Absicht dieser Arbeit ist gleichermaßen die Reduktion von Komplexität wie die Rückbesinnung auf pragmatische Prinzipien des Managements bei der Umgestaltung sozialer Dienstleistungsorganisationen.
Sachverstand, Professionalität und kreative Denkansätze von Jobcenter-Mitarbeitern als die wirklichen Experten bilden die Basis für die im politischen Dialog fast unbeachteten bottom up-Prozesse, die die Diskussion um inhaltliche und insbesondere "unpolitische" Lösungswege bereichern und weiterbringen könnten.
Eine der umfangreichsten Sozialreformen in der Geschichte der BRD trat in Form des Sozialgesetzbuches II, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, am 01.01.2005 in Kraft und führte die vormals bestehende Sozialhilfe nach dem BSHG mit der Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III in drei Umsetzungsmodellen zusammen, die experimentell aneinander gemessen werden sollten.
Drei Jahre nach Einführung des SGB II erklärte das Bundesverfassungsgericht die Mischverwaltung der ARGE für verfassungswidrig und gab dem Gesetzgeber drei Jahre Zeit, um unter Einbeziehung der Ergebnisse der gesetzlich verankerten Wirkungsforschung die Betreuung der Hilfebedürftigen neu zu regeln. Seitdem nähern sich die politischen Haltungen kaum an und es steht zu befürchten, dass das SGB II wiederum Opfer eines Kompromisses wird, der inhaltlich kaum besser ausgestaltet ist als bisher und dem Willen des Gesetzes nach einheitlicher und bürgernaher Leistungsgewährung weiterhin nicht gerecht wird.
Es gilt, einen vom bisherigen politischen "Machtgerangel" unabhängigen, überwiegend an inhaltlichen Kriterien orientierten Lösungsansatz für eine Organisationsform des SGB II zu entwickeln. Ansatz ist hier, einen Überblick über die Chronologie der Ereignisse, der politischen Grundpositionen sowie die Zwischenergebnisse der Forschung zu bieten und diese in Form einer erweiterten Datenbasis für eine eigene, kleinräumige Erhebung bei drei Grundsicherungsstellen in Bodensee-Oberschwaben zu integrieren.
Neuartig ist in diesem Zusammenhang u. a. die Einbeziehung verschiedener operativer Ergebnisse als Indikatoren für die Qualität der Arbeit der drei Organisationseinheiten. Dadurch wird eine Verbindung zwischen einzelnen Forschungsansätzen, die sich entweder auf deskriptive Aussagen oder einzelne operative Ergebnisse beschränken, hergestellt. Das daraus entwickelte regionale Lösungsmodell zur künftigen Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erscheint durch seine Flexibilität bundesweit anwendbar.
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungen
- Abbildungen und Tabellen
- 1. Einleitung und Problemstellung
- 1.1 Die Verfassungswidrigkeit der ARGEN und das Erfordernis, die Grundsicherung für Arbeitsuchende neu zu regeln
- 1.2 Konkretes Vorgehen bei der Entwicklung einer funktionierenden Organisation
- 1.3 Methodischer Ansatz
- 2. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 20.12.07
- 3. Die Geschichte des SGB II und der verschiedenen Umsetzungskonstellationen
- 3.1 Der Reformbedarf und der Wille der Regierung: Der Gesetzesentwurf zum „Hartz IV-Gesetz“
- 3.2 Modifikationen des Gesetzes bis zur Verabschiedung
- 3.3 Der politische Weg: Neue Modelle seit dem Verfassungsgerichtsurteil vom 20.12.2007
- 3.3.1 Das kooperative Jobcenter (KJC) - BMAS/BA
- 3.3.2 Zentrum für Arbeit - Deutscher Städte- und Gemeindebund
- 3.3.3 Die Bundesauftragsverwaltung (das,,Bayernmodell\")
- 3.3.4 Aktueller Stand der politischen Diskussion - Modell „ZAG“ mit Verfassungsänderung und Festschreibung der Option
- 3.4 Die alles beherrschende Frage: Wer kann es besser? Der Bund oder die Kommunen?
- 4. Evaluation der Experimentierklausel und allgemeine Wirkungsforschung
- 4.1 Wirkungsforschung zur Experimentierklausel im Auftrag des BMAS: ISG - Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik
- 4.1.1 Ergebnisse aus den Untersuchungsfeldern des ISG-Forschungsverbundes
- 4.1.2 Wer ist besser? ARGE, zkT oder gAw?
- 4.2 ISE Internationales Institut für Staats- und Europawissenschaft im Auftrag des DLT (Deutscher Landkreistag)
- 4.3 Bundesagentur für Arbeit (BA): Sonderbericht - „Übergänge aus Grundsicherung in Beschäftigung“
- 4.4 Weitere Forschungsansätze
- 4.5 Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes
- 4.1 Wirkungsforschung zur Experimentierklausel im Auftrag des BMAS: ISG - Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik
- 5. Die Ausgestaltung des SGB II im regionalen Kontext,,Bodensee-Oberschwaben“
- 5.1 Methodische Erläuterungen
- 5.2 Überprüfung der Vergleichbarkeit des Landkreises Ravensburg, des Bodenseekreises und des Landkreises Konstanz
- 5.2.1 SGB II-Vergleichstypen nach IAB
- 5.2.2 Regionenmatching des ZEW im Rahmen der Evaluation der Experimentierklausel des § 6c SGB II
- 5.2.3 Deskriptive Analyse des regionalen Arbeitsmarkts
- 5.3 Zeitreihen zur Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie der Situation im SGB II Bereich der untersuchten Kreise
- 5.4 Erfolgsparameter: Aktivierungs- und Integrationsquoten
- 5.5 Fazit aus dem Vergleich der Erfolgsparameter
- 5.6 Die organisatorische Ausgestaltung der drei Grundsicherungsträger ARGE Konstanz, zkT Bodenseekreis und gAw Ravensburg - Vorstellung der dazu verwendeten Methode (Befragung)
- 5.6.1 Umsetzung des SGB II in der gAw Ravensburg
- 5.6.1.1 Entstehungsgeschichte und organisatorische Ausgestaltung
- 5.6.1.2 Ausgestaltung des Fallmanagements und der Vermittlung
- 5.6.1.3 Qualitätsmanagement
- 5.6.1.4 Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente (,,Maßnahmemix\")
- 5.6.1.5 Bewertung der getrennten Aufgabenwahrnehmung und der Umsetzung des Gesetzes durch die befragten Mitarbeiter
- 5.6.2 Die Umsetzung des SGB II beim zkT Bodenseekreis
- 5.6.2.1 Entstehungsgeschichte und organisatorische Ausgestaltung
- 5.6.2.2 Ausgestaltung des Fallmanagements und der Vermittlung
- 5.6.2.3 Qualitätsmanagement
- 5.6.2.4 Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente (,,Maßnahmemix\")
- 5.6.2.4 Bewertung der kommunalen Option und der Umsetzung des Gesetzes durch die befragten Mitarbeiter
- 5.6.3 Die Umsetzung des SGB II in der ARGE Konstanz
- 5.6.3.1 Entstehungsgeschichte und organisatorische Ausgestaltung
- 5.6.3.2 Ausgestaltung des Fallmanagements und der Vermittlung
- 5.6.3.3 Qualitätsmanagement
- 5.6.3.4 Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente (,,Maßnahmemix\")
- 5.6.3.5 Bewertung der ARGE und der Umsetzung des Gesetzes durch die befragten Mitarbeiter
- 5.6.1 Umsetzung des SGB II in der gAw Ravensburg
- 5.7 Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezüglich der Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung des SGB II in den befragten Grundsicherungsstellen der Region Bodensee-Oberschwaben
- 5.7.1 Organisatorische Ausgestaltung
- 5.7.2 Wahrgenommene Erfolgsfaktoren
- 5.7.3 Wahrgenommene hemmende Faktoren
- 5.7.4 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
- Verfassungswidrigkeit der ARGEN und die Notwendigkeit einer Neuregelung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
- Evaluation der Experimentierklausel und die unterschiedlichen Wirkungsforschungen
- Regionale Umsetzung des SGB II in Bodensee-Oberschwaben
- Vergleich der Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung des SGB II in den drei Grundsicherungsträgern
- Analyse der organisatorischen Ausgestaltung, der Fallmanagements und der Arbeitsmarktinstrumente in den drei Institutionen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Spannungsfeld zwischen politischen, wissenschaftlichen und pragmatischen Interessen. Sie analysiert die Geschichte des SGB II, die verschiedenen Umsetzungskonstellationen und die Ergebnisse der Evaluation der Experimentierklausel. Besonderes Augenmerk liegt auf der regionalen Umsetzung des SGB II in Bodensee-Oberschwaben, wobei die drei Grundsicherungsträger ARGE Konstanz, zkT Bodenseekreis und gAw Ravensburg im Mittelpunkt stehen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Verfassungswidrigkeit der ARGEN und die Notwendigkeit einer Neuregelung der Grundsicherung für Arbeitsuchende dar. Kapitel 2 beschreibt das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 20. Dezember 2007. In Kapitel 3 wird die Geschichte des SGB II und die verschiedenen Umsetzungskonstellationen, inklusive der politischen Diskussion um die zukünftige Gestaltung, dargestellt. Kapitel 4 befasst sich mit der Evaluation der Experimentierklausel und den verschiedenen Wirkungsforschungen. In Kapitel 5 wird die Ausgestaltung des SGB II im regionalen Kontext Bodensee-Oberschwaben untersucht. Die Kapitel 5.1 bis 5.4 stellen die methodischen Grundlagen und die Vergleichbarkeit der drei untersuchten Kreise dar. Kapitel 5.5 fasst die Ergebnisse des Erfolgsvergleichs zusammen. In Kapitel 5.6 werden die organisatorischen Ausgestaltungen der drei Grundsicherungsträger ARGE Konstanz, zkT Bodenseekreis und gAw Ravensburg vorgestellt. Kapitel 5.7 analysiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezüglich der Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung des SGB II in den drei Institutionen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, ARGEN, Experimentierklausel, Wirkungsforschung, regionale Umsetzung, Bodensee-Oberschwaben, ARGE Konstanz, zkT Bodenseekreis, gAw Ravensburg, Fallmanagement, Arbeitsmarktinstrumente, Erfolgsfaktoren.
- Citation du texte
- Peter Kneisel (Auteur), Marion Schuler (Auteur), 2008, Quo Vadis SGB II? Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171918