Die Bildung zählt heute in unseren vor allem westlichen Wissens- und Leistungsgesellschaften zu den zentralen Ressourcen in Bezug auf die Lebenschancen überhaupt . Gesellschaftliche Anerkennung erfährt diese Bildung dabei durch das institutionalisierte Bildungssystem, das mit einer standardisierten Wissensvermittlung aufwartet, die für alle Kinder konstitutiv ist. In Deutschland beginnt mit der Vollendung des sechsten Lebensjahres die allgemeine Schulpflicht (KMK – Allgemeine Schulpflicht und Teilzeitschulpflicht - 2014). Ungeachtet der Tatsache, dass der Beginn der schulischen Bildungskarriere zeitlich determiniert ist, so sind doch die Fähigkeiten und Wissensbestände der Kinder kaum miteinander zu vergleichen, da das Handlungswissen und Sozialverhalten, welches Kinder bis zum Zeitpunkt des Schulbeginns erworben haben, in hohem Maße von der familiären Lebensführung abhängt. Genau diese Lebensführung ist variabel und kann in Abhängigkeit verschiedener Faktoren nur diffizil systematisch erfasst werden, weshalb hier eine deutliche Differenz zum Bildungserwerb im institutionellen Kontext festzustellen ist.
Ein Funktionsmechanismus des deutschen Bildungssystems ist die Selektion; während in der Grundschulphase noch ein relativ heterogenes Leistungsniveau der Kinder zu beobachten ist, erfahren die SchülerInnen zumeist nach der 4. Jahrgangsstufe eine Zuweisung in ein gewollt homogenes Lernumfeld, das wegweisend für ihren weiteren Lebenslauf ist. Objektives Merkmal für diese erste Platzierung soll dabei das Kriterium der Leistung darstellen. Dieses gesellschaftlich anerkannte Merkmal basiert auf der Grundannahme natürlicher Begabungsunterschiede und öffnet unter dieser Voraussetzung den Zugang zu hierarchisch geordneten sozialen Positionen. In Form von Zensuren und Bildungszertifikaten wird die Qualität des Bildungserfolges bewertet und ausgewiesen. Unter dem Aspekt der Verknüpfung lebensweltlicher und institutionalisierter Bildungsprozesse stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, in welchem Maße die objektiven Entscheidungskriterien auf meritokratischer Grundlage von den subjektiven Faktoren der sozialen Herkunft determiniert werden und auf welchen Ebenen diese Einflüsse wirken. Eben diese Frage zu beantworten, steht im Mittelpunkt der vorliegenden Ausarbeitung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Habitus und soziale Herkunft
- Habitus
- Kapitalarten
- Die Sozialraumtheorie
- Kulturelle Reproduktion
- Bildungsaspiration der herrschenden Klasse
- Bildungsaspiration der Mittelklasse
- Bildungsaspiration der Volksklasse
- Historie und Struktur des deutschen Bildungssystems
- Historie
- Moderne Schulstruktur
- Funktionen der Schule
- Legitimation/Meritokratie
- Entscheidungsträger im Bildungssystem
- Entscheidungskriterien der LehrerInnen
- Schulwahlverhalten von Eltern
- Schulwahlverhalten von SchülerInnen
- Datengrundlage für empirische Schlussfolgerungen
- IGLU
- TIMSS
- Zusammenfassung
- Handlungsempfehlungen
- Ausblick in die Zukunft des Themas
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit die soziale Herkunft die Bildungsentscheidungen im deutschen Bildungssystem beeinflusst. Sie analysiert den Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe, einen entscheidenden Selektionsprozess, der den weiteren Bildungsweg prägt. Die Arbeit untersucht die Rolle des Habitus und der verschiedenen Kapitalformen im Kontext der Bildungsaspirationen verschiedener sozialer Klassen. Darüber hinaus werden die historischen und strukturellen Aspekte des deutschen Bildungssystems beleuchtet, um die Funktionsweise der Selektion und die Rolle des meritokratischen Prinzips zu verstehen.
- Die Bedeutung der sozialen Herkunft für Bildungsentscheidungen
- Die Rolle des Habitus und der Kapitalformen
- Die Struktur und Historie des deutschen Bildungssystems
- Die Entscheidungskriterien von Eltern, Lehrern und Schülern
- Die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beleuchtet die Bedeutung von Bildung in modernen Gesellschaften. Sie stellt die Problematik der Selektion im deutschen Bildungssystem dar und verdeutlicht die Relevanz der sozialen Herkunft für den Bildungserfolg.
Das erste Kapitel befasst sich mit dem Habituskonzept von Pierre Bourdieu und erklärt, wie soziale Herkunft die Bildungsaspirationen von Individuen prägt. Es werden die verschiedenen Kapitalformen (ökonomisches, kulturelles, soziales und symbolisches Kapital) erläutert und ihre Bedeutung für die soziale Positionierung im Bildungssystem dargestellt.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Historie und Struktur des deutschen Bildungssystems. Es werden die Rechtsgrundlagen der Übertrittsentscheidung und die Funktionen von Bildungsinstitutionen im Hinblick auf die Selektion und die Legitimation des meritokratischen Prinzips erläutert.
Das dritte Kapitel analysiert die Entscheidungskriterien der beteiligten Akteure (Eltern, Lehrer und Schüler) im Kontext des Übertritts in die Sekundarstufe. Es werden die Entscheidungsprozesse von Eltern vor dem Hintergrund ihrer sozialen Zugehörigkeit und die Entscheidungskriterien von Lehrern im Rahmen der pädagogischen Freiheit betrachtet. Darüber hinaus werden die Kriterien der Schüler für die Wahl der weiterführenden Schulform beleuchtet.
Das vierte Kapitel präsentiert die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien wie IGLU und TIMSS, die die Bedeutung der sozialen Herkunft für den Bildungserfolg empirisch belegen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Habitus, die soziale Herkunft, das deutsche Bildungssystem, die Bildungsaspirationen, die Selektion, die Übertrittsentscheidung, die Entscheidungskriterien von Eltern, Lehrern und Schülern, die Meritokratie und die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien.
- Citar trabajo
- Anja Scholz (Autor), 2014, Habitus, Herkunft und Bildungserfolg, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285952