Die Marxschen Ideen über Erziehung und ihr Wert für die Schule von Heute


Seminararbeit, 2011

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. VORBEMERKUNG

2. ERZIEHUNGSTHEORIEN
2.1 MARXENS MENSCHENBILD UND DAS ‚SEINER‘ GESELLSCHAFT
2.2 ZIELE
2.3 METHODEN AM BEISPIEL DER KRITIK DES GOTHAER PROGRAMMS

3. MARXENS AUFFASSUNG VON ERZIEHUNG - ÜBERWINDUNG DER ENTFREMDUNG
3.1 POLYTECHNISCHE ERZIEHUNG
3.2 REVOLUTIONÄRE PRAXIS

4. KANN ES „REVOLUTIONÄRE PRAXIS“ IN DER PÄDAGOGIK GEBEN?
4.1 ROLLENVERTEILUNG UND ROLLENVERSTÄNDNIS
4.1.1 Schüler
4.1.2 Erwachsene/ Eltern
4.1.3 Lehrer/ Pädagogen

5. FAZIT

BIBLIOGRAPHIE

1. Vorbemerkung

Marx gilt fraglos als einer der umstrittensten Philosophen des vergangenen Jahrhunderts. Zahllose Wissenschaftler haben sich fächerübergreifend mit seinen Thesen und Ideen auseinander gesetzt, nicht zuletzt, weil sich vor allem der östliche Teil Europas politisch und gesellschaftlich auf Marx berief. Sich in einer 15-seitigen Hausarbeit erschöpfend mit den Marxschen Ansichten zur Erziehung und den dazu verfassten Kommentaren Anderer auseinander zu setzen ist schlicht, und ohne Zweifel, unmöglich. Daher muss schon an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass der Titel der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an das Seminarthema „Klassische und moderne Erziehungstheorien“ gewählt wurde, hier jedoch die durch ihn aufgeworfenen Fragen nicht annähernd erschöpfend beantwortet werden können.

Diese Arbeit entstand im Rahmen des eben genannten Einführungsseminars, welches die Ideen einiger Klassiker der Pädagogik deren modernem Verständnis vergleichend gegenüber stellte. Diese Hausarbeit stellt den Versuch dar, Marxens Konzept der „revolutionären Praxis“ verständlich zusammenzufassen und versucht zu prüfen, in wie fern dieses Verständnis der revolutionären Praxis für die Erziehung und Bildung in der heutigen Zeit beachtenswert erscheint.

Dass die Kenntnis verschiedener Erziehungstheorien als Voraussetzung für pädagogisches Handeln notwendig ist, wurde im Rahmen des besuchten Seminars deut- lich und soll in dieser Arbeit nochmals kurz angerissen werden, um die Beschäftigung mit den Ideen von Marx zu rechtfertigen. Anschließend soll versucht werden, die An- sätze von Marx im Stile einer „echten“ Erziehungstheorie hinsichtlich des Menschen- bildes, der Teleologie und der Methodik zu beleuchten, obgleich dies in diesem Rahmen nur rudimentär erfolgen kann. Im weiteren Verlauf sollen Marxens Ideen bezüglich einer polytechnischen Erziehung besprochen und sein Konzept der „revolutionären Praxis“ beleuchtet werden. Anschließend soll auf dieser Grundlage versucht werden, das Rollenverständnis der an Erziehung Beteiligten zu hypothetisieren, um die Aufgabe professioneller Erziehung und Bildung vor dem Hintergrund institutionalisierter Volksbildung bewusst werden zu lassen. Dazu sollen auch ausgewählte moderne Lesearten Marxscher Philosophien berücksichtigt werden.

Zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit und um Platz zu sparen, wird sowohl für die männliche als auch die weibliche Form die männliche Form verwendet. Eine Diskriminierung von Erzieherinnen, Lehrerinnen etc. ist nicht beabsichtigt.

2. Erziehungstheorien

„Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." - Kurt Lewin/ Kant

Wenn man den Gedanken weiter denkt, müssten viele gute Theorien also noch viel praktischer sein. Angesichts der Vielfalt der in den Erziehungswissenschaften disku- tierten und teilweise sehr widersprüchlichen Theorien stellt sich die Frage, ob es die EINE gute Theorie geben kann, oder ob nicht vielmehr der Pool der Theorien dazu bei- trägt, das praktische Handeln des Erziehers zu leiten.1 Dies setzt voraus, dass sich der Erziehende kritisch mit den existierenden Theorien auseinander setzt und diese ein- zuordnen weiß.

Dass Erziehung keine Handlung ist, die ähnlich wie das Schälen eines Apfels erlernt werden kann, versteht sich eigentlich von selbst. Sich mit den verschiedenen Theorien zur Erziehung auseinander zu setzen wird also nicht in perfekten erzieherischen Handlungen resultieren. Seichter konstatiert in dem von ihr mitverfassten Lehrund Lernbuch, dass Erziehung notwendig als Projekt verstanden werden muss, da „uns die Erziehung nicht als eine ein für allemal fertige und abgeschlossene Tatsache gege ben, sondern als Aktion, Maßnahme, Plan, Unternehmung, Versuch oder Operation aufgegeben ist. […] Ein Projekt verlangt nach einem in die Zukunft gerichteten schöpferischen und entwerfenden Denken - und nach einer Idee.“2

Wenn Erziehung als ein auf zukünftige Veränderungen ausgerichteter Prozess verstanden wird, dann müssen Erziehungstheorien im historischen Zusammenhang ihrer Entstehung betrachtet und bewertet werden. Erst dann kann man sich ein Urteil darüber erlauben, ob die jeweilige Theorie ganz oder in Teilen auf die eigene Gegenwart und deren Veränderung angewendet werden kann. Am Anfang einer jeden Erziehungstheorie stehen notwendigerweise das Menschenbild der jeweiligen Gesell- schaft, die Ziele und die Methoden, mit denen zukünftige Veränderungen idealerweise herbeigeführt werden sollen. Jeder angehende Erzieher sollte sich daher mit verschiede- nen Theorien beschäftigen, um selbst eine Idee davon zu bekommen, was er ganz per- sönlich dazu beitragen möchte, ob die Zukunft anders wird und wie die Zukunft anders sein kann.3

Obgleich sich Karl Marx „nie in einem systematischen Zusammenhang [zu Erziehungsfragen] geäußert [hat]“4, soll hier versucht werden, seine Ideen im Stile anderer Erziehungstheorien zusammenzufassen. Gerade Marx, der die Zukunft seiner Gesellschaft bekanntermaßen radikal zu verändern suchte, scheint es Wert zu sein, auch in der heutigen Erziehungsdebatte berücksichtigt zu werden.

2.1 Marxens Menschenbild und das ‚seiner‘ Gesellschaft

Um eine Erziehungstheorie hinsichtlich der aus ihr zu gewinnenden Erkenntnisse für die eigene Karriere als Erzieher einschätzen zu können, sollte man sich mit dem von ihr vertretenen Menschenbild auseinander setzen. Dabei kann der Mensch aus drei Perspektiven betrachtet werden5:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Drei Perspektiven:

Hinsichtlich des gesellschaftlichen Menschenbildes muss, nicht nur wenn davon in Zusammenhang mit Marx die Rede ist, der historische Ist-Zustand dem antizipierten Ideal gegenübergestellt werden.

Zu Zeiten der industriellen Revolution war ein Mensch soviel wert wie die Arbeit, die er verrichten konnte. Dabei muss man sich bewusst machen, dass Missernten, Hun- ger und Seuchen einen großen Teil der Landbevölkerung in die Städte trieb, wo opti- mierte Maschinen dazu beitrugen, unglaublich viel unglaublich billig produzieren zu können. Das daraus resultierende Überangebot an Arbeitskräften erlaubte es den Fabrik- besitzern, Hungerlöhne zu zahlen. Insofern wird deutlich, dass ein Mensch nicht sehr viel wert gewesen sein kann und lediglich als leicht austauschbares „Humankapital“ angesehen wurde.

Marx beschäftigte sich in vielen seiner Werke mit den Funktionsweisen kapitalistischer Gesellschaften und kritisierte diese. Ohne en détail darauf eingehen zu können erscheint es wichtig hervorzuheben, dass Marx in der Emanzipation der Arbeiter eine Chance für eine bessere Zukunft sah. Für ihn waren die Heere der Proletarier von sich und ihrer Arbeit entfremdete, als lebendige Werkzeuge missbrauchte Individuen. Er schien überzeugt, dass es möglich wäre, diesen Arbeitern ihre Würde und den ihnen gebührenden gesellschaftlichen Einfluss zu verschaffen, indem man ihnen Bildung ermöglicht und sie im kommunistischen Sinne erzieht.6

2.2 Ziele

Obwohl schon geklärt wurde, dass man im Falle Marxens nicht von einer Erziehungs- theorie im klassischen Sinne sprechen kann, lassen sich seinen Werken trotz alledem Erziehungsziele entnehmen, die verdeutlichen, was durch den Prozess der Erziehung erreicht werden soll. Exemplarisch ein Auszug aus dem „Manifest der kommunistischen Partei“7:

Aber, sagt ihr, wir heben die trautesten Verhältnisse auf, indem wir an die Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen.

Und ist nicht auch eure Erziehung durch die Gesellschaft bestimmt? Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, innerhalb derer ihr erzieht, durch die direktere oder indirektere Einmischung der Gesellschaft, vermittelst der Schule usw.? Die Kommunisten erfinden nicht die Einwirkung der Gesellschaft auf die Erziehung; sie verändern nur ihren Charakter, sie entreißen die Erziehung dem Einfluß der herrschenden Klasse.

Hier wird eines der wichtigsten Ziele der Bestrebungen von Marx hin zu einer gerechte- ren Gesellschaft deutlich: Erziehung sollte nicht länger eine häusliche, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe sein, die dem Einfluss der herrschenden Klasse entrissen werden muss.

Da Marx sich vor allem mit den ökonomischen Bedingungen des Kapitalismus seiner Zeit auseinander setzte und diese kritisierte liegt es nahe, als Ziel seines Strebens die Entkopplung der Erziehung und Bildung von der Ökonomie und damit den Lobby- isten zu erkennen. Anders formuliert geht Marx also davon aus, dass Bildung von den Mächtigen der Wirtschaft beeinflusst wird, und diese Abhängigkeit überwunden werden muss.

[...]


1 Vgl. dazu Böhm, W./ Schiefelbein, E./ Seichter, S.: Projekt Erziehung, Paderborn 22010, S. 13ff.

2 Ebda., S. 11.

3 Bogdan Suchodolski äußert sich in seinem Aufsatz „Education for the Future and Traditional Pedagogy“ zu den Unterschieden zwischen verschiedenen pädagogischen Ansätzen und identifiziert die ‚Erziehung für die Zukunft‘ als den notwendigen Ansatz, um gesellschaftliche Veränderungen vorzubereiten. Dabei deutet er insbesondere auf die Bedeutung der Marxschen Beiträge hin.

4 Scarbath, H.: Marx, in: Scheuerl, H. (Hrsg.): Klassiker der Pädagogik, Bd. 2, München 1979, S. 7.

5 An dieser Stelle sei bemerkt, dass der vorgegebene Rahmen es nicht erlaubt, alle drei genannten Perspektiven zu untersuchen, obwohl gerade hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem Menschen und der Natur bei Marx Einiges zu finden wäre. Kurz angesprochen wird dieser Zusammenhang im Abschnitt 3. Marxens Auffassung von Erziehung - Überwindung der Entfremdung.

6 Unter http://www.mlwerke.de/me/default.htm stehen zahlreiche Werke von Marx digital zur Verfügung. Verwiesen sei beispielsweise auf den dort digitalisierten, erstmalig als Leitartikel in der "Neuen Rheinischen Zeitung" Nr. 264, 265, 266, 267 und 269 vom 5. 6. 7. 8. und 11. April 1849 veröffentlichten Artikel „Lohnarbeit und Kapital“, welcher auf der genannten Web-Ressource nach Karl Marx/ Friedrich Engels: Werke, Band 6, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959, S. 397-423 öffentlich zur Verfügung steht.

7 Karl Marx: Manifest der Kommunistischen Partei (1847/48), in: Ders.: Bildung und Erziehung. Studientexte zur Marxschen Bildungskonzeption, besorgt von H. Wittig, Paderborn 1968, S. 138.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Marxschen Ideen über Erziehung und ihr Wert für die Schule von Heute
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Klassische und moderne Erziehungstheorien
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V187213
ISBN (eBook)
9783656108160
ISBN (Buch)
9783656108702
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marx, revolutionär, Erziehung, Erziehungstheorien, Klassiker, Marx heute
Arbeit zitieren
Kathrin Greyer (Autor:in), 2011, Die Marxschen Ideen über Erziehung und ihr Wert für die Schule von Heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187213

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