Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Lese-Rechtschreibschwäche aus entwicklungspsychologischer Sicht
2.1 Mögliche Symptome einer LRS
2.2 Entwicklungspsychologisches Modell nach Uta Frith
3. Vorläuferfertigkeiten
4. Ursachen
5. Diagnostik
5.1 Diagnostische Möglichkeiten
5.2 Diagnostik der Lesekompetenz
5.3 Diagnostik der Rechtschreibkompetenz
6. Schulische Förderung
6.1 Förderung des Lesens
6.2 Förderung des Rechtschreibens
6.3 Exemplarische Fördermaterialien
7. Prävention
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Lesen und Schreiben sind in unserem Alltag fest verankert und in vielen Bereichen unserer Gesellschaft eine Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Schon im Vorschulalter wird versucht, Kindern die Motivation zum Lesen und Schreiben nahe zu bringen und sie mit Büchern vertraut zu machen. Manchen Kindern fällt der Erwerb des Lesens und der Schriftsprache allerdings schwerer als anderen. Sie benötigen mehr Zeit, um Regeln und Zusammenhänge zu verstehen und diese anzuwenden. Viele dieser Kinder leiden unter einer Lese-Rechtschreibschwäche. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie man bei Kindern eine Lese-Rechtschreibschwäche im schulischen Kontext in der Grundschule diagnostizieren und fördern kann, damit auch sie die Schriftsprache bestmöglich erlernen können und sich in ihrem Alltag gut zurechtfinden. Um die Komplexität einer Lese-Rechtschreibschwäche zu begreifen, wird zu Beginn die Lese-Rechtschreibschwäche aus entwicklungspsychologischer Sicht beleuchtet und das Entwicklungsmodell nach Uta Frith vorgestellt. Im weiteren Verlauf werden die Vorläuferfertigkeiten, welche ein Kind benötigt, um die Schriftsprache und das Lesen zu erlernen, betrachtet. Auf die Ursachen, die zu Lese-Rechtschreibschwierigkeiten führen können, wird im Anschluss eingegangen. Anschließend werden Diagnostik- und Fördermöglichkeiten erläutert, wobei das Lesen und die Rechtschreibung getrennt voneinander in den Blick genommen werden. Abschließend werden präventive Möglichkeiten genannt, welche dabei helfen können, Risikofaktoren zu vermindern. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf unterschiedliche Sprachformen der Geschlechter verzichtet. Es wird das generische Maskulinum verwendet, welches gleichermaßen für sämtliche Personenbezeichnungen gilt.
2. Lese-Rechtschreibschwäche aus entwicklungspsychologischer Sicht
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt den Begriff „LeseRechtschreibschwäche“ (kurz: LRS), als eine langanhaltende Schwäche beim Erwerb des Lesens und Schreibens bei der keine Ursachen wie psychische Erkrankungen oder unterdurchschnittliche Intelligenz festzustellen sind (vgl. Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e.V.). Es wird in drei unterschiedliche Kategorien unterteilt. Dazu gehören die Lese-Rechtschreibstörung, die isolierte Rechtschreibstörung und die isolierte Lesestörung (vgl. ebd.). Neben der Lese-Rechtschreibschwäche wird häufig auch der Begriff der Legasthenie genannt. Oftmals werden die Begriffe Legasthenie und Lese
Rechtschreibschwäche synonym verwendet (vgl. ebd.). In dieser Arbeit wird allerdings ausschließlich von einer Lese-Rechtschreibschwäche gesprochen.
Eine Lese-Rechtschreibschwäche betitelt eine Schwäche, bei der Menschen „beim Erlernen des Lesens und Schreibens immense Schwierigkeiten“ haben (vgl. Sprenger & Sprenger 2014, S.11). Wichtig dabei ist, dass nicht jeder Mensch, der von einer LeseRechtschreibschwäche betroffen ist, die gleichen Symptome aufweisen muss.
Es gibt viele individuelle Symptome, die in den Blick genommen werden müssen, wenn der Begriff der Lese-Rechtschreibschwäche genauer betrachtet werden soll (vgl. ebd.). Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche haben besondere Schwierigkeiten beim Erlernen der Schriftsprache und des Lesens. Diese Schwierigkeiten erschweren dem Kind den Alltag und können dem Kind psychische und physische Probleme verursachen. Zu nennen sind Entwicklungsstörungen oder Probleme im familiären Umfeld (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.27).
Eine Lese-Rechtschreibschwäche ist aus Sicht von Rita M. Brehm ein Zusammenspiel aus „phonologischer Sprachverarbeitung und dem Lese-Schreibprozess“ (Brehm 2014, S.27). Lesen und Schreiben beeinflussen sich gegenseitig (vgl. Zitzlsperger 2002, S.113), was dazu führt, dass ein Defizit in einem der beiden Teilkompetenzen ausreicht, um die andere Teilkompetenz negativ zu beeinflussen. Angenommen ein Kind hat Schwierigkeiten beim Lesen, so ist es naheliegend, dass es auch Schwierigkeiten beim Schreiben und somit auch beim Rechtschreiben hat. Nach Zitzlsperger (2002, S.113) läuft das „Schreiben [...] sequentiell ab und unterstützt die Wahrnehmung der Laut- und Buchstabenfolge im Wort.“ „[Die Laute] prägen sich ein und die Phonem-Graphem Beziehung wird gesichert“ (Zitzlsperger 2002, S.113). Die Phonem-Graphem Korrespondenz ist das Abbilden eines Lautes (einem Phonem) durch Grapheme. Grapheme sind die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit unseres Schriftsystems. Ein Beispiel: Der Laut /s/ wird durch die Grapheme <ss>, <s> und <ß> abgebildet. Es ist ein Laut zu hören, dabei können allerdings verschiedene Grapheme diesen Laut wiedergeben. Für Kinder, die bereits über eine Lautsicherheit verfügen, ist es verständlich, dass /s/ entweder <ss>, <s> oder <ß> bedeuten kann. Für Schüler mit einer Lese-Rechtschreibschwäche und dem damit verbundenen Problem der Phonem-Graphem Beziehung, ist es schwer zu erkennen, welches Graphem beim jeweiligen Laut gemeint ist (vgl. Brehm 2014, S.46). Die Phonem-Graphem Beziehung wird als besonders wichtig für das Erlernen des Lesens und Schreibens angesehen.
2.1 Mögliche Symptome einer LRS
C Lese-Rechtschreibschwäche nicht automatisch die gleichen Symptomatiken auf. Die folgenden Symptome geben nur einen Bruchteil der möglichen Symptome wieder, die ein Kind mit einer Lese-Rechtschreibschwäche haben kann. Dabei treten manche Symptome häufiger auf als andere (vgl. Sprenger & Sprenger 2014, S.45). Zu diesen gehören unter anderem Orientierungsschwierigkeiten im Alltag, was sich auf die Schrift auswirken kann. Als Beispiel sind hier die Buchstaben <b> und <d> zu nennen, welche sich nur durch die Richtung des sogenannten „Bauches“ unterscheiden. Kindern mit einer Lese-Rechtschreibschwäche fällt es häufig schwer, solche fast identisch aussehenden Buchstaben, zu unterscheiden (vgl. ebd.). Das Orientierungsproblem im Raum wirkt sich stark auf den Alltag dieser Kinder aus.
Nicht nur der Schulweg stellt sie vor eine Herausforderung, auch Ordnung halten am Schreibtisch fällt ihnen schwerer als Kindern ohne eine Lese-Rechtschreibschwäche. Probleme bereiten auch das Strukturieren des Alltags, ADHS-Erscheinungen oder das schnelle Vergessen von Informationen, da auch das Kurzzeitgedächtnis von einer Lese-Rechtschreibschwäche beeinflusst sein kann (vgl. Sprenger & Sprenger 2014, S.47). Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass Kinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten ein schwach ausgeprägtes Arbeitsgedächtnis haben, welches später für die „phonologische Informationsverarbeitung“ (Marx 2007, S.43) benötigt wird. Die phonologische Informationsverarbeitung bezeichnet alle Prozesse, die essentiell für das Lesen und Schreiben sind. Zu diesen gehören die Aufnahme, die Speicherung, die Verarbeitung und das Abrufen von phonologischen Informationen (vgl. Marx 2007, S. 43). Weitere Symptome einer Lese-Rechtschreibschwäche können sehr langsames Lesen mit vielen ausgelassenen Wörtern und häufigen Lesefehlern sein. Oftmals haben die Kinder selbst nach regelmäßigem Üben und Lernen kaum Erfolgserlebnisse im Lesen und Schreiben. Das Textverständnis ist für viele Kinder eine Herausforderung, da sie durch das langsame Lesen und das Auslassen von Wörtern den Zusammenhang des Textes nicht verstehen können (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.1). Solche Symptome, die auf eine Leseschwäche hindeuten, treten nach Schulte-Körne und Galuschka (2019, S.1) schon in den Anfängen des Leseunterrichts auf. Hier wird schnell deutlich, welches Kind die Phonem - Graphem Beziehung versteht und welches Kind Schwierigkeiten aufzeigt. Bei der Rechtschreibung lassen sich Normabweichungen ebenfalls früh erkennen. Schwierigkeiten, wie das Auffallen einer hohen phonologischen Fehleranzahl oder morphologische Rechtschreibfehler (Schule-Körne & Galuschka 2019, S.130), lassen auf eine Rechtschreibschwäche deuten. Die betroffenen Kinder haben vermehrt Probleme, einzelne Phoneme aus Wörtern zu segmentieren oder Phoneme den dazugehörigen Graphemen richtig zuzuordnen (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.2). Häufig fehlt auch das orthographische Bewusstsein, wodurch zusätzliche Rechtschreibfehler entstehen (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.130).
2.2 Entwicklungspsychologisches Modell nach Uta Frith
Uta Frith entwickelte 1986 ein Modell, dass die Phasen der Lese-Rechtschreibentwicklung veranschaulichen soll. Frith geht davon aus, dass der Schriftspracherwerb in drei Phasen abläuft. Hierbei unterscheidet sie zwischen der logographischen Stufe (1. Stufe), der alphabetischen Stufe (2. Stufe) und der orthographischen Stufe (3. Stufe) (vgl. Zitzlsperger 2002, S.119). In der logographischen Stufe lernen die Kinder noch in „Wortbildern“ (Zitzlsperger 2002, S.119). Das bedeutet, sie lernen die Buchstaben auswendig, können den Buchstaben als solchen allerdings noch nicht erkennen. Innerhalb der zweiten Stufe sind die Kinder bereits in der Lage, Buchstaben und Laute wahrzunehmen und diese teilweise zu verschriftlichen. Das Verschriften der Buchstaben erfolgt dabei teilweise bereits lautgetreu, aber auch skelettartig (vgl. Zitzlsperger 2002, S.119).
Skelettartig meint, dass die Kinder nur die wichtigen Laute beim Schreiben übernehmen und unwichtige Laute nicht wahrnehmen. Möchte ein Kind beispielsweise das Wort <Haus> schreiben, kann es passieren, dass das Kind dafür <Hs> schreibt. In der orthographischen Stufe werden die „rechtschriftlichen Regelmäßigkeiten“ (Zitzlsperger 2002, S.119) den Kindern zunehmend verständlicher und sie fangen an, diese zu berücksichtigen und anzuwenden. Bender; et.al. (2017, S.67) betonen die Wichtigkeit des Modells von Uta Frith, da es die LeseRechtschreibschwäche in Verbindung mit dem Schriftspracherwerb verdeutlicht und erklärt. Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche können bereits Probleme in der alphabetischen Phase aufzeigen. Ihnen fehlt häufig das phonologische Bewusstsein, also die „Lautidentifikation und -differenzierung“ (Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.129), wodurch es ihnen schwer fällt unterschiedliche Buchstaben und Laute voneinander zu unterscheiden. Probleme können aber auch erst in der orthographischen Stufe auftreten, wenn kompliziertere Satzstrukturen und Wörter vorliegen (vgl. Bender; et.al. 2017, S.67).
3. Vorläuferfertigkeiten
Damit ein Kind das Lesen und die Schriftsprache erlernen kann, benötigt es gewisse Vorläuferfertigkeiten. Damit sind Fähigkeiten gemeint, welche ein Kind zum Erlernen der Schriftsprache und dem Lesen benötigt. Diese Vorläuferfertigkeiten können mithilfe von verschiedenen Testverfahren bereits vor Schuleintritt untersucht werden (vgl. Breitenbach & Weiland 2010, S.45). Durch das frühe Testen der Vorläuferfertigkeiten ist eine frühe Prävention der Lese-Rechtschreibschwäche möglich (siehe Kapitel 7 - Prävention). Die phonologische Bewusstheit ist eine wichtige Vorläuferfertigkeit, da es essentiell für das Erlernen der Schrift und den Leseprozess ist. Wie in Kapitel 2.2 bereits angesprochen, behandelt die phonologische Bewusstheit die Unterscheidung und das Erkennen von Lauten und Buchstaben. Darunter fällt unter anderem das Erkennen von silbischen Strukturen in Wörtern, in Reimen oder beim Singen (vgl. Breitenbach & Weiland 2010, S.42). Marx (2007) unterteilt die Vorläuferfertigkeiten in externe und interne Faktoren. Unter externen Inhalten versteht man Einflüsse aus der Umwelt, während interne Faktoren die charakteristischen Merkmale der Person in den Blick nehmen (vgl. Marx 2007, S.38). Die externen und internen Faktoren teilt Marx (2007, S.38) in internale spezifische-, internale unspezifische-, externale spezifische- und externale unspezifische Voraussetzungen auf. Spezifische Voraussetzungen „lassen sich direkt aus dem beim Lesen- und Rechtschreiben beteiligten Prozess ableiten“ (Marx 2007, S.38). Unspezifische Voraussetzungen dagegen beinhalten Faktoren, welche nicht auf den ersten Blick beim Lese- und Rechtschreibprozess erkennbar sind und sich eher indirekt auf den Schriftspracherwerb auswirken (vgl. Marx 2007, S.38). An dieser Stelle ist hinzuzufügen, dass die Vorläuferfertigkeiten sich nicht immer exakt einer Kategorie zuordnen lassen können. Marx verdeutlicht dies damit, dass der Wortschatz des Kindes sich anhand des geschriebenen Textes gut erkennen lässt. Einen hohen Stellenwert nehmen hier auch die unspezifischen Faktoren ein, da der Wortschatz abhängig davon sein kann, wie viel das Kind beispielsweise zu Hause mit seinen Eltern schon gelesen hat und welche Lese- und Lernmotivation das Kind besitzt (vgl. Marx 2007, S.41 f.).
Im weiteren Verlauf werden wichtige Vorläuferfertigkeiten dem Modell von Marx (2007) zugeordnet. Diese sollen einen Einblick darüber vermitteln, wie viele Vorläuferfertigkeiten ein Kind benötigt, um die Schriftsprache zu erlernen. Ein gutes Langzeitgedächtnis, eine ausgeprägte Sprachentwicklung, Grammatikkenntnisse und „Wissen über Schrift“ (Marx 2007, S.39) lassen sich den internalen spezifischen Faktoren zuordnen. Internale unspezifische Faktoren hingegen beinhalten Vorläuferfertigkeiten wie Konzentrationsfähigkeit, Leistungsmotivation und die Freude am Lernen (vgl. Marx 2007, S.40). Ein external spezifischer Faktor ist die Leseumwelt des Kindes. Wie viele Bücher gibt es im elterlichen Haushalt? Wie motiviert sind die Eltern, dem Kind Bücher und das Lesen nahe zu bringen? (vgl. Marx 2007, S.40). Doch auch die „Leseinstruktion“ (Marx 2007, S.40) gehört zu den external spezifischen Faktoren. Diese nimmt die Vorerfahrungen des Kindes in den Blick, die es schon vor der Einschulung im Umgang mit Büchern gesammelt hat (vgl. ebd.). Letztendlich sind die external unspezifischen Faktoren nicht außer Acht zu lassen, welche sich auf die Bildungserwartungen der Eltern bezüglich ihres Kindes und auf die allgemeine Bildungspolitik beziehen (vgl. ebd.).
4. Ursachen
Es gibt keine einheitliche Antwort auf die Frage, wie und warum eine LeseRechtschreibschwäche entsteht. Die Ursachen, die dazu führen können, sind sehr komplex und individuell. Im weiteren Verlauf wird auf medizinische Ursachen eingegangen, wobei der Schwerpunkt der Betrachtung auf den entwicklungspsychologischen Ursachen liegt. Sprenger (2014, S. 27) verweist auf drei Faktoren, welche zu einer Lese-Rechtschreibschwäche führen können. Diese sind die Genetik des Kindes, die Förderung des Lesens und Schreibens und die „aktuelle Tagesform“ des Kindes (vgl. Sprenger 2014, S.27). Der Genetik kommt dabei eine tragende Rolle zu. Forscher haben herausgefunden, dass bei Menschen mit einer LeseRechtschreibschwäche bestimmte Areale des Gehirns sich anders verhalten als bei Menschen, die jene Schwäche nicht besitzen (Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.31). Sprenger vergleicht das Gehirn von einem mit einer Lese-Rechtschreibschwäche betroffenen Menschen, mit einem Computer, bei welchem bestimmte Teile und Areale nicht funktionieren. Dadurch wird das komplette System gestört. Eine Aussage darüber, inwiefern dies auf alle von einer Lese-Rechtschreibschwäche Betroffene Anwendung findet, kann allerdings nicht getroffen werden, da nicht immer das gleiche Areal des Gehirns geschädigt ist, das zu einer Lese-Rechtschreibschwäche führen kann (vgl. Sprenger 2014, S.29).
An dieser Stelle ist hinzuzufügen, dass Forscher unter anderem herausgefunden haben, dass ungefähr die Hälfte der Kinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten im familiären Umfeld ebenfalls Betroffene haben, welche Schwierigkeiten in diesem Bereich aufweisen (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.32). Dabei ist auch wichtig zu erwähnen, dass Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche ein schwach ausgeprägtes Arbeitsgedächtnis besitzen, weshalb es besonders wichtig ist, die Förderung dem Kind individuell anzupassen. Umweltfaktoren können ebenfalls eine Lese-Rechtschreibschwäche beeinflussen. Solche Umweltfaktoren können beispielsweise innerhalb der Schule auftreten, wie ein schlechtes oder angespanntes Klassenklima, fehlende Unterstützung und mangelnder unterstützender Zuspruch sein (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.36).
5. Diagnostik
Eine Lese-Rechtschreibschwäche kann in drei „abgrenzbare Störungsbilder“ (Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.17) unterteilt werden. Zu nennen sind hierbei die Lesestörung, die Rechtschreibstörung und die Lese- Rechtschreibstörung (vgl. Schulte-Körne & Galuschka 2019, S.17). Es ist wichtig, dass diese Schwächen differenziert betrachtet und diagnostiziert werden (vgl. ebd.), da sonst keine genaue Diagnose des Kindes möglich ist (vgl. Sprenger & Sprenger 2014, S.39). Unter anderem sollten Aspekte wie die „Krankheitsgeschichten der Familie und des Kindes, Einblick in Diktate und Zeugnisse, standardisierter Rechtschreibtest, standardisierter Lesetest, standardisierter Intelligenztest, Untersuchung der Emotionalität, des Verhaltens und der Persönlichkeit des Kindes, neurologische und internistische Untersuchungen, Hör- und Sehtest, Überprüfung der Motorik, Überprüfung der Artikulation und des Sprachverständnisses“ (Sprenger & Sprenger 2014, S.41 f.) überprüft und nicht außer Acht gelassen werden. Sprenger und Sprenger verweisen außerdem darauf, dass eine frühe Diagnose von Vorteil ist, um ein Kind individuell und den Bedürfnissen entsprechend fördern zu können (vgl. Sprenger & Sprenger 2014, S.39).
Es gibt viele verschiedene Testverfahren, welche angewendet werden können, um ein Kind zu diagnostizieren. Die Testverfahren müssen differenziert betrachtet werden, da nicht jeder Test für jedes Kind geeignet ist. Manche Testverfahren eignen sich besonders für Kinder in der Vorschule und im Anfangsunterricht, andere wiederum sind eher für Kinder der dritten und vierten Klasse geeignet. Auch die Art der jeweiligen Testformen unterscheiden sich. Es gibt Verfahren, welche sich auf das Testen der phonologischen Bewusstheit spezifizieren und andere, welche zur Früherkennung von einer Lese-Rechtschreibschwäche tauglich sind. Weitere wiederum sind speziell zur Überprüfung der Rechtschreibung konzipiert (vgl. Foliensatz 8, S.3). Diagnosetests können unterschiedlichen Zwecken dienen. Es wird zwischen „selektionsdiagnostischen und förderdiagnostischen Zielen“ (Herné & Löffler 2014, S.72) differenziert. Hat der Diagnosetest einen selektiven Hintergrund, soll der Test dazu dienen, eine Entscheidung wie die Notengebung oder die Versetzung in die weiterführende Stufe zu unterstützen.
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