Gegenstand dieser Arbeit ist die Analyse von Rainer Werner Fassbinders Romanverfilmung Welt am Draht von 1973 hinsichtlich des Aspekts von Identität und ihrer Simulation im virtuellen Raum.
Der Film ist relativ unbekannt (geblieben) und im Kontext der Auseinandersetzung mit den Werken des Neuen Deutschen Films kaum rezipiert worden. Dies liegt einerseits in der thematischen Ausrichtung dieses Science-Fiction-Films begründet: im Zentrum steht nicht etwa die ›übliche‹ kritische Auseinandersetzung mit der politischen und sozio-kulturellen Situation in Deutschland nach 1945 – wie etwa in Fassbinders Deutschland-Trilogie –, sondern der Status von Realität ansich steht hier zur Disposition. Realität wird hier im Kontext ihrer Simulation durch computergestützte Verfahren sowie ihren Rückwirkungen auf das Individuum neu verhandelt und umbewertet. Welt am Draht, den Tom Tykwer als »ein Prequel zu The Matrix« bezeichnete (vgl. Ballhaus/Tykwer 2003: 48), besitzt hinsichtlich der Aspekte virtueller Realität und Identität deutliche Bezüge zu aktuellen technologischen und sozialen Entwicklungen im Kontext des Internet, was die Wirkungen virtueller (Spiele-)Welten wie ego shooter oder MMORPGs1 auf das real life2 und die sich daran anschließenden Debatten anbelangt (Stichwort: ›Winnenden‹ und ›Killerspiel-Verbot‹). Andererseits war das dreieinhalbstündige Epos bislang nicht auf Video oder DVD erhältlich, was den Zugang und somit Analyse des Werks erschwerte. Anlässlich der Welturaufführung der restaurierten Originalfassung von Fritz Langs Metropolis im Rahmen der Berlinale 2010 wurde auch Fassbinders Film unter Betreung von Michael Ballhaus restauriert, erneut aufgeführt und als Arthaus-Edition mit Bonusmaterial veröffentlicht, die die Grundlage dieser Arbeit bildet.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 2.1 Historische Kontextualisierung
- 2.2 Fassbinders Anspruch und die Rezeption des Films
- II. Virtualität und Identität als Gegenstand des Films
- 3.1 Analysekriterien
- 3.2.1 Inhaltsangabe
- 3.2.2 Erste Erzählsequenz: Taschenspiegel
- 3.2.3 Die Welt in der Welt: Der virtuelle Raum der Simulation
- 3.3 Welt am Draht und der Diskurs um den Neuen Deutschen Film
- 3.4 Schlussbetrachtungen
- 4. Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse von Rainer Werner Fassbinders Romanverfilmung "Welt am Draht" von 1973 im Hinblick auf den Aspekt der Identität und ihrer Simulation im virtuellen Raum. Der Film thematisiert die Frage der Realität im Kontext ihrer Simulation durch computergestützte Verfahren sowie deren Rückwirkungen auf das Individuum.
- Die Relevanz des Films im Kontext der aktuellen technologischen und sozialen Entwicklungen
- Die filmische Inszenierung von Fassbinders Vorstellung von virtueller Realität
- Die Diskussion des Problemfelds Virtualität, Identität und Simulation unter Einbezug der medien- und kulturtheoretischen Perspektive Vilém Flussers
- Die Rezeption des Films im Kontext des Neuen Deutschen Films
- Die Analyse der historischen Kontextualisierung des Films
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den historischen Kontext der Entstehung von "Welt am Draht" und skizziert die Relevanz des Films in Bezug auf die gegenwärtigen Diskussionen um virtuelle Welten. Das Kapitel "Historische Kontextualisierung" führt in die Produktionsgeschichte des Films ein und beleuchtet die Intentionen von Fassbinder sowie die Rezeption des Films. Die Analyse von "Welt am Draht" als Science-Fiction-Film, die im zweiten Teil der Arbeit stattfindet, konzentriert sich auf die Inszenierung von Virtualität und Identität sowie die Einordnung des Films in den Diskurs um den Neuen Deutschen Film.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Virtualität, Simulation, Identität, Film und Medien. Die Untersuchung setzt sich mit der Frage auseinander, wie die Realität im Film inszeniert wird und welche Auswirkungen dies auf die Wahrnehmung von Identität hat. Zentrale Bezugspunkte der Analyse sind die medien- und kulturtheoretische Perspektive Vilém Flussers sowie die Diskussion um den Neuen Deutschen Film.
- Citar trabajo
- Thorsten Klasen (Autor), 2011, Virtualität, Simulation und Identität in Rainer Werner Fassbinders "Welt am Draht", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192296