Der Staat arbeitet bei der Erfüllung seiner Aufgaben vermehrt mit dem Bürger zusammen. Die Lehre Otto Mayers, nach der der Staat nicht "paktieren" darf, ist endgültig überholt. Das war sie zwar bereits, als im Jahr 1976 mit Inkrafttreten des VwVfG der öffentlich-rechtliche Vertrag eingeführt wurde; allerdings war dieser damals geprägt von einem verwaltungsaktersetzenden Überunterordnungsverhältnis, vgl. § 54 S.2 VwVfG. Die neuere Entwicklung geht weiter. Der Staat kooperiert zur Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber den Bürgern mit Privaten. Dabei gewährleistet der Staat lediglich die Aufgabenerfüllung, die Erfüllung selbst überlässt er Privaten.2 Diese in Deutschland relativ junge Erscheinung wird als Public Private Partnership (PPP) oder öffentlich-private-Partnerschaft (ÖPP) bezeichnet. Bereits in den 1940er Jahren in den Vereinigten Staaten aufgetreten, hat der PPP-Begriff in den 1990er Jahren auch die Bundesrepublik erreicht.3 Abgesehen von einem Rückgang in der Zeit der Finanzkrise erfreuen sich PPP-Projekte seither einer immer weiter wachsenden4 praktischen Bedeutsamkeit. Insbesondere im kommunalen Bereich werden PPP eingegangen.5 Hier geht es vornehmlich um den Bereich der Daseinsvorsorge6.7 Aufgabenerledigung durch eine PPP ist in diesem Bereich eine echte Alternative. Der Staat muss die Befriedigung der dem Stand der Zivilisation entsprechenden Grundbedürfnisse des Einzelnen zwar gewährleisten8, die dazu nötigen Leistungen muss er jedoch nicht selbst anbieten.9 Zwingend selbst übernehmen muss der Staat die Erfüllungsverantwortung erst bei völligem Marktversagen.10 Soll nun diese Form der Aufgabenerfüllung gewählt werden, fällt auf, dass die Gemeinde auf keine spezielle oder gar umfassende Regelung für die Durchführung von PPP-Projekten zugreifen kann. Spezielle Regeln eigens für PPP existieren nicht.
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1 Mayer, AöR 3 (1888),3,4f.,42.
2 Hetzel/Früchtl, BayVBl. 2006,649.
3 Mann, in: FS Püttner, S.109.
4 Kühling/Schreiner, ZJS 2011,112.
5 Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen vom 30.04.2004, KOM (2004) 327 endg., Rn.7; s. auch das Schaubild bei Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.):Public Private Partnership Projekte, Berlin 2005, S.7.
6 Begriff nach Forsthoff, S. 6.
7 Bausback DÖV 2006,901,904.
8 Ebda.
9 Rüfner, § 96 Rn.29.
10 Franz, S. 42.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung.
- B. Allgemeines zum Begriff der PPP
- I. Definition des Begriffs PPP?
- II. Einordnung in die Privatisierungsformen
- 1. Übersicht der anerkannten Privatisierungsformen
- 2. Einordnung von PPP
- III. Gründe für PPP
- IV. Risiken von PPP
- V. Erscheinungsformen von PPP
- C. Regelungsbedarf bei der Vertragsgestaltung von PPP?
- I. Reichweite des bereits vorhandenen Rahmens
- 1. Verfassungsrechtliche Grenzen
- a) Demokratieprinzip
- b) Staatsvorbehalte
- aa) Funktionsvorbehalt
- bb) Vorschriften über die Verwaltungskompetenzen
- c) Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden
- 2. Europarechtliche Vorgaben
- 3. Einfachgesetzlicher Rahmen
- a) Vergaberecht
- aa) Vertrags-PPP
- bb) Organisations-PPP (gemischtwirtschaftliche Unternehmen)
- c) Die Bundeshaushaltsordnung
- d) Kommunalrechtliche Vorschriften
- a) Vergaberecht
- 4. Ergebnis zum vorhandenen Rahmen
- 1. Verfassungsrechtliche Grenzen
- III. Weiterer Regelungsbedarf?
- 1. Bedarf einer abschließenden Regelung?
- 2. Normierungsfähigkeit der Erscheinungsformen von PPP
- 3. Bedarf ergänzender Normierung?
- a) Regelungen für Vertrags-PPP
- aa) Standort ....
- bb) Normierungsbedarf .
- cc) Umsetzung des Normierungsbedarfs (Musterentwurf) .
- (1) Einführung eines Kooperationsvertrags
- (2) Anpassung des § 59 VwVfG
- (3) Änderung des Schriftformerfordernisses
- (4) Zwischenergebnis zur „kleinen Lösung“
- dd) Ergänzungsvorschläge zum Musterentwurf.
- (1) Beteiligung Dritter
- (2) Privatrechtlicher Kooperationsvertrag?
- b) Regelungen für die Gründung von Organisations-PPP
- aa) Standort weiterer Regelungen
- bb) Weitere Regelungen für Organisations-PPP?
- a) Regelungen für Vertrags-PPP
- D. Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob Regelungsbedarf bei Public Private Partnerships (PPP) besteht. Sie analysiert die verschiedenen Formen von PPP und untersucht die Reichweite des bereits vorhandenen rechtlichen Rahmens.
- Definition und Einordnung von PPP
- Gründe für PPP
- Risiken von PPP
- Erscheinungsformen von PPP
- Regelungsbedarf bei der Vertragsgestaltung von PPP
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Begriff der PPP und ordnet ihn in die verschiedenen Formen der Privatisierung ein. Es werden die Gründe für PPP erläutert sowie die damit verbundenen Risiken. Das zweite Kapitel untersucht den rechtlichen Rahmen für PPP. Es werden die verfassungsrechtlichen Grenzen, die europarechtlichen Vorgaben und der einfachgesetzliche Rahmen beleuchtet. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Regelungsbedarf bei der Vertragsgestaltung von PPP. Es werden die Notwendigkeit einer abschließenden Regelung und die Normierungsfähigkeit der verschiedenen Erscheinungsformen von PPP diskutiert.
Schlüsselwörter
Public Private Partnership, Vertragsgestaltung, Rechtlicher Rahmen, Verfassungsrecht, Europarecht, Vergaberecht, Normierungsbedarf, Kooperationsvertrag, Organisations-PPP, Vertrags-PPP.
- I. Reichweite des bereits vorhandenen Rahmens
- Arbeit zitieren
- Yannick Grams (Autor:in), 2013, Regelungsbedarf bei Public Private Partnerships?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215887