Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Motivation und Begründung der Themenwahl
2. Bedingungen der Lerngruppe
3. Fachliche Überlegungen
4. Didaktische und lerntheoretische Überlegungen
4.1 Kompetenzen – Kriterien – kompetenzorientierte Lernziele – Indikatoren
4.2 Projektorientierung
5. Planung und Durchführung
6. Reflexion und Ergebnissicherung
7. Literaturverzeichnis
7.1 Internetquellen
8. Anhang
8.1 Schülerumfrage zur Schülersprecherwahl 2013
8.2 Lernstandserhebung
1. Motivation und Begründung der Themenwahl
Das Superwahljahr 2013 in Deutschland, in dem neben der Wahl zum Bundestag am 22. September zudem die Landtagswahlen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen anstanden, ist ein willkommener Anlass, um nicht nur aktuelle Fragen der Demokratie zu erörtern, sondern auch darzustellen, dass eher Zahlen als Wörter die Wahlen bestimmen.
Wie spannend und ungewiss nicht nur der Ausgang der Wahl am „Wahlabend“ sein kann, sondern auch wie wichtig und entscheidend die Wahlprognosen der Forschungsinstitute sind, erlebten die Schülerinnen und Schüler[1] der Klasse 4a als „Meinungsforschungsinstitut“. Sie waren Expertinnen und Experten bei der Wahl des Schülersprechers 2013 an ihrer Schule. Sie informierten die jungen Wählerinnen und Wähler der Grund- und Werkrealschule über die wichtigsten Fragen, Ziele und Themen.
Die Schülersprecherwahl 2013 fand am 25. November 2013 statt. Die Schüler der Klasse 4a haben eine Schülerumfrage zur Wahl erstellt. Die Schülerumfrage startete am 09. Oktober und lief bis zum 08. November 2013 und war online abzurufen und auszufüllen[2].
Im alltäglichen Leben werden wir fast ununterbrochen mit allen möglichen Daten konfrontiert. Auch Grundschüler werden mit diesen Daten konfrontiert. Diese werden auf unterschiedliche Art und Weise präsentiert, dabei werden die Zahlen mal mehr und mal weniger redlich eingesetzt. Die Schüler benötigen Erfahrungen, um unterschiedliche Darstellungen erfassen und interpretieren zu können. Für die Schüler wird es immer wichtiger, selbst Informationen in Form graphischer Darstellungen zu verdichten. Sie können sich so vor Manipulation schützen und als „mündiger Bürger“ nach Klafki (1996, S.56ff) partizipieren.
„Wer sich mit Zahlen nicht auskennt, wird früher oder später übers Ohr gehauen werden – das war immer so. Heute aber ist der Mathematik-Analphabet darüber hinaus schutzlos den Manipulationsversuchen durch Daten, Grafiken und Statistiken ausgeliefert – auch die Demokratie braucht die Mathematik, wenn sie funktionieren soll“ (Hesse, vom 27./28. Juli 2013, SZ).
Im Vordergrund der Unterrichtseinheit lag die Durchführung eigener statistischer Erhebungen mit Einsatz von Computer und Multimedia.
2. Bedingungen der Lerngruppe
Die Schüler haben bereits Vorkenntnisse am Umgang mit dem Computer. In der dritten Jahrgangsstufe erwerben die Kinder einen „Computerführerschein“, der sie zur Benutzung des Computers im Computerraum berechtigt. Jedes Kind erhält einen eigenen Zugang mit seinem Benutzernamen. Die Schüler können mit Word arbeiten und kleine Texte schreiben bzw. abschreiben.
Zu Beginn der Unterrichtseinheit wurde eine Lernstandserhebung mit Aufgaben zu den Bildungsstandards durchgeführt. Hinsichtlich der Leitidee „Daten und Sachrechnen“ weisen die Schüler recht gute Kenntnisse und Fähigkeiten auf. Das Entnehmen von Informationen aus einer Tabelle ist bei den Schülern zu knapp 75 Prozent gut ausgeprägt. Das Entnehmen von Informationen aus graphischen Darstellungen zum Beispiel von einem Säulendiagramm, stellt für die meisten Schüler kein Problem dar (70 Prozent). Ohne Vorgabe ein Säulendiagramm zu zeichnen erledigen über 50 % der Schüler mit guten Ergebnissen. Die mathematischen Fähigkeiten der Lerngruppe zu den Bildungsstandards von der Leitidee Daten kann aufgrund der Lernstandserhebung von mir insgesamt als gut bezeichnet werden. Der Schwerpunkt der Unterrichtpraxis liegt daher auf dem Erheben eigener statistischer Daten in Form einer Schülerumfrage und dem Darstellen der Daten mit Hilfe des Computers, sowie deren Auswertung.
3. Fachliche Überlegungen
In diesem Abschnitt stelle ich die wesentlichen Aufgaben der beschreibenden Statistik vor. Insbesondere möchte ich dabei auf folgende drei Bereich eingehen: „Daten erheben, auswerten und darstellen“. Diese drei Bereiche gliedern sich des Weiteren in folgende Aspekte:
- Messvorgang,
- Skalenniveaus und
- graphische Darstellung von Daten.
Die Hauptaufgabe der beschreibenden Statistik ist die Datenreduktion. Es gilt, die schwer überschaubaren Datenmengen auf das Wesentliche zu reduzieren und „das Wesentliche mit verständlichen, informativen (meistens graphischen) Darstellungen bereitzustellen, um ein möglichst unverzerrtes Bild des Sachverhalts zu erhalten“ (Büchter, Henn 2005, S.13).
Bei der Datenerhebung von einer Stichprobe unterscheidet man zwischen dem Merkmalsträger, dem Merkmal und der Merkmalsausprägung. Die Merkmalsträger sind die untersuchten Objekte. Das Merkmal ist die untersuchte Eigenschaft der Untersuchungsobjekte/ bzw. der Merkmalsträger. Die Merkmalsausprägung ist die Quantifizierung oder Qualifizierung der Merkmale. Eine Stichprobe ist die Menge aller untersuchten Merkmalsträger. Die Grundgesamtheit ist die Menge aller potenziellen Merkmalsträger (vgl. Büchter, Henn 2005, S. 16f). Ein Beispiel aus der vorliegenden Schülerumfrage ist die Erhebung des Geschlechts des künftigen Schülersprechers (Merkmal), die Merkmalsträger sind die Schülerinnen und Schüler, die Merkmalsausprägung ist männlich oder weiblich.
Skalenniveaus
Eine Skala ist ein Instrument, mit dem man ein Merkmal misst. Bei dem Messvorgang werden den Merkmalsausprägungen bestimmte Symbole (reelle Zahlen) zugeordnet. Die Skalentypen lassen sich nach dem Messniveau in vier Kategorien einteilen: Nominalskala, Ordinalskala, Intervallskala und Verhältnisskala. Mit zunehmendem Skalenniveau steigen die mathematischen Eigenschaften und mathematische Aussagekraft (vgl. Büchter, Henn 2005, S.21).
In der vorliegenden Schülerumfrage sind ausschließlich Merkmale erhoben worden, die mit den ersten beiden Skalentypen gemessen werden können. Aus diesem Grund werden die letzeren Skalenniveaus an dieser Stelle verkürzt dargestellt.
Bei der Nominalskala unterscheiden sich die Merkmalsausprägungen nur qualitativ voneinander. Die Ausprägungen lassen sich in keine sinnvolle Reihenfolge bringen oder sich sinnvoll vergleichen. Beispiele für die Nominalskala sind das Geschlecht, oder Charaktereigenschaften des Schülerpsrechers. Bei der mathematischen Auswertung der Untersuchung gibt es nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Man kann lediglich zählen, wie oft die Geschlechter jeweils vorkommen und welches am häufigsten vorkommt (Modalwert). Bei der Ordinalskala oder Rangskala lassen sich die Merkmalsausprägungen in eine angemessene, sinnvolle Ordnung bringen und sinnvoll vergleichen. Die Codezahlen die man den Merkmalsausprägungen zuschreibt, lassen sich als eine Kleiner-gleich-Relation wiedergeben. Beispiele hierfür sind alle möglichen Rankings (z.B. Einschätzungen, Klassenstufe), Beurteilung positiver und negativer Merkmale. Möglicher, erlaubter Rechenvorgang ist die Bestimmung des Medians, also der Wert, der in einer sortierten Datenreihe genau in der Mitte liegt (Büchter, Henn 2005, S.17).
Die Ausprägungen lassen sich nicht sinnvoll vergleichen, bzw. addieren oder subtrahieren, weil die Abstände nicht gleich groß sind. Etwa bei dem Merkmal Bedeutung des Amtes eines Schülersprechers. Die Merkmalsausprägungen: gar nicht (1), weniger (2), mittel (3) wichtig (4) und sehr wichtig (5) sind zu vage, als dass man die Differenzen zweier reeller Zahlen sinnvoll vergleichen kann.
Bei Daten auf Intervallskalenniveau sind die Abstände (Intervalle) zwischen den einzelnen Merkmalsklassen gleich groß. Daten auf Ratioskalenniveau haben neben der Unterscheidungs- und Rangordnungsmöglichkeit sowie der gleichen Intervallgröße einen absoluten Nullpunkt. Der Messwert Null entspricht der tatsächlichen Abwesenheit des Merkmals. Daten auf Intervall- sowie Ratioskalenniveau werden vielfach auch als quantitative bzw. metrische Daten bezeichnet.
Graphische Darstellung von Daten.
Von empirischer Bedeutung ist die Frage, welche graphische Darstellung für ein bestimmtes Skalenniveau erlaubt ist. Das Säulendiagramm ist für ordinal skalierte Merkmale geeignet. Hier sollte die Ordnung der Merkmalsausprägungen beibehalten werden. An den Höhen der Säulen kann man sehr leicht die relative bzw. absolute Häufigkeiten ablesen. Bei einem Säulendiagramm werden die absoluten bzw. relativen Häufigkeiten der Merkmalsausprägung als Höhe von Säulen interpretiert.
Als graphische Darstellung des Merkmals Geschlecht des künftigen Schülersprechers ist das Kreisdiagramm sehr gut geeignet. Das Kreisdiagramm gibt die relativen Häufigkeiten durch die Größe der Kreisausschnitte (Tortenstücke) an. Bei den Kreisausschnitten entsprechen die Verhältnisse von Flächeninhalten, Bogenlängen und Winkeln einander. Ein Vorteil des Kreisdiagramms ist, dass man die absolute Mehrheit leicht ablesen kann und es wird daher oft bei Wahlen verwendet.
Die absolute Häufigkeit einer Merkmalsausprägung gibt die Anzahl ihres Auftretens an (absolut). Die relative Häufigkeit einer Merkmalsausprägung ist der Anteil dieser Anzahl an der Gesamtzahl der Merkmalsträger (relativ)[3].
Das wichtigste Anliegen der graphischen Darstellungen ist die Visualisierung, um für den Beobachter eine übersichtliche und unverfälschte Präsentation der für einen Sachzusammenhang wichtigen Informationen herzustellen. Einige allgemeine Kriterien für eine graphische Darstellung lassen sich daraus ableiten:
- „Die y-Achse beginnt bei Null und ist gleichmäßig eingeteilt.
- Die x-Achse ist gleichmäßig eingeteilt. Der im Bildausschnitt dargestellte Bereich der x-Werte ist möglichst sachangemessen gewählt.
- Die durch die verwendeten Symbole dargestellten Maße sind proportional zu den Zahlen, die sie darstellen sollen.
- Alle Festlegungen von Achsenausschnitten, Einheiten usw. sind möglichst wenig willkürlich, sondern liegen durch die Fragestellung inhaltlich nahe.“ (Büchter, Henn 2005, S.41)
4. Didaktische und lerntheoretische Überlegungen
In diesem Kapitel möchte ich begründen, warum die Leitidee „Daten und Sachrechnen“ im Bildungsplan für einen allgemeinbildenden Mathematikunterricht bedeutungsvoll ist. Zudem soll geklärt werden, welche Kompetenzen die Schüler beim Durchführen eigener statistischer Erhebungen, am Beispiel einer Meinungsumfrage zur Schülersprecherwahl 2013 an ihrer Schule erwerben.
Ein wesentliches Bildungsziel zur Leitidee „Daten“ ist das Zurechtfinden in der Informationsgesellschaft und in der rasanten Datenflut. Die Durchführung einer Umfrage zur Schülersprecherwahl 2013 bietet die Chance, dass die Schüler eigene Daten erheben, auswerten und darstellen und dabei statistische Methoden und Kenntnisse kennen lernen. Ein weiteres Lernziel eines allgemeinbildenden Mathematikunterrichts ist die Sensibilisierung gegenüber einem zweifelhaften Gebrauchs und bewusster Manipulation durch Statistik durch die Medien. Am Ende der Unterrichtseinheit können die Schüler selber Meinungsumfragen durchführen und auswerten. Sie erfahren, dass mithilfe des Computers mit dem Programm Excel einfach und unkompliziert Diagramme erstellte werden können.
„Der Computer gehört zur Lebenswelt der Kinder und vier von fünf Elternteilen wünschen sich, dass der Umgang mit dem Computer und dem Internet in der Schule erlernt wird“ (S. Ladel 2012, S.4). Dies geht aus der KidsverbraucherAnalyse 2011 hervor.
Die Arbeit mit Excel bietet für die Schüler viele Möglichkeiten. Sie erwerben statistische Kenntnisse, in dem sie verschiedene Darstellungsarten miteinander vergleichen. Die Diagramme sind schnell zu erzeugen und können nebeneinander auf dem Monitor angezeigt werden. Dies bietet auch für schwächere Schüler die Chance, die Schwierigkeiten beim Zeichnen von Säulendiagrammen haben, die Säulen ohne „große Mühe“ schnell und einfach erstellen zu können. Jedoch ist diese didaktische Reduktion von großem Vorteil für alle Schüler, da das Entnehmen von Informationen aus Diagrammen und darüber hinaus das Darstellen von Daten auf verschiedene Art und Weise im Mittelpunkt steht.
Die Schüler können durch Ausprobieren Merkmale einer guten Darstellung selbständig entdecken. Für die Präsentation der Ergebnisse der Schülersprecherwahl 2013 ist es bedeutungsvoll zwischen einer guten und einer schlechten Darstellung zu unterscheiden. Das Kreisdiagramm eignet sich etwa nur für die Darstellung von 2-4 Merkmalsausprägungen. Die Schüler können ebenfalls entdecken, dass sich Schaubilder leicht manipulieren lassen, indem die x-Achse nicht bei Null beginnt.
In der vorliegenden Unterrichtseinheit gibt es insgesamt vier Schnittstellen, in denen der Computer und das Internet im Mathematikunterricht eingesetzt werden.
- Beamer-Präsentation
- Online-Umfrage
- Excel-Arbeit
- Artikel für die Schulhomepage
Grundlegend gilt für einen allgemeinbildenden Mathematikunterricht, dass sowohl inhaltliche als auch allgemeine Lernziele verfolgt werden sollen. Wichtig ist, dass die Integration und Förderung allgemeiner Lernziele nicht hinten angestellt wird, sondern die Kinder im Mathematikunterricht eine gewisse Gewohnheit erkennen (vgl. Krauthausen, Scherer 2008, S. 157f.).
Im Folgenden werden die Kompetenzen der Bildungsstandards beschrieben und exemplarisch aufgezeigt, wie Inhalte und Prozesse in der vorliegenden Unterrichtseinheit bearbeitet werden können (vgl. Kultusministerkonferenz 2004).
Mathematisch argumentieren:
Die Schüler stellen Fragen und äußern Vermutungen, die im Zusammenhang mit statistischen Erhebungen sinnvoll und charakteristisch sind (z.B. "Welches Merkmal tritt bei bestimmten Personengruppen häufiger auf?"). Sie können mit mathematischen (formalen und graphischen) Mitteln Interpretationen der Daten bzw. Argumentationen zu Ergebnissen entwickeln.
[...]
[1] Der Einfachheit halber bezeichnet „Schüler“ im Folgenden Jungen und Mädchen.
[2] https://www.umfrageonline.com/s/Schuelersprecherwahl2013 (online, 08.11.2013)
[3] In der Schülerumfrage wurden Merkmalsausprägungen fast ausschließlich in absoluten Häufigkeiten angegeben.