Organisationsmodelle im eCommerce - Analyse und Gestaltungsempfehlungen auf Basis einer Betrachtung von Unternehmensumfeld und -strategie


Mémoire (de fin d'études), 2000

100 Pages, Note: 1


Extrait


Organisationsmodelle im eCommerce ­
Analyse und Gestaltungsempfehlungen auf Basis einer
Betrachtung von Unternehmensumfeld und -strategie
Freie wissenschaftliche Arbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
,,Diplom-Kaufmann"
an der
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Bearbeiter:
Tobias
Roder
Bearbeitungszeit:
02.05.2000 bis 02.11.2000 (6 Monate)

I
Kurzzusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Bedingungen der Organisationsgestaltung im Electronic
Commerce. Dazu werden aus dem Unternehmensumfeld die Anforderungen an die strategische Führung
eines Unternehmens abgeleitet und in einen Analyserahmen eingebunden. Dieser dient als Grundlage für
die Beurteilung verschiedener Organisationsmodelle auf ihre Eignung im Electronic Commerce und die
Ableitung von Gestaltungsempfehlungen.

II
Inhaltsverzeichnis
Seite
Kurzzusammenfassung ... I
Inhaltsverzeichnis ... II
Abkürzungsverzeichnis ... V
Abbildungsverzeichnis ... VI
Tabellenverzeichnis ... VI
WWW-Verzeichnis der aufgeführten Unternehmen ... VII
1. Einleitung
und
Übersicht ... 1
2. Grundlagen
Electronic Commerce ... 3
2.1. Begriff von Electronic Commerce ... 3
2.2. Anwendungsfelder
von Electronic Commerce ... 4
2.3. Elektronische
Geschäftsabwicklung
... 5
2.4. Technologische Grundlagen... 6
2.5. Zusammenfassung
... 6
3. Grundlagen
Strategisches Management ... 7
3.1. Entwicklungsstufen des Strategischen Managements ... 7
3.2. Inhalt des Strategischen Managements ... 8
3.3. Quellen von Wettbewerbsvorteilen ... 9
3.3.1. Market-Based
View
... 9
3.3.2. Resource-Based
View
... 10
3.3.3. Integriertes
Management von Wettbewerbsvorteilen ... 11
3.4. Strategisches
Management
und Electronic Commerce ... 12
3.5. Zusammenfassung
... 12
4. Grundlagen Organisation und Organisationsgestaltung ... 13
4.1. Organisationsbegriff ... 13
4.2. Organisationsgestaltung
... 13
4.2.1. Strukturelle
Organisationsgestaltung ... 13
4.2.2. Prozessuale
Organisationsgestaltung ... 15
4.3. Organisationsmodelle ... 15
4.3.1. Unternehmensbezogene Organisationsmodelle ... 15
4.3.2. Unternehmensübergreifende Organisationsmodelle ... 16
4.4. Organisationsdynamik ... 18
4.5. Zusammenfassung
... 19

III
5. Bezugs- und Analyserahmen der Organisationsgestaltung ... 20
5.1. Theoretische Grundlagen der Organisationsgestaltung ... 20
5.1.1. Situativer Ansatz ... 20
5.1.2. Strategie-Struktur-Forschung ... 21
5.2. Bezugsrahmen
der
Organisationsgestaltung ... 21
5.3. Analyserahmen
der
Organisationsgestaltung ... 23
5.3.1. Problematik
der
Effizienzmessung ... 24
5.3.2. Systematik
kontextbezogener Effizienzbeurteilung ... 24
5.3.3. Ableitung
organisatorischer Beurteilungskriterien ... 25
5.3.4. Einflussbereiche
von Electronic Commerce ... 27
5.4. Zusammenfassung
... 27
6. Umweltanalyse ... 28
6.1. Struktur
der Umweltanalyse ... 28
6.2. Analyse
der
globalen Umwelt ... 28
6.3. Analyse
der
Wettbewerbsumwelt ... 30
6.3.1. Potenzielle
neue Konkurrenten ... 30
6.3.2. Konsumenten ... 32
6.3.3. Lieferanten ... 33
6.3.4. Substitutionsprodukte und ­dienste ... 33
6.3.5. Wettbewerbsintensität ... 34
6.4. Analyse
der
Entwicklung der externen Umwelt ... 34
6.5. Analyse der internen Umwelt ... 36
6.5.1. Wertkettenanalyse ... 36
6.5.2. Ressourcenanalyse
... 37
6.5.3.
Implikationen für die Kernkompetenzen ... 40
6.6. Zusammenfassung
... 40
7. Strategische
Optionen ... 42
7.1. Strategische Optionen auf Gesamtunternehmensebene ... 42
7.2. Strategische
Optionen auf Wettbewerbsebene ... 43
7.2.1.
Typen von Wettbewerbsstrategien ... 43
7.2.2. Differenzierungsansätze
im Electronic Commerce ... 44
7.2.3.
Ansätze für eine Kostenführerschaft im Electronic Commerce ... 45
7.3. Strategische
Optionen auf Funktionalebene ... 46
7.4. Strategische Wahl ... 48
7.4.1.
Externe Umwelt und Wachstumsstrategien ... 48
7.4.2.
Externe Umwelt und Wettbewerbsstrategien ... 49
7.4.3.
Interne Umwelt und Wachstumsstrategien ... 51
7.4.4.
Interne Umwelt und Wettbewerbsstrategien ... 52
7.5. Zusammenfassung
... 53

IV
8. Effizienzanalyse der Organisationsmodelle im Electronic Commerce ... 54
8.1. Beurteilungsfelder
der
kontextbezogenen Effizienzanalyse ... 54
8.1.1.
Ableitung von Potenzialfaktoren ... 54
8.1.2. Einfluss
von
Electronic Commerce ... 56
8.2. Effizienzanalyse
traditioneller Organisationsmodelle ... 57
8.2.1. Funktionale Organisation ... 57
8.2.2. Objektorientierte Organisation ... 58
8.2.3. Matrixorganisation ... 59
8.3. Effizienzanalyse
erweiterter Organisationsmodelle ... 60
8.3.1. Holdingorganisation
... 60
8.3.2. Prozessorganisation
... 60
8.3.3. Modulorganisation ... 61
8.4. Effizienzanalyse
unternehmensübergreifender Organisationsmodelle ... 62
8.4.1. Strategische
Allianz
... 62
8.4.2. Stabiles Netzwerk ... 63
8.4.3. Dynamisches
Netzwerk
... 63
8.4.4. Virtuelle
Organisation
... 64
8.5. Potenzialanalyse
der Organisationsmodelle ... 65
8.5.1. Potenziale
traditioneller Organisationsmodelle ... 65
8.5.2. Potenziale
erweiterter Organisationsmodelle ... 67
8.5.3. Potenziale
unternehmensübergreifender Organisationsmodelle ... 68
8.6. Zusammenfassung
... 70
9. Implikationen für die Organisationsgestaltung ... 71
9.1. Organisationsgestaltung in der Pionierphase ... 71
9.1.1. Auswahl
des
Organisationsmodells ... 71
9.1.2. Organisationsgestaltung
...
73
9.2. Organisationsgestaltung
in
der Markterschließungsphase ... 74
9.3. Organisationsgestaltung
in
der Diversifikationsphase ... 75
9.3.1. Auswahl
des
Organisationsmodells ... 75
9.3.2. Organisationsgestaltung
...
76
9.4. Zusammenfassung
... 77
10. Schlussbetrachtung ... 78
Literaturverzeichnis ... VIII
Bewertung der Arbeit ... XVIII
Auszeichnung der Arbeit ... XIX
Lebenslauf des Autors ... XX

V
Abkürzungsverzeichnis
B2B
Business-to-Business-Commerce
B2C
Business-to-Consumer-Commerce
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BTX
Bildschirmtext
EDI
Electronic Data Interchange
E-Mail
Electronic Mail
ERP
Enterprise Resource Planning
F&E
Forschung & Entwicklung
FTP
File Transfer Protocol
TDDSG
Teledienstedatenschutzgesetz
VRIO
Value, Rare, Imitability, Organization
WWW
World Wide Web

VI
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1
Aufbau der Arbeit ... 2
Abb. 2
Electronic Commerce-Schichtenmodell nach Kalakota/Whinston ... 6
Abb. 3
Integriertes Markt- und Ressourcenmanagement ... 11
Abb. 4
Idealtypische Phasen der Unternehmensentwicklung ... 18
Abb. 5
Bezugsrahmen situativer Organisationsgestaltung ... 23
Abb. 6
Systematik kontextbezogener Effizienzbeurteilung ... 25
Abb. 7
Organisationsgestaltung und Autonomiekosten ... 26
Abb. 8
Prognostizierter EC-Umsatz weltweit ... 35
Abb. 9
B2B-/B2C-Umsatzprognosen ... 35
Abb. 10 Differenzierungsansätze im Electronic Commerce ... 44
Abb. 11 Kostensenkungspotenziale im Electronic Commerce ...45
Abb. 12 Zusammenhänge zwischen den Potenzialfaktoren ... 55
Abb. 13 Effizienz-Beurteilungsfelder für interne EC-Einflüsse ... 56
Abb. 14 Prozessorganisation und Electronic Commerce ... 73
Abb. 15 Netzwerkmodell im Electronic Commerce ... 77
Tabellenverzeichnis
Seite
Tab. 1
Ausgewählte Definitionen von Electronic Commerce ... 3
Tab. 2
Entwicklungsphasen des Strategischen Managements ... 7
Tab. 3
Kontextfaktoren der internen Umwelt ...40
Tab. 4
Kontextfaktoren der externen Umwelt ...41
Tab. 5
Effizienzkriterien in der Pionierphase ...72
Tab. 6
Potenzialfaktoren in der Pionierphase ...72
Tab. 7
Potenzialfaktoren in der Diversifikationsphase ...75

VII
WWW-Verzeichnis der aufgeführten Unternehmen
ActivMedia Inc.
http://www.activmedia.com/
Amazon.com
http://www.amazon.com/
AOL Inc.
http://www.aol.com/
Barnesandnoble.com
http://www.barnesandnoble.com/
Bertelsmann AG
http://www.bertelsmann.de/
BOL Medien GmbH
http://www.bol.de/
Bol.com
http://www.bol.com/index.html
DealTime.com
http://www.dealtime.de/
Deloitte Research
http://www.dc.com/Research/
Deutsche Börse AG
http://www.exchange.de/Internet/Exchange/index.htm
Deutsche Post AG
http://www.deutschepost.de/
FedEx Corp.
http://www.fedex.com/
Forrester Research Inc.
http://www.forrester.com/
Gartner Group Inc.
http://www.gartner.com/
Global Reach
http://www.glreach.com/
IDC
http://www.idc.com/
Letsbuyit.com
http://www.letsbuyit.com/
Lindmaier & Partner
http://www.lindmaier.de/
Lycos Inc.
http://www.lycos.de/
MusicMusicMusic Inc.
http://www.musicmusicmusic.com/
NielsenNetratings
http://www.nielsennetratings.com/
PickPoint AG
http://www.pickpoint.de/
Platow
http://www.platow.de/
Terra Networks
http://www.terra.es/
UPS
http://www.ups.com/

1
1.
Einleitung und Übersicht
Problemstellung:
Seit der Kommerzialisierung des Internet hat Electronic Commerce einen entscheidenden Auftrieb erhalten.
Mit zunehmender Zahl der Internetnutzer haben immer mehr Unternehmen einen Web-Auftritt realisiert.
Stand zunächst nur die Kommunikation im Vordergrund, wurde schon bald erkannt, daß das Netz weit mehr
bietet: die Möglichkeit, Kunden auf der ganzen Welt anzusprechen und Produkte zu vertreiben. Dies führte
zu einer Euphorie, in der sich immer mehr Unternehmen gründeten, um am Internet-Boom zu partizipieren.
Firmen wie Amazon.com erlangten astronomische Börsenbewertungen und das Zeitalter der New Economy
wurde ausgerufen. Traditionelle Unternehmen der sogenannten Old Economy waren aufgrund ihrer
historisch gewachsenen Unternehmensstrukturen zunächst nicht in der Lage, in diesem neuen dynamischen
Wettbewerbsumfeld Schritt zu halten.
Inzwischen ist jedoch eine weitgehende Ernüchterung eingetreten. Ausgelöst wurde diese durch die ersten
Pleiten von Internet Start-Ups wie dem Online-Kleiderhandel Boo.com. Nach und nach setzt sich die
Erkenntnis durch, daß ein großes Absatzpotenzial und hervorragende Wachstumsaussichten nicht genügen,
um langfristig erfolgreich zu sein. Vielmehr wird es darauf ankommen, wie die betriebswirtschaftlichen
Herausforderungen des Electronic Commerce bewältigt werden können. Eine tragende Rolle spielt hierbei
die Organisation, da sie den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen die gewählten Strategien umgesetzt und
Wachstum erzielt werden sollen. Damit stellt sich die grundlegende Frage, wie die Gestaltung der Strukturen
und Abläufe zielgerichtet erfolgen kann, um einerseits die Chancen des Electronic Commerce zu realisieren
und andererseits die Risiken zu verhindern.
Ziele der Arbeit:
Diese allgemeine Frage weist auf ein komplexes Entscheidungsproblem hin, welches schrittweise durch
Erreichen folgender Teilziele geklärt werden soll:
Aufzeigen der Zusammenhänge zwischen Electronic Commerce, Strategie und Organisation
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens zur Ableitung der organisatorischen und strategischen
Implikationen
Identifikation der Einflüsse von Electronic Commerce auf die Determinanten der Organisationsgestaltung
Bewertung von Organisationsmodellen auf ihre Eignung im Electronic Commerce
Ableitung von Implikationen für die Organisationsgestaltung

2
Aufbau der Arbeit:
Der Aufbau der Arbeit orientiert sich an diesen Teilzielen und erstreckt sich über zehn Kapitel. Ausgehend
von dieser Einführung in das Thema werden zunächst einige Grundlagen von Electronic Commerce,
Organisation und Strategischem Management erläutert (Kapitel 2-4). Diese Bereiche werden in Kapitel 5 in
einem Bezugsrahmen in Beziehung zueinander gestellt und die Determinanten der Organisationsgestaltung
abgeleitet. Er wird ergänzt durch einen Analyserahmen, mit dem sich gemeinsam die Basis für die
Beurteilung verschiedener Organisationsmodelle ergibt. In den nachfolgenden Kapiteln wird dieses
Untersuchungsraster schrittweise durchlaufen, indem zunächst mit einer Umweltanalyse die Anforderungen
von Electronic Commerce an ein Unternehmen beschrieben (Kapitel 6) und anschließend mögliche
strategische Optionen zu deren Bewältigung aufgezeigt werden (Kapitel 7). In Kapitel 8 werden diese
Ergebnisse auf die Organisationsgestaltung bezogen und verschiedene Organisationsmodelle auf ihre
Eignung im Electronic Commerce beurteilt. Darauf aufbauend werden im Kapitel 9
Gestaltungsempfehlungen abgeleitet bevor die Arbeit mit einer Schlussbetrachtung abgeschlossen wird.
Abb. 1: Aufbau der Arbeit
1
1
Eigene Darstellung

3
2.
Grundlagen Electronic Commerce
2.1.
Begriff von Electronic Commerce
Der Begriff Electronic Commerce wird in der Literatur uneinheitlich verwendet. Dies ist auf die vielfältigen
Erscheinungsformen und Einsatzgebiete von Electronic Commerce zurückzuführen. Sie finden sich
beispielsweise in Reisebüros (z.B. Reservations- und Buchungssysteme), bei Automobilherstellern (z.B.
Zusammenarbeit mit Zulieferern über EDI), bei Banken (z.B. Wertpapiergeschäfte über das Internet) und im
zunehmenden Maße auch im alltäglichen Konsumgeschäft (z.B. Bestellung in einer Internet-Shopping Mall).
Je nach Anwendung und Betrachtungsperspektive fällt daher auch das Verständnis für Electronic Commerce
unterschiedlich aus [HERMANNS99, S. 14]. Nachfolgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über einige
Definitionen dieses Phänomens:
Tab. 1: Ausgewählte Definitionen von Electronic Commerce
2
Autor
Definition
Clement
et al.
"Electronic Commerce ist die digitale Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung von
Transaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten" [CLEMENT98, S. 50].
Kambil
"Electronic Commerce ­ the application of information technology to support business
processes and the exchange of goods and services" [KAMBIL97, S. 56].
Keen/
Ballance
"Electronic Commerce is the use of computers and telecommunications in the routine business
that most affect the basics of an organization´s operations: everyday relationships with
suppliers, customers, banks, insurers, distributors and other trading partners" [KEEN97, S. 1].
Mougayar
"Electronic Commerce is about businesses and consumers adopting a new process or
methodology in dealing with each other. These processes are supported by electronic
interactions and relations that replace close physical presence requirements or other traditional
means" [MOUGAYAR98, S. 15].
Schinzer/
Thome
"Electronic Commerce (EC) umfasst alle Formen der digitalen Abwicklung von
Geschäftsprozessen zwischen Unternehmen und zu deren Kunden über globale öffentliche
und private Netzwerke" [SCHINZER2000, S. 1].
Turban
et al.
"Electronic Commerce is an emerging concept that describes the process of buying and selling
or exchanging of products, services, and information via computer networks including the
internet" [TURBAN99, S. 4].
Wigand
"Electronic Commerce denotes the seamless application of information and communication
technology from its point of origin to its endpoint along the entire value chain of business
processes conducted electronically and designed to enable the accomplishment of a business
goal. These processes may be partial or complete and may encompass business-to-business
as well as business-to-consumer and consumer-to-business transactions" [WIGAND97, S. 5].
Zwass
"Electronic Commerce is the sharing of business information, maintaining business
relationships, and conducting business transactions by means of telecommunications
networks" [ZWASS96, S. 3].

4
Betrachtet und vergleicht man die obigen Definitionen, kristallisieren sich folgende hauptsächliche Aspekte
von Electronic Commerce heraus:
Geschäftstransaktionen werden durch Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt. Als
Basis dienen insbesondere Telekommunikationsinfrastrukturen.
Die Unterstützung kann sich bis auf alle Phasen der Transaktion erstrecken.
Die Geschäftstransaktionen umfassen nicht nur den Austausch von Informationen, sondern können auch
den Austausch von Produkten und Dienstleistungen zum Gegenstand haben.
Electronic Commerce findet zwischen Wirtschaftssubjekten statt, die sowohl kommerziell, privat als auch
institutionell sein können.
Ausgehend von diesen Kernaspekten kann Electronic Commerce wie folgt definiert werden:
Electronic Commerce bezeichnet die elektronische Unterstützung der Interaktionen und Transaktionen
zwischen kommerziellen, privaten und institutionellen Wirtschaftssubjekten. Für eine Unterstützung
kommen sämtliche Transaktionsphasen in Betracht, in deren Mittelpunkt sowohl Informationen, als auch
Produkte und Dienstleistungen stehen können.
Electronic Commerce wird fälschlicherweise oft mit Electronic Business gleichgesetzt [BAUMANN99, S. 302;
CUNNINGHAM99, S. 10]. Electronic Business ist ein Konzept zur Nutzung von Informations- und
Kommunikationstechnologien zur elektronischen Integration und Verzahnung ganzer Wertschöpfungsketten
[BAUMANN99, S. 303]. Es beschreibt insbesondere die Erweiterung bestehender Anwendungen in Richtung
World Wide Web (WWW), welche auch die Reorganisation und Restrukturierung aller eingeschlossenen
Geschäftsprozesse beinhaltet [BAUMANN99, S. 315]. Electronic Business geht damit einen Schritt weiter als
Electronic Commerce, indem es nicht nur die Interaktionen und Transaktionen mit anderen
Wirtschaftssubjekten betrachtet, sondern auch die Integration mit innerbetrieblichen Abläufen. In diesem
Sinne kann Electronic Commerce als Teilaspekt von Electronic Business verstanden werden [vgl.
BAUMANN99, S. 397f; CUNNINGHAM99, S. 10; HOLLER99, S. 198].
2.2.
Anwendungsfelder von Electronic Commerce
Electronic Commerce findet zwischen Wirtschaftssubjekten statt. Als Akteure können mit Konsumenten
(Consumer), Unternehmen (Business) und öffentlichen Institutionen (Administration, Public Services) drei
Gruppen unterschieden werden, die prinzipiell sowohl als Anbieter als auch als Nachfrager von Leistungen
auftreten können. Die Bereiche Business-to-Business und Business-to-Consumer stellen dabei die
wichtigsten Anwendungsfelder von Electronic Commerce dar [HERMANNS99, S. 22].
Anwendungsfeld Business-to-Business-Commerce (B2B):
B2B findet zwischen Unternehmen statt und kann alle Wertschöpfungsstufen sowie interne und externe
Geschäftsprozesse, z.B. in Beschaffung, Forschung&Entwicklung (F&E), Produktion oder Marketing und
2
Eigene Darstellung

5
Vertrieb betreffen [HERMANNS99, S. 23]. Das Spektrum der Anwendungen reicht von Bestellsystemen über
Auftragsverfolgung, Lieferung und Bezahlung bis hin zu Servicediensten oder kooperativer Entwicklung von
Produkten sowie Schaffung von elektronischen Märkten [MERZ99, S. 22; STRAUß99, S. 62f].
Anwendungsfeld Business-to-Consumer-Commerce (B2C):
Beim B2C kommen auf einer gemeinsamen elektronischen Plattform Anbieter und Nachfrager zusammen,
wobei als Anbieter Hersteller oder (Zwischen-)Händler und als Nachfrager private Haushalte auftreten
[HAERTSCH2000, S. 27]. Damit steht vor allem der Bestell- und Verkaufsprozess eines Anbieters
gegenüber einer großen Zahl an Kunden im Vordergrund [MERZ99, S. 22]. Typische Applikationen sind
Web-basierte Katalog- und Buchungsanwendungen im Rahmen von Online-Shops und Malls, aber auch
Online-Banking und elektronischer Wertpapierhandel [MERZ99, S. 22, 305ff].
Insgesamt stützt sich die Arbeit auf das Anwendungsfeld des B2C. Es werden folglich Unternehmen
betrachtet, die Produkte und Services an private Kunden vertreiben.
2.3. Elektronische
Geschäftsabwicklung
Bei der Abwicklung von Transaktionen treffen sich Anbieter und Nachfrager auf einer gemeinsamen
Plattform, einem sogenannten Marktplatz. Dieser bezeichnet im klassischen Sinne den Ort des freien
Tausches von Waren, den Treffpunkt von anbietenden und nachfragenden Marktteilnehmern. Die
Abstimmung von Angebot und Nachfrage wird dabei über den Preis geregelt [ILLIK99, S. 27].
Leistungen und adäquate Gegenleistungen werden mittels sogenannter Markttransaktionen ausgetauscht,
die in mehrere Phasen unterteilt werden können. In der Informationsphase beobachten Teilnehmer den
Markt und unterbreiten möglichen Partnern Angebote. Diese Phase umfasst sämtliche Aktivitäten, die auf
Informationen über Produkte, Anbieter und Nachfrager und den Markt insgesamt ausgerichtet sind. In der
Vereinbarungsphase finden Verhandlungen zwischen potenziellen Partnern bezüglich der Konditionen der
Transaktion statt. Dieser Verhandlungsprozess führt entweder zu einem Zustand der Einigung und damit zu
einem verbindlichen Kaufvertrag oder er wird abgebrochen. In der Abwicklungsphase wird schließlich der
Kaufvertrag erfüllt, indem die vereinbarte Leistung erbracht oder ein physisches Produkt an den Käufer
ausgeliefert wird. Zur Leistungserbringung gehören auch Sekundärprozesse, wie z.B. Abrechnungs- und
Bezahlungsvorgänge [BODENDORF99, S. 15, 171f; SCHMID99, S. 37f].
Durch die Entwicklung des Electronic Commerce kommt es zu einer Zweiteilung dieses klassischen
Marktsystems. Zum einen bleibt mit dem sogenannten Marketplace die physische Welt der Rohstoffe,
Ressourcen und Produkte weiterhin bestehen. Neben diese physische Welt tritt jedoch mit dem sogenannten
Marketspace eine virtuelle Welt, welche durch digitalisierte Informationen und Kommunikationswege
gekennzeichnet ist. Hier werden Informationen gehandelt, verarbeitet und eingesetzt [KOLLMANN99, S. 48].
Grundlage dafür ist ein elektronisches Marktsystem, auch elektronischer Markt genannt. Ein elektronischer
Markt ist demnach ein Informations- und Kommunikationssystem, das alle oder einzelne Phasen der
Markttransaktionen zwischen Anbietern und Nachfragern unterstützt [BODENDORF99, S. 171; ILLIK99, S.
28; SCHMID99, S. 39f].

6
2.4. Technologische
Grundlagen
Im B2C stellt die Schnittstelle zwischen Kunde und Händler üblicherweise ein Shopsystem dar, über das
man Informationen abrufen, Bestellungen aufgeben und bezahlen kann. Ein Online-Shop ist dabei ein
weitaus komplexeres Konstrukt, als es die
Webseiten, die sich dem Benutzer
darstellen, vermuten lassen. Bei jeder
Navigation durch den Shop ist eine große
Anzahl von Datenbankzugriffen
erforderlich und serverseitige Skripts
werden ausgeführt [MERZ99, S. 266]. Mit
der Informationsmöglichkeit, dem Bestell-
und dem Zahlungssystem werden gleich-
zeitig unterschiedliche Anwendungen und
Dienste innerhalb des Shopsystems
angesprochen. Infrastrukturelle Voraus-
setzung für die gesamte elektronische
Geschäftsabwicklung stellt das Internet
mit seiner Vielzahl von Diensten wie
WWW , Electronic Mail (E-Mail) oder File
Abb. 2: EC-Schichtenmodell nach Kalakota/Whinston
3
Transfer Protocol (FTP) dar [HERMANNS99, S. 14f; SCHINZER2000, S. 2]. Diese Aspekte von der
Browser-Oberfläche bis zum Internet als Netzwerkbasis können verschiedenen technologischen Ebenen
zugeordnet werden [DEUTSCH99, S. 9], wie sie in der Abbildung 2 dargestellt werden.
2.5. Zusammenfassung
Seit der Kommerzialisierung des Internets findet sich Electronic Commerce in vielen Bereichen und in einer
breiten Anwendungsvielfalt wieder. Aktuell steht die elektronische Unterstützung der Interaktionen und
Transaktionen zwischen Unternehmen sowie Unternehmen und privaten Kunden im Mittelpunkt. Für eine
Unterstützung kommen sämtliche Markttransaktionsphasen in Betracht, die sich sowohl auf Produkte als
auch auf Dienstleistungen beziehen können. Anbieter und Nachfrager treffen auf elektronischen Märkten
zusammen, wobei im B2C üblicherweise ein Shopsystem die Schnittstelle zum Kunden bildet. Die
technische Grundlage dieses Systems bilden verschiedene Anwendungssysteme und Infrastrukturen, die
einzelnen technologischen Schichten zugeordnet werden können. In ihrer Gesamtheit bilden sie ein
technologisches Potenzial, durch das sich einem Unternehmen neue Wachstumsperspektiven erschließen.
Die zielgerichtete Nutzung dieses Potenzials zur Erzielung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile fällt in den
Aufgabenbereich des Strategischen Managements. Nachfolgend werden dieses Führungskonzept sowie
wesentliche Grundlagen zur Erklärung möglicher Quellen von strategischen Erfolgspositionen erläutert.
3
[DEUTSCH99, S. 9]

7
3.
Grundlagen Strategisches Management
3.1. Entwicklungsstufen
des Strategischen Managements
Vor allem seit dem zweiten Weltkrieg hat die Dynamik und Komplexität der Umweltveränderungen markant
zugenommen. Daraus erwachsen fortwährend neue Anforderungen an die Unternehmen, die zu neuen
strategischen Konzepten und einer Veränderung des strategischen Denkens in der Unternehmensführung
geführt haben und auch weiterhin führen werden. Dieser Weiterentwicklungsprozess und der damit
verbundene Wandel in der Managementpraxis kann in vier Phasen unterschieden werden [ANSOFF90, S.
3ff; BEA97, S. 10, 46f; HINTERHUBER92, S. 24]:
Tab. 2: Entwicklungsphasen des Strategischen Managements
4
4
Eigene Darstellung
Phase
Finanzplanung
Langfristplanung
Strategische Planung
Strategisches
Management
Periode
1945-1960
1960-1973
1973-1980
seit 1980
Grund-
annahme
Unternehmerisches
Handeln schlägt
sich in monetären
Größen nieder
Finanzielle
Konsequenzen von
Entscheidungen sind
langfristig
Planbarkeit der
zukünftigen Chancen und
Risiken in der
Unternehmenswelt
Strategische Planung
allein reicht nicht aus,
Implementierung muss
sichergestellt werden
Folge
Konzentration auf
Ausrichtung der
Finanzströme,
Unternehmens-
steuerung über
Finanzplanung
Ausdehnung der
Planung auf Basis
langfristiger
Trendextrapolation,
Formulierung von
Mehrjahres-Budgets
Abgleich der Umwelt-
anforderungen mit den
internen Potenzialen,
Sicherstellung des
langfristigen Erfolgs durch
Strategien
Berücksichtigung aller
Managementfunktionen
(Organisation, Personal,
Information) sowie der
Unternehmenskultur
Probleme
Kurzfristige
Ausrichtung
Extrapolation bei
zunehmender
Dynamik irreführend
Zu statisch bei
zunehmender Dynamik,
starke Formalisierung
verhindert strategisches
Denken [MINTZBERG94]
Zunehmende
Wettbewerbsdynamik
stellt Strategiekonzepte
in Frage
Quellen
[BEA97, S. 11;
HAX84, S. 3;
LOMBRISER98, S.
22]
[BEA97, S. 12;
HAERTSCH2000,
S.48]
[BEA97, S. 12, 45;
HAERTSCH2000, S. 52;
HINTERHUBER92, S. 23;
LOMBRISER98, S. 23ff]
[BEA97, S. 13;
BLEICHER92, S. 199;
HAERTSCH2000, S. 53
HAX84, S. 72]

8
3.2.
Inhalt des Strategischen Managements
Strategischer Managementprozess
Aus funktionaler Perspektive kann Management als Querschnittsfunktion angesehen werden, die den
Einsatz der Ressourcen und die Koordination der Sachfunktionen durch Planung, Organisation und Kontrolle
steuert. Aus institutioneller Perspektive ist Management eine Institution, welche die Managementfunktionen
Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle wahrnimmt [STEINMANN97, S. 5ff].
Im Rahmen des Strategischen Managements werden diese Managementfunktionen auf die Gestaltung des
Unternehmens und seiner Beziehungen zur Umwelt ausgerichtet. Die aus dieser Grundaufgabe
abzuleitenden Einzelmaßnahmen richten sich auf die Modifikation von Strategien, die Gestaltung der
Organisation, der Unternehmenskultur und der übrigen Funktionalbereiche des Management [BEA97, S. 7].
Dabei wird an der Erkenntnis angeknüpft, daß Strategische Planung als dominierende Managementfunktion
(Primat der Planung) den Anforderungen einer komplexer werdenden Umwelt allein nicht gerecht werden
kann [STEINMANN97, S. 126]. Aus diesem Grunde werden die bislang nachgeordneten Management-
funktionen aus ihrer verengten Perspektive der Planrealisierung gelöst und ihnen eine gleichberechtigte und
damit eigenständige strategische Funktion zugesprochen. Am Beginn des Strategischen
Managementprozesses steht weiterhin die Strategische Planung. Sie füllt jedoch nicht mehr die Rolle der
Primärfunktion aus, sondern muss die Interdependenzen zu Organisation, Personaleinsatz, Führung und
Kontrolle berücksichtigen [BEA97, S. 13; BLEICHER92, S. 199; STEINMANN97, S. 135].
Strategische Planung
Aufgabe der Strategischen Planung ist die Abstimmung der Umweltanforderungen mit den Potenzialen des
Unternehmens. Dies erfolgt mit dem Ziel, den Bestand und die Rentabilität der Unternehmung mit Hilfe von
Strategien dauerhaft sicherzustellen. Jede Strategieplanung baut im Wesentlichen auf zwei Grundpfeilern
auf: der Analyse der Umweltsituation und der Analyse der internen Möglichkeiten und Grenzen. Die
Informationen dieser strategischen Analyse werden in einem nächsten Schritt zu Strategischen Optionen
verdichtet. In der anschließenden Strategischen Wahl ist in einem Bewertungsprozess diejenige Strategie
auszuwählen, die in Anbetracht der Stärken und Schwächen der Unternehmung und der zu erwartenden
Bedrohungen und/oder Chancen aus der Umwelt den größten Erfolg verspricht. Nachfolgend geht es im
Rahmen Strategischer Programme darum, die praktische Umsetzung der gewählten Strategien planerisch
vorzubereiten. Nicht mehr Gegenstand der Strategische Planung, aber von erfolgskritischer Bedeutung ist
der Realisierungsprozess. Kennzeichnend für diese Phase ist das sogenannte Implementierungsproblem,
welches lange Zeit vernachlässigt wurde und schließlich zur Entstehung der Idee des Strategischen
Managements führte (siehe 3.1.) [BEA97, S. 45; STEINMANN97, S. 153ff].

9
3.3.
Quellen von Wettbewerbsvorteilen
Die Sicherstellung der langfristigen Unternehmensentwicklung und ­existenz soll im Strategischen
Management durch den Aufbau und die Erhaltung dauerhafter Erfolgspotenziale sichergestellt werden
[GÄLWEILER86, S. 26; LOMBRISER98, S. 29; RASCHE94, S. 7]. Durch eine entsprechende Mobilisierung
der Potenziale und der Positionierung im Wettbewerb entstehen Strategische Erfolgspositionen
[RIGGERS98, S. 60]. Als in einem Unternehmen durch den Aufbau von wichtigen und dominierenden
Fähigkeiten bewusst geschaffene Voraussetzung, erlauben es diese dem Unternehmen, im Vergleich zur
Konkurrenz langfristig überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen [PÜMPIN92, S. 34]. Sie bilden damit die
Basis für strategische Wettbewerbsvorteile in den einzelnen Tätigkeitsbereichen des Unternehmens. Zur
Erklärung solcher nachhaltiger Wettbewerbsvorteile werden im Wesentlichen zwei Ansätze kontrovers
diskutiert: der marktorientierte Ansatz (Market-Based View) und der ressourcenorientierte Ansatz (Resource-
Based View) [RIGGERS98, S. 63f].
3.3.1. Market-Based
View
Nach dem marktorientierten Ansatz entstehen nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch die einzigartige
strategische Positionierung des Unternehmens gegenüber der Konkurrenz im Markt [PORTER99a, S. 37].
Das Unternehmen muss daher die Triebkräfte des Wettbewerbs im Unternehmensumfeld analysieren, wobei
die Branche den wichtigsten Umweltaspekt darstellt. Anhand der Ergebnisse der Branchenstrukturanalyse
5
soll sich das Unternehmen durch die Wahl einer generischen Strategie im Wettbewerb geeignet
positionieren [PORTER99a, S. 28]. Porter identifiziert dafür drei generische Strategien
6
, mit denen günstige
Branchenpositionen erreicht werden können: die umfassende Kostenführerschaft, die Differenzierung und
die Konzentration auf Schwerpunkte [PORTER99a, S. 37ff].
Der Hauptkritikpunkt
7
am Marktorientierten Ansatzes besteht darin, daß er zu einseitig auf den Absatzmarkt
ausgerichtet ist [RÜHLI94, S. 41] und somit die Ressourcen und Fähigkeiten als Quellen von
Wettbewerbsvorteilen vernachlässigt werden [RÜHLI94, S. 42; TEECE84, S. 96]. Diese unzureichende
interne Unternehmensbetrachtung versucht der ressourcenorientierte Ansatz zu beheben.
5
Auf die Branchenstrukturanalyse wird im Rahmen der Umweltanalyse in Kapitel 6 näher eingegangen.
6
Auf die generischen Wettbewerbsstrategien wird im Rahmen der Strategieentwicklung in Kapitel 7 näher
eingegangen.
7
An dieser Stelle sei nur die wesentliche Schwäche der Market-Based View erwähnt. Weitere Kritikpunkte
innerhalb dieses Ansatzes und insbesondere an den Modellen von Porter finden sich u.a. bei
[HAERTSCH2000, S. 79ff; MÜSER99, S. 38ff].

10
3.3.2. Resource-Based
View
Die Vertreter der Resource-Based View gehen davon aus, daß der Erfolg eines Unternehmens von den
internen Vermögenswerten und Ressourcen abhängt und nicht von externen Umweltfaktoren. Folglich
werden die Ressourcen und Fähigkeiten des Unternehmens in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt
[HAERTSCH2000, S. 83; RIGGERS98, S. 64f]. Dieser Denkweise folgend muss ein Unternehmen bestrebt
sein, sich durch eine geschickte und effiziente Kombination von Ressourcen und Fähigkeiten
8
von ihren
Wettbewerbern zu unterscheiden. Dies kann auf der Basis von Erfahrungs- und Lerneffekten erfolgen, die
nach außen nicht sichtbar und damit kaum kopierbar sind. Dadurch entsteht ein dem Wettbewerber
verborgenes Wissen (,,tacit knowledge") [RASCHE94, S. 96], das schwer erodierbare Vorteile zu gewinnen
hilft [KRÜGER97, S. 61]. Da diese Ressourcen nicht ohne weiteres transferiert oder imitiert werden können
[BRUMAGIN94, S. 82], kann das Management auch in Phasen von raschem Umwelt- und Technologie-
wandel strategisch denken und Investitionen langfristig planen [BETTIS95, S. 15].
Zur Klärung der Frage, auf Grund welcher Ressourcen nachhaltige Wettbewerbsvorteile entstehen, kann das
VRIO-Framework
9
von Barney herangezogen werden. Danach bilden Ressourcen die Basis für nachhaltige
Wettbewerbsvorteile, wenn sie wertvoll, rar und unvollständig imitierbar sind und das Unternehmen über die
dafür notwendige interne Organisation verfügt [BARNEY97, 145ff].
Nach Hamel und Prahalad errichtet dieses strategische Ressourcenpotenzial eines Unternehmens allerdings
erst dann einen Wettbewerbsvorteil, wenn sich die einzelnen Ressourcen und Fähigkeiten zu
Kernfähigkeiten bzw. Kernkompetenzen ergänzen. Die Basis für echte Wettbewerbsvorteile und erfolgreiche
Wettbewerbsstrategien stellen demnach nur Fähigkeiten dar, die für die Durchführung der Kernkompetenzen
verarbeitenden Kernprozesse erforderlich sind. Kernkompetenzen eröffnen dem Unternehmen potenziellen
Zugang zu vielen unterschiedlichen Märkten, machen einen wichtigen Teil des wahrnehmbaren
Kundennutzens des Endproduktes aus und sind schwer zu imitieren [HAMEL90, S. 83f]. Sie erstrecken sich
über alle strategischen Geschäftseinheiten und bilden die Grundvoraussetzung für die Erschließung neuer
Märkte oder die Entwicklung innovativer Produkte [LOMBRISER98, S. 157]. Kernkompetenzen fließen nicht
direkt in die Endprodukte, sondern gehen in die sogenannten Kernprodukte ein, aus denen erst die
Endprodukte entstehen [HAMEL90, S. 81]. Diese Unterscheidung ist insofern wichtig, als es sowohl für
Endprodukte als auch für Kernprodukte einen Markt gibt [HAERTSCH2000, S. 98].
Am schärfsten wird die Resource-Based View von den Vertretern der Market-Based View wegen ihrer
ungenügenden Umweltbetrachtung kritisiert
10
. So spricht Porter diesem Ansatz die strategische Tragweite
ab, da nach ihm nur solche Ressourcen wertvoll sind, mit denen ein Vorteil im Markt erreicht werden kann.
Die Ressourcenbetrachtung kann die Marktbetrachtung folglich nur komplimentieren, nicht aber substituieren
[PORTER91, S. 108]. Die kritisierte einseitige Inside-Out-Perspektive kann darüber hinaus zu einem Verlust
der Marktperspektive führen. Somit besteht das Risiko, Produkte zu entwickeln und anzubieten, die nicht mit
den Bedürfnissen des Marktes konform sind [RIGGERS98, S. 66].
8
Die Fähigkeiten resultieren aus dem Leistungspotenzial der Ressourcen [MÜSER99, S. 56].
9
VRIO steht für Value, Rare, Imitability und Organization
10
An dieser Stelle wird nur die wesentliche Kritik angeführt. Weitere Kritikpunkte beziehen sich auf den
uneinheitlichen theoretischen Rahmen des Ansatzes und der mangelnden Verknüpfung zur Praxis [BARNEY97,
S. 144; FOSS97, S. 8; GRANT91, S. 115; HAERTSCH2000, S. 107; RÜHLI94, S. 42]

11
3.3.3. Integriertes
Management
von
Wettbewerbsvorteilen
Bei der Betrachtung der Ansätze zur Erklärung von Wettbewerbsvorteilen wird deutlich, daß die Market-
Based View ihren Schwerpunkt auf der (externen) Umweltanalyse und somit auf den Chancen und Risiken
des Unternehmens setzt, während das Interesse der Resource-Based View auf den Stärken und Schwächen
des Unternehmens liegt. Die Umsetzung marktorientierter Strategien kann jedoch nur über die Aktivierung
und Nutzung der internen Potenziale erfolgen. Umgekehrt werden sich einzigartige Produkte auf Basis
einzigartiger Ressourcen und Fähigkeiten bzw. deren Kombination zu Kernkompetenzen nicht durchsetzen
können, wenn sie im Wettbewerb schlecht positioniert sind. Folglich können diese beiden Ansätze als
komplementär betrachtet werden [BARNEY91, S. 100; FOSS95, S. 44; RÜHLI94, S. 51].
In der Konsequenz muss das Ressourcenmanagement und das Marktmanagement miteinander verzahnt
werden. Nachfolgende Abbildung gibt dies schematisch wieder. Verknüpfungspunkt stellt die Auswahl und
Definition der Strategie dar. Zur
Ableitung strategischer Optionen ist
zunächst vom Markt auszugehen.
Gleichzeitig muss das Ressourcen-
management angestoßen werden.
Ausgangspunkt stellt hier eine
umfassende Analyse dar, in der
sämtliche wettbewerbsrelevanten
Ressourcen zu identifizieren und auf
Basis des VRIO-Frameworks zu
analysieren sind. Dadurch erhält das
Management einen Überblick über
die bestehenden Ressourcen und die
Stärken und Schwächen des
Unternehmens [GRANT91, S. 120].
Ausgehend von diesen Erkennt-
nissen kann ein Unternehmen aus
den marktgerichteten Optionen die
geeignete Strategie auswählen,
wobei diese die Ressourcen
möglichst effektiv nutzen sollte
[GRANT91, S. 129]. Während es im
weiteren Schritt der Strategischen
Abb. 3: Integriertes Markt- und Ressourcenmanagement
11
Planung um die Vorbereitung der Strategieimplementierung geht (Strategische Programme), muss das
Management auch eine Strategie zur Ressourcenpflege und ­entwicklung festlegen. Grundsätzliche
Optionen sind die Investition in bestehende Ressourcen sowie der Ausbau und/oder das Leveraging
bestehender Ressourcen [HAERTSCH2000, S. 101].
11
Eigene Darstellung mit Elementen von [HAERTSCH2000, S. 105; HAMEL90, S. 81]

12
3.4. Strategisches
Management und Electronic Commerce
Bezüglich einer elektronischen Geschäftstätigkeit im Rahmen von Electronic Commerce ergibt sich für ein
Unternehmen ein völlig neues Umfeld mit neuen Anforderungen an das strategische Verhalten.
Entsprechend der obersten Zielsetzung der langfristigen Substanz- und Rentabilitätserhaltung muss daher
im Rahmen der Strategischen Planung der Strategische Managementprozess neu angestoßen werden.
Ausgehend von einer integrierten Sichtweise von markt- und ressourcenorientiertem Ansatz sind damit in
einem ersten Schritt sowohl die externe Umwelt auf Chancen und Bedrohungen durch Electronic Commerce
als auch die interne Umwelt des Unternehmens bezüglich ihrer Ressourcen und Kompetenzen zu
analysieren. In einem weiteren Schritt sind geeignete markt- und ressourcenbezogene Strategien zu
entwickeln, die den Anforderungen von Electronic Commerce gerecht werden und weiterhin den Bestand
und die Rentabilität sicher stellen. Das grundlegende Problem besteht dabei in der Identifikation möglicher
Quellen von Wettbewerbsvorteilen, die zu einem dauerhaften Erfolgspotenzial entwickelt werden können.
3.5. Zusammenfassung
Die aktuelle Phase in der Entwicklung der Unternehmensführung kann als Strategisches Management
bezeichnet werden. Als Antwort auf eine zunehmend komplexere und dynamischere Umwelt steht dieses
Konzept für eine noch stärkere Berücksichtigung strategischen Denkens. Die Aufgabe des Strategischen
Managements besteht in der Sicherstellung des langfristigen Erfolgs der Unternehmung durch den Aufbau
und den Erhalt nachhaltiger Erfolgspotenziale. Als entscheidend wird sowohl die Positionierung im
Wettbewerbsumfeld als auch das Vorhandensein einzigartiger unternehmensspezifischer Kompetenzen und
Ressourcen angesehen. Entscheidet sich ein Unternehmen für Electronic Commerce, sind sämtliche Stufen
des Strategischen Managementprozesses zu durchlaufen. Ausgehend von einer Identifikation möglicher
Quellen von Wettbewerbsvorteilen sind geeignete markt- und ressourcenbezogene Strategien für die
elektronische Geschäftstätigkeit zu entwickeln. Darüber hinaus müssen in dieser Planungsphase bereits die
Verknüpfungen mit der Organisation berücksichtigt werden, da ihr ein entscheidender Beitrag zur
Zielerreichung der Strategien und der Entwicklung des Unternehmens zukommt. Erst im Wechselspiel von
Strategischem Management und Organisationsgestaltung lassen sich die angestrebten Wettbewerbsvorteile
auch realisieren. Damit stellt sich die Frage, mit welchen Instrumenten die Organisation ihren strategischen
Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten kann. Dies ist Gegenstand des folgenden Kapitels, wobei
zunächst grundlegende Begriffe behandelt werden.
Fin de l'extrait de 100 pages

Résumé des informations

Titre
Organisationsmodelle im eCommerce - Analyse und Gestaltungsempfehlungen auf Basis einer Betrachtung von Unternehmensumfeld und -strategie
Université
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg
Note
1
Auteur
Année
2000
Pages
100
N° de catalogue
V185694
ISBN (ebook)
9783656981411
ISBN (Livre)
9783867465717
Taille d'un fichier
1366 KB
Langue
allemand
Mots clés
organisationsmodelle, analyse, gestaltungsempfehlungen, basis, betrachtung, unternehmensumfeld
Citation du texte
Tobias Roder (Auteur), 2000, Organisationsmodelle im eCommerce - Analyse und Gestaltungsempfehlungen auf Basis einer Betrachtung von Unternehmensumfeld und -strategie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185694

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Organisationsmodelle im eCommerce - Analyse und Gestaltungsempfehlungen auf Basis einer Betrachtung von Unternehmensumfeld und -strategie



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur