Veränderte Anforderungen an Bildung und Schulunterricht. Welche Kompetenzen verlangt der Arbeitsmarkt?


Academic Paper, 2005

28 Pages, Grade: 1,0


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Inhalt

1. Einleitung

2. Veränderungen in Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft
2.1 Wirtschaftsunternehmen fordern teamfähige Mitarbeiter
2.2 Strukturwandel der Gesellschaft nach sozioökonomischen Gesichtspunkten
2.3 Gesellschaftlicher Wandel durch Globalisierung
2.4 Veränderungen der Arbeitsstrukturen
2.5 Zukünftige Entwicklungen
2.6 Vorbereitung auf die Berufswelt
2.7 Assessment – Center – Test

3. Geforderte Kompetenzen
3.1 Kompetenzvermittlung in der Schule
3.2 Strukturierung der Kompetenzen
3.3 Die Sozialkompetenz
3.3.1 Definition der Sozialkompetenz
3.3.2 Bedeutung der Sozialkompetenz
3.3.3 Förderung der Sozialkompetenz im Unterricht

4. Schluss

1. Einleitung

Unternehmen sowie die Presse üben immer häufiger Kritik an den heutigen Unterrichtsmethoden. Die Schüler würden nicht ausreichend auf die Anforderungen der Berufswelt vorbereitet. Aber warum scheint unser Unterricht nicht mehr zeitgemäß zu sein? Haben sich die Berufswelt und damit die Forderungen der Unternehmen und Firmen so entscheidend verändert? Haben sich die Unterrichtsmethoden den Anforderungen nicht genügend angepasst?

Ausgehend von diesen Fragestellungen werde ich am Anfang meiner Arbeit die Veränderungen der Gesellschaft, der Wirtschafts- und Arbeitswelt und die daraus resultierenden Forderungen und Anforderungen an die Bildung junger Menschen darstellen.

Um diese Anforderungen zu präzisieren, greife ich Standpunkte bekannter Unternehmen heraus, die die umfassenden Veränderungen der Arbeitswelt, insbesondere die Entwicklungen der Arbeitsstrukturen und die Globalisierung, verdeutlichen. Auch die zukünftigen Entwicklungen sollen in diesem Teil der Arbeit Beachtung finden. Zwar kann niemand die zukünftige Arbeitswelt genau definieren, dennoch lassen sich Trends für Veränderungen und daraus resultierende notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen erkennen. Auf die Veränderungen und Entwicklungen im Bereich Arbeit und Gesellschaft müssen die Schüler[1] vorbereitet werden, um eine Chance im Berufsleben zu haben bzw. überhaupt einen Einstieg in die Berufsausbildung zu bekommen.

Um die Eignung der Schulabgänger für einen Job festzustellen, werden bei Berufseinsteigern oft sogenannte Assessment – Center – Tests durchgeführt. Diese stelle ich in einem eigenen Abschnitt dar. Im Mittelpunkt dieser Tests steht die Feststellung notwendiger Fähigkeiten und Kompetenzen für die angestrebte Berufstätigkeit.

Es gibt also umfassende Kompetenzen, die für die Wirtschaft und die heutige Arbeitswelt wichtig sind. Deshalb wird in dem Abschnitt „Geforderte Kompetenzen“ erläutert, was die geforderten Kompetenzen beinhalten und was von der Schule erwartet wird. Dabei soll herausgestellt werden, dass gerade die Vermittlung der Sozialkompetenz im Unterricht einen immer größeren Stellenwert einnehmen muss. In einem folgenden Abschnitt wird dann erörtert, wie diese im Unterricht gefördert werden kann.

An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass sich meine Betrachtungen der Schulsituation und der Fördermöglichkeiten auf die Sekundarstufe I beziehen, da die Vorbereitung auf die Berufswelt gerade für diese Schüler eine entscheidende Rolle spielt.

2. Anforderungen an die Bildung: Veränderungen in Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft

Die Bereiche Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft unterliegen ständigen Veränderungen. Diese ziehen sich durch die gesamte Geschichte der Menschheit. Durch Erfindungen, Technologien und Forschungen bewirken Menschen einen ständigen Wandel und sind damit selbst gezwungen, sich diesen zum Teil gravierenden Veränderungen zu stellen und anzupassen. In der heutigen Zeit, die schnelllebig ist und von Neuerungen bestimmt wird, ergeben sich neue Anforderungen an jede Person. Um diesen gerecht zu werden, bedarf es einer zeitnahen Ausbildung, die sich entsprechend anpasst. Besonders die Bildung muss sich diesen dynamischen Entwicklungen der Wirtschaft und Gesellschaft und den daraus resultierenden Anforderungen stellen. Die Schule muss in der Lage sein, Bildungsprobleme und -ansprüche zu erkennen und auf diese zu reagieren.

Die aktuelle Schul- und Bildungskritik zeigt deutlich, dass unsere Schulen die Forderungen der Wirtschafts- und Arbeitswelt kaum mehr erfüllen. Vor allem die Wirtschaft fordert verstärkt eine Veränderung der Ausbildung in den Schulen.

2.1 Wirtschaftsunternehmen fordern teamfähige Mitarbeiter

Arbeitgeber in Wirtschaft und Technik wissen aufgrund ihrer Erfahrungen am besten, welche Voraussetzungen junge Mitarbeiter mitbringen müssen. Es werden fachliche aber auch überfachliche Kompetenzen erwartet. Dabei bestehen klare Anforderungen an ein Persönlichkeitsprofil von Mitarbeitern. Um dies zu verdeutlichen, werden im Folgenden einige Zitate von Mitarbeitern erfolgreicher Firmen angeführt, die eindeutig zeigen wie groß die Forderungen nach teamfähigen Mitarbeitern sind.

Peter Haase, Chef der Personalentwicklung bei VW: „Fachlich sind (die jungen Leute) in Ordnung, aber es hapert mit den sozialen Fähigkeiten … Niemand hat den jungen Leuten beigebracht, im Team zu arbeiten. Viele haben nur ich-fixiert gelernt“[2]

Soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit gehören also zu den Forderungen an die Bildung. Diese „neuen“ Anforderungen sind mit der Veränderung der Arbeitswelt zu begründen, denn Welt ist hoch komplex geworden und der Wissensstand hat sich vervielfacht. Selbst die besten Ingenieure sind für ein Unternehmen nur noch effektiv, wenn sie fähig sind im Team zu arbeiten, denn Innovationen können nur im Team hervorgebracht werden.

Auch die Firma Siemens hat die Wichtigkeit von sozialen Fähigkeiten herausgestellt, denn der „klassische <Einzelkämpfer>“[3] verschwindet immer mehr im Arbeitsablauf. „Daher wird von jungen Leuten in Zukunft ein hohes Maß an Team- und Kommunikationsfähigkeit erwartet … Wer nicht zu systematischem Denken und Arbeiten fähig ist, verliert an einem Arbeitsplatz, der mit immer komplexerer Technik ausgestattet wird, schnell den Anschluss“[4].

Diese Anforderungen finden sich zunehmend in allen Bereichen der Arbeitswelt wieder. Die Firmen profitieren nur noch von Mitarbeitern, die eine gute Ausbildung genossen haben. Mitarbeiter, die den Anforderungen nicht gewachsen sind, können den Beruf nicht mehr ausüben oder müssen zusätzliche Weiterbildungs- und Ausbildungsmaßnahmen besuchen, um für das Unternehmen effektiv arbeiten zu können und das verursacht hohe Kosten.

Aus diesen Gründen werden die Forderungen nach neuen, den Anforderungen angemessenen, Ausbildungsmethoden immer lauter. Schüler und Studenten werden fachlich zwar immer spezialisierter ausgebildet, aber auch die Entwicklung der sozialen Kompetenzen darf nicht vergessen werden. Schüler müssen deshalb schon in der Schule befähigt werden, im Team zu arbeiten und gemeinsam Probleme zu lösen. Es müssen aber auch fast selbstverständliche Kompetenzen gestärkt werden wie z.B. das Kommunizieren. Das bedeutet, dass Schüler fähig sein müssen aktiv zuzuhören, selbstständig Sachverhalte zu hinterfragen und Probleme zu formulieren.[5]

Das verlangt vor Allem im Unterricht ein Umdenken. Der Lehrer darf nicht jeden Lösungsschritt vorgeben, sondern sollte die Schüler zu eigenem, aktivem Denken und Lernen anregen. Daher wird das Lernen in Gruppen und kooperativen Lernformen in der Schule von den Firmen gefordert. Denn so werden nicht nur Wissen und Methoden zum effektiven Lernen, sondern auch Kompetenzen vermittelt.[6] Die Position der Firma Siemens macht diese Forderungen deutlich: „Warum macht man nicht öfters den Weg zum Ziel? Warum sollen Schüler nicht häufiger versuchen, sich innerhalb einer Gruppe einem Problem zu nähern, eine Lösungsstrategie zu entwickeln und zu diskutieren.“[7]

2.2 Strukturwandel der Gesellschaft nach sozioökonomischen Gesichtspunkten

Solche veränderten Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeiter und damit auch an die Schule basieren auf einer „neuen Arbeitswelt“ und einer „neuen Gesellschaft“.

Um die Veränderungen der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten besser aufschlüsseln zu können, teilt man die Produktionsstrukturen in 3 Sektoren. Die Einteilung der Arbeitswelt in den primären, sekundären und tertiären Sektor geht von der Produktionsstrukturanalyse nach Colin Clark (1940) aus.[8] Auf diese Weise können langfristige Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft dargestellt werden.

Der primäre Sektor beschreibt die Produktionsgewinnung (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bergbau, Fischerei usw.).

Der sekundäre Sektor beinhaltet die Produktionsverarbeitung (Industrie, Handwerk, Baugewerbe usw.).

Der letzte Sektor beschreibt die Dienstleistungen (Handel, Verkehr, Kommunikation, Verwaltung, Bildung, Wissenschaft usw.).[9]

Verschiedene Gesellschaften zeichnen sich durch den wirtschaftlichen Schwerpunkt in einem der 3 Sektoren aus. Man spricht von einer Agrargesellschaft, wenn der Schwerpunkt der Wirtschaft auf dem primären Sektor liegt. Die Industriegesellschaft hat ihren Schwerpunkt im sekundären Bereich und die Dienstleistungsgesellschaft im tertiären Sektor. Der dominierende Sektor der verschiedenen Gesellschaften besitzt die Hauptbeschäftigungsanteile und bestimmt somit die Arbeitsanforderungen und -bedingungen. Weiterhin beeinflusst der wirtschaftliche Schwerpunkt den Wohlstand, die soziale Sicherheit, Bildung und Kultur, das Qualifikationsniveau und den Anspruch an die Arbeitnehmer. Somit hat die Arbeitswelt einen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft und damit auch auf die Menschen.

Betrachtet man Deutschland im 20. Jahrhundert kann man feststellen, dass bis in die 70er Jahre eine Industriegesellschaft bestand. „Das Gewicht des sekundären Sektors nahm auf Kosten des primären Sektors bis in die 60er Jahre hinein ständig zu, allerdings waren die Wachstumsraten des stark expandierenden Dienstleistungssektors noch größer.“[10] Es wird deutlich, dass sich die Bundesrepublik vor allem bis in die 60er Jahre zu einer Industriegesellschaft verändert hat. Gleichzeitig vollzog sich eine weitere Veränderung, die von der Zunahme des Dienstleistungssektors geprägt war. Dabei kam es zu einer Verzahnung der beiden Gesellschaftsformen zu einer industriellen Dienstleistungsgesellschaft. Diese ist bis heute durch den zunehmenden Rückgang des Industriebereichs und das Wachstum des Dienstleistungsgewerbes geprägt.

Es stellt sich die Frage: Warum vollzog sich dieser Wandel in Deutschland?

Aufgrund von Produktionsfortschritten im primären und sekundären Sektor wie z.B. die Automatisierung in der Autoindustrie wurden vorher noch benötigte Arbeitskräfte freigesetzt. Allerdings erhöhte sich durch zunehmende Technik und veränderte Lebens- und Arbeitsbedingungen die Nachfrage nach Dienstleistungen. Sinkende Arbeitszeiten steigerten z.B. die Nachfrage an Freizeit- und Urlaubsangeboten. Auch die steigenden Zahlen der erwerbstätigen Mütter erhöhten den Bedarf an Serviceleistungen z.B. in Bezug auf Haushalt und Kinderbetreuung. Die zunehmende Technisierung in Alltag und Beruf erforderte die vermehrte Nutzung von Reparatur- und Wartungsdiensten u.a.. Diese Zunahme an benötigten Dienstleistungen schaffte viele neue Berufe und Arbeitsplätze. Somit konnten viele Arbeitnehmer, die durch die zunehmende Technisierung überflüssig wurden, neue Arbeit finden.

Die neuen Berufsgruppen produzieren allerdings keine Konsum- oder Industrieprodukte mehr, sondern bieten benötigte Dienstleistungen für die Bevölkerung an. Diese Arbeit ist demzufolge nicht durch die Benutzung von Maschinen und produzierende Tätigkeiten geprägt, sondern ganz auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet und auch nicht ohne menschliche Arbeitskraft zu gewährleisten. Es findet ein ständiger Kontakt zu z.B. Kunden statt, denn diese müssen unter anderem beraten und betreut werden.

Gerade der Kontakt zu Kunden oder auch anderen Mitarbeitern, der vorher beim Bedienen von Maschinen oder anderen produzierenden Tätigkeiten kaum vorhanden war, erfordert vielfältige Fähigkeiten der Arbeitnehmer, die nichts mehr mit den Anforderungen einer Industriegesellschaft zu tun haben. Gerade die sozialen Fähigkeiten sind im Dienstleistungsgewerbe immens wichtig.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass wir heute in Deutschland in einer Dienstleistungsgesellschaft leben, da der Beschäftigungsanteil im Dienstleistungsgewerbe bei etwa 70% liegt. Die anderen 30% verteilen sich auf den Industriesektor und die Landwirtschaft.[11].

2.3 Gesellschaftlicher Wandel durch Globalisierung

Es sind jedoch noch weitere Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Arbeitswelt zu finden. Diese wirken sich vor Allem auf die Anforderungen an Arbeitnehmer und damit auf die Vorbereitung junger Menschen auf die Berufswelt aus. Neben der Verschiebung der wirtschaftlichen Schwerpunkte kommt es zu einer immer weiter fortschreitenden Globalisierung. Der Begriff Globalisierung fasst dabei weitreichende Veränderungen in allen Bereichen zusammen.

Globalisierung beinhaltet die Verlagerung von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorgängen von der lokalen auf die internationale Ebene. Das bedeutet, dass sich Firmen und Unternehmen immer mehr in anderen Ländern ansiedeln oder Zweigniederlassungen gründen, in denen die wirtschaftlichen Voraussetzungen günstiger sind als im eigenen Land. Gerade im Bereich der Industrie wird die Produktion weitestgehend ins Ausland verlagert. Dadurch verändern sich die Produktions- und Sozialstrukturen in den Unternehmen in umfassender Form.

Durch den globalen Konkurrenzdruck strebt jedes Unternehmen nach Effektivität. Das bedeutet oft Rationalisierungsmaßnahmen, insbesondere auf personeller Ebene. Die Mitarbeiter sind einem ständigen Druck ausgesetzt. Sie müssen sich vor Allem in Bezug auf Flexibilität, Kooperationsbereitschaft und Kreativität den Anforderungen anpassen.[12] Dazu gehört z.B. auch, dass viele Mitarbeiter mit ständigen Positionswechseln innerhalb der Arbeitsabläufe oder auch mit häufigen Arbeitsplatz- und Ortswechseln konfrontiert werden. Aus dieser Perspektive betrachtet zeigt sich, dass sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat und ein umfassenderes, anspruchsvolleres Kompetenzprofil verlangt.

[...]


[1] personenbezogene Bezeichnungen gelten jeweils auch in ihrer weiblichen Form

[2] Der Spiegel, 23/1992, S.53, in Klippert, 1998, S.109

[3] Bildung konkret, Heft 10/1995, S. 8, in Klippert, 1998, S.109

[4] Bildung konkret, Heft 10/1995, S. 8, in Klippert, 1998, S.109

[5] vgl. Der Spiegel, 23/1992, S.53, in Klippert, 1998, S.109

[6] vgl. Bildung konkret, Heft 10/1995, S. 8, in Klippert, 1998, S.109

[7] Bildung konkret, Heft 10/1995, S. 8, in Klippert, 1998, S.109

[8] vgl. Geißler, 2002, S. 179

[9] vgl. Geißler, 2002, S. 197

[10] Geißler, 2002, S. 198

[11] vgl. Statistisches Bundesamt, in www.lexikon-der-Politik.de

[12] vgl. Narr, 1969, S. 19, in Jäger, 2001, S. 32

Excerpt out of 28 pages

Details

Title
Veränderte Anforderungen an Bildung und Schulunterricht. Welche Kompetenzen verlangt der Arbeitsmarkt?
College
Technical University of Braunschweig
Grade
1,0
Author
Year
2005
Pages
28
Catalog Number
V282665
ISBN (eBook)
9783656801146
ISBN (Book)
9783668139688
File size
505 KB
Language
German
Keywords
veränderte, anforderungen, bildung, schulunterricht, welche, kompetenzen, arbeitsmarkt
Quote paper
Jörg Wegner (Author), 2005, Veränderte Anforderungen an Bildung und Schulunterricht. Welche Kompetenzen verlangt der Arbeitsmarkt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282665

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