Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen des KAM
2.1 Begriffsklärung des KAM
2.2 Ziele und Erfolgsfaktoren im KAM
2.3 Abgrenzung zum klassischen Verkauf
3 KA-Analyse aus operativer, funktionaler Betrachtung
3.1 KA-Auswahl und Selektion
3.2 KA- und Wettbewerbsanalyse mit der SWOT-Betrachtung
3.3 KA-Analyse im Bereich Buying-Center, Wertschöpfung und Potentiale
3.3.1 Analyse im Bereich des Buying-Centers
3.3.2 Analyse im Bereich der Wertschöpfung
3.3.3 Analyse im Bereich der Potentiale
4 Entwicklung einer individuellen KA-Strategie
4.1 Bestimmung der KA-Strategie aus dem Investitionsgedanken
4.2 Umsetzung der Strategie mit dem KA-Plan
5 Kommunikation und Teambildung im KAM
5.1 KAM Teambildung
5.2 Nutzen von Koordinationsmodellen und KAM Teams
6 Leistungsportfolio im KAM
6.1 Kern-/Profilierungs- und Zukunftsleistungen im KAM
6.2 Nutzen von Profilierungs- und Zukunftsleistungen im KAM
7 Schlussbetrachtung
8 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Unterschiedliche Rollen im Beschaffungsprozess
Abbildung 2: Differenzierung von Kern-/Profilierungs- und Zukunftsleistungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Key Account Management (KAM)[1] ist heute längst kein reines Modewort mehr. Annähernd jedes Unternehmen aus dem Mittelstand verfügt heute über eine Abteilung KAM. Oft wird unter dem Begriff des KAM lediglich die Erschließung der Großkunden verstanden. In den meisten Fällen geschieht dies unstrukturiert in Bezug auf die Indikatoren Umsatzentwicklung bzw. Analyse des Produktbedarfs.[2] Strukturiertes KAM betrachtet jedoch die gesamte Wertschöpfungskette der Schlüsselkunden[3], um die Potentiale gezielt nutzen zu können.
Die zunehmende Professionalisierung der Einkaufsprozesse zwingt das KAM, sich neben dem Wandel der Preisentwicklung, verstärkt an den Technologiefortschritten und der Optimierung von Verarbeitungsprozessen zu orientieren. Um dieser Veränderung und den ständig steigenden Anforderungen der Key Accounts Folge zu tragen, ist eine strukturierte Vorgehensweise aus operativer KAM Betrachtung unerlässlich. Für das KAM geht es in der Quintessenz darum, die tatsächlichen Bedürfnisse und Wünsche der Schlüsselkunden sowie deren Märkte und Umfeldbe-dingungen systematisch zu analysieren. Die daraus resultierenden Ergebnisse müssen ausgewertet und die entsprechenden, individuellen Maßnahmen abgeleitet werden.
Ein geeignetes Instrument zur Analyse, Planung und systematischen Entwicklung der Schlüsselkunden ist der individuelle und kundenspezifisch zu erstellende Key Account Plan (KA-Plan)[4].
In dieser Arbeit wird die Frage beantwortet, ob es sinnvoll ist, für jeden Key Account einen kundenindividuellen KA-Plan zu erstellen. Darüber hinaus wird erörtert, welcher Nutzen aus einer strukturierten Vorgehensweise mit dem KA-Plan - entgegen einer reinen Umsatz- bzw. Produktorientierung - entstehen kann. Weiter wird der KA-Plan kritisch diskutiert und eine Schlussfolgerung gezogen. Nach der Erklärung des Begriffs KAM werden die Ziele und Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches KAM sowie die Abgrenzung zum klassischen Verkauf erläutert. Im nachfolgenden Hauptteil der Arbeit wird das KAM aus operativer Sicht betrachtet. Schwerpunkte sind die systematische und vollständige Analyse aller Indikatoren aus eigener Unternehmenssicht und auf Schlüsselkundenseite. In der Fortsetzung des Hauptteils werden die Ergebnisse der umfangreichen Analyse in eine individuelle Schlüsselkundenstrategie übertragen. Bei der Umsetzung der Strategie wird der Ansatz des Investitionsgedanken in den Key Account sowie verschiedene Kernfragen in diesem Zusammenhang berücksichtigt.
Die Kommunikationsmodelle im KAM, die Bildung von KAM-Teams, deren Funktion und Ziele sowie das Leistungsportfolio, welches für die konsequente Umsetzung benötigt wird, werden ausgearbeitet.
Die Schlussbetrachtung wird die Antwort auf die offenen Fragen im Bezug auf den KA-Plan geben, in dem aus den erarbeiteten Erkenntnisse der Nutzen abgeleitet wird.
2 Grundlagen des KAM
2.1 Begriffsklärung des KAM
Der Begriff Key Account kann wie folgt erklärt werden: Zum einen „account“, das in der Übersetzung von der englischen in die deutsche Sprache dem Wort „Konto“ gleichzusetzen ist. Unternehmen führen ihre Kundenumsätze in der Buch-haltung unter Konten, somit hat sich der Begriff Konto bzw. Account für den Kunden selbst eingebürgert. Zum anderen „Key“ das übersetzt „Schlüssel“ bedeutet. Aus der Zusammenfassung der beiden Begriffe ist der Key Account, also Schlüsselkunde entstanden.[5] KAM ist die konsequente, ganzheitliche Betrachtung und Bearbeitung von Schlüsselkunden. Ein erfolgreiches KAM System fordert neben einem hohen Fähig-keitsprofil der KA-Manager, wie soziale, kommunikative und konzeptionelle Kompe-tenz, auch eine analytische Denkweise. Diese Voraussetzungen müssen vom Top Management verstanden, akzeptiert, in die Unternehmenskultur eingebettet und vorgelebt werden.
Somit kann der Ansatz wie folgt verstanden werden, “Key Account Management bedeutet, aktuell oder potentiell bedeutende Schlüsselkunden des Unternehmens systematisch zu analysieren, auszuwählen und zu bearbeiten sowie die dazu not-wendige organisatorische Infrastruktur aufzubauen und zu optimieren.“[6]
2.2 Ziele und Erfolgsfaktoren im KAM
Folgt man dem Grundgedanken von Noel Capon, so besteht die oberste Zielsetzung von KAM darin, Kundenbeziehungen systematisch zu festigen und langfristige, strategische Partnerschaften aufzubauen.[7]
Je nach Unternehmensphilosophie lassen sich verschiedene Zielformulierungen für das KAM aufzeigen. Es wird nach qualitativen und quantitativen Kriterien unter-schieden.[8] Ziele müssen prinzipiell spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und im Hinblick auf die Zielerreichung terminiert werden.[9] Nachfolgend werden einige klassische Ziele und qualitativen Kriterien im KAM dargestellt:
Ertragssteigerung und bessere Ausnutzung von Umsatzpotential Positive Beeinflussung der Deckungsbeitragsentwicklung Steigerung des Share of Wallet (Anteil der Ausgaben bei einem Zulieferer) Erhöhung der Kundendurchdringung durch effektives Cross Selling Innovative Impulse für die Gestaltung von Zukunftsleistungen Reduzierung der Kostensituation im Unternehmen und beim Schlüsselkunden
Neben den Zielformulierungen kommt den Erfolgsfaktoren eine wesentliche Bedeutung zu. Im Besonderen nehmen hierbei die weichen Faktoren eine entscheidende Rolle ein. Als weiche, quantitative Erfolgsfaktoren gelten:
Steigerung der Kundenzufriedenheit Festigung der Beziehungsqualität mit den Schlüsselkunden Gegenseitiger Know-How-Transfer Persönliche Wünsche und Bedürfnisse der Entscheidungsträger Auswahl und Beurteilungskriterien der A-Lieferanten auf Kundenseite
Kritische Erfolgsfaktoren entscheiden darüber, ob und in welchem Ausmaß eine gegenseitige Geschäftsbeziehung zukunftsorientiert aufgebaut werden kann.
Kritische Erfolgskriterien sind:
Wissen um die Zukunftsausrichtung der Schlüsselkunden[10] Akzeptanz der Schlüsselkunden als Impulsgeber und Prozesspartner Tatsächliche Befriedigung von emotionalen Bedürfnissen der Schlüsselkunden[11] Konsequente Kundenorientierung auf Anbieterseite[12]
Die Realisierung von festen bzw. strategischen Partnerschaften kann zum einen durch die Umsetzung von schlüssigen und nutzenstiftenden Leistungen und zum anderen durch eine aktive Mitwirkung des Schlüsselkunden unterstützt werden. In der Folge ergeben sich für beide Seiten die besten Möglichkeiten und Chancen für eine langfristige Zusammenarbeit.[13] Gelingt es dem Anbieter mit dem Key Account gemein-sam potentielle Vorteile bzw. Alleinstellungsmerkmale (USP) gegenüber den Wettbewerbern zu generieren, spricht man von der echten WIN-WIN-Situation. Die Vertriebsstrategien und Aktivitäten müssen daher maßgeblich zu den Ausrichtungen und Prozessen der Schlüsselkunden passen. Dies stellt die Basis des gemeinsamen Erfolgs dar. Hans D. Siedow beschreibt diesen Prozess mit den Worten „Mache Deine erfolgreichen Kunden erfolgreich, dann wirst Du selbst erfolgreich“[14]
2.3 Abgrenzung zum klassischen Verkauf
KAM setzt sowohl auf der Ebene der Geschäftsbeziehung zu einem individuellen Schlüsselkunden, als auch auf der Ebene des Gesamtsystems innerhalb einer strategischen Geschäftseinheit bzw. des Gesamtunternehmens an.
Darüber hinaus beinhaltet es den systematischen Aufbau und Erhalt der notwendigen Infrastruktur.[15] Eine klare Differenzierung von KAM zum klassischen Verkauf liegt in der Betrachtungs- und Bearbeitungsweise der Kunden sowie an den Fähigkeiten der Mitarbeiter im Vertrieb. Oft ist der klassische Vertrieb nicht in der Lage, die Erwar-tungen, Bedürfnisse und das Entscheidungsumfeld der Schlüsselkunden nachhaltig zu analysieren bzw. zu befriedigen. Im klassischen Verkauf verhandelt die Abteilung Vertrieb lediglich mit dem Einkauf bzw. dem Lagermitarbeiter des Kunden. Im KAM wird der Fokus bewusst auf Kunden gelegt, die für das eigene Unternehmen eine hohe Bedeutung haben. Aus dieser Sichtweise ist es für das KAM unerlässlich, die gesamte Wertschöpfungskette in den Analyseprozess einzubeziehen. Ziel ist es, die Verlagerung von einzelnen Produkteinkäufen bis hin zum Relationship Management zu realisieren. Dieser Wandel kann durch die zukünftige Betrachtung der Kundenbeziehungen in Prozessen vollzogen werden.[16]
3 KA-Analyse aus operativer, funktionaler Betrachtung
3.1 KA-Auswahl und Selektion
Die Auswahl und Selektion von Key Accounts ist Aufgabe der Vertriebs- oder Bereichsleitung im KAM und kein einfacher, oberflächlicher Prozess. Er benötigt einen hohen Ressourcenaufwand.[17] Fehlentscheidungen belasten die Motivation der Beteiligten und sind für das Unternehmen teuer.[18] Es stellen sich in der Erst-betrachtung die entscheidenden Fragen:
- Ist der potentielle Kunde wirklich ein Schlüsselkunde für das Unternehmen?
- Wie können indirekte Key Accounts identifiziert werden?
Diese Fragen müssen anhand von definierten und festgelegten Auswahlkriterien klar beantwortet werden Es gibt verschiedene Ansätze bzw. Betrachtungsweisen zur Vorgehensweise:
- Umsatz- und Profitabilitätsbetrachtung[19] Kundenwert[20] Systematische Selektion in einem mehrstufigen Verfahren[21]
Nachfolgend wird der Ansatz der systematische Selektion anhand von Fragestellungen in Form eines dreistufigen Auswahlverfahrens aufgezeigt.
Auswahlkriterien für Key Accounts:
1 Kompensatorische K.O.-Kriterien: Umsatzgröße Referenzwert
2 Das Scoringmodell: Cross Selling Potential Kontinuität der Zusammenarbeit Beziehungsqualität Bereitschaft zum Know How Transfer Bonität
3 Plausibilitätscheck: Branchenkompetenz Ethisch-Moralisch-Fit Wettbewerbsorientierung
Um eine aussagefähige Bewertung der drei Kriterien zu erhalten, werden die Kunden nach der Auswahl der Kompensatorischen K.O-Kriterien anhand eines Scoring-modells in den Stufen eins bis fünf auf Plausibilität bewertet. Nicht jedes Bewertungsmerkmal nimmt hierbei den gleichen Stellenwert ein. Zur Differenzierung werden unter-schiedliche Gewichtungen von eins bis drei vergeben. Um den Scoringwert der einzelnen Schlüsselkunden ermitteln zu können, werden die Ergebnisse der bewerteten Kriterien mit einer Gewichtung multipliziert. Das Ergebnis stellt eine nach Gesamtpunktzahl absteigend geordnete Rangfolge der für das Unternehmen in Frage kommenden, reellen Schlüsselkunden dar.[22]
Um eine erstrebenswerte Nachhaltigkeit mit Multiplikationsaspekten für die zukünftige Selektion zu generieren, muss der Ansatz in der praktischen Umsetzung effektiv, effizient, transparent und wiederholbar gestaltet werden. Mit dieser Vorgehensweise wird die Frage geklärt, ob die identifizierten Key Accounts das nötige Entwicklungspotential im Hinblick auf eine systematisch Zielverfolgung im KAM bieten.
Ist ein Schlüsselkunde einmal als solcher identifiziert und ausgewählt, muss diese Tatsache nicht für die Ewigkeit Bestand haben. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, den Schlüsselkundenstatus in regelmäßigen Abständen (etwa alle sechs bis zwölf Monate) kritisch zu prüfen.[23]
[...]
[1] Der Begriff Key Account Management wird im Verlauf dieser Arbeit mit KAM abgekürzt
[2] Hartmut H. Biesel, Key Account Management erfolgreich Planen und umsetzen - Mehrwert- Konzepte für ihre Top-Kunden, 2., überarbeitete Auflage Januar 2007, Wiesbaden 2007, S. 17.
[3] Die Begriffe Schlüsselkunden, Großkunden, strategisch wichtige Kunden und Key Account werden in dieser Arbeit synonym verwendet
[4] Der Begriff Key Account Plan wird im Verlauf dieser Arbeit mit KA-Plan abgekürzt
[5] Hans D. Siedow, Key Account Management - Geschäftsausweitung durch kundenbezogene Strategien, 8. aktualisierte und erweiterte Auflage 2007, Landsberg am Lech 2007, S. 9.
[6] Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., Spitzenleistungen im Key Account Management - Das St Galler KAM-Konzept, Frankfurt am Main 2005, S. 35.
[7] Noel Capon, Praxishandbuch Key-Account-Management – Grundlagen und Instrumente zur Betreuung der wichtigsten Kunden, deutsche Fassung, Frankfurt am Main 2003, S. 18.
[8] Vgl. Hartmut H. Biesel, a. a. O., S. 50., Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 195., 196.
[9] Hartmut Sieck, Der strategische (Key) Account Plan, 1. Auflage, Norderstedt 2009, S. 53.
[10] Vgl. Hartmut H. Biesel, a. a. O., S. 17.
[11] Vgl. Hartmut H. Biesel, a. a. O., S. 17.
[12] Vgl. Hartmut H. Biesel, a. a. O., S. 65.
[13] Rapp R., Strobacka K., Kaario K., Strategisches Account Management - Mit CRM den Kundenwert steigern, 1. Auflage Februar 2002, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 2002, S. 20.
[14] Hans D. Siedow, a. a. O., S. 46., Vgl. Hartmut Sieck, a. a. O., S. 52., 53.
[15] Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 35.
[16] Vgl. Rapp R., Strobacka K., Kaario K., a. a. O., S. 123.
[17] Christian Homburg, Heiko Schäfer, Janna Schneider, Sales Excellence-Vertriebsmanagement mit System, 5. Auflage 2008, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008, S. 314.
[18] Vgl. Noel Capon, a. a. O., S. 74., Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a.a.O., S. 196.
[19] Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a .a. O., S. 195., 196., Vgl. Hartmut H. Biesel, a .a. O., S. 20.
[20] Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 196.
[21] Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 198.
[22] Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 197., 198., Vgl. Hans D. Siedow, a .a. O., S. 34.
[23] Vgl. Hartmut H. Biesel, a. a. O., S. 51., Vgl. Belz, Ch., Müllner, M., Zupancic, D., a. a. O., S. 197., Vgl. Noel Capon, a. a. O., S. 88.