Kompetenzentwicklung durch innerbetriebliche Weiterbildung

Ermittlung des Bildungsbedarfs der Ärzte am Universitätsklinikum Regensburg


Diplomarbeit, 2010

114 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

2. THEORETISCHER RAHMEN
2.1 Kompetenzentwicklung
2.1.1 Begriffsbestimmung
2.1.1.1 Kompetenz und Handlungskompetenz
2.1.1.2 Kompetenzerwerb und Kompetenzentwicklung
2.1.2 Taxonomie der Handlungskompetenz: Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz
2.1.3 Kompetenzmessung
2.2 Kompetenzen und Aufgaben eines Arztes
2.2.1 Der Weg zum Arzt
2.2.1.1 Formale Qualifikationen im Medizinstudium
2.2.1.2 Lebenslanges Lernen- ärztliche Fort- und Weiterbildung
2.2.1.3 Informelles Lernen im klinischen Kontext
2.2.2 Expertiseforschung in der Medizin
2.2.2.1 Merkmale von Experten in der Medizin
2.2.2.2 Entwicklung von Expertise und Erfahrung in der Medizin
2.2.2.3 Erwerb von Expertise in der Medizin
2.2.3 Kompetenzprofil eines Arztes
2.2.3.1 Kompetenzen im Bereich Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz
2.2.3.2 Kompetenzprofil für die vorliegende Studie
2.3 Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR)
2.3.1 Struktur und Allgemeines
2.3.2 Neue berufliche Anforderungen - Ziel Hochleistungsmedizin
2.3.3 Personalentwicklung am UKR
2.3.4 Weiterbildung und Erhebung des Bildungsbedarfs

3. METHODISCHE UMSETZUNG
3.1 Theoretisches Forschungsmodell
3.2 Fragestellungen
3.3 Untersuchungsaufbau
3.3.1 Untersuchungsdesign
3.3.2 Operationalisierung
3.3.3 Instrument: Selbsteinschätzungsfragebogen
3.3.3.1 Entwicklung und Aufbau des Fragebogens
3.3.3.2 Bewertung von Selbsteinschätzung
3.3.4 Pilotuntersuchung (Pretest)
3.3.5 Datenerhebung
3.4 Datenauswertung
3.4.1 Stichprobenbeschreibung
3.4.2 Item- und Skalenanalyse
3.4.2.1 Trennschärfenanalyse
3.4.2.2 Faktorenanalyse
3.4.3 Betrachtung der Gütekriterien
3.4.3.1 Objektivität
3.4.3.2 Reliabilität
3.4.3.3 Validität

4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4.1 Beantwortung der Fragestellungen eins und zwei: subjektiv empfundener Bedarf an Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz
4.1.1 Beschreibung der Ergebnisse
4.1.1.1 Bedarf nach Kompetenzbereichen
4.1.1.2 Bedarf nach Berufserfahrung
4.1.1.3 Bedarf nach einzelnen Items
4.1.1.4 Bedarf nach wöchentlicher Zeitinvestition
4.1.2 Interpretation der Ergebnisse des subjektiv empfundenen Bedarfs
4.2 Beantwortung der Fragestellung drei: Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und Kompetenzbereichen
4.2.1 Darstellung der Ergebnisse
4.2.2 Interpretation des statistischen Zusammenhangs zwischen Berufserfahrung und Bedarf in den drei Kompetenzbereichen
4.3 Diskussion und Fazit der Studie
4.3.1 Zusammenfassung der Ergebnisse der Arbeit
4.3.2 Diskussion der Ergebnisse
4.3.3 Bewertung der Untersuchung
4.3.4 Fazit der Studie: Folgerungen für die Praxis

5. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS

6. LITERATURVERZEICHNIS

Anhang

Verwendete Abkürzungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei allen Bezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in allen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.

1.EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

"Und so muss denn der Arzt sein Leben lang Herz und Hand, Verstand und Charakter fortbilden, damit er ein Ganzes werde und als solcher dem Kranken gegen ü ber treten kann, der selbst als Ganzer genommen werden will."

Johann Wolfgang von Goethe in einem Brief an den Arzt Christoph Wilhelm von Hufeland (zitiert nach: Gerst, 1999, S.B-1372)

Auch und gerade heute in unserer dynamischen, schnelllebigen Welt muss ein Mediziner sich lebenslang fortbilden, um einerseits nach dem medizinischen Forschungsstand zu handeln und um andererseits unter zwischenmenschlichen Aspekten Patienten in angemessener Weise behandeln zu können. Im Gegensatz zu Goethes Zeit entstehen im Bereich der Medizin enorme Veränderungen, geblieben ist die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens in der Medizin - heute stärker als je zuvor.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit Fort- und Weiterbildungen sowie Kompetenzentwicklung bei Ärzten. Speziell wird die Gruppe der Ärzte und Ärztinnen am Universitätsklinikum Regensburg betrachtet, die durch die Zielsetzungen (z.B. Hochleistungsmedizin) und sich ständig verändernde berufliche Anforderungen am Uniklinikum Regensburg einen speziellen Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen und -angeboten haben.

Gassel (2006) weist darauf hin, dass in Unikliniken 77% der jungen Chirurgen nicht mit der Lehrassistenz durch Weiterbilder zufrieden waren, nur bei einem Drittel fanden regelmäßige Weiterbildungen statt. In mindestens 50% der befragten Kliniken existierten unzureichende Weiterbildungsstrukturen. Diese Gegebenheiten legen eine planvolle, umfangreiche Beschäftigung mit dem Bildungsbedarf der eigenen Klinik nahe. Eine Bildungsbedarfsanalyse kann den Bedarf des Unternehmens und die Bedürfnisse der Mitarbeiter erfassen und ermöglicht damit eine kostensparende, ziel- und mitarbeitergerechte Planung der Weiterbildungsaktivitäten. Innerbetriebliche Weiterbildung dient vor allem der Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter, da hochqualifizierte Mitarbeiter ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und den Marktwert des Unternehmens sind (Zalenska, 2009). Hierzu ist es vorab nötig, den Bedarf in unterschiedlichen Kompetenzbereichen zu erfassen. Im Rahmen der Bildungsbedarfsanalyse am UKR wurden in zwei getrennten Arbeiten die Ärzte und die Pflegekräfte zu ihrem Bedarf in verschiedenen Kompetenzbereichen befragt. Die Bedarfsanalyse fragt also danach, ob und wie die Personen ihre Kompetenzen in den einzelnen Bereichen defizitär wahrnehmen, um daraus die Bereitstellung bestimmter Bildungsmaßnahmen zu folgern. In dieser Arbeit werden die Ergebnisse der Ärzte betrachtet. Mithilfe der Ergebnisse der Bildungsbedarfsanalyse sollen Aussagen darüber getroffen werden, welche Themen in das Bildungsprogramm des folgenden Jahres aufgenommen werden sollen, um die Mitarbeiter möglichst optimal für ihre Aufgaben am Klinikum zu schulen und vorzubereiten.

2.THEORETISCHER RAHMEN

Ausgehend von einem performanzorientierten Kompetenzbegriff werden die Begriffe Kompetenzentwicklung und Handlungskompetenz mit der Einteilung in Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz erläutert. Zudem wird kurz auf Möglichkeiten der Kompetenzmessung als Grundlage der Bildungsbedarfserhebung eingegangen. Es wird anschließend das Studium der Medizin und damit der Weg zum kompetent handelnden Arzt näher beleuchtet. Dabei wird die Unterteilung in primäre, sekundäre und tertiäre Kompetenzentwicklung aufgegriffen und die dabei üblichen Lehr- und Lernformen näher erläutert. Um zu klären, wie es dabei zur Entwicklung herausragender Leistungen kommen kann, werden Ergebnisse der Expertiseforschung betrachtet. Aus den theoretischen Arbeiten und Ergebnissen wird ein eigens für diese Studie erstelltes Kompetenzprofil vorgestellt, das die benötigten Kompetenzen eines Arztes im vorliegenden Untersuchungsfeld beinhaltet. Am Ende werden das Untersuchungsfeld und die dort angestrebten Ziele erläutert, die die Grundlage für den empirischen Teil der Arbeit darstellen.

2.1 Kompetenzentwicklung

2.1.1 Begriffsbestimmung

2.1.1.1 Kompetenz und Handlungskompetenz

Der Kompetenzbegriff ist in den letzten Jahren in der Forschung aber auch in der Wirtschaft stark in Mode gekommen. Kein anderer Begriff wird so oft und mit solcher Selbstverständlichkeit in unzähligen Veröffentlichungen verwendet, ohne dass ein Konsens über die Verwendung des Begriffs herrscht (Weinert, 2001). Faulstich (2002) spricht sogar von einem „grassierenden und problematischen Verlust[es] theoretischer Klarheit“ (S.15). Mittlerweile existieren zahlreiche Aufsätze nicht nur zum Kompetenzbegriff selbst, sondern auch über dessen vage und schwierige Definition (Bodensohn, 2005; Reinisch, 2006; Vonken, 2006). Es handelt sich bei Kompetenz mehr um ein sozialwissenschaftliches Konstrukt, als einen

2.1 Kompetenzentwicklung

Eindeutig abgrenzbaren und eindeutig definierbaren Begriff. Verstanden werden Kompetenzen nach Erpenbeck und Heyse (1999, S. 163) als „Dispositionen die dazu dienen, eine „offene“ Zukunft produktiv und kreativ zu bewältigen und Individuen biographisch zu Produzenten ihrer eigenen Entwicklung zu machen“. Kürzer beschreiben Maag Merki und Grob (2005) Kompetenzen als „ Potenzial [Hervorhebung v. Verf.], in konkreten Situationen erfolgreich handeln zu können“ (S.9). In beiden Definitionen wird deutlich auf die Befähigung zur Handlungsausübung hingewiesen. Gleichzeitig wird damit auch der Selbstorganisationsaspekt als wichtiges Kriterium der Kompetenz aufgegriffen (Bernien, 1997; Heyse, Erpenbeck, & Michel, 2002). Ebenso bedeutsam ist - im Gegensatz zum Qualifikationsbegriff - die Subjektgebundenheit der Kompetenz, das heißt dass hier nicht der anforderungsbezogene, sondern der subjektbezogene Aspekt im Vordergrund steht (Kaufhold, 2006). Zudem schließen alle Definitionen von Kompetenz eine Veränderbarkeit mit ein. Kompetenzen sind veränderbar, sie müssen es sogar sein, da sie durch ihren starken Anwendungsbezug mit den sich stetig verändernden Gegebenheiten mit wachsen müssen.

Viele andere Autoren wie Eraut (2006), Kaufhold (2006) oder Straka (2004) beschäftigen sich mit dem Kompetenzbegriff und schlagen unterschiedliche Definitionen, Taxonomien und Anwendungsbereiche vor.

Die jeweils vorgestellten Definitionen der Autoren dienen dem besseren Verständnis des Begriffs im jeweiligen Kontext, da es für praktische Anwendungen des Konstrukts Kompetenz nötig ist, genauere Unterscheidungen zu treffen, die kontextabhängig die zielführendsten Ergebnisse bringen.

Es ist eine Unterscheidung in zwei Forschungsrichtungen erkennbar. Die Kognitionsrichtung, die im Kompetenzbegriff motivationale und affektive Faktoren und Voraussetzungen ausschließt und Kompetenz als messbare kognitive Fähigkeit versteht. Die praktische Anwendbarkeit kommt dabei oft zu kurz. Die Performanzrichtung hingegen versteht Kompetenz als Voraussetzung für die Durchführung von Handlungen. Sie ist somit auf die

2.1 Kompetenzentwicklung

Anwendungssituation bezogen und schließt den erwähnten Selbstorganisationsaspekt des Handelns mit ein (Heyse & Erpenbeck, 2009). Für die behandelte Fragestellung sind Ansätze aus der Performanzrichtung herangezogen worden, da im praktischen Arbeitsfeld eines Arztes die Handlungsausübung im Vordergrund steht. Damit wird auch der Forderung von Reinisch (2006) insofern gerecht, dass in der vorliegenden Studie die untersuchte Kompetenz in verschiedenen Bereichen als das Ergebnis von (formellen und informellen) Lernprozessen erfasst und gewertet wird.

Im berufspädagogischen Bereich tritt an die Stelle des Begriffs Kompetenz oft derjenige der Handlungskompetenz (HK), der wie dem Begriff zu entnehmen ist stark auf die eigentliche Handlungsausführung im beruflichen Kontext fokussiert. Handlungskompetenz bedeutet im beruflichen Kontext, dass ein Mitarbeiter ihm übertragene Aufgaben fachgerecht, selbstständig, zielgerichtet und flexibel durchführen kann (Bunk, 1994; Pätzold, 1993). Unterteilt wird der Begriff Handlungskompetenz oft in die Aspekte Fach-, Methoden und Sozialkompetenz. In neueren Ansätzen wird die Einteilung oft noch durch Personalkompetenzen (auch Persönlichkeitskompetenzen oder Selbstkompetenz) ergänzt (Richter, 2005; Sonntag & Schaper, 2006; Wottreng, 2007). Diese Unterteilung wird unter Punkt 2.1.2 genauer erläutert.

2.1.1.2 Kompetenzerwerb und Kompetenzentwicklung

Der Erwerb und die Entwicklung von Kompetenzen stehen in einer Wechselwirkung zueinander. Die Entwicklung von Kompetenzen setzt deren Erwerb voraus und bestimmte Kompetenzen können erst erworben werden, wenn andere weiter entwickelt wurden. Als Beispiel seien hierfür bestimmte Informationsbeschaffungskompetenzen genannt.

Wissen kann man sich im Gegensatz zu Kompetenzen aneignen, es lässt sich in Lehr-Lern-Prozessen vermitteln. Wissen als Basis beruflicher Kompetenz ist auch der Ansatzpunkt für die institutionalisierte Bildung, die im vorliegenden Praxisfall am UKR die Aufgabe der Bildungsabteilung darstellt.

Kompetenzen hingegen müssen durch emotions- und motivationsaktivierende Lernprozesse und Erfahrungen „erlebt“ werden, um sie nachhaltig in eigene Handlungen integrieren zu können (Heyse & Erpenbeck, 2009). Eng damit verbunden ist der Expertiseerwerb. Bergmann (2000) formuliert als das Ziel des Kompetenzerwerbs Expertise, die sie mit einer selbstständigen Weiterentwicklung von Wissen und Können auf einem Gebiet beschreibt, so dass eine hohe Niveaustufe erreicht wird. Die Entwicklung von Kompetenzen steht im Fokus vieler Bildungsangebote vor allem im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Das heißt, bereits vorhandene Kompetenzen sollen gefördert und weiter entwickelt werden. Die Basis wird bereits während Ausbildung oder Studium gelegt. Da fachliche Kompetenzen alleine nicht für die adäquate Ausführung von beruflichen Aufgaben ausreichen, muss schon während der Ausbildung der Erwerb von Methoden- und Sozialkompetenzen durch geeignete Lehr-Lern- Arrangements gefördert werden.

Allerdings vollzieht sich der Erwerb von Kompetenzen oftmals auch außerhalb institutionalisierter Lernorganisationen in informellen Lernprozessen während bestimmter Handlungsausübungen. Als informeller Lernprozess wird verstanden, dass dieser am Arbeitsplatz oder im Alltag in Bezug auf Lernziele und Lernzeit unstrukturiert sowie meist beiläufig und ohne Absicht abläuft (Europäische Kommission, 2002). Diesen informellen Lernprozessen muss in Bezug auf Kompetenzentwicklung eine entscheidende Rolle beigemessen werden, da dadurch Kompetenzen sichtbar gemacht werden können, die sich jenseits von Qualifikationen befinden (Bretschneider, 2006). Auf das Sichtbarmachen und die Zertifizierung solch informell erworbener Kompetenzen soll hier jedoch nicht weiter eingegangen werden.

Wie erwähnt, ist Kompetenzentwicklung vorrangig durch emotions- und motivationsaktivierende Lernprozesse zu fördern bzw. zu erreichen.

Kompetenzen können nicht einfach in konventionellen Unterrichtssituationen, Weiterbildungen oder Seminaren weitergegeben werden. Es sind neue Wege und Formen notwendig, um einen Kompetenzerwerb anzuregen bzw. Kompetenzen zu vermitteln (Heyse & Erpenbeck, 2009). Viele der neuen Formen haben ihren Ursprung in konstruktivistisch geprägten Lehr-Lern-Arrangements. Beispiele hierfür sind das problemorientierte Lernen, der cognitive-apprenticeship-Ansatz oder das Lernen an Beispielen. Die konkrete Umsetzung kann dabei in Juniorfirmen, durch praxisgeleitete Projektarbeiten oder maßgeschneiderte computerbasierte Lösungen (E-Learning, Selbstlernprogramme, CBT/WBT) geschehen.

Da dieser Punkt sich stark mit dem Erwerb von Expertise deckt, wird darauf in Punkt 2.2.2.3genauer eingegangen.

2.1.2 Taxonomie der Handlungskompetenz: Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz

Ziel der beruflichen Ausbildung sowie der betrieblichen Weiterbildung ist es, die Mitarbeiter auf ihrem Weg zum handlungskompetenten Mitarbeiter zu unterstützen. Handlungskompetenz bedeutet im beruflichen Kontext, wie oben definiert, die eigenständige, fachgerechte Ausführung einer beruflichen Aufgabe. Handlungskompetenz kann jedoch keine abgeschlossene Handlung sein, sondern ist Teil eines Entwicklungsprozesses, während dessen Verlauf die Person ständig an neuen Herausforderungen wächst. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Handlungskompetenz ist eine Strukturierung des Begriffs notwendig.

Wie bereits erwähnt, gibt es zur Einteilung von Handlungskompetenz unterschiedliche Vorschläge von verschiedenen Autoren. Die Einteilung des Begriffs Handlungskompetenz in die relativ allgemeinen Aspekte Fach-, Methoden und Sozialkompetenz ist dabei die am häufigsten verwendete. Eine Unterteilung in diese drei Kompetenzbereiche liest man beispielsweise bei Sonntag und Schäfer-Rauser (1993). Aktuell scheint zudem Einigkeit darüber zu herrschen, dass Personalkompetenz (auch Persönlichkeitskompetenz oder Selbstkompetenz) als Bestandteil der Handlungskompetenz mit aufgenommen werden muss (Lang, 2000; Richter, 2005; Wottreng, 2007). Die Definition von Personalkompetenz ist allerdings weitaus weniger differenziert als die der anderen drei Kompetenzbereiche (Richter, 2005).

Heyse und Erpenbeck (2009) unterscheiden Aktivitäts- und Handlungskompetenz, Sozial-Kommunikative Kompetenz, Fach- und Methodenkompetenz und Personale Kompetenz. Auch Sonntag und Schaper (2006) fassen Fach- und Methodenkompetenz zusammen und verstehen darunter berufsrelevante Fähigkeiten und Kenntnisse sowie dazu nötige situationsübergreifende und flexibel einsetzbare kognitive Fähigkeiten. Basierend auf den zentralen Aussagen der Arbeiten von Bernien (1997), Heyse & Erpenbeck (2009), Lang (2000), Pätzold (1993), Richter (2005) und Sonntag & Schaper (2006) ergeben sich die folgenden Definitionen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen sollen.

Unter Fachkompetenz (FK) fallen alle fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zur Bewältigung konkreter beruflicher Aufgaben benötigt werden. Dazu gehört das theoretische Wissen genauso wie die Fähigkeit und die Bereitschaft zur praktischen Ausführung. Hierunter fallen allgemein beispielsweise Fachwissen, Marktkenntnisse, die Auseinandersetzung mit aktuellen Forschungsergebnissen oder das korrekte Ausführen einer beruflichen Aufgabe.

Mit Methodenkompetenz (MK) ist die Fähigkeit gemeint,

situationsübergreifende, flexibel einzusetzende Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten angemessen in Lern- und Arbeitsprozessen zu nutzen. Dazu gehört es Informationen zu beschaffen, Handlungen zu reflektieren, Probleme zu strukturieren und zu lösen, Entscheidungen zu treffen und gegebenenfalls zu revidieren.

Unter Sozialkompetenz (SK) fallen kommunikative und kooperative Verhaltensweisen, die zu erfolgreichem Realisieren von Zielen und Plänen in sozialen Interaktionssituationen befähigen. Das bedeutet im Unternehmen, mit Personen aller Hierarchien, aber auch mit Kunden oder Zulieferern personen- und situationsadäquat umgehen und arbeiten zu können. Dazu gehören beispielsweise Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Kooperationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständigungsbereitschaft und Kritikfähigkeit.

Personale Kompetenz (PK) impliziert den kompetenten Umgang mit der eigenen Person. Hier spiegeln sich Fähigkeiten und Einstellungen wieder, die persönliche Werte, Bedürfnisse und Handlungsmotive ausdrücken. Eine große Rolle spielt die Selbstwahrnehmung und das bewusste Reflektieren der eigenen Fähigkeiten (das Selbstkonzept). Zur Personalen Kompetenz gehören auch motivationale und emotionale Aspekte der eigenen Person. Welche Ausprägungen bzw. bestimmte Kompetenzen den einzelnen Kompetenzausprägungen zugeschrieben werden, variiert je nach Autor und praktischen Bedürfnissen. Eine Einteilung, die für die vorliegende Studie praktikabel und sinnvoll ist, wird unter Punkt 2.2.3.2vorgenommen.

2.1.3 Kompetenzmessung

Die Erfassung und Messung von Kompetenzen ist aufgrund der Komplexität des Begriffs kein leichtes Unterfangen. Es stehen verschiedene Möglichkeiten von Selbst- und Fremdeinschätzungen und kombinierten Anwendungen zur Verfügung. Nach Kauffeld (2005) wird berufliche Handlungskompetenz primär mit Selbstbeschreibungen gemessen, obwohl diese Vorgehensweise aufgrund von Attributions- und Beschönigungstendenzen als suboptimal gilt. Oftmals ist jedoch aus ökonomischen Gründen eine andere Form der Erhebung nicht realisierbar. Kaufhold (2006) nennt hierzu einige Verfahren, die einem Forschungsprojekt der TU Dresden entstammen. Darunter der Fragebogen zum Lernen in der Arbeit(LIDA), der Fragebogen zu einigen fachlichen F ä higkeiten und dem Umgang mit anderen (FASO), der Fragebogen zum Vorgehen in Problemsituationen (PROL Ö ) und der Fragebogen zu lernrelevanten Merkmalen der Arbeitsaufgabe (FLMA). Mit den einzelnen Verfahren wurde versucht, eine möglichst berufs- und branchenunabhängige Erfassung verschiedener Kompetenzbereiche einer möglichst großen Gruppe zu ermöglichen. Den Verfahren ist gemein, dass sie durch ihren Anspruch auf breite Einsetzbarkeit relativ allgemein gehalten wurden. Dabei ist fraglich, inwiefern bei der stark situativen Gebundenheit von Kompetenz (domänen-) spezifische Merkmale durch solch allgemeine Instrumente erfasst werden können (Kaufhold, 2006). Deshalb wurde in der vorliegenden Studie ein Selbsteinschätzungsfragebogen konzipiert, der speziell auf die Bedürfnisse des Untersuchungsfeldes am Universitätsklinikum Regensburg abgestimmt war.

2.2 Kompetenzen und Aufgaben eines Arztes

Teilweise wird Handlungskompetenz in Gruppen anhand von Problemlöseprozessen gemessen, wie dies im Kasseler-Kompetenz-Raster der Fall ist. Dabei wird davon ausgegangen, dass Handlungskompetenz untrennbar an kommunikative Prozesse gebunden ist, diese sich in Gruppen zeigen und somit erfasst werden können (Kauffeld& Grote, 2000). Die unter Punkt 3.3.3 näher erläuterte 360°-Beurteilung oder auch 360°- Feedback ist eine Möglichkeit, umfassende Kenntnisse über den Stand und die Ausprägung verschiedener Kompetenzen zu erlangen. Dabei werden aus verschiedenen Perspektiven Einschätzungen eingeholt, die anschließend verglichen und ausgewertet werden und der betreffenden Person als Feedback an die Hand gegeben werden. Daraus lassen sich maßgeschneiderte, bedarfsgerechte Maßnahmen zur Kompetenzförderung ableiten. Die Absprache mit dem Klinikum hat jedoch ergeben, dass diese Vorgehensweise zu umfangreich für die vorliegende Bildungsbedarfsanalyse ist. Deshalb wird die Einschätzung nur aus subjektiver Perspektive vorgenommen.

In diesem Kapitel werden die (Lern-) Stationen aufgezeigt, die eine Person auf dem Weg zum kompetent handelnden Mediziner durchläuft. Dabei werden einerseits formale Kriterien des Medizinstudiums und deren Inhalte betrachtet, andererseits das notwendige lebenslange Lernen und die Ergebnisse der Expertiseforschung in der Medizin einbezogen. Am Ende des Kapitels wird ein Kompetenzprofil entworfen, das die benötigten Kompetenzen eines Arztes abbildet.

2.2.1 Der Weg zum Arzt

2.2.1.1 Formale Qualifikationen im Medizinstudium

Der erste Schritt auf dem Weg zum Arzt ist die Aufnahme eines Medizinstudiums, das durch verschiedene Aufnahmebeschränkungen einen guten Abiturschnitt oder etliche Wartesemester verlangt. Dies begründet sich in den hohen Anforderungen des Studiums und den nur wenigen zur Verfügung stehenden Studienplätzen. Die Regelstudienzeit für ein Medizinstudium in Deutschland beträgt 12 Semester und 3 Monate, also etwas mehr als sechs Jahre. Das Studium ist in die zwei Abschnitte Vorklinik und Klinik unterteilt, die jeweils mit einer ärztlichen Prüfung abschließen. Um sich als Arzt selbstständig machen zu können ist darauf aufbauend eine Facharztausbildung notwendig (Gagel & Peters, 2009). Die Inhalte des Medizinstudiums und damit die zu erwerbenden Kenntnisse und Fähigkeiten eines Arztes sind in der aktuellen Fassung der ärztlichen Approbationsordnung geregelt (Güntert, Wanner, Brauer, & Stobrawa, 2003). Erst mit erfolgreichem Abschluss des Studiums ist ein Arzt zur Ausübung seiner Tätigkeit befugt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kompetenzebenen des Hamburger Lernzielkatalogs (KliniCuM, 2006)

Ein Blick in die ärztliche Approbationsordnung zeigt: „Ziel der ärztlichen Ausbildung ist der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist.“ (Güntert et al., 2003, S. 55). Diese sehr allgemein gehaltene

Formulierung in der Approbationsordnung wird im Hamburger Lernzielkatalog (KliniCuM, 2006) in eine ausführliche Praxisanweisung umgesetzt. Darin enthalten sind genaue Vorgaben, welche Inhalte und welche Kompetenzen beherrscht werden müssen. Die Kompetenzen sind in vier Ebenen unterteilt (Abbildung 1).

Es ist damit genau definiert, auf welcher Ebene die jeweilige Kompetenz vorhanden sein soll. Somit können auch Folgerungen für Lehre und didaktische Umsetzung getroffen werden. Allerdings werden hier nur die fachlichen Fähigkeiten und Krankheitsbilder genau aufgelistet. Unter den allgemeinen Lernzielen des Lernzielkatalogs sind auch fächerübergreifende Kompetenzen genannt, die unabhängig vom jeweiligen Fachbereich beherrscht werden sollen. Diese Kompetenzen spielen auch für die vorliegende Studie eine bedeutende Rolle, da sie einen wichtigen Bestandteil ärztlicher Handlungskompetenz darstellen. Die Bereiche im allgemeinen Teil des Lernzielkatalogs gliedern sich in wissenschaftliche Gesichtspunkte, persönliche Gesichtspunkte sowie gesellschaftliche und das Gesundheitswesen betreffende Gesichtspunkte. Über die genaue Ausprägung und Umsetzung der jeweiligen Kompetenzen wird hierbei keine Aussage getroffen, jedoch wird diesen allgemeinen Querschnittsbereichen eine große Bedeutung beigemessen.

Mit der neuen ärztlichen Approbationsordnung kam die Forderung nach fächerübergreifendem und problemorientiertem Unterricht, praktisch orientierten Unterrichtsveranstaltungen und Stärkung der psychosozialen Perspektive der Studenten auf. Strauß und Köllner (2003) sehen darin eine Chance für die psychosozialen Fächer, in denen die Förderung der nicht- fachlichen Kompetenzen, die einen praktikablen Umgang mit den fachlichen erst effektiv ermöglichen, umgesetzt wird. Auch Fabry (2008) sieht in den psychosozialen Kompetenzen einen zentralen Punkt für Qualität in der Medizin.

Wie bereits erwähnt sind praxisorientierte, kooperative Lernformen der Grundstein für die Entwicklung von Handlungskompetenz. Vor allem Problemorientiertes Lernen (POL), multimediales Lernen, Praktisches Arbeiten und Simulationstraining gehören zu diesen Ansätzen. Die Hauptform der Wissensvermittlung während des Medizinstudiums - vor allem im vorklinischen Abschnitt - ist nach wie vor die Vorlesung, alleine aus organisatorischen Gründen. Fabry (2008) schlägt einige Elemente vor, mit deren Hilfe Vorlesungen interaktiv und praxisnah gestaltet werden können, so dass auch hier schon nachhaltige Lern- und Denkprozesse angestoßen werden. Vor allem im klinischen Abschnitt des Studiums lernen Medizinstudenten vorwiegend anhand praktischer Fälle: Hospitationen, bed- side Seminare, Fallbesprechungen, Teilnahme an Visiten, problemorientierte Lernformen, Simulationstrainings. Durch eigene praktische Erfahrungen und selbstständige Aneignung von Wissen, die in diesen Lernformen im Vordergrund stehen, wird die individuelle, anwendungsorientierte Entstehung von Wissensstrukturen gefördert.

Einen bedeutsamen Part in der medizinischen Ausbildung nehmen auch kooperative Lernformen in kleineren Gruppen ein. Die Forderung nach problemorientierten, praxisbezogenen Lernformen entstand aus der Kritik, das Medizinstudium fördere durch den starken Fokus auf isoliertes Faktenwissen den Erwerb von tr ä gem Wissen. Damit ist Wissen gemeint, das zwar vorhanden ist, jedoch in der Anwendungssituation nicht zur Lösung von praktischen Fällen herangezogen werden kann (Gruber & Renkl, 2000), da Anwendungsbezüge nicht mit erworben wurden und das Wissen lediglich als oberflächlich verarbeitetes, isoliertes Faktenwissen vorliegt. Seit geraumer Zeit ist deshalb die Umsetzung problemorientierten Lernens (POL) Bestandteil des Studiums, vor allem seit Einführung der neuen Approbationsordnung. Kernpunkt dabei ist von Beginn des Studiums an das Lernen und Arbeiten an realen Problemen unter besonderen Aspekten: das Lernen geschieht großteils selbstorganisiert, in Zusammenarbeit mit Anderen und motiviert durch die Auseinandersetzung mit realen Fällen und Problemen zum Lernen. Der Lernprozess resultiert dabei aus dem Verstehen und Lösen eines Problems (Hawelka, 2003). Ausgangspunkt ist immer ein aktueller Fall, anhand dessen Lernziele entwickelt werden. Im Vordergrund steht es allerdings nicht zwingend die richtige Diagnose zu stellen, sondern die richtigen Fragen und Lernziele zur Lösung des Problems sowie den Blick für Differentialdiagnosen zu entwickeln. Die Fälle werden in eigenverantwortlichem Lernen bearbeitet und in der nächsten Sitzung in einer kleinen Gruppe und unter tutorieller Begleitung bearbeitet und diskutiert. Mit dem erweiterten und in der Gruppe diskutierten Wissen wird der Fall dann erneut besprochen und die zuvor aufgestellten Hypothesen werden überprüft oder verändert (Fabry, 2008; Gräsel, 1997b). Besonders zu beachten ist dabei einerseits die gezielte Auswahl der verwendeten Fälle nach lernrelevanten didaktischen Prinzipien (vgl. Fabry, 2008). Andererseits kann es ohne Unterstützung und Überprüfung während des Lernprozesses dazu kommen, dass die Lernenden entweder mit der Vorgehensweise der Lernform überfordert sind oder aber falsche Lösungsstrategien entwickeln. Deshalb sind problemorientierte Lernformen besser für Studierende geeignet, die bereits Erfahrungen mit dieser Form des Wissenserwerbs gemacht haben. Ansonsten ist es unabdingbar, den Studierenden die Anwendung domänenspezifischer Problemlösestrategien zu übermitteln. Als erfolgreiche Methode hat sich dazu die kognitive Modellierung erwiesen. Dies bedeutet, dass ein erfahrener Arzt - ein Experte - den Studierenden durch lautes Denken seine Schritte bei der Problembearbeitung offen legt. Dies führt am Ende zu besseren Diagnoseergebnissen und höherem Lernerfolg (Gräsel, 1997a). Aus Sicht des lebenslangen Lernens ist besonders positiv, dass POL-Studenten einen sehr viel besseren Zugang zu Ressourcengebrauch, selbstständigem Lernen und klinischem Denken zeigten (Fabry, 2008).

Problemorientiertes Lernen kann in Form von Präsenzveranstaltungen oder mit multimedialen Lernumgebungen umgesetzt werden, wie dies bereits in Programmen wie THYROIDEA, PlanAlyzer oder CASUS getan wurde (Gräsel, 1997a). Vor- und Nachteile computer- oder webbasierter Lernumgebungen sind ein eigenes Thema, das hier nicht weiter beleuchtet wird.

2.2.1.2 Lebenslanges Lernen- ä rztliche Fort- und Weiterbildung

Der „primären“ Kompetenzentwicklung während der universitären Ausbildung schließen sich die „sekundäre“ und „tertiäre“ Kompetenzentwicklung an (Pfadenhauer, 2004, S. 265). Die allgemein- und fachärztliche Weiterbildung wird dabei als sekundäre Kompetenzentwicklung betrachtet, wohingegen die weiter unten beschriebene kontinuierliche ärztliche Fortbildung (CME) im Sinne des lebenslangen Lernens als der tertiäre Bereich der Kompetenzentwicklung angesehen wird (Pfadenhauer, 2004).

Die Halbwertzeit medizinischen Wissens liegt aktuell bei ca. fünf Jahren. Gerade im Bereich der Medizin ist es undenkbar, dass ein Arzt nach erfolgreich abgeschlossenem Studium praktiziert, ohne dabei sein fachliches Wissen und seine fachlichen Fähigkeiten zu aktualisieren (Ansorg, Betzler, & Jähne, 2004). Aus diesem Grund besteht seit 2004 die gesetzlich geregelte Pflicht zur kontinuierlichen medizinischen Fortbildung (CME), womit die fachlich-technische Fortbildung im Fachbereich des Arztes gemeint ist (§95d (1) SGB V). Ziel ist dabei die Qualitätssicherung ärztlichen Handelns, die aufgrund der raschen technischen Entwicklung, Spezialisierungsdruck und sich permanent verändernden Leitlinien und Gesetzen notwendig ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Moderne medizinische Fortbildung: Von CME zu CPD(Ansorg, Betzler, & Jähne, 2004)

Im Sinne einer umfassenden Kompetenzentwicklung gehören zu den fachlichen Fähigkeiten eine Reihe weiterer Kompetenzen, die die medizinische Fortbildung vervollständigen (Abbildung 2). Dies wird auch deutlich in der Fortbildungssatzung, die neben fachlich-methodischen und interdisziplinären Kenntnissen und Fähigkeiten beispielsweise die Verbesserung kommunikativer und sozialer Kompetenzen fordert (Bundesärztekammer, 2004). Allerdings liegt trotz dieser Forderung der Schwerpunkt nach wie vor auf der Vermittlung und Aneignung fachlicher Kompetenzen und damit mehr auf einer Qualifizierung als auf einer Kompetenzentwicklung (Pfadenhauer, 2004).

Die Unterscheidung von Fort- und Weiterbildung ist nicht immer klar definiert. Vor allem im ärztlichen Bereich ist mit Weiterbildung jedoch meist eine zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme gemeint, die mit einem Zertifikat oder einem Zeugnis abschließt. Damit sind beispielsweise Facharztweiterbildungen oder Spezialisierungen gemeint, die zum Führen bestimmter Titel berechtigen. Die Fortbildung hingegen dient dem Erhalt und der dauerhaften Aktualisierung der fachlichen Kompetenz (Bundesärztekammer, 2004). Viele der entsprechenden Fort- und Weiterbildungen sind über die Bundes- und Landesärztekammern geregelt, besonders Inhalte, Umfang, Anerkennung und Befugnis zur Durchführung. Großteils finden die entsprechenden fachlichen Fortbildungen in den Fachbereichen von Kliniken statt, die durch die jeweilige Abteilung geregelt sind. Die Fort- und Weiterbildung dieser fachlichen Bereiche fällt demnach nicht in den Zuständigkeitsbereich der vorliegenden Arbeit. Nach der Unterscheidung zwischen CME und CPD kann die Bildungsabteilung des Klinikums bei den Kompetenzen ansetzen, die außerhalb der CME liegen.

2.2.1.3 Informelles Lernen im klinischen Kontext

Neben den formellen Qualifizierungen, Weiterbildungen und Zertifikaten lernt ein Arzt auch permanent während seiner täglichen Arbeit. Im Gegensatz zu formellem, institutionalisiertem Lernen wird dieses Lernen als informelles Lernen bezeichnet. Informelles Lernen kann fast immer und überall statt finden, z.B. am Arbeitsplatz, in der Freizeit, in der Familie, und hat dadurch stark situativen Charakter (Schön, 2006). Informelles Lernen ist in der Definition der Europäischen Kommission in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung nicht strukturiert (Europäische Kommission, 2002). Teilweise geschieht das Handeln bewusst mit dem Ziel etwas zu lernen oder

Informationen zu erhalten, teilweise unbewusst (Dohmen, 2001). Aus den unbewussten Anteilen des informellen Lernens kann implizites Wissen entstehen, das bedeutet eine Handlung kann aufgrund vorhergegangener Lernerfahrungen richtig und kompetent ausgeführt werden, das dazu benötigte Wissen kann jedoch nicht verbalisiert werden (Neuweg, 2001). Nach Kirchhof (2007) wird vor allem im klinischen Bereich viel und oft informell gelernt, da klinische Informationslagen durch neue Erkenntnisse ständig wechseln und schnelle Entscheidungen in kritischen Situationen getroffen werden müssen. Um solche Situationen kompetent und professionell zu bewältigen bedarf es vor allem Erfahrungen und impliziten Wissens. Natürlich birgt es gewisse Schwierigkeiten, solches Wissen tatsächlich zu erfassen und zu bewerten, gerade weil es zum Teil unbewusst vorhanden ist und dadurch nur in der tatsächlichen Handlungsausübung sichtbar wird.

In Tabelle 1 wird gezeigt, welche informellen Lernformen von Ärzten genutzt werden. Die Daten stammen aus einer Sekundäranalyse von drei Umfragen, die von Heise (2007) durchgeführt wurde. In der Analyse wurde ein Vergleich verschiedener Berufsgruppen hinsichtlich ihrer Nutzung informeller Lernformen zur beruflichen Weiterbildung durchgeführt, die Antworten bezogen sich jeweils auf die letzen ein bis drei Jahre.

In der Umfrage von 2006 gaben 100% der befragten Ärzte an, berufsbezogene Fachliteratur zu lesen. Auch die Teilnahme an berufsbezogenen Informationsveranstaltungen, Vorträgen, Fachmessen oder Kongressen wird von fast allen Befragten genannt. Daneben gibt es wie in Tabelle 1 ersichtlich viele andere Formen informellen Lernens, die häufig von Ärzten genutzt werden. Es ist daher schwierig, nur anhand formaler Kriterien Aussagen über das Kompetenzniveau einer Person zu treffen, da dies durch mehrere Faktoren beeinflusst wird. Auf der einen Seite stehen natürlich formal erworbene Abschlüsse, Zertifikate und Bescheinigungen, die vor allem im fachlich-methodischen Teil angesiedelt sind. Auf der anderen Seite stehen viele Lernerfahrungen und umfangreiches Wissen, das in informellen Kontexten erworben wurde. Da informelles Lernen jedoch eine wichtige Rolle für die Kompetenz eines Arztes spielt, ist es nötig, informelles Lernen entsprechend zu fördern und zu ermöglichen. Beispielsweise ist dies möglich durch den offenen Zugang zu entsprechenden Lernmitteln und Wissensquellen (Bibliotheken, Internet) und das an die Hand geben verschiedener methodischer Zugänge zum Lernen (Lerntrainings, Lernmethoden).

Tabelle 1: Nutzung informeller Lernformen zur beruflichen Weiterbildung bei Ärzten (eigene Darstellung in Anlehnung an Heise (2007))

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.2 Expertiseforschung in der Medizin

Die Frage danach, was einen Menschen zu einem Experten mit herausragenden Leistungen auf seinem Fachgebiet macht und wie sich dieser von einem Neuling (Novizen) unterscheidet, ist Gegenstand der Expertiseforschung. Diese Frage ist in der vorliegenden Studie deshalb von Bedeutung, da die Kompetenzentwicklung damit untrennbar mit der Expertiseentwicklung verbunden ist. Einen Menschen bezeichnet man nach Posner (1988)dann als Experten, wenn er in seiner Domäne nicht nur einmal, sondern dauerhaft herausragende Leistungen erzielt. Damit gehen eine umfangreiche Wissensbasis, reichhaltige domänenspezifische Erfahrungen, großer Problemlöseerfolg und eine hohe Effizienz in der Tätigkeitsausführung einher (Gruber, 2007). Um solch herausragende Leistungen erzielen zu können, sind nach Ericsson und Crutcher (1990) mindestens 10 Jahre intensiver Praxiserfahrung nötig. Speziell in der Medizin wird der Expertenbegriff etwas weiter gefasst als in anderen Domänen wie beispielsweise Sport oder Musik. Hier wird ein Mediziner meist dann als Experte bezeichnet, wenn er langjährige Berufserfahrung auf seinem Gebiet gesammelt hat (Fabry, 2008). Aus diesem Grund wird auch in der vorliegenden Studie Berufserfahrung als Kriterium für Expertise mit einbezogen. Es ist zwar mittlerweile widerlegt, dass die bloße Beschäftigung mit einer Domäne über eine lange Dauer einen Experten ausmacht (Ericsson, 2004), allerdings ist dies nach wie vor besonders in der Medizin ein unumgängliches Kriterium für die Bestimmung des Expertisegrades.

Zentrale Elemente von Expertise sind herausragende Gedächtnis- und Wissensstrukturen. Verwiesen sei hier auf die oft zitierten Schachstudien von de Groot (1965), in denen Experten im Vergleich zu Novizen überragende Gedächtnisleistungen beim Erinnern von authentischen Schachkonstellationen erzielten. Diese Ergebnisse konnten auch in neueren Studien (vgl. Gruber, 1999) und anderen Domänen wie Sport oder Physik repliziert werden (Chi, Feltovich, & Glaser, 1981). Zur Untersuchung solcher Fragestellungen wird als zentrale Methode in der Expertiseforschung der kontrastive Vergleich verwendet, bei dem die Leistungen von Novizen und Experten verglichen werden. Obwohl diese Methode einige Begrenzungen und Nachteile wie die erforderliche längsschnittliche Erhebung oder die Unterschätzung der Leistungsstärke von Expertenmit sich bringt (Gruber & Rehrl, 2003), liefert sie doch entscheidende und valide Ergebnisse und Erklärungen für die unterschiedliche Leistung von Experten und Novizen. Gleichzeitig weisen Gruber und Mandl (1996) darauf hin, dass diese positive Beurteilung eines Experten immer auf dessen Domäne beschränkt ist und nicht problemlos auf Bereiche außerhalb übertragen werden kann. Diese Domänenspezifität äußert sich auch darin, dass die Bedeutung dispositionaler Faktoren wie z.B. Intelligenz mit wachsender Beschäftigung in einer Domäne immer geringer werden (Gruber, 2007).

Die Domäne Medizin zeigt sich im Bereich Expertise besonders geeignet um Forschung zu betreiben, da sie semantisch reichhaltig und komplex ist (Patel, Kaufman, & Magder, 1996). Die Medizin wird in der Expertiseforschung als schlecht strukturierte Domäne definiert. Damit gehen spezielle Eigenschaften einher, die diesen Domänen zugeschrieben werden.

(1) Diese Domänen zeichnen sich durch komplexe und oft hochspezielle Fälle aus, die in vergleichbarer Weise erst wieder lange Zeit später auftauchen (2) schlecht strukturierte Aufgaben müssen oft unter Zeitdruck gelöst werden

(3) viele theoretische und praktische Lösungswege müssen beherrscht werden (4) einige Handlungsschritte können mit wenig Aufwand durch Routine gelöst werden (5) Feedback fehlt oder ist stark selektiv (Strasser & Gruber, 2004).

In den meisten Studien zur Expertiseforschung in der Medizin wird der komplexe Prozess des Erstellens medizinischer Diagnosen untersucht. In den Anfängen der Expertiseforschung zur Medizin wurde die Diagnosestellung als generelle Fähigkeit angesehen, die zusammen mit dem medizinischen Wissen erworben wird. Da die Diagnosestellung als genereller Problemlöseprozess widerlegt wurde, wurde das Wissen das zentrale Element der Forschung. Es gab kontroverse Ergebnisse zur Leistung von Experten und Novizen, aus denen der Schluss gezogen wurde, dass sich Expertise in der Medizin nicht nur durch den Umfang des Wissens ausdrückt, sondern vielmehr durch die Art und Organisation desselben (Norman, Eva, Brooks, & Hamstra, 2007).

Wesentliche Ergebnisse der verschiedenen Arbeiten zur Expertise in der Medizin unterscheiden Novizen und Experten vor allem in den Punkten Wissensstrukturen, Problemlösungsstrategien, Mustererkennung und metakognitive Strategien sowie Eingebundenheit in soziale Kontexte (Gruber, 2007).

2.2.2.1 Merkmale von Experten in der Medizin

Domänenspezifische Besonderheiten Die Domäne Medizin gilt, wie erwähnt, als besonders komplex. Die schlechte Strukturierung der Domäne weist als Gegenstand der Expertiseforschung ein besonders bedeutendes Kriterium auf: sie ist im Gegensatz zu anderen Domänen durch eine ungeheuer große und dynamische Wissensbasis gekennzeichnet (Norman et al., 2007). Im Vergleich zu anderen Domänen sind die Änderungen und Neuerungen auf dem Bereich der Forschung, Therapie sowie neuer Medikamente und Geräte kaum mehr zu überblicken. Monatlich erscheinen 64000 neue Publikationen, davon 3000 klinische Studien, von denen wiederum nur 20% für den klinischen Alltag von Bedeutung sind (Sönnichsen & Rinnerberger, 2008). Daraus entstehen im Vergleich zu anderen Domänen hohe Anforderungen an Wissensanpassung und Flexibilität sowie Informationsbeschaffungskompetenzen. Zudem sind Ärzte so stark wie keine andere Berufsgruppe eingebunden in ein System von Interaktionspartnern und Erwartungen, beispielsweise von Mitarbeitern, Vorgesetzten und Patienten, dem Gesundheitssystem mit Vorgaben und Gesetzen, ethischen Fragestellungen sowie der Pharmaindustrie. Dies erfordert ein hohes Maß an integrativen Fähigkeiten und anderen Schlüsselkompetenzen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Wissen

Generell ist unumstritten, dass Experten im Vergleich zu Novizen sehr viel umfangreicheres Wissen in ihrer Domäne angehäuft haben. Jedoch konnten Studien zeigen, dass nicht nur die Quantität des Wissens sondern auch die Qualität entscheidend ist (Ericsson, 2004) und damit die Struktur des Wissens in anderer Form als bei einem Novizen vorliegt (De Groot, 1965).

Zur näheren Erläuterung soll hier auf die Wissensmatrix von De Jong und Ferguson-Hessler (1996) zurück gegriffen werden. In einer 4x5 Matrix werden vier Wissensarten (Ausprägungen: situationales Wissen, konzeptuelles Wissen, prozedurales Wissen, strategisches Wissen) und fünf Wissensmerkmale (hierarchischer Status, innere Struktur, Automatisierungsgrad, Modalität, Allgemeinheitsgrad) unterschieden. Es entstehen somit 20 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Wissensart und Wissensmerkmal, wobei verschiedene Möglichkeiten des Wissens und verschiedene Arten der Wissensverarbeitung und -struktur näher bestimmt werden können. Experten weisen meist tief verarbeitetes, vernetztes und spezifisches prozedurales oder strategisches Wissen auf, wohingegen Novizen eher konzeptuelles Wissen zeigen, das allgemeiner und oberflächlicher verarbeitet ist und in isolierten Einheiten auftritt.

Bedeutsam für die Expertiseforschung in der Medizin ist der Beitrag von Boshuizen & Schmidt (1992), die die Unterscheidung zwischen der Nutzung von biomedizinischem und klinischem Wissen für die Erklärung des Expertisegrades mit einbezogen. Damit wurden die Erkenntnisse von Patel, Evans und Groen (1989) gefestigt und ausgebaut, die Überlegungen zu dieser Unterscheidung schon früher anstellten.

Der Fokus bei der Entwicklung medizinischer Expertise liegt nach Boshuizen und Schmidt (1993) in der Transformation von deklarativem, fallbezogenem Wissen in prozedurales Wissen. Sie beschreiben in ihrer Enkapsulierungstheorie (1992), wie und warum sich das Wissen von Ärzten bei der klinischen Diagnosestellung im Verlauf der Expertiseentwicklung verändert. Enkapsulierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Arzt mit viel Erfahrung fast nie explizit auf das biomedizinische Wissen zurück greift, da dieses in das klinische Erfahrungswissen integriert ist. Das biomedizinische Wissen wird in fallbezogene Konzepte umgewandelt, die aus Erfahrungen zu bestimmten Krankheitsbildern entstanden sind, es kann jedoch bei Bedarf, z.B. in besonders komplexen Einzelfällen, problemlos wieder abgerufen werden. Somit liegt das biomedizinische Wissen nur noch in „enkapsulierter“ Form vor, d.h. das Wissen ist effektiver organisiert, wird unter Schlüsselkonzepten zusammen gefasst und kann somit besonders schnell abgerufen werden (Gräsel, 1997a).

Für Novizen auf dem Gebiet, also Studenten, die gerade in ihr praktisches Jahr eintreten bzw. ihr Studium gerade abgeschlossen haben, stellt sich die Schwierigkeit, dass sie das theoretisch erworbene biomedizinische Wissen noch nicht adäquat in der Praxis anwenden können (Boshuizen & Prince, 2004), da ihnen die entsprechenden Erfahrungsepisoden fehlen. Zwar konnte nachgewiesen werden, dass Erklärungen und Diagnosen mit fortschreitendem Medizinstudium ansteigen, da das Wissen umfassender und differenzierter wird, anschließend tritt jedoch eine Stagnation ein. Erklärungen und Diagnosen von Fachärzten sind im Vergleich zu fast fertigen Medizinstudenten sehr viel kürzer und trotzdem genauer, da vor allem unter Zeitdruck ihr effizienter organisiertes Wissen und die damit verbundenen Krankheitskonzepte deutlich werden (Fabry, 2008).

Problemlösen und Routine

Zur Entwicklung von Expertise in der Medizin wurden von Patel & Groen bereits 1986 und 1991(b) Untersuchungen angestellt. Bahnbrechend war hierbei die Erkenntnis, dass Experten bei ihren sehr genauen und schnellen Diagnosen vorwärtsgerichtete Lösungsstrategien verwenden, wohingegen Novizen meist rückwärtsgerichtete Lösungsstrategien nutzen. Das bedeutet, dass Novizen sich an Zielvorstellungen orientieren und dementsprechende Hypothesen aufstellen und testen, während Experten der Ausgangslage und den entsprechenden Problemspezifitäten Aufmerksamkeit schenken und damit irrelevante Informationen von vorneherein selektieren können.Dieser Aspekt war in vorherigen Unterscheidungen zwischen Experten und Novizen noch nicht in Erwägung gezogen worden.

Wie bereits erwähnt wird man nach ungefähr 10 Jahren Berufserfahrung in der Medizin als Experte bezeichnet, wobei verschiedene Expertisegrade unterschieden werden können. Ein Experte in der Medizin hat meist viel allgemeinmedizinisches Wissen (das durch Studium und residency training1 erworben wurde), aber nur ein relativ kleines Spezialgebiet (Facharztausbildung) (Patel et al., 1996). Die medizinische Ausbildung fördert demnach mehr eine generische als eine spezifische Expertise, das heißt es wird mehr der Aufbau einer großen Wissensbasis gefördert als die Entwicklung von außergewöhnlich guter Handlungskompetenz auf einem Gebiet (Patel & Groen, 1991a). Wie mehrere Studien gezeigt haben, darf das medizinische Basiswissen jedoch nicht unterschätzt werden, da Wissen über Anzeichen und Symptome entscheidend für die Diagnosestellung ist (Norman et al., 2007).

Boshuizen und Schmidt (1992) sprechen im Zusammenhang mit routiniertem Problemlösen von illness scripts, die dem Arzt schnelle und sichere Diagnosen ermöglichen. Den illness scripts liegen dabei die oben erwähnten enkapsulierten Wissenseinheiten zugrunde, die durch praktische Anwendung und Integration von Erfahrungswissen in biomedizinisches Wissen entstehen und eine schnelle, fast automatisierte Diagnose ermöglichen. Mit den illness scripts wird daher fallbezogenes Wissen direkt mit Wissen über Symptome verknüpft, was vor allem auf drei Aspekten beruht: (1) Rahmenbedingungen (Hintergrundfaktoren, Kontextmerkmale, Klientenmerkmale) (2) die spezifische Störung (3) Konsequenzen (Symptome, Beschwerden) (Gruber, 2007; Gruber, 1999). Die Skripten sind also auf einer Mustererkennung aufgebaut. Durch wiederholte Erfahrungen in bestimmten Situationen wird das Skript robuster und zugleich flexibler gegenüber kleinen Änderungen, bestimmte Muster werden abgespeichert. Das Skript zu einem bestimmten Krankheitsbild (z.B. Blinddarmentzündung) wird als Ganzes abgerufen, das heißt das Skript beinhaltet Informationen über Krankheitsursache und Symptome aber auch über notwendiges diagnostisches und therapeutisches Handeln. Entscheidend für die Mustererkennung und damit für die richtige Diagnose sind zudem Kontextinformationen wie beispielsweise Geschlecht, Alter oder Gewicht, da dadurch bestimmte Krankheitsbilder wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher werden (Fabry, 2008). So trifft z.B. statistisch gesehen ein Schlaganfall eher ältere Menschen, ein Herzinfarkt eher Übergewichtige oder wird die Diagnose Depression bei Frauen öfter gestellt als bei Männern.

2.2.2.2 Entwicklung von Expertise und Erfahrung in der Medizin

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Erfahrung, die ein Mediziner im Laufe seiner Tätigkeit als Arzt erwirbt dazu führt, dass berufliche Handlungen kompetenter, schneller und zielgerichteter ausgeführt werden, dass also domänenspezifische Problemstellungen erfolgreicher gelöst werden können (Gruber & Rehrl, 2003).

[...]


1 Als Residency (training) wird im angelsächsischen Raum die strukturierte Pflichtpraxisphase der Jungärzte in entsprechenden Kliniken bezeichnet, am ehesten vergleichbar mit dem praktischen Jahr in Deutschland.

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Kompetenzentwicklung durch innerbetriebliche Weiterbildung
Untertitel
Ermittlung des Bildungsbedarfs der Ärzte am Universitätsklinikum Regensburg
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
114
Katalognummer
V190720
ISBN (eBook)
9783656182733
ISBN (Buch)
9783656183372
Dateigröße
939 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kompetenzentwicklung, Medizinexpertise, Berufserfahrung, Medizinausbildung, Fort- und Weiterbildung, Bildungsbedarf
Arbeit zitieren
Linda Roppelt (Autor:in), 2010, Kompetenzentwicklung durch innerbetriebliche Weiterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190720

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