder Part- nerarbeit statt. Es werde danach ein individuelleres, differenziertes Lernen möglich, das die Förderung der Kooperation unter den Schülern verbessere (vgl. KLAUSER 1998, S. 250). Die Umsetzung dieser Ziele wurde in der Literatur an einer Vielzahl von Entwicklungen mehrdimensionaler Lehr-Lern-Arrangements diskutiert. Plan- spiele, Fallstudien und Lernbüros/Übungsfirmen gelten als Paradebeispiele komple- xer Lernumgebungen (vgl. ACHTENHAGEN 1992, S. 6). Im Konzept der Übungs- firma wurde versucht, neben den angesprochenen didaktischen Zielen auch die Nut- zung neuer Informations- und Kommunikationstechniken zu integrieren (ebenda, S. 3). Dadurch wird deutlich, dass mehrdimensionale Lehr-Lern-Arrangements auch einen technologischen Ansatz darstellen, der die Notwendigkeit einer hohen metho- dischen Kompetenz der Lehrkräfte unterstreicht, um die gewünschten positiven pä- dagogischen Effekte zu erreichen.

Was als moderner Zugang bezeichnet wird, muss jedoch nicht per se neu oder besser sein. Wer einen Blick in die Geschichte der Wirtschaftsdidaktik wirft, stellt fest, dass schon früher ein Ausgleich zwischen fachwissenschaftlicher Vermittlung und praxis- bezogenen Anwendungen angestrebt wurde. Damals wurde versucht, einen Aus- gleich über kaufmännische Großformen zu erreichen. Es wurden Modellsimulationen diskutiert, die mit der heutigen Übungsfirmenkonzeption verwandt sind, um die Fachwissenschaften in Bezug zur Anwendung zu stellen (vgl. HOPF 1973, S. 206). Nicht das träge Wissen war Ursache dieser Diskussion, sondern es wurde die Mei- nung vertreten, dass übendes Anwendungslernen im Unterricht notwendig sei, um späteren Berufserfolg zu ermöglichen (vgl. KAISER 1987, S. 12). Damit taucht der Dualismus als verwandtes Problem schon in der klassischen Übungsfirma auf und stellt seither ein Gebiet für Forschungsarbeiten dar.

An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass die Lösung des Dualismus bisher, sowohl über den Ansatz der klassischen Übungsfirma, als auch über den Zugang durch kom- plexe Lehr-Lern-Arrangements, auf allgemein formulierten Lösungsvorschlägen ba- siert. So gilt die klassische Übungsfirma als ein Beispiel das Spannungsverhältnis durch übendes Anwendungslernen zu entschärfen. Komplexe Lehr-Lern- Arrangements versuchen durch komplexes Lernen den Dualismus zu überwinden. Nun vertritt der Verfasser die Meinung, dass es interessant wäre zu überprüfen, in- wiefern eine differenzierte methodische Entscheidungsstruktur hilfreich sein könnte, um das Spannungsverhältnis zu entschärfen. An Stelle genereller Lösungsvorschläge würde eine pragmatische Lösung gesucht werden, in der es unbedeutend ist, ob der Zugang nun komplexes Lernen, übendes Lernen oder handlungsorientiertes Lernen heißt. Es zeigt sich nämlich, nach Ansicht des Verfassers, dass sich das Spannungs- verhältnis durch den Einfluss neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in den vergangenen Jahren noch verschärft hat. Die Entwicklung von integrierten, hoch komplexen Softwareprogrammen und deren verbreiteter Einsatz in der moder- nen Arbeitswelt beeinflussen die didaktischen Ziele technologisch ausgerichteter Lehr-Lern-Arrangements. Das Ausmaß dieser Entwicklung konnte nach Ansicht des Verfassers zur Zeit der Entstehung mehrdimensionaler Lernumwelten noch nicht abgeschätzt werden, stellt sich jedoch heute als zusätzliche didaktische Herausforde- rung dar.

Im kaufmännischen Unterricht von heute gestaltet sich die Übungsfirma als ein kom- plexes Lehr-Lern-Arrangement in Verbindung mit einem anspruchsvollen informati- onstechnischen System (vgl. TRAMM/ACHTENHAGEN 1994, S. 210). Eine Mehr- heit der wissenschaftlichen Autoren sieht in einer solchen Lernumgebung den engen Praxisbezug als besonderen Vorteil (vgl. DEISSINGER/RUF 2006, S. 18). Viele Großunternehmen, als auch Klein- und mittelständische Betriebe sind heute durch eine starke Prozessorientierung ihrer internen Abläufe gekennzeichnet (vgl. im Fol- genden RUF 2006, S. 7-9). Die Verarbeitung von betrieblichen Informationen wird durch unternehmensintegrierte Softwarelösungen begleitet. Daraus resultieren neue und sehr anspruchsvolle Anforderungen an die kaufmännischen Sachbearbeiter. Ge- fordert wird ein umfangreiches Arbeitsprozesswissen, das den gekonnten Umgang mit integrierter Unternehmenssoftware voraussetzt. Schüler der Übungsfirma sollen in der Lage sein, betriebswirtschaftliche Sachverhalte in einen komplexen Systemzu- sammenhang einzuordnen und kritisch zu reflektieren. Doch genau hier liegt ein fachdidaktisches Problem. Oftmals verfügen Schüler noch gar nicht über genügend betriebswirtschaftliches Basiswissen, um sich ein vollständiges Bild von Systemzu- sammenhängen machen zu können. Prozesse werden von der Software vordefiniert und erlauben es den Schülern nicht sich selbständig und aktiv Gedanken zu notwen- digen Prozessschritten zu machen. Außerdem laufen viele Vorgänge, die für das Pro- zessverständnis der Jugendlichen wichtig sind, automatisch im Hintergrund der Software ab. Die Arbeit mit integrierter Unternehmenssoftware bedeutet für viele Schüler deshalb einen „cognitive overload“ (RUF 2006, S. 9). Sie fühlen sich über- fordert.

Es zeigt sich, dass die Verfolgung des Komplexitätsansatzes nicht automatisch zu effektiven Lernprozessen führt. Möglicherweise wurde durch den Einsatz integrierter Unternehmenssoftware in der Übungsfirma eine für die Schüler didaktisch angemes- sene Komplexität der Aufgabenstellung überschritten. Das durchaus sinnvolle Ziel, ein praxisbezogenes Arbeitsprozesswissen bei den Schülern zu entwickeln, wird zur didaktischen Herausforderung. Auf der einen Seite benötigt der Schüler ein fachsys- tematisch notwendiges Orientierungswissen, wie es dem Zielkanon der bezugswis- senschaftlichen Didaktik entsprach. Ein solches betriebswirtschaftliches Grundla- genwissen bildet die Basis, um auf der anderen Seite überhaupt komplexe Aufgaben- stellungen im Kontext integrierter Unternehmenssoftware lösen zu können. Durch die Lösung komplexer Probleme würde im Sinne handlungsorientierter Didaktik pra- xisrelevante, prozessbezogene Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz erworben. In die- sem Kontext liegt der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit. Der Verfasser ist der Meinung es existieren methodische Vorgehensweisen, die für eine systematische und strukturierte Wissensvermittlung vorteilhaft sind. Auf der anderen Seite gibt es auch Lehr-Lern-Methoden, die das Erreichen von beruflicher Handlungskompetenz bei Jugendlichen besonders unterstützen. Ist es nun über eine Variation von Lehr-Lern- Methoden im modernen Unterricht der Übungsfirma möglich, einen Ausgleich zwi- schen fachsystematisch strukturiertem Wissenserwerb und prozeduralem Können der Schüler zu erreichen? Methodische Vielfalt innerhalb des komplexen Lehr-Lern- Arrangements der ÜFA mit integrierter Unternehmenssoftware könnte so zu einer Entschärfung des Spannungsverhältnisses beitragen.

Der Aufbau dieser Arbeit orientiert sich inhaltlich an den eingangs erwähnten Aus- führungen zur Problemstellung. Kapitel 2 befasst sich mit dem Dualismus zwischen bezugswissenschaftlichen Inhalten und problembezogener Anwendung im Unterricht und dem Lösungsansatz über komplexe Lehr-Lern-Arrangements. Hierzu werden zunächst die Konzepte der bezugswissenschaftlichen und handlungsorientierten di- daktischen Strömungen dargestellt. Eine detaillierte Erörterung der Ansätze würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, deshalb wird an dieser Stelle darauf verwiesen, dass vor allem die methodische Umsetzung der didaktischen Ziele dieser Strömun- gen im Mittelpunkt der Analyse stehen wird. Komplexe Lehr-Lern-Arrangements werden vor dem Hintergrund erläutert, den entstandenen Dualismus zwischen be- zugswissenschaftlicher und handlungsorientierter Didaktik zu lösen. In Kapitel 3 wird die Übungsfirma als Paradebeispiel eines mehrdimensionalen Lehr-Lern- Arrangements vorgestellt und auf die didaktischen Herausforderungen des Einsatzes integrierter Unternehmenssoftware eingegangen. Hier soll insbesondere eine Ver- schärfung des Dualismus durch informationstechnologische Entwicklungen aufge- zeigt werden. Um eine Entschärfung des Spannungsverhältnisses zu erreichen wird in Kapitel 4 auf ein Modell von DUBS zur Anregung von Variation im Unterricht zurückgegriffen. In diesem Modell werden Vorschläge gemacht, die je nach kogniti- ver Zielsetzung ein verändertes Unterrichtsverhalten der Lehrkraft empfehlen. Ein bestimmtes Unterrichtsverhalten induziert nach DUBS wiederum vorteilhafte Lehr- methoden. Es wird dadurch möglich, kognitive Zielsetzungen von Unterricht mit einer bestimmten Methodenwahl zu verknüpfen. Diese Erkenntnisse sollen genutzt werden, um in Kapitel 5 ein Phasenmodell für einen variantenreichen modernen Un- terricht in der Übungsfirma mit integrierter Unternehmenssoftware zu entwickeln. Jede Phase unterscheidet sich in ihrer kognitiven Zielsetzung und greift auf differen- zierte didaktische Lehrmethoden und Lernformen zurück. Dadurch soll deutlich wer- den, in wie weit eine Verknüpfung von bezugswissenschaftlich strukturiertem Wis- sensaufbau und handlungsorientiertem Anwendungslernen durch methodische Varia- tion im Rahmen der Übungsfirma möglich ist. Sollte dies gelingen wäre ein wichti- ger Beitrag geleistet, damit Schüler durch ihre kaufmännische Ausbildung mit integ- rierter Unternehmenssoftware nicht nur praxisbezogenes „Wissen“ sondern auch „Können“ erwerben.

2 Die Herausbildung eines Dualismus zwischen bezugs- wissenschaftlicher und handlungsorientierter Didaktik mit einem Lösungsversuch über komplexe Lehr-Lern- Arrangements

2.1 Die bezugswissenschaftliche Didaktik

2.1.1 Entstehungsgeschichte und didaktische Orientierung

Die Ausrichtung der Wirtschaftsdidaktik an ihren Bezugswissenschaften lässt sich auf die Handelsschulbewegung zurückführen. Institutionalisiert wurden die Handels- schulen durch den "Deutschen Verband für das kaufmännische Unterrichtswesen" im Jahre 1896. Ziel war die Qualifizierung des kaufmännischen Nachwuchses vor und nach Aufnahme der Ausbildung. Neben der Bildung von kaufmännischen Fortbil- dungsschulen stand auch die Gründung einer Handelshochschule im Mittelpunkt der Forderungen. Diese Handelshochschule sollte zur wirtschaftswissenschaftlichen For- schung, der wissenschaftlichen Ausbildung von Kaufleuten und der Ausbildung von Handelslehrern beitragen (vgl. ZABECK 1995, S. 223). Die didaktische Funktion der zukünftigen Handelslehrer beschränkte sich auf die Vermittlung von Handelsschul- wissenschaften. In den Gymnasien des 19. Jahrhunderts hatte sich das didaktische Modell des wissenschaftsorientierten Unterrichts etabliert und wurde von den kauf- männischen Schulen übernommen. Dadurch wurde die Betriebswirtschaftslehre zum wichtigsten Bezugspunkt für den kaufmännischen Unterricht. Die Lehrer waren vor die didaktische Herausforderung gestellt, die wissenschaftlichen Inhalte so zu redu- zieren und zu vereinfachen, dass sie den Schülern der kaufmännischen Schulen ver- mittelt werden konnten. Alltägliche Anforderungen aus dem jeweiligen Berufsfeld der Schüler wurden in die didaktischen Überlegungen nicht mit einbezogen. Genauso wenig wurde auf eine Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten des Schülers wert gelegt. Es wurde nicht als Aufgabe des Lehrers gesehen, dem Schüler soziale und personale Fähigkeiten zu vermitteln, die ihm die spätere Eingliederung in den kom- plexen Berufs- und Lebensalltag erleichtert hätten. Stattdessen stand die Vermittlung von Disziplinen und wissenschaftlichen Stoffgebieten im Vordergrund des Unter- richtsgeschehens. Diese bezugswissenschaftliche Ausrichtung der Wirtschaftsdidak- tik hatte bis in die 60er Jahre hinein Gültigkeit (vgl. ZABECK 1995, S. 224).

Von betrieblicher Seite wurde die bezugswissenschaftlich ausgerichtete Didaktik nicht kritisiert. Maßgebliches Kriterium der Berufsordnungsarbeit war die Idee des Kaufmanns. Welchen Anforderungen kaufmännische Berufsarbeit ausgesetzt war, spielte dabei keine Rolle. Die Berufsbilder orientierten sich an einem künstlichen Kaufmannsbegriff, der über einen Kanon an Inhalten definiert werden konnte. Es wurde die Meinung vertreten, dass dieser Wissensbesitz an Inhalten das Handeln leite. Eine Zunahme an quantitativem Wissen führe zu einer Ausweitung der Hand- lungsfähigkeiten und verbessere dadurch die allgemeine Berufsfähigkeit (vgl. PÄT- ZOLD 1995, S. 579). Es galt das Universalprinzip, so dass es lediglich zu einer Un- terscheidung nach Wirtschaftszweigen (Industrie, Banken, Handel) kam. Die Folge war, dass auch in der betrieblichen Ausbildung auf universale Vermittlung von Funk- tionen geachtet wurde. Schüler durchliefen kaufmännische Abteilungen, um zu ler- nen, wie man die bürotechnischen Aufgaben zu erledigen hatte. Ein kritisch reflexi- ves Nachdenken über die ausgeführten Tätigkeiten, welches ihre kaufmännische Ur- teilsfähigkeit gestärkt hätte, fand nicht statt. Aus betrieblicher Sicht hatte die kauf- männische Schule eine Ergänzungsfunktion. Der kaufmännische Unterricht sollte Zusammenhänge erschließen und sich dabei am Stand der Fachwissenschaften orien- tieren. Allerdings wurde schon früh deutlich, dass die Schule damit ihre Schwierig- keiten hatte. Durch die Konfrontation mit mehreren kaufmännisch relevanten Diszip- linen, wie Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Jurisprudenz und ohne jegliche didaktische Hilfe, war die schulische Ausbildung überfordert. Dazu entwi- ckelten sich die Bezugswissenschaften in der Theorie ständig weiter und es wurde zunehmend schwieriger die kaufmännischen Inhalte parallel in den Unterricht zu übernehmen und methodisch so aufzubereiten, dass sie für die Auffassungsgabe der Schüler noch angemessen waren (vgl. ZABECK 1995, S. 224). Bleibt die Frage, wie man diese methodische Herausforderung im bezugswissenschaftlichen Ansatz gelöst hat.

2.1.2 Tradiertes methodisches Vorgehen in der Diskussion

Unter Methoden werden alle Formen des Umgangs und der Organisation im Unter- richt verstanden (SCHULZ 1980, S. 84). Nach MEYER sind Unterrichtsmethoden "die Formen und Verfahren, mit denen Schüler und Lehrer die sie umgebende natür- liche und gesellschaftliche Wirklichkeit aneignen“ (MEYER 1993, S. 327). Die The- orie der Methoden reduzierte sich im Zeitalter der tradierenden Didaktik auf Lehrver- fahren im Unterricht (vgl. BONZ 1996, S. 47). Traditionelle Methoden findet man in der (Sozial-)Form des Frontalunterrichts, dem Unterrichtsgespräch, der Gruppen-, Partner- und Alleinarbeit (ebenda, S. 53). Im Folgenden werden diese Methoden in Anlehnung an BONZ kurz erläutert:[1]

Abbildung 1: Methoden der bezugswissenschaftlichen Didaktik (in Anlehnung an BONZ 1996, S. 53f.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die methodische Aufgabe, Lernprozesse zu veranlassen und zu fördern, war bei einer Ausrichtung des Unterrichtsstoffes an den Bezugswissenschaften, zweitrangig. Viel wichtiger erschien dabei die Frage, wie eine ständig wachsende Stofffülle didaktisch reduziert werden konnte, um sie sinnvoll in den Unterricht integrieren zu können (vgl. ZABECK 1995, S. 225). Die Lehrer standen zunehmend vor der Schwierigkeit Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und so wurde den Schülern das ge- samte Stoffpensum vermittelt. Daraus resultierten für den tradierten Wirtschaftsleh- reunterricht bestimmte Vermittlungsmuster. Der Lehrer wurde als der universale "Bescheidwisser" gesehen, der Impulse und Fragestellungen an die Schüler richtete. Von den Schülern wurden mehr oder weniger richtige Antworten geliefert, die der Lehrer gegebenenfalls korrigierend in ein vorbereitetes Tafelbild einfügte. Dieses Bild hatten die Schüler im nächsten Test zu reproduzieren. Eine solche Art der Vor- gehensweise wird als fragend-entwickelnd-impulsgebende Methode bezeichnet (vgl. REETZ 1984a, S. 192). Diese "Quizveranstaltung ohne Preise" (GRELL 1999, S. 56) galt als sehr verbreitetes Vermittlungsmuster im bezugswissenschaftlich orientierten Unterrichtsgeschehen. Kritisch ist die Art und Weise der Steuerung durch den Lehrer zu betrachten. Der Schüler findet sich in diesen Lernsituationen als ständig reagie- rendes Subjekt wieder. Es wird ihm nicht ermöglicht einen größeren Zusammenhang des Sachverhalts herzustellen oder motivierende Lernziele zu erkennen. In diesem Fall tritt der Lernende nur scheinbar als Partner auf (vgl. REETZ 1984a, S. 193). Es ist besonders bedauerlich, dass die Chancen eines erarbeitend-entwickelnden Unter- richtsverfahrens im tradierten Unterricht häufig auf das darstellend- und fragend- entwickelnde Vorgehen reduziert werden. Argumente für eine didaktisch sinnvoll gesteuerte erarbeitend-entwickelnde Methode gibt es genügend (vgl. OTT 1977, 165f.).

a) Ein Unterrichtsgespräch kann zu sozial integrativem Arbeiten zwischen Lehrer und Schülern führen. Pädagogisch sinnvoll ist das gemeinsame, kooperative Lösen eines Problems in der Sozialform der Gruppenarbeit, weil die Schüler miteinander interagieren.
b) Der Schüler kann durch Denkimpulse sprachlich herausgefordert werden einen Sachverhalt zu durchdringen, dadurch verbessert sich seine sprachliche Kompetenz.
c) Ein vertieftes Verständnis der Problemstellung und eine differenzierte Argumenta- tion können durch ein Unterrichtsgespräch erreicht werden.
d) Mit Hilfe eines Unterrichtsgesprächs kann der Lehrer das weitere methodische Vorgehen mit den Schülern erarbeiten und Erfahrungen aus der Lebenswelt der Schüler mit einfließen lassen. Unterstützt werden sollte das Vorgehen durch prozess- und ergebnisorientierte Lernhilfen.
e) Impulse können zum individuellen Beobachten anregen. Erfahrungen des Schülers aus seinem eigenen Lebensbereich können aktiviert werden und so das Problemlösen kognitiv fördern.

Stattdessen treten im tradierenden Unterricht häufig die negativen Merkmale eines fragend-entwickelnden Verfahrens auf (vgl. REETZ 1984a, S. 194):

a) Der Unterricht soll glatt ablaufen. Durch das Frage-Antwort Spiel wird dem Schü- ler viel seiner eigenen Leistungsfähigkeit abgenommen.
b) Es wird dem Lernenden nicht ermöglicht seinen individuellen Denkverlauf zu verfolgen, er wird an das Denken in der Klassengemeinschaft gebunden.
c) Viele Schüler folgen dem Frage-Antwort Spiel nur bruchstückhaft, schwächere Schüler sind überfordert.
d) Antworten, die nicht in das Konzept des Lehrers passen, werden ohne die Fehler pädagogisch aufzuarbeiten, zurückgewiesen.
e) Das sprachliche Potential der Schüler wird durch stichwortartige Antworten nicht gefördert.
f) Der Gesamtzusammenhang der Problemstellung wird von den Schülern nicht er- fasst.

Ein weiteres methodisches Merkmal im tradierten Unterricht findet sich in der Leh- rerzentrierung. Impulse und Fragestellungen gehen vorwiegend von der Person des Lehrenden aus (vgl. 1984a, S. 198). Vom Lehrer erstellte Tafelbilder können als Veranschaulichung von Definitionen interpretiert werden, die aus den Bezugswissen- schaften abgeleitet wurden. Dieses Verfahren lässt sich lerntheoretisch auf ein beha- viouristisch-assoziationstheoretisches Verständnis vom Lernen als Abbildung zu- rückführen. Ein solches Lernverständnis ist für Lernvorgänge niedrigen Niveaus (z. B. Auswendiglernen) besser geeignet, als das kognitionstheoretische Verständnis vom Lernen als Konstruktion. Die dominante Sozialform im herkömmlichen Wirt- schaftslehreunterricht ist der Frontalunterricht (vgl. HOLZMANN 1978, S. 117). Der Lehrer übernimmt mit seinem Wissensmonopol eine stark dirigierende Interaktions- und Vermittlungsfunktion. Die Schüler sind durch passiv-reagierende Interaktions- formen am Unterrichtsgeschehen beteiligt. Es stellt sich die Frage, was die Vorteile dieser direkten, stark durch den Lehrer gelenkten Aktionsform gegenüber einer indi- rekten Vorgehensweise[3] darstellt. Hierzu hat DUBS folgende Hypothesen aufgestellt (DUBS 1982, S. 95f.):

"a) Direktes Unterrichtsverhalten führt im Anfängerunterricht (bei der Einführung in neue Lehrgebiete) auf allen Schulstufen zu besseren Lernergebnissen und zu einer größeren Zufriedenheit, wobei dies umso ausgeprägter der Fall ist, je mehr Grundfer- tigkeiten, Grundfähigkeiten und grundlegende Strukturen erarbeitet und automatisiert werden müssen. Dabei ist die Wirkung umso größer, je weniger Unterrichtsstunden zur Verfügung stehen, aus je tieferen sozialen Schichten (geringe Anregungen aus der Umwelt) und je weniger leistungsfähig die Schüler sind.
b) Indirektes Unterrichtsverhalten ist im Fortgeschrittenen-Unterricht aller Schulstu- fen wirksamer, wenn die Schüler über genügend Grundkenntnisse und Grundfertig- keiten verfügen, mit denen sie weiter arbeiten müssen. Dies ist umso ausgeprägter der Fall, aus je höheren sozialen Schichten und je leistungsfähiger die Schüler sind.
c) Langfristig die beste Motivation für ein Lehrgebiet bringt eine gezielte Kombina- tion von direktem und indirektem Unterrichtsverhalten".
Fasst man die Merkmale des herkömmlichen Unterrichts zusammen, so ist die Kom- bination von direktem und indirektem Unterrichtsverhalten nicht erkennbar und es stellt sich die Frage welche Defizite des Unterrichts sich daraus entwickelten.

2.1.3 Schwächen des tradierten Unterrichts

Gegen Ende der 60er Jahre entstand eine Diskussion um die Wirksamkeit des be- zugswissenschaftlich orientierten Unterrichts. Ausgelöst durch zunehmende Proble- me der Lernenden, sich im späteren Berufsalltag erfolgreich einzubringen, wurde der tradierende didaktische Ansatz als untauglich eingestuft, pädagogisch die Berufs- tüchtigkeit der Jugendlichen zu erreichen. Es wurden verschiedene Gründe angege- ben, weshalb die Integration der Schüler in die Leistungsstrukturen der Gesellschaft scheiterte (vgl. ZABECK 1995, S. 225).

Ein Schwachpunkt der Bezugswissenschaften bestand aus Sicht wissenschaftlicher Autoren in der mangelhaften Selektions- und Strukturierungsfähigkeit. Es gab keine Regelungen, die das Verhältnis der einzelnen Disziplinen zueinander relativierte, so dass es für Lehrkräfte schwierig war Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Eine Überprüfung der wissenschaftlichen Inhalte in Bezug auf deren Wirksamkeit für berufliche Tüchtigkeit[4] gab es nicht und so wurden möglichst alle Inhalte der bezugswissenschaftlichen Disziplinen unterrichtet. Die Folge war eine Vermittlung von empirisch wenig abgesicherten und zerfaserten Inhalten. Schüler hätten Schwie- rigkeiten gesamtwirtschaftliche und einzelwirtschaftliche Zusammenhänge zu erken- nen, weil die Wissensgebiete im Zuge der Gleichbehandlung aller Disziplinen, im Unterricht nicht ausreichend umfangreich diskutiert wurden (ebenda).

An der tradierenden Didaktik wurde in der Literatur außerdem bemängelt, dass kaum ein Sozial- oder Schülerbezug der Unterrichtsinhalte zu erkennen war (vgl. REETZ 1984a, S. 191). Die Interessenlage der Lernenden wurde vernachlässigt. Eine Orien- tierung an relevanten Inhalten für das Handeln eines selbständigen Kaufmanns auf der einen Seite und eine völlige Ausblendung der Befindlichkeit des einzelnen Schü- lers auf der anderen Seite würden im Widerspruch zueinander stehen und keine Be- rufstüchtigkeit der Lernenden fördern (ebenda).

Im Ansatz der bezugswissenschaftlichen Didaktik wurde unterstellt, dass ein päda- gogischer Unterricht, der den Schülern den Aufbau strukturierter Wissensbestände ermögliche, zu einer Bewältigung beruflicher Handlungssituationen befähigen würde (vgl. REETZ 1984a, S. 191). Diese verbreitete Annahme konnte nicht bestätigt wer- den, da die Anhäufung von Definitions- und Detailwissen aus den Fachwissenschaf- ten eben nicht automatisch zu Transfereffekten im Berufsalltag führte (vgl. ZABECK 1995, S. 225). Dieser mangelnde Transfer von Wissen führte in der Literatur zu dem Begriff des "trägen Wissens". Die Transferforschung aus den 70er Jahren begründete diese Tatsache mit der fehlenden strukturellen Konvergenz zwischen dem Aufbau der wissenschaftlichen Disziplinen und aktuellen beruflichen Anforderungen. Kasu- istik und Systematik wurden nicht so miteinander verbunden, dass ein Handlungs- wissen entstehen konnte. Die Realitätsnähe und das Situationsprinzip, das der Kasu- istik innewohnt, konnte über die Wissenschaftsorientierung kaum erreicht werden und so standen Unterrichtsthemen außerhalb praxisorientierter Anwendung. Das ver- anlasste wissenschaftliche Autoren dazu, die Einbindung von konkreten Arbeits- und Berufssituationen in den Unterricht zu fordern (vgl. BRUCHHÄUSER 2001, S. 327). Sie erhofften sich dadurch die Entwicklung von beruflichem Handlungswissen bei den Schülern. Diese Überlegungen wurden von der handlungsorientierten didakti- schen Strömung mit aufgegriffen.

2.2 Die handlungsorientierte Didaktik

2.2.1 Entstehung der handlungsorientierten Didaktik aus theoretischer und berufspraktischer Perspektive

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in der wissenschaftlichen Literatur verschie- dene Ansätze diskutiert werden in welchen dem Begriff "Handlungsorientierung" eine grundlegende Funktion zugewiesen wird. Thematisch ist diese Diplomarbeit an der Methodenfrage ausgerichtet, deshalb wird ein Begriffsverständnis von Hand- lungsorientierung unterstellt, das mit einer bestimmten methodischen Gestaltung von Lernsituationen verbunden ist (vgl. CZYCHOLL/EBNER 1995, S. 39/40).[5]

Die Kritik am bezugswissenschaftlich ausgerichteten Unterricht war ein Grund für die Entstehung des handlungsorientierten Lernparadigmas Mitte der 80er Jahre (vgl. PÄTZOLD 1992, S. 14). Daneben gab es allerdings noch weitere Entwicklungen die eine prinzipielle Neuausrichtung des Lernens forderten.

Die theoretische Basis des handlungsorientierten Unterrichts findet sich in der gene- tischen Erkenntnistheorie von PIAGET[6], die von dem Lernpsychologen AEBLI zur kognitiven Handlungstheorie weiterentwickelt wurde (vgl. SÖLTENFUß 1983, S. 67). AEBLI sieht Lernen und Handeln als zwei Seiten einer Medaille. Dabei unter- scheidet er zwischen "Tun" und "Handeln". Das "Tun" bedeutet für ihn ein zielge- richtetes, absichtsvolles Verhalten des Subjekts, allerdings ist sich die Person noch nicht bewusst darüber, mit welchen Mitteln sie die Ziele erreichen will. Das "Han- deln" eines Subjekts deckt jene Bereiche des "Tuns" ab, in welchen sich die Person bewusst und zielgerichtet bestimmter Mittel bedient. Denkfähigkeit und Handlungs- fähigkeit sind für ihn das Ergebnis eines dialektischen Prozesses. Durch das Erarbei- ten von Begrifflichkeiten und das Ausführen von Handlungsprozessen entwickelt das Subjekt seine Denkfähigkeit aus dem Handeln heraus. Diese Denkfähigkeit führt wiederum zu einer verbesserten Handlungsfähigkeit. Es wird deutlich, dass AEBLI Denkerziehung für die Entwicklung von Handlungsfähigkeit voraussetzt. Ein Schüler kann Handlungsfähigkeit nicht allein durch praktisches Handeln erwerben (vgl. AEBLI 1980, S. 19f.). Als zentrale Erkenntnis AEBLI's gilt demnach, dass sich Denkstrukturen aus den Handlungen des Schülers entwickeln, die wiederum das Denken regulieren. Wenn sich aber Denken aus Handlungsvollzügen entwickelt, dann macht es wenig Sinn, Wissen in kompakter, fertiger Form weiterzugeben, wie es im tradierten Unterricht der Fall war. Es besteht sonst die Gefahr der Aneignung eines sog. "trägen Wissens". Der Lernende kann zwar Begriffe und Merkmale wie- dergeben, die er sich vorab "angeeignet" hat, aber er erlangt dadurch nicht die Kom- petenzen, die ihn komplexe wirtschaftsberufliche Problemsituationen bewältigen lassen (vgl. BACKES-HAASE 1998, S. 165). Vielmehr müssen sich Jugendliche ihr Wissen durch eigenständiges Handeln selbst schaffen und dadurch handelnd Denk- strukturen aufbauen. Demnach bedeutet "Handeln" nicht nur bloßes manuelles "Tun", sondern es ist darauf zu achten, dass sich Handeln, Denken und Lernen sinn- voll verschränken (vgl. GUDJONS 2006, S. 62). Gestützt werden die Erkenntnisse der Lern- und Kognitionspsychologie durch die moderne Gehirnforschung und Wis- senspsychologie. Die Speicherung von Informationen geschieht in unserem Gehirn durch Einordnung in komplexe Netzstrukturen und nicht durch die Ablage in Schub- laden (vgl. SPITZER 2007, S. 19f.). Wichtig für den Aufbau vernetzter Strukturen ist das konkrete "Tun", d.h. Lernen muss durch Handeln unterstützt werden (vgl. EIN- SIEDLER 1996, S. 175).

Neben lerntheoretisch begründeten Argumenten haben auch veränderte Berufs- und Arbeitsmarktbedingungen Einfluss auf schulische Lehr-Lern-Prozesse. Die Arbeits- anforderungen sind heute gekennzeichnet durch komplexe ökonomische Situationen die einen hohen dynamischen Charakter besitzen. Der Arbeitsmarkt erwartet gut aus- gebildete Jugendliche deren Persönlichkeitsprofil Kreativität und Kooperationsfähig- keit, sowie Flexibilität und Lernbereitschaft aufweist (vgl. DYBOWSKI/HERZER 1990, S. 19). Berufspraktiker erwarten, dass es eine Zunahme von Tätigkeiten geben wird, die von den Mitarbeitern ein hohes Maß an Urteils- und Interpretationsfähig- keit verlangen und die Bereitschaft sein Wissen stetig und situationsspezifisch zu aktualisieren (vgl. BAETHGE 1994, S. 250). Um solche Anforderungen zukünftig bewältigen zu können, wird in der Literatur die Meinung vertreten, Jugendliche schon in der Schule mit authentischen, simulierten Handlungssituationen zu konfron- tieren, wie es im Zuge eines handlungsorientierten Unterrichts möglich ist (vgl. REETZ 1999, S. 9).

Ein weiteres Argument für handlungsorientierte Lehr-Lern-Prozesse lässt sich moti- vationspsychologisch und pädagogisch-didaktisch herleiten. Die Erfahrung, dass handlungsorientierter Unterricht positive Effekte auf die Motivation der Schüler hat, lässt sich auf den Zusammenhang zwischen Emotion und Kognition zurückführen (vgl. SPITZER 2007, S. 158). Dabei wird davon ausgegangen, dass Sinnhaftigkeit und subjektive Bedeutung der Lerninhalte erheblichen Einfluss auf die Gedächtnisleistung eines Jugendlichen haben. Der inhaltliche Bezug zur Lebenswelt der Schüler ruft Emotionen hervor, die für eine bessere Abspeicherung der Informationen sorgen und darüber hinaus stark motivierend wirken. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang auch das Streben der Menschen nach Kompetenzerweiterung als entscheidendes Motivationselement angeführt (vgl. GUDJONS 2006, S. 63). Die Annahme ist, dass in einem handlungsorientierten Unterricht Schüler durch persönliche Handlungserfahrungen ihre Kompetenzerweiterung erleben können und die Motivation gesteigert wird. Eine individuelle Handlungserfahrung ist jedoch nicht in einem lehrerzentrierten Unterrichtsgeschehen möglich, sondern bedarf einer pädagogisch didaktischen Lernkultur, die ganzheitliches und selbstorganisiertes Lernen ermöglicht. Es wird davon ausgegangen, dass eine individuelle Auseinandersetzung mit alltäglich vor- kommenden Lebens- und Arbeitssituationen zusätzlich die Entfaltung der Persön- lichkeit der Jugendlichen fördert (vgl. PÄTZOLD 1992, S. 17). Dadurch wird deut- lich, dass mit dem handlungsorientierten Ansatz eine Berufsfähigkeit erreicht werden soll, die neben der fachlichen Kompetenz, berufsübergreifende und personenbezoge- ne Dimensionen mit einbezieht. In der wirtschaftsdidaktischen Literatur hat sich hier- für der Begriff der Handlungskompetenz etabliert (vgl. HALFPAP 1983, S. 82).

2.2.2 Handlungskompetenz als Ergebnis

In der neueren wirtschaftsdidaktischen Literatur werden häufig die Begriffe Hand- lungsfähigkeit, Handlungsorientierung und Handlungskompetenz[7] verwendet. Es ist deshalb sinnvoll diese Begrifflichkeiten zunächst voneinander abzugrenzen. "Hand- lungsfähigkeit ist das Ziel, Handlungsorientierung das Konzept, respektive die Maß- nahme und Handlungskompetenz ist das Ergebnis " (BERCHTHOLD/STOCK 2006, S. 3). In dieser Diplomarbeit (kurz: DA) steht die methodische Frage im Zentrum der Analyse, deshalb gilt das Interesse am Konzept der Handlungsorientierung vor allem den unterrichtlichen Vorgehensweisen durch die ein Mensch zu Handlungskompe- tenz geführt werden kann. Doch was ist unter Handlungskompetenz zu verstehen?

Der Begriff Kompetenz bedeutet nach lexikalischer Auffassung "Zuständig- keit/Befugnis". Kombiniert man diese Definition mit dem Begriff Handlung im Sin- ne von vollständigem Handeln lässt sich daraus schließen, dass damit Fähigkeiten und Fertigkeiten[8] zum Handeln gemeint sind (vgl. HALFPAP 1983, S. 88). Handeln wird dabei "als Tätigkeit definiert, d.h. als zielgerichtetes, planvolles, bewusstes, grundsätzlich komplexes menschliches Verhalten in konkreten Situationen, das rati- onal und informationsabhängig ist und sich nach einem Wertsystem richtet" (HALF- PAP 1983, S. 89). Aus der Perspektive des Arbeitsmarktes werden Menschen als kompetent bezeichnet, wenn sie Qualifikationen besitzen, die es ihnen ermöglichen, die beruflichen Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Aus pädagogischer Sicht sind mit Kompetenz jene menschlichen Fähigkeiten gemeint, die Voraussetzung für situa- tionsgerechtes Handeln sind und dieses erst ermöglichen (vgl. REETZ 1999, S. 11). Die Definition der Kultusministerkonferenz (kurz: KMK) zur Handlungskompetenz vereint inhaltlich die angeführten Ausführungen zu Kompetenz und Handlung.

Handlungskompetenz ist demnach

"die Bereitschaft und Fähigkeit des Einzelnen, sich in gesellschaftlichen, beruflichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verant- wortlich zu verhalten" (KMK 2004, S. 9).

Außerdem greift die KMK auf wissenschaftliches Gedankengut von REETZ zurück, wonach sich Handlungskompetenz aus Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz ergibt (vgl. REETZ 1999, S. 15). Allerdings ändert die KMK die Terminologie der Be- zeichnung. Sachkompetenz wird zur Fachkompetenz und Selbstkompetenz zur Per- sonalkompetenz. In der Literatur wird jedoch mehrheitlich die Meinung vertreten, dass die unterschiedliche Wahl der Begrifflichkeit keine inhaltliche Differenzierung bedeutet, weshalb in dieser DA die Bezeichnungen als inhaltlich gleichbedeutend angesehen werden.

a) Sachkompetenz/Fachkompetenz:

Nach REETZ ist Sachkompetenz die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit einer Person. Damit verbindet sich die Fähigkeit eines Individuums problemlösend und sacheinsichtig zu denken und zu handeln (ebenda, S. 41). Sachstrukturelles Hand- lungswissen (deklaratives Wissen) als auch strategisches Handlungswissen (prozedu- rales Wissen) sind dafür notwendig. In dieser Definition wird deutlich, dass der handlungsorientierte Ansatz die Schwächen der tradierten Didaktik zu überwinden versucht. In Kapitel 2.1.3. wird die mangelnde Transferfähigkeit von deklarativem Detailwissen hervorgehoben. Sachkompetenz zielt per Definition darauf ab, dieses erwähnte Defizit zu beheben. Die KMK definiert Fachkompetenz als "die Bereit- schaft und Fähigkeit, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens, Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen" (KMK 2004, S. 9). Auffallend ist an dieser Formu- lierung, dass zur Problemlösung fachliches Grundlagenwissen und -können voraus- gesetzt wird.

b) Sozialkompetenz:

In der wissenschaftlichen Literatur ist keine einheitliche Definition der häufig zitier- ten Sozialkompetenz zu finden. Wie in Kapitel 2.2.1 erwähnt, soll das Konzept der Handlungsorientierung auch die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen för- dern. Vor diesem Hintergrund hält der Autor dieser Arbeit die Ausführungen von MÜNCH für geeignet, um Sozialkompetenz näher zu erläutern. Sie wird von MÜNCH definiert als Potential, Fähigkeit und Bereitschaft zu kritischem Denken und Handeln, reflektiertem, selbständigen und verantwortlichem Handeln, zur Ko- operation, Kommunikation, Mobilität, Flexibilität und zu dauerndem Lernen. Die KMK sieht in der Sozialkompetenz eines Individuums

"die Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zu- wendungen und Spannungen zu erfassen, zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung von sozialer Verantwortung und Solidarität" (KMK 2004, S. 9).

c) Selbstkompetenz/Personalkompetenz:

REETZ formuliert Selbstkompetenz als "die Fähigkeit zu moralisch selbst bestimm- tem, humanem Handeln" (REETZ 1999, S. 42). Als Voraussetzung hierfür wird ein Selbstkonzept benötigt, welches vor äußeren Zwängen zu behaupten ist und vorran- gig die Entwicklung einer moralischen Urteilsfähigkeit ermöglicht. Ein zentrales Merkmal eines selbstkompetenten Individuums ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur Reflexion. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur Reflexionsfähigkeit als eine notwendige "Voraussetzung für konstruktive Kritik und die Bildung seiner eige- nen Meinung" (SCHWADORF 2003, S. 83f.) gesehen. Allerdings gilt es diese Kri- tikfähigkeit nicht nur auf die Umwelt zu beschränken, sondern die eigene Person mit einzuschließen, d.h. auch die Fähigkeit zu besitzen sein Verhalten kritisch zu hinter- fragen. Auch hier wird nach Meinung des Autors die Entwicklung der Persönlichkeit, im Sinne eines zu entwickelnden und zu festigenden Selbstkonzepts des Individuums deutlich. Die KMK definiert Selbstkompetenz als Personalkompetenz und zählt noch weitere Indikatoren auf. Personalkompetenz bezeichnet "die Bereitschaft und Fähigkeit, als individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschan- cen, Anforderungen und Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten, sowie Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln. Sie umfasst personale Eigenschaften wie Selbständigkeit, […], Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Zu ihr gehören insbe- sondere auch die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen und die selbst be- stimmte Bindung an Werte" (KMK 2004, S. 9).

Durch die Beschreibung von Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz sollte deutlich ge- macht werden, was unter Handlungskompetenz inhaltlich zu verstehen ist. In der Berufsbildungspraxis ist jedoch neben dem was gelernt werden soll, das wie gelernt werden soll, genauso wichtig. Die Schwierigkeit für Lehrkräfte besteht darin, durch geeignete Methodenwahl die Herausbildung von Handlungskompetenz bei den Schü- lern zu erreichen.

[...]


[1] Wissenschaftlich korrekt wäre hier der Begriff Sozialform, da die Beziehungen auf die soziale Orga- nisation der Lehr-Lern-Prozesse verweisen. In Anlehnung an die Ausführungen von BONZ wird hier jedoch der Begriff Methoden verwendet.

[2] Die einschlägige Literatur unterscheidet zwischen direkten und indirekten Aktionsformen. Direkt kennzeichnet die unmittelbare Einflussnahme der Lehrkraft, auf welche die Lernenden "direkt reagie- ren". Indirekte Aktionsformen sind charakterisiert durch die mittelbare Einflussnahme der Lehrkraft indem diese ein Medium oder ein besonderes Lernarrangement verwendet, das Lernprozesse anregen soll.

[3] Die Beschreibung und Unterscheidung von direktem und indirektem Unterrichtsverhalten wird im Zusammenhang des Modells zur Variation von Unterricht nach DUBS in Kapitel 4.2.3 (Abbildung 9) näher erläutert.

[4] SÖLTENFUß definiert berufliche Tüchtigkeit als Kategorie, welche "die Gesamtheit der individuell auszubildenden Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten umfasst, um berufliche Arbeitsfunktionen zu erfüllen" (vgl. SÖLTENFUß 1983, S. 128).

[5] An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Konzept der Schlüsselqualifikationen eng mit der Hand- lungsorientierung verbunden ist. Allerdings vertreten wissenschaftliche Autoren die Meinung, dass aus methodischer Perspektive Schlüsselqualifikationen eine untergeordnete Rolle spielen und deshalb werden sie in dieser Diplomarbeit nicht näher erörtert. Es handelt sich mehr um "didaktische Aspekte einer neuen Lehr-/Lern-Kultur […], dagegen wird im handlungsorientierten Unterricht das Schwer- gewicht mehr auf methodische Aspekte eines Unterrichts gelegt" (DÖRIG 1995a, S. 205). Nähere Ausführungen zum Konzept der Schlüsselqualifikationen finden sich in REETZ (REETZ 1999).

[6] Genauere Ausführungen zur genetischen Erkenntnistheorie nach PIAGET finden sich in SÖLTEN- FUß (SÖLTENFUß 1983, S. 59ff.)

[7] Nach Ansicht des Autors ist eine Differenzierung von Handlungskompetenz und beruflicher Hand- lungskompetenz nicht immer sinnvoll. Handlungen, wie sie dem Begriff der Handlungskompetenz zugrunde liegen kommen sowohl in beruflichen als auch privaten Situationen gleichermaßen vor. Der Zusatz beruflich schränkt lediglich den inhaltlichen Bezugsrahmen von Handlungskompetenz ein und kann demnach vernachlässigt werden. In dieser DA wird deshalb im Folgenden nur noch von Hand- lungskompetenz gesprochen.

[8] HACKER, zitiert aus HALFPAP, gibt folgende Definitionen: "Fähigkeiten sind […] komplexe Eigenschaften, die das Ausführen von Tätigkeiten ermöglichen. Sie stellen verfestigte Systeme verallgemeinerter psychischer Prozesse dar, die den Tätigkeitsvollzug steuern. Fähigkeiten betreffen hauptsächlich kognitive […] und intellektuelle Vorgänge. […], sie werden automatisiert; es wird nur noch ihr Ergebnis gleichsam als natürliche Eigenschaft erlebt. Fer- tigkeiten sind durch Übung automatisierte, d.h. ohne ständige Steuerung und Kontrolle durch das Bewusstsein ablaufende Tätigkeitskomponenten".

Fin de l'extrait de 106 pages

Résumé des informations

Titre
Methodenvariation beim Einsatz integrierter Unternehmenssoftware in der Übungsfirma als didaktische Herausforderung
Université
University of Hohenheim  (Berufs- und Wirtschaftspädagogik )
Note
2,0
Auteur
Année
2007
Pages
106
N° de catalogue
V117943
ISBN (ebook)
9783640201570
ISBN (Livre)
9783640206575
Taille d'un fichier
1164 KB
Langue
allemand
Mots clés
Methodenvariation, Einsatz, Unternehmenssoftware, Herausforderung
Citation du texte
Dipl.oec/ Dipl. Hdl. Frank Mueller (Auteur), 2007, Methodenvariation beim Einsatz integrierter Unternehmenssoftware in der Übungsfirma als didaktische Herausforderung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117943

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