Feedback im Rahmen eines Förder-Assessment-Centers für Mitarbeiter der internationalen Jugendarbeit


Mémoire (de fin d'études), 2007

227 Pages, Note: 1


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1 EINFÜHRUNG

THEORETISCHER TEIL

2 ZUR KONZEPTION DES FEEDBACKS IN DER WISSENSCHAFT
2.1 Grundlagen des Feedback-Konzepts
2.1.1 Begriffsklärung und Arten von Feedback
2.1.2 Funktionen von Feedback
2.2 Modell-theoretische Annahmen zu Feedback-Wirkung und Feedback­Prozess
2.2.1 Feedback-Modell von Ilgen, Fisher und Taylor (1979)
2.2.2 Kontrolltheoretische Perspektive der Feedback-Wirkung von Taylor, Fisher und Ilgen (1984)
2.2.3 Feedback-Modell von Fedor (1991)
2.2.4 Feedback-Interventions-Theorie (FIT) von Kluger und DeNisi (1996)
2.3 Analyse von Feedback-Wirkungen unter Einbeziehung empirischer Forschungsbefunde
2.3.1 Hierarchisches Modell der Trainingseffektivität von Kirkpatrick (1967, 1987)
2.3.2 Empirische Forschungsbefunde
2.3.2.1 Akzeptanz von Feedback
2.3.2.2 Lernen durch Feedback
2.3.2.3 Verhaltens- und Leistungsänderung durch Feedback
2.3.3 Einfluss von Timing und Frequenz auf die Wirksamkeit von Feedback
2.4 Analyse eines wesentlichen Elements des Feedback-Prozesses: die Feedback­Attribution
2.4.1 Definition und Ursachendimensionen der Attribution
2.4.2 Selbstwertdienliches Attributionsmuster
2.4.3 Der Untersuchungsansatz „Spontane Attributionen“ nach Möller (1997)
2.4.4 Attributionsverhalten im Rahmen des Feedback-Prozesses

3 EINFÜHRUNG IN DIE ASSESSMENT-CENTER-METHODE
3.1 Begriffsklärung
3.2 Variationen und Funktionen des Assessment-Centers
3.2.1 Auswahl-Assessment-Center
3.2.2 Förder-Assessment-Center
3.2.3 Feedbackorientierte Weiterentwicklungen des Förder-Assessment-Centers: das Lernpotential-Assessment-Center und das Feedback-Center
3.3 Feedback im Assessment-Center: Merkmale und Wirkungen

4 FAIJU ALS UNTERSUCHUNGSRAHMEN FÜR FEEDBACK­MAßNAHMEN IN EINEM FÖRDER-ASSESSMENT-CENTER
4.1 FAIJU: Begrifflichkeit und Entstehungsgeschichte
4.2 Beschreibung des Ablaufs von FAIJU
4.2.1 Langvariante von FAIJU
4.2.2 Kurzvariante von FAIJU
4.3 7-W-Differenzierung des FAIJU-Feedbacks

EMPIRISCHER TEIL

5 ZIELSETZUNG UND FRAGESTELLUNG

6 METHODEN
6.1 Forschungsansatz
6.2 Erhebungsinstrument
6.2.1 Interview
6.2.2 Entstehungskontext der Interviews
6.2.3 Interviewleitfaden
6.3 Interviewpartner
6.4 Durchführung der Interviews
6.5 Datenaufbereitung: Transkription
6.6 Datenauswertung: Qualitative Inhaltsanalyse
6.6.1 Festlegung der Analyseeinheiten
6.6.2 Konstruktion des Kategoriensystems
6.6.3 Ergebnisaufbereitung
6.7 Bestimmung der Intercoderreliabilität: ein bedeutendes Gütekriterium der Inhaltsanalyse

7 ERGEBNISSE
7.1 Ergebnispräsentation
7.2 Ergebnisse zur Akzeptanz des FAIJU-Feedbacks
7.2.1 Feedback-Akzeptanz in der FAIJU-Langvariante
7.2.2 Feedback-Akzeptanz in der FAIJU-Kurzvariante
7.3 Ergebnisse zu Lernwirkungen durch das FAIJU-Feedback
7.3.1 Lernwirkungen durch Feedback in der FAIJU-Langvariante
7.3.2 Lernwirkungen durch Feedback in der FAIJU-Kurzvariante
7.4 Ergebnisse zu verhaltensbezogenen Wirkungen durch das FAIJU- Feedback
7.4.1 Verhaltensbezogene Wirkungen durch Feedback in der FAIJU-Langvariante
7.4.2 Verhaltensbezogene Wirkungen durch Feedback in der FAIJU-Kurzvariante
7.5 Ergebnisse zu subjektiv wahrgenommenen Stärken und Schwächen jeder Feedback-Maßnahme
7.5.1 Stärken und Schwächen der FAIJU-Langvariante
7.5.2 Stärken und Schwächen der FAIJU-Kurzvariante
7.6 Ergebnisse zu Feedback bezogenen Verbesserungsvorschlägen
7.6.1 Verbesserungsvorschläge in der FAIJU-Langvariante
7.6.2 Verbesserungsvorschläge in der FAIJU-Kurzvariante
7.7 Ergebnisse zu spontanen Feedback-Attributionen

8 DISKUSSION
8.1 Diskussion der Ergebnisse
8.1.1 Akzeptanz des FAIJU-Feedbacks
8.1.1.1 Feedback-Akzeptanz in der FAIJU-Langvariante
8.1.1.2 Feedback-Akzeptanz in der FAIJU-Kurzvariante
8.1.2 Lernwirkungen durch das FAIJU-Feedback
8.1.2.1 Lernwirkungen durch Feedback in der FAIJU-Langvariante
8.1.2.2 Lernwirkungen durch Feedback in der FAIJU-Kurzvariante
8.1.3 Verhaltensbezogene Wirkungen durch das FAIJU-Feedback
8.1.3.1 Verhaltensbezogene Wirkungen durch Feedback in der FAIJU-Langvariante
8.1.3.2 Verhaltensbezogene Wirkungen durch Feedback in der FAIJU-Kurzvariante
8.1.4 Beobachtete Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede bzgl. der Wirkungen des FAIJU-Feedbacks in der Lang- und Kurzvariante von FAIJU
8.1.4.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzgl. der Akzeptanz des FAIJU- Feedbacks
8.1.4.2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzgl. der Lernwirkungen durch das FAIJU-Feedback
8.1.4.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzgl. der verhaltensbasierten Wirkungen durch das FAIJU-Feedback
8.1.5 Subjektiv wahrgenommene Stärken und Schwächen jeder Feedback­Maßnahme
8.1.5.1 Stärken und Schwächen der FAIJU-Langvariante
8.1.5.2 Stärken und Schwächen der FAIJU-Kurzvariante
8.1.6 Vorschläge für die Optimierung der FAIJU-Feedback-Maßnahmen
8.1.6.1 Optimierungsempfehlungen für beide Feedback-Maßnahmen
8.1.6.2 Optimierungsempfehlungen für die Feedback-Maßnahme in der FAIJU- Langvariante
8.1.6.3 Optimierungsempfehlungen für die Feedback-Maßnahme in der FAIJU- Kurzvariante
8.1.7 Spontane Feedback-Attributionen
8.1.7.1 Beobachtete Attributionsmuster
8.1.7.2 Selbstwertdienlichkeit der Attributionsmuster
8.1.8 Generalisierbarkeit der Erkenntnisse über Feedback in FAIJU auf Feedback im Förder-AC allgemein
8.2 Wissenschaftlicher Erkenntniswert der Untersuchung
8.3 Praktischer Nutzen der Arbeit
8.4 Kritische Würdigung der Untersuchung
8.5 Implikationen für zukünftige Forschung

9 ZUSAMMENFASSUNG

10 LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

DANKSAGUNG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Arten des Feedbacks (modifiziert in Anlehnung an Zeitz, 1998)

Abbildung 2: Selbstbild-Fremdbild-Abgleich durch Feedback (in Anlehnung an Zeitz,

Abbildung 3: Model of the effects of feedback on recipients (in Anlehnung an Ilgen, Fisher & Taylor, 1979)

Abbildung 4: Einfaches Kontrollsystem-Modell (in Anlehnung an Taylor, Fisher & Ilgen, 1984)

Abbildung 5: Feedback-Modell von Fedor (in Anlehnung an Fedor, 1991)

Abbildung 6: Kernaussage der Feedback-Interventions-Theorie (FIT) von Kluger und DeNisi (1996)

Abbildung 7: Hierarchisches Modell der Trainingseffektivität von Kirkpatrick (in Anlehnung an Thomas, Hagemann & Stumpf, 2003)

Abbildung 8: Zentrale methodische Komponenten des Assessment-Centers (in Anlehnung an Stumpf, Thomas, Zeutschel & Ruhs, 2003)

Abbildung 9: Ablauf der Langvariante von FAIJU (in Anlehnung an Stumpf, Thomas, Zeutschel & Ruhs, 2003)

Abbildung 10: Ablauf der Kurzvariante von FAIJU

Abbildung 11: Bewertung des Profits durch Feedback durch die Interviewpartner (Ip) der Langvariante von FAIJU (skalierte Bewertung von 1 = „gar nicht profitiert“ bis 6 = „sehr stark profitiert“)

Abbildung 12: Bewertung des Profits durch Feedback durch die Interviewpartner (Ip) der Kurzvariante von FAIJU (skalierte Bewertung von 1 = „gar nicht profitiert“ bis 6 = „sehr stark profitiert“)

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Immediate and Delayed Feedback with Computer-Based Instruction: Definitions and Categories (from Dempsey & Wager, 1988, in: Mory, 2004)

Tabelle 2: Vier-Felder-Schema der Ursachenzuschreibung (nach Weiner et al., 1971, in: Möller, 1997)

Tabelle 3: Spezifität von Instruktionen (in Anlehnung an Ericsson & Simon, 1980, in: Möller, 1997)

Tabelle 4: Beispielhafte Bewertung auf der FAIJU-Rating-Skala (entnommen aus den FAIJU-Unterlagen)

Tabelle 5: 7-W-Differenzierung der beiden FAIJU-Feedback-Maßnahmen

Tabelle 6: Personenbezogene Daten der befragten FAIJU-Teilnehmer

Tabelle 7: Bewertung (+/- = positiv/negativ) der Feedback-Maßnahme durch die Interviewpartner (Ip) der Langvariante von FAIJU

Tabelle 8: Binäre Bewertung der Handlungsempfehlungen durch die Interviewpartner (Ip) der Langvariante von FAIJU

Tabelle 9: Einschätzung des subjektiv wahrgenommenen Nutzens der Feedback­Maßnahme durch die Interviewpartner (Ip) der Langvariante von FAIJU

Tabelle 10: Bewertung (+/- = positiv/negativ) der Feedback-Maßnahme durch die Interviewpartner (Ip) der Kurzvariante von FAIJU

Tabelle 11: Binäre Bewertung der Handlungsempfehlungen durch die Interviewpartner (Ip) der Kurzvariante von FAIJU

Tabelle 12: Einschätzung des subjektiv wahrgenommenen Nutzens der Feedback­Maßnahme durch die Interviewpartner (Ip) der Kurzvariante von FAIJU

Tabelle 13: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Langvariante berichtete Lernwirkungen der Feedback-Maßnahme

Tabelle 14: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Kurzvariante berichtete Lernwirkungen der Feedback-Maßnahme

Tabelle 15: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Langvariante berichtete verhaltensbezogene Wirkungen des Feedbacks

Tabelle 16: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Kurzvariante berichtete verhaltensbezogene Wirkungen des Feedbacks

Tabelle 17: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Langvariante berichtete Stärken und Schwächen der Feedback-Maßnahme

Tabelle 18: Von den Interviewpartnern (Ipn) der FAIJU-Kurzvariante berichtete Stärken und Schwächen der Feedback-Maßnahme

Tabelle 19: Verbesserungsvorschläge der Interviewpartner (Ip) bzgl. der Feedback­Maßnahme in der FAIJU-Langvariante

Tabelle 20: Verbesserungsvorschläge der Interviewpartner (Ip) bzgl. der Feedback­Maßnahme in der FAIJU-Kurzvariante

Tabelle 21: Spontan geäußerte Feedback-Attributionen der Interviewpartner (Ip) beider FAIJU-Varianten 142 Anmerkung zum Sprachgebrauch:

Um eine bessere Verständlichkeit und eine leichtere Lesbarkeit des Textes zu erreichen, wurde in der vorliegenden Arbeit meist auf die im deutschen Sprachgebrauch traditio­nell übliche maskuline Substantivform (der Teilnehmer, der Interviewpartner etc.) zu­rückgegriffen. An dieser Stelle soll jedoch explizit darauf hingewiesen werden, dass mit dieser Bezeichnung grundsätzlich immer Frauen und Männer gemeint sind.

1 EINFÜHRUNG

There is something I don't know that I am supposed to know.

I don't know what it is I don't know, and yet am supposed to know,

And I feel I look stupid If I seem not to know it and not know what it is I don't know.

Therefore, I pretend I know it.

This is nerve-wracking

since I don't know what I must pretend to know.

Therefore I pretend to know everything.

I feel you know what I am supposed to know but you can't tell me what it is

because you don't know that I don't know what it is.

(Laing, 1970, S. 56, zitiert nach Taylor, Fisher & Ilgen, 1984, S. 81-82)

Dieses Gedicht von Laing veranschaulicht auf besondere Art und Weise die Bedeutung und Problematik des Themas, das im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen soll: das inter­personelle Feedback und seine Wirkungen auf das Individuum. Feedback bildet ein zentrales Element der menschlichen Interaktion und wird unbewusst oder bewusst in einem interaktiven Prozess fast ohne Unterbrechung gegeben, empfangen und weiter­verarbeitet. Die Rückmeldung anderer auf das Individuum und sein Verhalten ist eine notwendige Richtschnur, um beruflich und privat erfolgreich interagieren zu können, da nur so in Erfahrung gebracht werden kann, welchen Eindruck die Person und ihr Ver­halten bei anderen hinterlässt. Bei einem Großteil des Feedbacks, das man von anderen empfängt, handelt es sich jedoch um unbewusste oder sehr schwach ausgeprägte Signa­le (z.B. Körpersprache, verbale Andeutungen), die einen weiten Interpretationsspiel­raum zulassen und dadurch auch häufig missverstanden werden können. Die Unsicher­heit und den emotionalen Stress, den ein solches indirektes bzw. implizites interperso- nelles Feedback hervorrufen kann, zeigt der Inhalt von Laings Gedicht deutlich. Insbe­sondere für den Erfolg einer Organisation ist es laut Taylor, Fisher und Ilgen (1984) daher unverzichtbar, den Mitgliedern in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit zum Empfangen eines formalisierten, expliziten und konstruktiven Feedbacks zu geben, das durch offene, direkte, gut begründete und umsetzbare Informationen den Betroffenen in seiner individuellen Weiterentwicklung unterstützt und alle mit dem „alltäglichen“ Feedback verbundenen Gefahren (Mehrdeutigkeit, persönliche Verletzung) so weit wie möglich ausschaltet.

Als probates Mittel der Personalentwicklung und zugleich als strukturellen Rahmen, der Mitarbeitern die Möglichkeit zu dem oben beschriebenen formalisierten Feedback bie­tet, wird in wirtschaftlichen Organisationen schon seit langem das Förder-Assessment- Center (Förder-AC) eingesetzt (vgl. Sarges, 2001b; Stumpf, Thomas, Zeutschel & Ruhs, 2003). Feedback wird im Rahmen eines Förder-ACs basierend auf Verhaltensbeobach­tungen in möglichst tätigkeitsrelevanten und realitätsnahen Anforderungssituationen durch externe Beobachter direkt, konkret und erfahrungsbezogen gegeben und erfüllt damit, nach Erkenntnissen der Feedback-Forschung und bisherigen Befunden, wichtige Voraussetzungen dafür, das erhaltene Feedback lern- und handlungswirksam für die Teilnehmer zu machen. Es überrascht daher um so mehr, dass die postulierte Wirkung des Feedbacks auf das Lernen und Verhalten der Teilnehmer nach einem Förder-AC bzw. auch alternativen Feedbackinstrumenten bisher kaum wissenschaftlich untersucht wurde und sich bisherige Studien v.a. auf die Erfassung der Akzeptanz bzw. Beurtei­lung des Feedbacks durch die Teilnehmer unmittelbar nach dem Förder-AC bzw. der jeweiligen Maßnahme beschränkten (vgl. Jöns, 2000; Thönneßen & Hoffmeister, 1998; Wunder, 1999), obwohl es bisher keine eindeutigen Befunde darüber gibt, dass die Ak­zeptanz einer Maßnahme automatisch auch zu einem Lerngewinn (kognitiv und bezo­gen auf das Verhalten) bei den Betreffenden führt.

Die Gründe für diesen unbefriedigenden Forschungsstand sind wohl z.T. auch in der Feedback-Forschung selbst zu suchen, die bisher zwar zahlreiche unterschiedliche Feedback-Begriffe, -Theorien und -Modelle hervorgebracht hat (vgl. Vancouver & Tischner, 2004), aber bis auf wenige Ausnahmen (vgl. Kluger & DeNisi, 1996) leider selten Versuche in Richtung einer einheitlichen Feedback-Konzeption und -Theorie unternommen hat. Dementsprechend vielfältig und uneindeutig ist häufig die empiri­sche Befundlage, die bis jetzt nur wenige generalisierbare Schlüsse zulässt und sich meist nur auf kurzfristige Wirkungen des Feedbacks beschränkt.

In Anbetracht der Tatsache, dass im Rahmen von Weiterentwicklungen des Förder- ACs, wie dem Lernpotential-AC (Sarges, 2001a,b) und dem Feedback-Center (FC; Freund, 1997) das Feedback eine immer zentralere Rolle einnimmt und hier nicht mehr ausschließlich am Ende wie beim klassischen AC, sondern unmittelbar und kontinuier­lich nach jeder AC-Übung gegeben wird, scheint es immer notwendiger zu werden, die Wirkungen des Feedbacks auf die Teilnehmer, auch in unterschiedlichen Varianten des Gebens (unmittelbar kontinuierlich vs. verzögert einmalig-umfassend), im Kontext ei­nes Förder-ACs empirisch zu untersuchen und damit den möglichen Nutzen des inter­personellen Feedbacks für die Betreffenden auf längere Sicht zu erfassen.

Dies soll im Zuge dieser Arbeit geschehen, in der die mittel- bis längerfristigen Feed­back-Wirkungen auf die Teilnehmer eines Förder-ACs für Mitarbeiter der internationa­len Jugendarbeit (FAIJU) empirisch-qualitativ analysiert werden. FAIJU wurde im Rahmen eines praxisorientierten Forschungsprojektes (vgl. Ehret, im Druck) in zwei unterschiedlichen Varianten, die sich hinsichtlich der eingesetzten Feedback-Maßnahme unterscheiden, konzipiert und bereits durchgeführt. Dementsprechend konnten die Wir­kungen zweier Feedback-Varianten (unmittelbares kontinuierliches Feedback nach jeder AC-Übung vs. verzögertes einmalig-umfassendes Feedback am Ende des ACs) auf der Akzeptanz-, Lern- und Verhaltensebene der AC-Teilnehmer untersucht und verglei­chend betrachtet werden. Der Forderung der Feedback-Forscher Kluger und DeNisi (1996), dass der Schlüssel zu zentralen und weiterführenden Erkenntnissen in der Feed­back-Forschung nicht ausschließlich in der Analyse von Ergebnissen des Feedback­Prozesses (wie Feedback-Akzeptanz, Lernen und Verhaltensänderung durch Feedback) zu suchen ist, sondern v.a. auch in einer näheren Beleuchtung der zugrunde liegenden Feedback-Verarbeitung und ihrer Mechanismen, wird in dieser Arbeit durch die Analy­se evtl. spontan auftretender, möglicherweise selbstwertdienlicher Attributionen der Feedback-Empfänger bzw. AC-Teilnehmer entsprochen. Das Attributionsverhalten wird von vielen Feedback-Forschern in modell-theoretischen Annahmen als wesentliches Element des Feedback-Prozesses postuliert (u.a. Fedor, 1991; Ilgen, Fisher & Taylor, 1979; Jöns, 2000; London, 2003; Mory, 2004; Taylor et al., 1984).

Aufgrund der wenigen generalisierbaren, thematisch relevanten empirischen Befunde ist die vorliegende Arbeit zu Feedback-Wirkungen und -Attribution Rahmen eines Förder- ACs als explorative Studie einzustufen.

Den Schwerpunkt des theoretischen Teils dieser Arbeit bildet das Feedback bzw. seine Konzeption in der Wissenschaft. Hier werden zunächst die Grundlagen des Feedback- Konzepts, einschließlich der Arten und Funktionen von Feedback, anschließend vier grundlegende modell-theoretische Annahmen zum Wirken von Feedback und dem Feedback-Prozess vorgestellt. Das für die Analyse der Feedback-Wirkungen ausgewähl­te Modell von Kirkpatrick (1967, 1987) wird erläutert, sowie durch relevante empiri­sche Befunde der Feedback-Forschung ergänzt. Außerdem wird darauf eingegangen, welche Erkenntnisse bisher über den möglichen Einfluss von Timing und Frequenz des Feedbacks auf dessen Wirksamkeit vorliegen. Wie bereits angesprochen, soll im Rah­men dieser Arbeit auch ein wesentliches Element des Feedback-Prozesses, die Feed­back-Attribution, näher analysiert werden. Hierzu wird insbesondere auf das relevant erscheinende selbstwertdienliche Attributionsmuster und den Untersuchungsansatz „Spontane Attributionen“ nach Möller (1997) eingegangen. Da die Wirkungen des Feedbacks in dieser Arbeit nicht isoliert, sondern eingebettet in ein spezielles Förder- AC (FAIJU) untersucht werden, wird eine Einführung in die Praxis der AC-Methode gegeben unter besonderer Berücksichtigung des Förder-ACs und seiner feedbackorien­tierten Weiterentwicklungen. Am Ende des AC-Teils wird die Beziehung zu der am Anfang erläuterten Feedback-Thematik wiederhergestellt, indem auf besondere Merk­male und Wirkungen des Feedbacks im AC eingegangen wird. Abschließend wird das bereits oben angesprochene Förder-AC, FAIJU, das den Untersuchungsrahmen für die Feedback-Maßnahmen in dieser Arbeit darstellt, näher vorgestellt.

Die beiden FAIJU-Durchläufe mit jeweils unterschiedlichen Feedback-Maßnahmen liefern die qualitativen Daten für den empirischen Teil dieser Arbeit. Hier wird zu­nächst der Forschungsansatz und die für die Untersuchung verwendete Interview­Methode vorgestellt. Außerdem wird die Stichprobe beschrieben, sowie Untersu­chungsdurchführung, Datenaufbereitung und -auswertung mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse erörtert. Als bedeutendes Gütekriterium der Inhaltsanalyse wird die In- tercoderreliabilität bestimmt. Im Anschluss werden die Ergebnisse der Untersuchung zu den Feedback-Wirkungen beider FAIJU-Varianten auf der Akzeptanz-, Lern- und Ver­haltensebene, sowie zu der spontanen Feedback-Attribution dargestellt. Im Rahmen der Diskussion werden die gefundenen Ergebnisse interpretiert und mit dem theoretischen Teil der Arbeit verknüpft. Dabei konnten auch Erkenntnisse zu den von den FAIJU- Teilnehmern wahrgenommenen Stärken und Schwächen beider Feedback-Maßnahmen, sowie zu diesbezüglichen Optimierungsempfehlungen gewonnen werden. Abschließend wird der wissenschaftliche Erkenntniswert und der praktische Nutzen der Untersuchung erörtert, die Arbeit kritisch gewürdigt und auf zukünftige Forschung eingegangen.

THEORETISCHER TEIL

2 ZUR KONZEPTION DES FEEDBACKS IN DER WISSEN­SCHAFT

2.1 Grundlagen des Feedback-Konzepts

„Feedback“ ist mittlerweile zu einem zentralen Schlagwort im Rahmen des beruflichen und privaten Alltags vieler Menschen geworden. Dieser Begriff wird heutzutage oft und in unterschiedlichen Kontexten gebraucht ohne die exakte Bedeutung von Feedback zu definieren: Studenten werden nach einem Seminarvortrag gebeten, dem Referenten Feedback zu geben; auf fast jeder Homepage findet sich ein Button „Feedback“, wo die Besucher dieser Seite um Bewertungen oder Anregungen gebeten werden; das Feed­back-Element spielt außerdem eine wichtige Rolle im therapeutischen Prozess (vgl. z.B. Claiborn, Goodyear & Horner, 2002) und Führungskräfte in Unternehmen werden trai­niert, um ihren Mitarbeitern konstruktives Feedback über deren Arbeitsleistung geben zu können (vgl. z.B. Kiefer & Knebel, 2004). Diese Beispiele zeigen, in wie vielen ver­schiedenen Anwendungsfeldern der Begriff Feedback verwendet wird und wie groß der Interpretationsspielraum ist, wenn Menschen von „Feedback“ sprechen. Wie der Feed­back-Begriff nun aber in den wissenschaftlichen Kontext eingeordnet und definiert werden kann, soll im folgenden Abschnitt näher erläutert werden.

2.1.1 Begriffsklärung und Arten von Feedback

Eine Vielzahl möglicher Definitionen und Arten von Feedback veranschaulicht die Problematik, die sich bei der Erfassung eines einheitlichen Feedback-Konzepts im Kon­text der bestehenden Forschungsliteratur ergibt und auf die Claiborn et al. (2002) hin­weisen: „The literature on feedback is rich and diverse and does not contribute to a sin­gle conceptualization of feedback“ (S. 229; vgl. auch Kluger & DeNisi, 1996). Deshalb soll im Folgenden versucht werden, nach einem kurzen Abriss über die Ursprünge des Feedback-Konzepts, aus den unzähligen, in der Literatur gängigen Feedback­Definitionen und -Arten diejenigen herauszugreifen und näher zu erläutern, die für die theoretische Einbettung der vorliegenden Arbeit relevant sind.

Der englische Begriff „Feedback“ wird wörtlich mit „Rückleitung“ übersetzt (Duden, 1990, S. 248) und ist ein erster Hinweis darauf, dass die Ursprünge des Feedback- Begriffs im technischen Bereich, genauer im Bereich der Kybernetik, zu finden sind. Hier werden die Begriffe Feedback, Rückmeldung oder Rückkopplung in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts für das bessere Verständnis von Systemen zum ersten Mal verwendet (Zeitz, 1998). Die Kybernetik als Forschungsrichtung befasst sich mit Gesetzmäßigkeiten im Ablauf von Steuerungs- und Regelvorgängen in Technik, Biolo­gie und Soziologie (a.a.O., v. Hornstein, 2002). Feedback bezeichnet in diesem Zu­sammenhang einen Messvorgang im sogenannten „Regelkreis“, der die Differenzen zwischen Sollvorgabe und dem Ist-Zustand aufzeigt und entsprechende Korrekturmaß­nahmen auslöst bis der aktuelle Wert dem idealen Wert entspricht (vgl. Becker-Beck & Schneider, 2003; Landwehr, 2003; Oberhoff, 1978). Popularisiert wurde der Feedback­Begriff in der Kybernetik durch Wiener, der darunter die „Kontrolle einer Maschine auf der Basis ihrer aktuellen, nicht ihrer erwarteten Leistung..verstand (Wiener, 1950, S. 35, zitiert und übersetzt nach Wunder, 1999, S. 2).

Eingang in die Sozialpsychologie fand der Feedback-Begriff in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts mit Kurt Lewin, der diesen im Rahmen seiner gruppendynamischen Trai­nings verwendete und bekannt machte (Comelli, 1985, zitiert nach v. Hornstein, 2002). Feedback wurde zu diesem Zeitpunkt sehr allgemein als „jede Art von verbaler Rück­meldung, wie das Verhalten einer Person wahrgenommen und erlebt wurde“, definiert (Oberhoff, 1978, S. 37).

Sowohl die gruppendynamische Forschung in der Sozialpsychologie (vgl. z.B. Thomas, 1992, S. 30-35) als auch die systemische Herangehensweise der Kybernetik gaben also wesentliche Anstöße für die weitere Entwicklung und Interdisziplinarität des Feedback­Konzepts (Claiborn et al., 2002). Ein ausführlicher Überblick zu dessen Forschungsge­schichte, der den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde, findet sich z.B. bei Mory (2004, S. 746-747) oder bei Kluger und DeNisi (1996, S. 255-257).

Den oben genannten Forschungsströmen in der Sozialpsychologie und der Kybernetik Rechnung tragend, unterscheidet Zeitz (1998, S. 48) grundsätzlich zwei Arten von Feedback: interpersonelles und kybernetisches Feedback (vgl. Abbildung 1, S. 9).

Da kybernetisches Feedback v.a. auf Veränderungsprozesse in sozialen und techni­schen Systemen abzielt und weniger das Individuum selbst betrachtet (Claiborn et al., 2002; v. Hornstein, 2002), soll im Folgenden ausschließlich interpersonelles Feedback genauer definiert werden, das die Grundlage für den theoretischen Rahmen dieser Ar­beit bildet.

Ausgehend von einer eher allgemeinen Begriffsklärung werden anschließend spezifi­schere Definitionen, Arten und Klassifikationsmöglichkeiten interpersonellen Feed­backs vorgestellt. Abschließend wird auf eine integrative, praktikable Methode der Feedback-Definition und -Differenzierung nach Wunder (1999) eingegangen, die den Ansprüchen und Erfordernissen der vorliegenden Arbeit sehr entgegen kommt:

Einen aktuellen Versuch, verschiedene Definitionen interpersonellen Feedbacks in der Psychologie auf einen einfachen gemeinsamen Nenner zu bringen, liefern Claiborn et al. in ihrem Überblicksartikel aus dem Jahr 2002. Interpersonelles Feedback wird dem­nach verstanden als:

(1) „information provided to a person
(2) from an external source
(3) about the person's behavior or the effects of that behavior” (S. 217).

Diese drei Punkte werden bei Gist und Bavetta (1989) noch um einen weiteren ergänzt:

(4) „[feedback] is comprised of both an objective and subjective component” (S. 8., zitiert nach Fedor, 1991, S. 82).

Mit objektiver Komponente ist hier die Feedback-Botschaft gemeint, die tatsächlich von dem Feedback-Geber intendiert war, während die subjektive Komponente die Interpreta­tion des Feedbacks durch den Empfänger betrifft (Fedor, 1991). Damit wird die aktive und einflussreiche Rolle des Feedback-Empfängers im Rahmen der Feedback­Verarbeitung und -Interpretation betont, die insbesondere unter Abschnitt 2.4 näher be­leuchtet werden wird.

Eine spezifischere Definition interpersonellen Feedbacks findet sich in der Forschungs­arbeit von Oberhoff (1978). Dieser versteht unter interpersonellem Feedback eine „be­absichtigte verbale Mitteilung an eine Person, wie ihr Verhalten oder die Auswirkungen ihres Verhaltens wahrgenommen oder erlebt worden sind“ (S. 6). Er betont den Verhal­tensbezug des Feedbacks, die Verwendung von Feedback als beabsichtigte Intervention (vgl. auch Kluger & DeNisi, 1996, unter Abschnitt 2.2.4) und bezeichnet es als einen verbalen kommunikativen Akt von der Person des Feedback-Gebers zum Feedback­Empfänger, dessen Inhalt entweder Wahrnehmungen oder emotionales Erleben des Feedback-Gebers sein können (Oberhoff, 1978; Zeitz, 1998). Diese Definition interper­sonellen Feedbacks bietet zwei Vorteile für die Forschungsarbeit: Sie ist spezifisch ge­nug, um nicht jede personorientierte Kommunikation als Feedback zu bezeichnen, lässt aber gleichzeitig genügend Raum für verschiedene Formen von interpersonellem Feed­back (Oberhoff, 1978).

So kategorisiert Zeitz drei Formen interpersonellen Feedbacks, wie Abbildung 1 zeigt, die er für unterschiedlich hilfreich in Bezug auf deren Nutzen für die Weiterentwick­lung des individuellen Verhaltens erachtet (Zeitz, 1998; vgl. auch v. Hornstein, 2002). Er ergänzt damit die von Oberhoff (1978) definierte Form interpersonellen Feedbacks um zwei weitere Kategorien:

- Indirektes bzw. implizites Feedback bezeichnet eine unreflektierte, verbale oder nonverbale Rückmeldung, die vom Gegenüber als Feedback aufgefasst wird, aber einen großen Interpretationsspielraum lässt, da keine konkrete Aussage damit ver­bunden ist. Diese Feedback-Form ist ein wesentliches und häufiges Element alltägli­cher Kommunikation. Lehmenkühler, Roscher und Theis (1976, S. 87, zitiert nach Zeitz, 1998, S. 49) halten indirektes bzw. implizites Feedback aber aus folgenden Gründen für ungeeignet, effektives soziales Verhalten zu fördern:
- Fehleranfälligkeit - Es kann z.B. ein Verhalten als Feedback aufgefasst werden, das nicht als Feedback gedacht war. Möglicherweise kann sich ein Feedback auch auf ein anderes Verhalten beziehen als das tatsächlich gemeinte. Außerdem können implizite Feedbacks übersehen oder falsch interpretiert werden und damit mehr Verwirrung stiften als dem Empfän­ger nützen.
- Mehrdeutigkeit - Unsicherheit und Angst vor der Reaktion des Empfän­gers können zu einem bewusst mehrdeutigen, indirekten Feedback des Gebers führen.
- Zurückhaltung - Normen und Ängste sind u.U. verantwortlich für eine Unterdrückung des indirekten bzw. impliziten Feedbacks, v.a., wenn sich „potentielle“ Feedback-Geber in einer hierarchisch schwächeren Position (z.B. Mitarbeiter) gegenüber dem „potentiellen“ Feedback-Empfänger (z.B. Chef) befinden und unangenehme oder konfrontative Situationen vermeiden wollen.
- Explizites Feedback wird im Gegensatz zu indirektem Feedback als eine beabsich­tigte verbale Mitteilung des Feedback-Gebers an den Feedback-Empfänger verstan­den, wie dessen Verhalten wahrgenommen und erlebt wurde. Es ist daher weniger fehleranfällig und eindeutiger als das indirekte Feedback, wird aber im normalen Alltag, auch aufgrund der oben genannten Zurückhaltung schon bei indirektem bzw. implizitem Feedback, eher selten informell gegeben, sondern findet meist im formel­len Rahmen, wie z.B. in einer offiziellen „Feedback-Runde“, statt. Dieser Form des Feedbacks entspricht auch die Definition interpersonellen Feedbacks von Oberhoff (1978).
- Konstruktives Feedback stellt nicht nur das erlebte Verhalten in den Vordergrund, sondern der Feedback-Geber äußert auch seine Gefühlsreaktion und verknüpft diese mit einer klaren Forderung für das zukünftige Verhalten. Somit kann konstruktives Feedback auch als eine impulsgebende Erweiterung des expliziten Feedbacks aufge­fasst werden, wie es beispielsweise im Rahmen eines ACs (vgl. Kapitel 3) zum Ein­satz kommen kann. In Abbildung 1 wird dieser Zusammenhang zwischen explizitem und konstruktivem Feedback durch eine gestrichelte Linie veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Arten des Feedbacks (modifiziert in Anlehnung an Zeitz, 1998)

Neben dieser Klassifizierung von Zeitz (1998) bietet die Literatur eine Vielzahl von spezifischen Typisierungsmöglichkeiten interpersonellen Feedbacks an, die bei Becker­Beck und Schneider (2003) nach wichtigen Kategorisierungsaspekten geordnet und zu­sammengefasst erscheinen (S. 4-5):

- Feedback-Quelle: Vorgesetzte, Untergebene, Peers, außenstehende Experten
- Empfängereinheit bzw. Systemebene: Individuum (Individual-Feedback), Gruppe (Gruppen-Feedback)
- Ebene, die im Feedback kommentiert wird: interpersonelles Verhalten (of­fen/verdeckt), interpersonelle Beziehungen (z.B. „Ich arbeite gerne mit dir zusam­men“), Leistung (aufgabenbezogen, z.B. „In deiner Arbeit sind noch zwei Fehler“)
- Mittel, die zum Geben von Feedback eingesetzt werden: nicht-instrumentiert (frei formulierte Aussagen des Feedback-Gebers), instrumentiert (Einsatz von Fragebö­gen oder systematischen Beobachtungsverfahren)
- Zweck der Beurteilung und Rückmeldung: Entlohnung, Entwicklung.

Je nach Feedback-Typ werden unterschiedliche Kategorieausprägungen miteinander kombiniert bzw. können auch mehrere Ausprägungen einer Kategorie zum Einsatz kommen wie z.B. beim 360°-Feedback, das multiperspektivisch mit mehreren Feed­back-Quellen (i.A. Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter) arbeitet (vgl. Scherm & Sarges, 2002).

Um diese vielfältigen Feedback-Merkmale in einer Definition berücksichtigen zu kön­nen und gleichzeitig die bereits genannten, aber meist nur unzureichend operationali- sierbaren Feedback-Definitionen der verfügbaren Forschungsliteratur zu integrieren, schlägt Wunder in seiner Dissertation „Teamentwicklung und Feedback“ von 1999, aufbauend auf den Erkenntnissen von Ilgen et al. (1979; vgl. Abschnitt 2.2.1), eine sys­tematische, sehr praktikable Einordnung von Feedback-Verfahren bzw. -Maßnahmen entlang einer 7-W-Differenzierung vor. Damit sollen sieben relevante Merkmalsberei­che für die jeweils vorliegende Feedback-Art unterschieden und näher bestimmt wer­den: „Wer meldet wem was wie wann wo und wozu zurück“ (Wunder, 1999, S. 12). Die Beantwortung dieser sieben W-Fragen für spezielle Feedback-Verfahren „ermöglicht eine differentielle Bestimmung der besonderen Qualitäten eines jeden Verfahrens und ihrer Brauchbarkeit für bestimmte Zwecke“ (a.a.O., S. 138). Da im Rahmen der vorlie­genden Arbeit nicht nur die Auswirkungen einer Form interpersonellen Feedbacks, son­dern die zweier unterschiedlicher interpersoneller Feedback-Maßnahmen untersucht werden (vgl. Abschnitt 2.3.3, 4.2.1, 4.2.2), muss eine Definition gewählt werden, die die exakte Unterscheidung dieser beiden Feedback-Formen ermöglicht. Die 7-W- Differenzierung von Wunder (1999) bietet hierzu nach Ansicht der Autorin den geeig­neten Rahmen und wird daher als hilfreiche Definitions-, Klassifizierungs- und Unter­scheidungsmöglichkeit für die hier eingesetzten Feedback-Maßnahmen angewendet. Da die noch nicht näher klassifizierten, für das Verständnis notwendigen Wann- und Wo­Fragen bzgl. des Feedbacks erst unter Abschnitt 2.3.3 sowie Kapitel 3 und 4 dieser Ar­beit genauer behandelt werden, folgt die 7-W-Differenzierung der beiden in dieser Ar­beit untersuchten Feedback-Maßnahmen abschließend unter Abschnitt 4.3.

2.1.2 Funktionen von Feedback

Die unten dargestellten Funktionen von interpersonellem Feedback beziehen sich hier ausschließlich auf den Feedback-Empfänger, da dieser im Mittelpunkt des Interesses der vorliegenden Arbeit steht. Funktionen von Feedback für den Feedback-Geber oder für die Interaktion zwischen Personen in einer Dyade oder Gruppe werden z.B. bei Becker­Beck und Schneider (2003) näher erläutert. Für den Feedback-Empfänger lassen sich laut Zeitz (1998) drei Funktionen unterscheiden, die Feedback erfüllen kann: Motivati­on, Ausrichtung und Lernen. Bei einigen Autoren werden die beiden letzteren zusam­menfassend auch als Informationskomponente von Feedback bezeichnet und dessen Motivationskomponente gegenübergestellt (z.B. Becker-Beck & Schneider, 2003). Ne­ben diesen drei objektiven Funktionen von Feedback muss aber auch deren subjektive Komponente beachtet werden, wie später erläutert werden soll.

Obwohl u.a. Ilgen et al. (1979) darauf hinweisen, dass die Effekte dieser verschiedenen Feedback-Funktionen v.a. in Feld-Settings nicht voneinander isoliert werden können, soll in dieser Arbeit der Fokus v.a. auf der Lernfunktion von Feedback liegen.

- Motivationsfunktion

Feedback kann dazu dienen, den Empfänger zu einer Verhaltensänderung zu motivieren (Zeitz, 1998). Für Annett (1969) fungiert Feedback als Anreiz (incentive) zur Motivati­onssteigerung, wenn es eine zukünftige Belohnung (z.B. eine berufliche Beförderung oder eine gute Note) für den Feedback-Empfänger in Aussicht stellt. Aber wie London (2003) feststellt, hat v.a. positives Feedback auch ohne eine folgende externale Beloh­nung einen intrinsisch motivierenden Effekt: „Positive feedback itself is reinforcing. Even if it does not lead to some material outcome, such as more money, people appreci­ate knowing when they have done well. Such feedback heightens their sense of achievement and internal motivation” (S. 14). Außerdem kann z.B. konstruktives Feed­back Verhaltensweisen aufzeigen, die für ein künftiges erfolgreiches Handeln notwen­dig sind. Das fördert möglicherweise beim Feedback-Empfänger ein Gefühl der Kon­trolle über die eigene Leistung und damit die internale Motivation, dass eine Steigerung der Kompetenz aus eigenen Kräften erreicht werden kann (Selbstwirksamkeit) (a.a.O.).

- Ausrichtungsfunktion

Feedback soll i.A. nicht eine generelle richtungslose, sondern eine spezifische Verhal­tensänderung bewirken, deren Richtung durch den Feedback-Geber vorgegeben wird:

„It [feedback] may serve to steer and give direction to subsequent behavior“ (Benne,

Bradford & Lippitt, 1964, S. 24, zitiert nach Becker-Beck & Schneider, 2003, S. 3).

Voraussetzung dieser Funktion von Feedback ist das Vorhandensein der Motivation, sich ändern zu wollen. Ohne die Bereitschaft zum Wandel ist die Ausrichtung der Ver­haltensweisen des Empfängers an den vom Feedback-Geber gewünschten Verhaltens­standards nicht möglich (Zeitz, 1998): „directional characteristics inform the recipient of the behaviors that should be accomplished“ (Ilgen et al., 1979, S. 351-352). Diese verhaltenssteuernde Funktion des Feedbacks trägt damit zu einer Reduktion der Unsi­cherheit bezüglich der Erwartungen und Ziele des Gebers auf Seiten des Feedback­Empfängers bei (London, 2003) und ermöglicht diesem dadurch, adäquat auf das Feed­back reagieren zu können.

- Lernfunktion

„In addition, feedback enhances individual learning“ (London, 2003, S. 14). Durch das Feedback ergibt sich für den Empfänger die Möglichkeit, das Bild, das er von sich selbst hat (Selbstbild), mit dem Bild, das andere von ihm haben (Fremdbild), zu verglei­chen. Aufgrund dieses Abgleichs von Selbst- und Fremdbild ist ein individueller Er­kenntnisgewinn möglich (Zeitz, 1998). Durch den Feedback-Geber kann der Empfänger u.U. auf etwas aufmerksam gemacht werden, was ihm selbst vorher nicht bekannt war, „aber von Außenstehenden als Bestandteil der Gesamtperson angesehen“ wird (a.a.O., S. 57). Dieser sogenannte „blinde Fleck" rückt erst durch die Außenwahrnehmung des Gebers in das Bewusstsein des Empfängers, dem dadurch die Möglichkeit gegeben wird, diesen ihm unbekannten und unbewussten Teil seiner Persönlichkeit zu „verklei­nern“ (vgl. Abbildung 2) und in sein Selbstbild zu integrieren (a.a.O.; Landwehr, 2003). Als Erklärungsmodell für diesen Vorgang dient das JOHARI-Fenster (vgl. Abbildung 2), das von Joseph Luft und Harry Ingham 1971 entwickelt und von ihnen nach den Abkürzungen ihrer Vornamen benannt wurde (Landwehr, 2003; v. Hornstein, 2002). Durch diesen individuellen Erkenntnisgewinn lernt der Feedback-Geber also etwas über sich selbst, kann seine Außenwirkung auf andere besser einschätzen, evtl. Missver­ständnissen vorbeugen und Interaktionen erfolgreicher gestalten: „Nur wer den Gegner und sich selbst [Hervorhebung v. Verf.] gut kennt, kann in tausend Schlachten siegreich sein“ (chinesische Kriegsweisheit, ca. 500 v. Chr., zitiert nach Thomas, 2003b, S. 30). Siegreich zu sein bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Feedback-Empfänger unbeabsichtigte negative Auswirkungen seines Handelns in zukünftigen Situationen verringern und beabsichtigte Auswirkungen seines Verhaltens effizienter erreichen kann (Landwehr, 2003). Interpersonelles Feedback dient somit auch als Instrument zur Ver­haltensänderung (Becker-Beck & Schneider, 2003), das „erfahrungs- undpraxisbezo- gene Lernprozesse anregen und unterstützen“ kann, um eine „Optimierung des Han­delns“ zu bewirken (Landwehr, 2003, S. 9). Für Scherm und Sarges (2002) stellt inter­personelles Feedback sogar „die wirksamste Quelle für Lernen“ (S. 3) dar, ,auch und gerade im Bereich von Verhaltensoptimierungen („Feedback is the breakfast for cham­pions“)’ (a.a.O.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Selbstbild-Fremdbild-Abgleich durch Feedback (in Anlehnung an Zeitz, 1998)

Neben diesen drei objektiven Funktionen von Feedback darf aber, wie bereits angespro­chen, deren subjektive Komponente (vgl. auch Gist & Bavetta, 1989, unter Abschnitt 2.1.1) nicht außer Acht gelassen werden. Solange es sich nicht um ein rein deskriptives, nur auf Rohdaten basierendes Feedback handelt, bietet interpersonelles, z.B. aus Daten schlussfolgerndes, Feedback dem Empfänger auch oft einen gewissen inhaltlichen In­terpretationsspielraum (Claiborn et al., 2002), den dieser möglicherweise zu seinen Gunsten ausnützt und dadurch die Effektivität des Feedbacks schmälert. Insbesondere indirektes bzw. implizites Feedback (vgl. Abschnitt 2.1.1) wird aufgrund seiner Mehr­deutigkeit i.d.R. so vom Empfänger in sein Selbstbild eingeordnet, dass es bestätigend wirkt und nicht zu einem Abgleich von Fremd- und Selbstbild beiträgt (Zeitz, 1998). Morran, Robinson und Stockton (1985, zitiert nach Becker-Beck & Schneider, 2003) weisen in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Motivationskomponente beim Empfänger die Informationskomponente von Feedback behindern kann, um z.B. eine Verhaltensänderung nach eher kritischen Feedback-Informationen umgehen zu können. Diese Problematik wird unter dem Aspekt der Feedback-Attribution als eine Möglichkeit der selbstwertdienlichen Interpretation (vgl. Abschnitt 2.4.2) genauer erläu­tert.

Unter welchen Bedingungen ein Feedback aber nun tatsächlich eine möglichst grosse Lern- und Verhaltenswirksamkeit entfalten kann und was für diese eher hinderlich ist, wird in den modell-theoretischen Annahmen zu Feedback-Wirkung und Feedback­Prozess (vgl. Abschnitt 2.2), sowie den empirischen Forschungsbefunden zu entspre­chenden Feedback-Themen (vgl. Abschnitt 2.3.2) näher zum Ausdruck kommen. In der Literatur finden sich dazu eine Vielzahl von Feedback-Regeln (vgl. Kiefer & Knebel, 2004; Scherm & Sarges, 2002), die der Feedback-Geber befolgen soll, um eine mög­lichst hohe Wirksamkeit des Feedbacks beim Empfänger zu erzielen. Diese Regeln be­sitzen zwar eine hohe Augenscheingültigkeit, aber wie Becker-Beck und Schneider (2003) feststellen, wurden die Auswirkungen von Feedback, das solchen Regeln ent­spricht bzw. nicht entspricht, bisher nicht systematisch überprüft.

2.2 Modell-theoretische Annahmen zu Feedback-Wirkung und Feed­back-Prozess

Die bereits unter Abschnitt 2.1.1 angesprochene Problematik eines einheitlichen Feed­back-Begriffs wiederholt sich bei den modell-theoretischen Annahmen zu Feedback­Wirkung und -Prozess: „Even though the principles of feedback are well described the literature is still lacking a unified model of feedback“ (Rutkowski, 2003, S. 5827). Es existieren bisher zahlreiche Einzeltheorien und Paradigmen, jedoch keine einheitliche Feedback-Theorie und kein umfassendes Feedback-Modell (Kluger & DeNisi, 1996). Fedor (1991) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei jedem Modell immer nur um eine Vereinfachung dieses komplexen Feedback-Prozesses handeln kann: „any model of such a complex process is at best a simplification“ (S. 75).

Die Vielfalt kognitiver Prozesse, die eine Beziehung zwischen dem Empfangen von Feedback und der Reaktion eines Individuums auf dieses Feedback herstellen (mediate), kann aber laut Kinicki, Prussia, Wu und McKee-Ryan (2004) durch vier modell­theoretische Annahmen zum Wirken von Feedback und dem Feedback-Prozess sehr gut abgebildet und umrissen werden. Diese vier Modelle bzw. Theorien aus dem orga- nisationalen Kontext stammen von Ilgen et al. (1979), von Taylor et al. (1984), von Fedor (1991) und von Kluger und DeNisi (1996). Sie beziehen sich primär auf indivi­duelles Leistungsfeedback (Performance Feedback), das laut Taylor et al. (1984) de- finiert werden kann als „information about the effectiveness of one's work behavior“ (S. 82). Da interpersonelles Feedback im Kontext dieser Arbeit auf das Sozialverhalten bei der Bewältigung einer gestellten Aufgabe bezogen ist und damit im weiteren Sinn auch ein Wissen um Ergebnisse (Knowledge of results) (Annett, 1969; Kluger & DeNi- si, 1996), im Speziellen um die erbrachte Leistung gemessen an einem festgelegten Standard (Feedback for Performance Appraisal/Performance feedback) (Claiborn et al., 2002; Landwehr, 2003; Taylor et al., 1984), darstellt, können diese vier Modelle bzw. Theorien zur Wirkung von Ergebnis- bzw. Leistungsfeedback nach Meinung der Auto­rin auch hier verwendet werden. Als Ergebnis bzw. Leistung wird in der vorliegenden Forschungsarbeit die soziale Wirkung bzw. Wirksamkeit des gezeigten Verhaltens ver­standen, die sich in rückgemeldeten Verhaltensbeurteilungen unabhängiger Beobachter (vgl. Abschnitt 4.2) widerspiegelt (vgl. auch Wunder, 1999).

2.2.1 Feedback-Modell von Ilgen, Fisher und Taylor (1979)

Obwohl dieses Feedback-Modell bereits 1979 von Ilgen et al. entwickelt wurde, zählt es bis heute zu den am häufigsten verwendeten Modellen in der Feedback-Forschung (Fe­dor, 1991) und bildet die Basis für alle folgenden Feedback-Prozess-Modelle (Kinicki et al., 2004). Die Ursache für die Beliebtheit des Ilgen et al.-Modells sehen Kinicki et al. (2004) in dessen einfacher und „sparsamer“ Darstellung (parsimonious representation) des Feedback-Prozesses. Demzufolge ist dieses Modell für Forscher auch leichter über­prüf- und anwendbar als komplexere, neuere Modelle und Theorien wie z.B. von Kluger und DeNisi (1996) (Kinicki et al., 2004; vgl. Abschnitt 2.2.4).

Ilgen et al. selbst verstehen ihr Modell primär als Hilfsmittel (vehicle) zur Organisation der umfangreichen Feedback-Diskussion und nicht als eine gut entwickelte Feedback­Theorie. Es repräsentiert das Resultat einer Analyse der zu diesem Zeitpunkt existieren­den Forschungsliteratur, die gezeigt hatte, dass das Erhalten von Feedback nicht zwangsläufig zu der gewünschten Verhaltensänderung beim Empfänger führt (Ilgen et al., 1979; Kinicki et al., 2004).

Ilgen et al. folgerten aus den bisherigen Erkenntnissen der Feedback-Forschung, dass divergente Reaktionen des Empfängers auf eine Reihe intermediärer psychologischer oder kognitiver Prozesse zurückzuführen sind, die durch das Feedback ausgelöst wer­den. Ihr Modell schließt daher bestimmte kognitive Variablen als Elemente des Feed­back-Prozesses mit ein, die die Beziehung zwischen dem Erhalten von Feedback und der schlussendlichen Reaktion eines Individuums auf dieses beeinflussen (mediate) sol­len. Ilgen et al. unterscheiden hierzu vier kognitive Stadien der individuellen Feedback- Verarbeitung: Feedback--Wahrnehmung (perception of feedback; perceived feedback), Feedback-Akzeptanz (acceptance of feedback), Verlangen auf Feedback zu reagieren (desire to respond to feedback) und beabsichtigte Reaktion (intended response). Exter- nale Merkmale von Feedback-Quelle (source) und Feedback-Botschaft (complex feed­back stimulus) interagieren während dieses Prozesses mit interindividuell unterschiedli­chen Eigenschaften des Feedback-Empfängers (individual difference characteristics of recipient) und beeinflussen wiederum die Reaktion (response) des Empfängers auf das Feedback (vgl. Abbildung 3). Im Folgenden werden analog zu Ilgen et al. (1979) die ersten drei Stadien der Feedback-Verarbeitung in Bezug auf diese drei einflussnehmen­den Faktoren (Feedback-Quelle, -Botschaft, -Empfänger) in ausgewählten Punkten ge­nauer erläutert, wobei eine ausführliche Darstellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Als Feedback-Quelle wird im Folgenden ausschließlich eine Person als Feed­back-Geber verstanden und nicht von Ilgen et al. genannte, alternative Quellen wie z.B. die Aufgabe oder das Selbst (a.a.O.), da diese für die Betrachtung von interpersonellem Feedback weniger relevant erscheinen.

Das erste Stadium der Feedback- Wahrnehmung (perception of feedback; perceived feedback) betrifft die korrekte Wahrnehmung und Interpretation einer Feedback­Botschaft, die Voraussetzung für eine adäquate Reaktion auf das Feedback ist. Eigen­schaften der Feedback-Quelle, wie z.B. deren psychologische Nähe (im Sinne der Ähn-

lichkeit von Einstellungen und Werten), Glaubwürdigkeit und soziale Macht vergrößern nach Ansicht der Autoren die Aufmerksamkeit bei der Feedback-Entgegennahme und damit in den meisten Fällen dessen korrekte Wahrnehmung. In Bezug auf die Feedback­Botschaft wurden drei entscheidende Merkmale aus der Forschungsliteratur extrahiert: Feedback-Timing, -Frequenz und -Valenz (sign). Da den ersten beiden Punkten ein ei­gener Abschnitt (vgl. Abschnitt 2.3.3) in dieser Arbeit gewidmet ist, wird an dieser Stel­le nur auf die Feedback-Valenz bzw. -Wertigkeit näher eingegangen: Es scheint wenig überraschend, dass positives Feedback i.A. exakter und bereitwilliger wahrgenommen wird als negatives. Ilgen et al. (1979) begründen dies mit einem Schutzmechanismus, da positives Feedback für den Empfänger angenehmer ist als negatives und dessen Selbst­bewusstsein stärken kann. Negatives Feedback dagegen könnte verzerrt wahrgenommen werden, da es gegebenenfalls als Bedrohung für das Selbstbild aufgefasst werden kann (vgl. auch die Theorie von Kluger & DeNisi unter Abschnitt 2.2.4). In diesem Zusam­menhang spielt auch die Ursachenzuschreibung (Attribution) von positivem bzw. nega­tivem Feedback eine herausragende Rolle, die im Rahmen des Feedback-Modells von Fedor (1991) unter Abschnitt 2.2.3, sowie unter Abschnitt 2.4 über die Feedback­Attribution ausführlich erläutert werden wird. Bestimmte Persönlichkeitsvariablen des Feedback-Empfängers könnten ebenfalls oben genannte Effekte verstärken bzw. ab­schwächen. So vermuten Ilgen et al., dass beispielsweise Individuen mit hohem Selbst­wertgefühl negatives Feedback nicht so deutlich wahrnehmen wie positives, da ihr Fo­kus eher auf bestärkende Informationen der Feedback-Quelle ausgerichtet ist. Diese Konzentration auf positives Feedback wirkt sich wiederum günstig auf ihr Selbstwert­gefühl aus. Ein Beispiel für eine Wechselwirkung, die die Gegensatzpfeile in Abbildung 3 verdeutlichen. Die Höhe des Selbstwertgefühls, aber auch Variablen wie soziale Ängstlichkeit (social anxiety) oder die innere Kontrollüberzeugung einer Person (locus of control) (vgl. Abschnitt 2.3.2.1) scheinen Wahrnehmung und Interpretation von Feedback ebenfalls zu beeinflussen (Ilgen et al., 1979).

Nach der Wahrnehmung des Feedbacks widmet sich das zweite Stadium des Modells der Feedback-Akzeptanz (acceptance of feedback). Unter Feedback-Akzeptanz verste­hen Ilgen et al. die Annahme (belief) des Empfängers, dass das Feedback eine korrektes Abbild (portrayal) seiner erbrachten Leistung ist. Ob diese Annahme objektiv zutreffend ist, spielt für die subjektive Akzeptanz des Feedbacks keine Rolle. Auch in diesem zweiten Stadium der Feedback-Verarbeitung sind Merkmale der Feedback-Quelle, - Botschaft und des Empfängers bedeutsam für die Ausprägung der Feedback-Akzeptanz (Ilgen et al., 1979). Auf diese Einflussvariablen wird aufgrund der zentralen Rolle der Feedback-Akzeptanz für die vorliegende Arbeit in einem eigenen Gliederungspunkt (vgl. Abschnitt 2.3.2.1) ausführlich eingegangen und mit Ergebnissen der Forschungs­arbeit von Oberhoff (1978) über die Akzeptanz von interpersonellem Feedback ver­knüpft.

Weder Wahrnehmung noch Akzeptanz des Feedbacks betreffen den bedeutsamen As­pekt, ob der Empfänger tatsächlich gewillt ist, dem Feedback entsprechend zu reagieren (willingness to respond). Dieses Verlangen auf Feedback zu reagieren (desire to respond to feedback) wird im dritten Stadium des Modells erörtert. Was die Feedback­Quelle betrifft, scheint in diesem Zusammenhang mehr deren soziale Macht über Be­lohnungen und Sanktionen als deren Glaubwürdigkeit eine Rolle zu spielen. Ilgen et al. vermuten, dass sogar bei fehlender Feedback-Akzeptanz eine als ausgeprägt wahrge­nommene Macht- und Kontrollposition der Feedback-Quelle den Willen des Empfän­gers vergrößert, sich dem Feedback entsprechend zu verhalten. Bezüglich der Eigen­schaften der Feedback-Botschaft filterten die Autoren aus ihrer Literaturrecherche die drei Dimensionen Timing, Frequenz und Valenz heraus, diskutierten sie aber nicht wie bei der Feedback-Wahrnehmung einzeln, da sie sich häufig gegenseitig beeinflussten und selten getrennt betrachtet wurden. Stattdessen wählten Ilgen et al. eine für die Feedback-Forschung äußerst typische Fachterminologie: Feedback als Verstärker (rein­forcer), Feedback als Anreiz (incentive), intrinsische Motivation und Glaube an die Fä­higkeit zu Reagieren (belief in response capability; Selbstwirksamkeit). Da alle diese vier Feedbacktermini bereits unter Abschnitt 2.1.2 über die Motivationsfunktion von Feedback kurz angesprochen wurden, soll hier nur der Glaube an die Selbstwirksamkeit näher beleuchtet werden, da dieser von den Autoren besonders betont wird: Feedback sollte so gestaltet sein, dass ein Zusammenhang zwischen persönlicher Anstrengung und rückgemeldetem Erfolg hergestellt und dem Empfänger vermittelt wird, dass er durch vermehrte Anstrengung seine Leistung verbessern kann. Außerdem sollten konkrete Handlungsempfehlungen dem Empfänger verdeutlichen, wie diese Anstrengungen aus­sehen müssten, die ihm zum Erfolg verhelfen. Dieses Wissen kann seinen Glauben an die eigene Fähigkeit bzw. seine Selbstwirksamkeit vergrößern und sich damit positiv auf das Verlangen, dem Feedback entsprechend zu reagieren, auswirken. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Feedback einen tatsächlichen Erkenntnisgewinn darstellt und keine redundanten Informationen liefert, über die der Empfänger bereits verfügt. Im Hinblick auf die beeinflussenden Eigenschaften des Empfängers unterscheiden Ilgen et al. zusammenfassend zwei Bedürfnislagen, internal und external, denen durch die Art des Feedbacks begegnet werden könnte. Erstere erfordert es, dem Empfänger ein Gefühl der Kompetenz und Kontrolle über die Aufgabe zu vermitteln, letztere werde eher durch im Feedback angebotene äußere Belohnungsanreize befriedigt, um so das Verlangen des Empfängers, Feedback-konform zu reagieren, zu steigern (Ilgen et al., 1979).

Im letzten Modell-Stadium mündet das Verlangen zu Reagieren (desire to respond) in die beabsichtigte Reaktion (intended response). Um diese fließend ineinander überge­henden Stadien zu differenzieren, fokussieren sich Ilgen et. al. bei der beabsichtigten Reaktion ausschließlich auf den Zielsetzungsaspekt. Erfüllt das Feedback eine Ausrich­tungsfunktion (vgl. Abschnitt 2.1.2), wird ein Ziel entweder explizit oder implizit ge­nannt, um damit die entsprechende Leistung bzw. Reaktion des Empfängers herbeizu­führen. Feedback ohne Zielsetzungen ist grundsätzlich kaum denkbar (Ilgen et al., 1979; Kluger & DeNisi, 1996). Ziele (goals) können sowohl als explizite Maßstäbe für Feed­back gelten als auch implizit aus Feedback abgeleitet werden (Wunder, 1999). Ilgen et al. vermuten, dass eine optimale Passung zwischen Zielart und Art des Feedbacks am ehesten zu der erwünschten Reaktion führt. So ist ihrer Meinung nach z.B. das Errei­chen von spezifischen Zielen, die sie gegenüber allgemeinen Zielen favorisieren, am besten durch das Geben von spezifischem Feedback zu erreichen (Ilgen et al., 1979). Kluger und DeNisi (1996) als auch Wunder (1999) bestätigen, dass aus Feedback ab­leitbare, konkrete Zielsetzungen Feedback-Effekte verstärken können. Das Konzept der Zielsetzung im Rahmen des Feedback-Prozesses wird auch in neueren Arbeiten aufge­griffen und ausführlich diskutiert (vgl. Becker-Beck & Schneider, 2003; London, 2003). Wie Abbildung 3 (S. 16) zeigt, können noch in der Endphase der Feedback­Verarbeitung bestimmte Faktoren auftreten, die die gewünschte Reaktion negativ beein­flussen, selbst wenn der Empfänger adäquat reagieren möchte. Äußere Einschränkungen (external constraints) im Lebensalltag des Betroffenen wie z.B. fehlendes Equipment oder ungeeignete Mitarbeiter, aber auch internale Faktoren wie z.B. mangelnde Qualifi­kation oder Leistungsfähigkeit des Empfängers sind dafür verantwortlich zu machen (Ilgen et al., 1979).

Der Pfeil in Abbildung 3 (S. 16), der von der Reaktion (response) des Empfängers zu­rück zur Feedback-Quelle führt, soll die Reziprozität des Feedback-Prozesses veran­schaulichen: Die Reaktion wirkt sich wiederum auf den Feedback-Geber aus und lässt diesen entsprechend auf den Empfänger reagieren (Ilgen et al., 1979; vgl. auch London, 2003). Claiborn et al. (2002) sehen die Reaktion des Empfängers dementsprechend als Feedback für den Feedback-Geber.

Insgesamt betonen Ilgen et al., dass die Wirksamkeit eines Feedbacks schlussendlich nur durch das gezeigte Verhalten des Empfängers bewertet werden kann (vgl. auch Wunder, 1999), wie es auch in der hier vorliegenden Arbeit geschehen soll. Da aber, wie bereits angesprochen, die Reaktionen auf Feedback widersprüchlich und uneindeu­tig sein können, ist die Kenntnis des intermediären Prozesses der Feedback­Verarbeitung für das Verstehen und die Interpretation von gefundenen Effekten unab­dingbar (Ilgen et al., 1979).

In einer aktuellen Langzeitstudie von Kinicki et al. (2004) wurde das Modell von Ilgen et al. nun erstmals vollständig empirisch überprüft und die Validität der intermediären kognitiven Prozessvariablen, sowie deren strukturelle Beziehung zueinander bestätigt. Kinicki et al. schließen aus ihren Ergebnissen, dass ein Feedback, das nicht akzeptiert wird, daher mit geringer Wahrscheinlichkeit zu der gewünschten Verhaltensänderung führen wird (a.a.O.).

2.2.2 Kontrolltheoretische Perspektive der Feedback-Wirkung von Taylor, Fisher und Ilgen (1984)

Wie die Wiederholung der Autorennamen in umgekehrter Reihenfolge vermuten lässt, handelt es sich hier um eine Überarbeitung und Weiterentwicklung des im vorausge­henden Abschnitt beschriebenen Feedback-Prozess-Modells (Fedor, 1991; Taylor et al., 1984). Wie bereits 1979 stellen Taylor et al. (1984) fest, dass Feedback nicht automa­tisch zu der vom Feedback-Geber gewünschten Verhaltensreaktion führen muss, son­dern auch unerwünschte Wirkungen haben kann: „Feedback may have no impact on the recipient at all, it may cause the individual to lash out angrily, or it may result in a re­sponse quite different from that desired by the source“ (S. 82). Die Autoren beschreiben die Feedback-Verarbeitung daher hier weniger als prozesshaften Ablauf (vgl. Abbil­dung 3, S. 16), sondern lenken die Aufmerksamkeit vielmehr auf mögliche, erwünschte und unerwünschte, Feedback-Reaktionen, die sie in Kategorien einteilen, zu erklären versuchen und gegebenenfalls zueinander in Beziehung setzen.

Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Einbeziehung der kontrolltheoretischen Per­spektive (vgl. Carver & Scheier, 1981, 1998) als Erklärungsversuch für die möglichen Reaktionen auf Feedback (Fedor, 1991; Taylor et al., 1984). Damit greifen die Autoren das ursprünglich kybernetische Feedback-Konzept wieder auf (vgl. Abschnitt 2.1.1), dessen Kernelement in diesem Zusammenhang die Feedback-Schleife darstellt. Fasst 20 man diese als ein System auf, bedeutet das, dass ein ständiger Abgleich zwischen Input (z.B. Wahrnehmung der Auswirkungen des eigenen Verhaltens) und einem Referenz­wert (z.B. Verhaltensstandard) stattfindet. Stimmen beide überein, löst das keine Reak­tion des Systems aus. Werden jedoch Diskrepanzen beobachtet, so werden diese durch einen entsprechenden Output (z.B. Verhalten) beantwortet, um dadurch Veränderungen der Umwelt (z.B. Auswirkungen des Verhaltens auf die Umwelt) zu erzielen. Diese dienen entsprechend der Reziprozität des Feedback-Prozesses (vgl. Abschnitt 2.2.1) wiederum als Input-Informationen für das System, das solange weiter aktiv ist, bis keine Diskrepanzen mehr feststellbar sind. Außerdem ist es möglich, den Referenzwert über eine kognitive Schleife (z.B. durch interpersonelles Feedback) zu verändern (sekundärer Output) (Becker-Beck & Schneider, 2003; Taylor et al., 1984). Ein Beispiel für ein ein­faches Kontrollsystem-Modell zeigt Abbildung 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Einfaches Kontrollsystem-Modell (in Anlehnung an Taylor, Fisher & Ilgen, 1984)

Taylor et al. (1984) beziehen sich in ihrem kontrolltheoretischen Ansatz zur Feedback­Wirkung sowohl auf Feedback im Allgemeinen (feedback in general) als auch explizit auf Feedback in formellen Leistungsbeurteilungssituationen (feedback provided within the formal performance appraisal setting), wie etwa in einem AC, was für die vorlie­gende Arbeit von besonderem Interesse ist (vgl. Abschnitt 3.3). Ausgehend von einem festgelegten Leistungsstandard in einem Arbeitskontext betrachten Taylor et al. die Feedback-Reaktionen auf zwei in der Praxis übliche Abweichungen: Der Feedback­Empfänger hat den erwarteten Standard erreicht oder sogar übertroffen (positives Feed­back). Dem Empfänger wird signalisiert, dass er hinter dem erwarteten Standard zu­rückgeblieben ist (negatives Feedback). Die möglichen Feedback-Reaktionen werden, wie bereits angesprochen, in Kategorien unterteilt und nacheinander anhand empirischer 21 Erkenntnisse vorgestellt, insbesondere aus kontrolltheoretischer Perspektive erklärt, sowie Hinweise zur Verbesserung der Feedback-Wirksamkeit gegeben. Es werden drei Kategorien von Taylor et al. (1984) unterschieden: Kognition (cognitive category), Verhalten (behavioral category) und Affekt (affective category).

- Kognition

Taylor et al. (1984) unterscheiden fünf kognitive Feedback-Reaktionen: Bewertung der Feedback-Genauigkeit (feedback accuracy), Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Feedback-Gebers (feedback source credibility), Beurteilung der Fairness des Systems (system fairness), Veränderungen der Erwartungen zur Standarderreichung (expectan­cies for standard attainment) und Veränderungen der Verhaltensstandards selbst (beha­vioral standards themselves). Die Beziehung zwischen wahrgenommener Feedback­Genauigkeit und Glaubwürdigkeit des Feedback-Gebers wurde bereits unter „Feed­back-Wahrnehmung“ in Abschnitt 2.2.1 angesprochen. Eine Steigerung dieser beiden einflussreichen Faktoren kann nach Meinung der Autoren dadurch erreicht werden, dass Feedback basierend auf konkreten Arbeitsbeispielen (work incidents) gegeben wird, relevant ist für gemeinsam anerkannte Verhaltensstandards und auch die Anstrengungen des Empfängers reflektiert. Außerdem sollte sich der Feedback-Geber um eine objektive und hilfreiche Feedback-Darstellung bemühen.

Die wahrgenommene Fairness des Feedback-Systems spielt ebenfalls eine Rolle: Weist ein Bewertungssystem z.B. unvernünftig hohe, widersprüchliche oder unklare Standards auf, begleitet von nur vereinzeltem Feedback basierend auf der Beobachtung nicht­repräsentativer Verhaltensbeispiele, wird dieses System höchstwahrscheinlich als unfair empfunden und nicht die gewünschten Reaktionen hervorrufen können. Eine regelmä­ßige Überprüfung der Bewertungsstandards ist deshalb, z.B. im organisationalen Ar­beitskontext, laut Taylor et al. (1984) unumgänglich.

Durch das Feedback kann es zu Veränderungen der Erwartungen zur Standarderrei­chung kommen, d.h. zu einer veränderten subjektiven Wahrnehmung des Empfängers, durch kontinuierliche Bemühung den Standard letztendlich erreichen zu können. Je hö­her die individuelle Erfolgserwartung ausgeprägt ist, desto höher ist vermutlich die Wahrscheinlichkeit, dass der Empfänger im Sinne des Feedback-Gebers reagiert und den gewünschten Standard erreichen kann. Bestimmte situative Faktoren können laut Taylor et al. (1984) bei negativem Feedback zur Aufrechterhaltung einer hohen Erwar­tungshaltung beitragen, beispielsweise die Überzeugung (persuasion) des Feedback­Gebers, dass der Empfänger zur Standarderreichung in der Lage ist, und er diese unter­stützende Haltung im Feedback-Gespräch auch explizit einnimmt. Allerdings sind ex­treme Veränderungen der Erwartungshaltung als Folge des Feedbacks eher zu Beginn einer Tätigkeit bzw. eines Aufgabenkomplexes zu erwarten, solange sich der Empfän­ger noch kein endgültiges Bild von seinen Kompetenzen in diesem Anforderungskon­text gemacht hat. Ob der Feedback-Empfänger mit hoher Erfolgszuversicht im Rahmen eines neuen Tätigkeitskomplexes an die folgenden Aufgaben herangeht, scheint dem­nach v.a. durch das erste diesbezügliche Feedback und die Art, wie es gegeben wird, geprägt werden.

Da Taylor et al. (1984) mögliche Reaktionen auf Feedback aus kontrolltheoretischer Perspektive betrachten, fokussieren sie insbesondere das Bestreben des Individuums, die Diskrepanz zwischen seinem tatsächlichen Verhalten und seinen Standards zu mi­nimieren. Dies kann entweder durch Modifikation der Leistung, aber auch durch Sen­kung des Standardlevels auf ein leichter erreichbares geschehen. Sinkt die Erwartung bzgl. der Standarderreichbarkeit bei negativem Feedback auf ein niedriges Niveau ab, können also Veränderungen der Verhaltensstandards selbst die Folge sein. Vor der Veränderung höherrangiger Standards (upper-level standards) werden Feedback­Empfänger laut Taylor et al. aber wahrscheinlich auf alternative Reaktionen zurückgrei­fen wie z.B. sich mehr anzustrengen (trying harder) oder die Strategie zur Standarder­reichung zu modifizieren (using a different strategy), was in der Kategorie „Verhalten“ genauer thematisiert werden wird. Auch bei positivem Feedback kann es zu Verände­rungen der Standards kommen, wenn diese z.B. nach Erreichen in den Augen des Emp­fängers an Wert verlieren oder eine Erhöhung der eigenen Standards zusätzliche Vortei­le bringt.

- Verhalten

Verhaltensreaktionen werden von Taylor et al (1984) als Folge kognitiver Veränderun­gen bzgl. der Erwartungen und Verhaltensstandards des Empfängers, die durch Feed­back ausgelöst werden, interpretiert. Die Autoren diskutieren als vier mögliche Verhal­tensreaktionen: die Veränderung der Verhaltensstrategie (direction of behavior), der Bemühung (altering effort) und des aufgabenbezogenen Durchhaltevermögens (task persistence), sowie die Reaktanz bzw. Auflehnung gegen das Feedback-System (respon­ding against the feedback system).

Zu einer sichtbaren Veränderung der Verhaltensstrategie kommt es, wenn Individuen, in erster Linie nach einem negativen Feedback, alternative, effektivere Verhaltenswei­sen anwenden. Voraussetzung dafür ist die bereits unter „Kognition“ angesprochene hohe Erfolgserwartung, bei der eine Erreichung des Standards noch für sehr wahr­scheinlich gehalten wird. Als geeignet erscheint in diesem Zusammenhang ein deskrip­tives und direktives Feedback, das dem Empfänger wirkungsvolle, zielführende Verhal­tensstrategien aufzeigen kann (Taylor et al., 1984).

Damit einhergehend verändert der Empfänger nach einem Feedback auch häufig sein Bemühen zur Standarderreichung. Nach negativem Feedback wird er bei hoher Erfolgs­erwartung seine Anstrengungen vermutlich vergrößern, bei niedriger Erfolgserwartung eher verringern. Nach positivem Feedback könnten angehobene Standards und zukünf­tige Belohnungen zu gesteigerter Anstrengung führen. Wenn der intrinsische Wert der Standarderreichung abnimmt oder keine Motivation zur Standarderhöhung existiert (z.B. durch in Aussicht gestellte Belohnungen), könnte das eher zu einer Reduktion der Anstrengungen führen (Taylor et al., 1984; vgl. auch Fedor, 1991).

Das aufgabenbezogene Durchhaltevermögen nach einem Feedback wird laut Taylor et al. (1984) wiederum durch die Erfolgserwartung des Empfängers und durch die evtl. Präsenz eines organisationalen Kontrollsystems bzw. dessen verhaltensbeschränkender Standards bestimmt. Außerdem scheint die Fähigkeit, zwischen erreichbaren und uner­reichbaren Standards unterscheiden zu können, eine Rolle für die Persistenz zu spielen. Zur Reaktanz bzw. Auflehnung gegen das Feedback-System kann es nach Meinung von Taylor et al. (1984) v.a. dann kommen, wenn das Feedback-System, wie in der Katego­rie „Kognition“ erläutert, als unfair empfunden wird. Möglich ist aber auch, dass der Empfänger seinen Handlungsspielraum durch den Repräsentanten, also den Feedback­Geber, eines ansonsten fairen Systems zu sehr bedroht sieht, wobei er diesen Standard höher bewertet als den Leistungsstandard. Mögliche Reaktanz-Reaktionen können sein, dass sich der Feedback-Empfänger nach dem (negativen) Feedback absichtlich genau so verhält wie zuvor oder genau das Gegenteil von dem im Feedback Vorgeschlagenen tut, um die Kontrolle über sich selbst und seinen Handlungsspielraum aufrechtzuerhalten (vgl. auch Jöns, 2000). Zur Vermeidung eines solchen Reaktanz-Verhaltens beim Emp­fänger raten die Autoren zu einer partizipativen und nicht-bedrohlichen Feedback­Gestaltung.

- Affekt

Taylor et al. (1984) vermuten, dass affektive Reaktionen auf Feedback durch Größe und Richtung der Diskrepanz zwischen gezeigter Leistung und zu erreichender Standards bestimmt werden, aber auch durch die vom Empfänger vorgenommenen Ursachenzu­schreibungen (vgl. Abschnitt 2.4). Erwartungsgemäß löst positives Feedback eher ange- nehme affektive Reaktionen aus, negatives Feedback dagegen eher unangenehme. Die exakte Beschaffenheit dieser affektiven Reaktionen (z.B. Stolz, Dankbarkeit, Schuld­bewusstsein) scheint aber auch maßgeblich vom Attributionsverhalten des Empfängers, z.B. ob er eher external oder internal attribuiert (vgl. Abschnitt 2.4.1), und davon, wie erwartungskonform das erhaltene Feedback ist, abhängig zu sein. Die Autoren vermu­ten, dass Feedback, das erheblich von den Erwartungen des Empfängers abweicht, eher negative affektive Reaktionen hervorrufen könnte, da es häufiger als nicht zutreffend wahrgenommen wird.

Im Gegensatz zu dieser kontrolltheoretisch motivierten Herangehensweise von Taylor et al. (1984) weist Fedor (1991) in seinem Feedback-Modell, das im Folgenden vorgestellt wird, explizit auf die aktive, gestaltende Rolle des Empfängers im Rahmen seiner indi­viduellen Feedback-Verarbeitung hin und unterscheidet erstmalig zwischen kurz- und langfristigen Verhaltensreaktionen des Empfängers.

2.2.3 Feedback-Modell von Fedor (1991)

Fedor betrachtet in seinem forschungsbasierten Modell nicht nur die informative son­dern auch die persuasive Komponente interpersonellen Leistungsfeedbacks und analy­siert dessen Effekte auf Wahrnehmung sowie Reaktionen des Empfängers. Da er sich bei den Ausführungen zur informativen Feedback-Komponente explizit auf die bereits besprochenen modell-theoretischen Annahmen von Ilgen et al. (1979) und Taylor et al. (1984) bezieht, wird in dieser Arbeit v.a. der persuasive Aspekt des Feedbacks im Mo­dell von Fedor thematisiert, da dieser auch für den Abschnitt 2.4 über Feedback­Attribution wichtige Verständnisgrundlagen liefert: „In fact, when feedback is presented by others it is often given with the intent to persuade recipients that their attitudes or behaviors need to change“ (Fedor, 1991, S. 75).

Auf die redundante Erläuterung der Modell-Kategorien bezüglich Wahrnehmung ex- ternaler Merkmale der Feedback-Quelle (Perceived Source Characteristics),der Feed­back-Botschaft (Perceived Feedback Message Characteristics) und bzgl. der im gesam­ten Feedback-Prozess wirksam werdenden Eigenschaften des Empfängers (Recipient Characteristics) soll im Folgenden zu Gunsten einer prägnanten und übersichtlichen Darstellung der verbleibenden Kategorien mit Verweis auf das Modell von Ilgen et al. (vgl. Abschnitt 2.2.1) und Abbildung 5 verzichtet werden.

In Berufung auf das Persuasionsmodell (the elaboration likelihood model of persuasion) von Petty und Cacioppo (1986, zitiert nach Fedor, 1991; vgl. Stahlberg & Frey, 2001) geht Fedor davon aus, dass die Verarbeitungstiefe (elaboration level) des Feedbacks eine entscheidende Rolle für die anschließende Feedback-Reaktion spielen könnte, da nicht jedes Feedback automatisch detailliert (centrally), wie in der Feedback-Forschung oft implizit angenommen, sondern gegebenenfalls auch nur oberflächlich (peripherally) verarbeitet wird. Die Gründe für eine eher periphere Verarbeitung beim Empfänger sind vielfältig: Geringe persönliche Relevanz des Feedback-Inhalts, kaum Verantwortungs­übernahme (responsibility) für das Feedback, repetitives Feedback mit redundanter In­formation, erwartungskonformes Feedback oder eine niedrige Machtposition des Feed­back-Gebers. Alle genannten Faktoren können laut Fedor vermutlich die Motivation zur tiefgreifenden Feedback-Verarbeitung verringern. Aber auch äußere Ablenkung, man­gelndes Vorwissen oder unzureichende Verständlichkeit der Feedback-Botschaft könn­ten die Fähigkeit zu einer hohen Verarbeitungstiefe des Feedbacks herabsetzen. Mit dieser von Fedor eingeführten Variable lassen sich auch Aussagen von Ilgen et al.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Feedback-Modell von Fedor (in Anlehnung an Fedor, 1991)

(1979; vgl. „Verlangen auf Feedback zu reagieren“ unter Abschnitt 2.2.1) wie z.B., dass redundantes Feedback kaum zu einem gesteigerten Glauben an die Selbstwirksamkeit beim Empfänger beitragen kann, durch eine nur periphere Verarbeitung dieser Feed­back-Informationen theoretisch fundiert erklären.

In Folge einer nur oberflächlichen Feedback-Verarbeitung generiert der Empfänger auf einfachen Entscheidungsheuristiken basierende, habituelle oder relativ automatische Reaktionen (automatic responses) auf das Feedback, indem er die weiteren Prozess­schritte des Modells„überspringt“, was der durchgehende Pfeil in Abbildung 5 symboli­siert. Falls dann dennoch eine, aber eben nur oberflächliche, Meinungs- oder Verhal­tensänderung stattfindet, „driftet“ der Empfänger bald wieder in seinen ursprünglichen Ausgangszustand zurück („cognitive drift“). Dies bietet auch einen möglichen Erklä­rungsansatz für die im Alltag oft beobachtbare, nur kurzfristige „Anpassung“ an die Ansprüche des Feedback-Gebers.

Als Schlüsselereignis (key aim) der Verarbeitungsphase bezeichnet Fedor die damit einhergehende Urteilsbildung (related judgements) des Empfängers bzgl. der Ursachen seiner im Feedback bewerteten Leistung und des Feedbacks selbst, sowie seine diesbe­zügliche Verantwortungsübernahme. Auf dieses Attributionsverhalten wird unter Ab­schnitt 2.4 ausführlich eingegangen. Je nach Urteilsbeschaffenheit werden häufig dann auch bereits wahrgenommene Eigenschaften von Feedback-Botschaft und Feedback­Geber nochmals überdacht und gegebenenfalls rückwirkend an das Urteil „angepasst“, was die Gegensatzpfeile in Abbildung 5 veranschaulichen. Durch diese Wechselwir­kung und aktive „Gestaltungsmöglichkeit“ bzw. rückwirkende Einflussnahme des Emp­fängers erhält der Feedback-Prozess im Modell von Fedor (1991) ein dynamisches, in­teraktives Element, das in den bisher besprochenen modell-theoretischen Annahmen von Ilgen et al. (1979; vgl. Abschnitt 2.2.1) und Taylor et al. (1984; vgl. Abschnitt 2.2.2) unberücksichtigt blieb.

Eine detaillierte Verarbeitungstiefe des Feedbacks vorausgesetzt, hat sich der Empfän­ger am Ende dieser Urteilsbildungsprozesse vermutlich eine bestimmte Meinung (be­liefs) über das Feedback und seine Bedeutung gebildet, deren Ausprägungsstärke und Inhalt möglicherweise durch auf das Feedback bezogene Unsicherheit (uncertainty) beeinflusst werden. Eine solche Unsicherheit kann auch durch objektiv präzises Feed­back beim Empfänger verursacht werden, z.B. durch inkonsistente Feedback­Informationen von mehreren Feedback-Gebern oder durch eine allzu beschönigende Darstellung von negativem Feedback. Der Empfänger wird normalerweise diese Unsi­cherheit zu beseitigen versuchen, indem er z.B. weitere Feedback-Informationen einholt (feedback-seeking) und erneut verarbeitet (Fedor, 1991). Dass diese Unsicherheit vom Empfänger aber nicht in jedem Fall als unangenehm empfunden und bekämpft wird, da sie ihm den Vorteil bietet, v.a. bedrohliches Feedback zu seinen Gunsten zu interpretie­ren, wurde bereits bei der subjektiven Komponente von Feedback unter Abschnitt 2.1.1 und 2.1.2 deutlich.

Wie Abbildung 5 (S. 26) zeigt, werden laut Fedor (1991) die Verhaltensabsichten durch subjektive Normen, Einstellungen und wahrgenommene Kontrolle des Empfängers be­einflusst. Subjektive Normen (subjective norms), also die vermuteten Erwartungen an­derer, wie z.B. des Feedback-Gebers, und die Motivation des Empfängers, diesen zu entsprechen, wirken sich auf die Intentionen aus, wobei hier die individuelle Gewich­tung und Vereinbarkeit unterschiedlicher Normen (z.B. organisationale vs. familiäre Normen) für die Feedback-Reaktionen bedeutsam sind. Spezifische Einstellungen (atti­tudes), die sich auf bestimmte Verhaltensalternativen beziehen, haben laut Fedor einen beträchtlichen Einfluss auf Verhaltensintentionen und -reaktionen. Wenn auch Empfän­ger z.B. unmittelbar positiv auf vorteilhaftes Feedback reagieren, so werden ihre tat­sächlichen Verhaltensabsichten und anschließenden Reaktionen bezüglich mehr, gleichbleibender oder weniger Arbeitsanstrengung auf ihren Einstellungen gegenüber diesen alternativen Ausprägungen beruhen. Die vom Empfänger wahrgenommene ei­gene Kontrolle (perceived control) über die geforderten Feedback-Reaktionen wird vermutlich gesteigert durch möglichst informatives und prozessorientiertes Feedback, was sich günstig auf dessen Verhaltensabsichten auswirken könnte (vgl. auch „Verlan­gen auf Feedback zu reagieren“; Selbstwirksamkeit unter Abschnitt 2.2.1). Feedback kann so gestaltet werden, dass es auf eine oder mehrere dieser drei genannten Variablen einwirkt und damit die Intentionen des Empfängers beeinflusst: „these three influences over behavioral intentions represent leverage points that can be used to affect recipient responses“ (Fedor, 1991, S. 102). Dies könnte natürlich auch wieder Unsicherheit beim Empfänger auslösen, v.a. wenn bisherige Überzeugungen des Empfängers in Frage ge­stellt werden. Diese möglichen Wechselwirkungen veranschaulicht der Gegensatzpfeil in Abbildung 5 (S. 26).

Im Gegensatz zu Ilgen et al. (1979; vgl. Abschnitt 2.2.1) und Taylor et al. (1984; vgl. Abschnitt 2.2.2) weist Fedor auch darauf hin, dass sich der absolute und relative Ein­fluss jeder der drei oben genannten Variablen auf die Verhaltensabsichten (behavioral intentions) mit der Zeit verändern kann und Verhaltensabsichten somit eine potentielle Instabilität aufweisen: „Therefore, a strong attitude leading to a harsh response to nega­tive feedback one day may give way to the importance of conforming to more professi­onal norms the next day“ (Fedor, 1991, S. 77).

Diese mögliche Instabilität von Verhaltensintentionen erfordert die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Verhaltensreaktionen auf Feedback (short & long­term behavioral responses). Die Konformität zwischen Verhaltensabsichten und tat­sächlichem Verhalten ist dabei u.a. abhängig von der Spezifität der Intentionen, der Kontrollierbarkeit des geforderten Verhaltens durch den Empfänger und dem Wirken äußerer Einschränkungen (vgl. Abschnitt 2.2.1) und unbewusster Einflüsse (external constraints & unconscious influences): Je spezifischer und konkreter die Absichten des Empfängers sind, desto eher kann laut Fedor auf dessen tatsächliches künftiges Verhal­ten geschlossen werden. Als nicht willentlich kontrollierbar stuft Fedor z.B. nonverbales Verhalten als unmittelbare Feedback-Reaktion ein. Als unbewusste Einflüsse kategori­siert er z.B. die Angst, sich aus Verpflichtung gegenüber den Kollegen dem Feedback eines Vorgesetzten entsprechend zu verhalten. Die kurzfristigen Feedback-Reaktionen und deren erlebte Folgen wirken auf subjektive Normen, Einstellungen oder wahrge­nommene Kontrolle des Empfängers zurück (vgl. Abbildung 5, S. 26), verändern sie gegebenenfalls und damit auch wiederum die Verhaltensabsichten. Die Vorhersage langfristiger Verhaltensreaktionen auf Basis der Intentionen oder auch kurzfristiger Re­aktionen des Empfängers erscheint daher laut Fedor kaum sinnvoll. Der notwendige Erkenntnisgewinn durch die direkte empirische Erfassung mittel- bis langfristiger Ver­haltensreaktionen wurde in der Feedback-Forschung bisher leider häufig versäumt (Fe- dor, 1991; vgl. auch Wunder, 1999). Die vorliegende Arbeit versucht einen bescheide­nen Beitrag zur Behebung dieser Forschungslücke zu leisten.

Fedor (1991) will durch sein Modell auch darauf aufmerksam machen, dass qualitative Forschung nötig ist, um wesentliche Elemente der individuellen Feedback­Verarbeitung, wie z.B. die attributive Interpretation des Feedbacks durch den Empfän­ger (vgl. Abschnitt 2.4), besser verstehen zu können. Der qualitative Forschungsansatz dieser Arbeit versucht dieser Forderung Fedors ein Stück weit zu begegnen (vgl. Ab­schnitt 6.1).

2.2.4 Feedback-Interventions-Theorie (FIT) von Kluger und DeNisi (1996)

Mit ihrer vorläufigen (preliminary) Feedback-Interventions-Theorie (FIT) wollen Kluger und DeNisi einen ersten Schritt in Richtung einer integrativen, einheitlichen Feedback-Theorie gehen, die, wie unter Abschnitt 2.2 bereits angesprochen, bisher in der Forschung fehlt, und nehmen dafür die höhere Komplexität und Abstraktheit einer solchen Herangehensweise in Kauf (Kinicki et al., 2004; vgl. auch Abschnitt 2.2.1). Die von Kluger und DeNisi sehr ausführlich erläuterten theoretischen Grundlagen sollen daher hier nur insofern besprochen werden, soweit sie zum grundlegenden Verständnis der FIT nötig sind (vgl. Kluger & DeNisi, 1996, 1998).

Kluger und DeNisi beziehen ihre Theorie explizit auf Feedback-Interventionen (FIs), die sie definieren als „actions taken by (an) external agent(s) to provide information regarding some aspect(s) of one's task performance” (Kluger & DeNisi, 1996, S. 255), und die sich auch als Komponente interpersonellen Feedbacks nach Oberhoff (1978) wiederfinden (vgl. Abschnitt 2.1.1).

In Anlehnung an Taylor et al. (1984, vgl. Abschnitt 2.2.2) gehen Kluger und DeNisi (1996) von vier Reaktionsmöglichkeiten des Empfängers (erwünschte und uner­wünschte) auf Feedback-Standard Diskrepanzen aus: Zwei Möglichkeiten betreffen die Veränderung (change) einer die Diskrepanz verursachenden Komponente (d.h. Verän­dern des Verhaltens oder Verändern des Standards). Die restlichen beiden erfordern die Beseitigung (elimination) einer für die Diskrepanz verantwortlichen Komponente (d.h. Aufgeben des Standards oder Ablehnen des Feedbacks bzw. Feedback-Gebers).

Die FIT soll nun u.a. dazu beitragen, das Auftreten dieser unterschiedlichen Reaktionen besser erklären und vorhersagen zu können. Sie basiert auf fünf Grundannahmen (ba­sic arguments), die als interdependent und aufeinander aufbauend zu verstehen sind:

(a) „Verhalten wird reguliert durch Vergleiche von Feedback mit Zielen oder Stan­dards,
(b) Ziele oder Standards sind hierarchisch organisiert [wobei das Selbst einer Person betreffende Ziele oder Standards die Spitze dieser Hierarchie bilden und physi­sche automatisierte Handlungsziele deren unteres Ende, z.B. Öffnen einer Tür],
(c) Aufmerksamkeit ist begrenzt und deshalb sind nur Feedback-Standard Diskre­panzen [feedback-standard gaps], die Aufmerksamkeit erhalten, aktiv an der Verhaltensregulierung beteiligt,
(d) Aufmerksamkeit wird normalerweise auf eine mittlere [moderate] Hierarchie­ebene gerichtet, und
(e) FIs verändern den Ort der Aufmerksamkeit [locus of attention] und beeinflussen daher das Verhalten“ (Kluger & DeNisi, 1996, S. 259, Übers. v. Verf.).

Diese letzte Annahme von Kluger und DeNisi ist einzigartig und entscheidend für die FIT, während (a) bis (d) häufig vorkommenden Elementen in Feedback-Theorien, v.a. in kontrolltheoretischen Herangehensweisen (vgl. auch Abschnitt 2.2.2), entsprechen. Die Autoren vermuten, dass FIs, die die Aufmerksamkeit (attention) des Empfängers auf hierarchisch untere Ebenen, z.B. auf die Aufgabe (task), richten, günstigere Effekte (FI effectivness), wie z.B. Verändern des Verhaltens, erzielen als FIs, die das Selbst (self), also die Spitze der Hierarchie, fokussieren (vgl. Abbildung 6). In diesem Fall sind eher ungünstige FI-Effekte wahrscheinlich, wie z.B. Ablehnen des Feedbacks bzw. Feedback-Gebers. In abschließenden Moderatoranalysen der Effekte einer umfangrei­chen Meta-Analyse bisheriger Feedback-Forschung (vgl. Abschnitt 2.3.2.3) fand diese Vermutung von Kluger und DeNisi empirische Bestätigung: Demnach sind FIs mit höherer Wahrscheinlichkeit effektiv, wenn sie die Aufmerksamkeit des Empfängers dauerhaft auf die Aufgabe richten und das Fokussieren der Aufmerksamkeit auf per­sönliche Eigenschaften des Empfängers vermeiden (vgl. Abbildung 6). Kluger und DeNisi sprechen in diesem Zusammenhang von sogenannten FI Cues, womit Elemente der Feedback-Botschaft gemeint sind, die die Aufmerksamkeit des Empfängers auf eine bestimmten Hierarchieebene lenken können. Der FI Cue Lob (praise) beispielsweise, von dem Kluger und DeNisi postulieren, dass er die Aufmerksamkeit des Empfängers eher auf dessen Person als auf die Aufgabe richtet, führte sowohl in früheren Labor- als auch Felduntersuchungen eher zu einer Abschwächung der FI-Effekte auf die Leistung der Probanden. Ebenso soll laut Kluger und DeNisi eine verbale FI, die die Anwesen­heit eines Feedback-Gebers involviert, die leistungsfördernden Effekte mehr abschwä­chen als eine computergestützte FI, bei der die Aufmerksamkeit des Empfängers mehr auf die Aufgabenebene gelenkt wird. Insgesamt gehen Kluger und DeNisi also davon aus, dass FI Cues, die die Aufmerksamkeit des Empfängers eher auf Meta­Aufgabenprozesse lenken, die FI Effekte auf Leistung schwächen, wohingegen FI Cues, die die Aufmerksamkeit auf die Aufgabenebene lenken, die FI Effekte eher vergrößern. Diese Befunde werden ferner auch durch die Beschaffenheit der jeweiligen Aufgabe beeinflusst, wobei die Autoren hier aufgrund ihrer Daten noch zu keinen eindeutigen Ergebnissen kommen (Kluger & DeNisi, 1996).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Kernaussage der Feedback-Interventions-Theorie (FIT) von Kluger und DeNisi (1996)

Kluger und DeNisi weisen darauf hin, dass erst durch zusätzliche Grundlagenforschung die vielen und komplexen Behauptungen ihrer Theorie nachhaltig bewiesen werden können (Kluger & DeNisi, 1996), was aber z.B. durch die problematische Operationali- sierbarkeit einer sich durch FI verändernden Selbstaufmerksamkeit erschwert wird. Ers­te Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen (vgl. Long, 2003; Vancouver & Tischner, 2004). Wie Wunder (1999) kritisch anmerkt, ist auch die von Kluger und DeNisi vorgenommene analytische Trennung zwischen Feedback über die Aufgabe und Feedback über die eigene Person nicht für jeden Kontext, wie z.B. den von ihm unter­suchten Bereich der Teamsupervision, gültig, da hier interpersonales Handeln zentral ist und daher diese beiden Feedbackarten miteinander verschmelzen.

[...]

Fin de l'extrait de 227 pages

Résumé des informations

Titre
Feedback im Rahmen eines Förder-Assessment-Centers für Mitarbeiter der internationalen Jugendarbeit
Université
University of Regensburg
Note
1
Auteur
Année
2007
Pages
227
N° de catalogue
V186392
ISBN (ebook)
9783869437323
ISBN (Livre)
9783869431543
Taille d'un fichier
1363 KB
Langue
allemand
Mots clés
feedback, rahmen, förder-assessment-centers, mitarbeiter, jugendarbeit
Citation du texte
Raphaela Schmidt (Auteur), 2007, Feedback im Rahmen eines Förder-Assessment-Centers für Mitarbeiter der internationalen Jugendarbeit , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186392

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