In allen deutschen Einzelstaaten fanden zwischen 1790 und 1830 grundlegende Universitätsreformen statt. Als Vorbildfunktion für diese galten die Universitäten zu Göttingen und Halle, nicht etwa die 1810 gegründete Berliner Universität (vgl. PALETSCHEK, S. 4.). Hauptaufgaben und -ziele dieser Universitäten waren die wissenschaftliche Berufsausbildung, die Vermittlung allgemeiner (Menschen-) Bildung, sowie die Fortentwicklung der Wissenschaften. Mit jener Bildungsidee werden Persönlichkeiten wie Schleiermacher, Fichte und Steffens, vor allem aber Wilhelm von Humboldt , Begründer der Berliner Universität in Verbindung gebracht. Als Hauptmerkmal der europäischen Universitäten galt die Freiheit von Lehre und Forschung, welche auf die korporative Eigenständigkeit der Universitäten und die Durchsetzung von Aufklärung und Rationalismus zurückführt (vgl. ebd.). Die Freiheit zur Forschung war zentraler Grundgedanke für den Übergang zu Forschungsuniversitäten, welcher im 19. Jahrhundert begann und um die Jahrhundertwende als abgeschlossen galt. Termini wie Forschendes Lernen wurden seit etwa 1890 im Sinne der Humboldt´schen Universitätsidee zum wichtigen Bestandteil der deutschen Hochschulen (vgl. KRULL 2009, S. 4).
Aktuell wird die Idee der deutschen Hochschullandschaft bereits seit Jahrzehnten erneut diskutiert. Auch im internationalen Raum beschäftigen sich Bildungsforscher wie Daniel Fallon mit der Fragestellung: „The European Research University - An Historical Paranthesis?“ (Ebd., S. 1)
Seit den universitären Reformänderungen im Zuge der Bologna-Erklärung im Jahre 1999 im italienischen Bologna steht in Deutschland die Frage nach der Wirksamkeit der traditionellen Humboldt´schen Bildungsidee wieder ganz oben auf der hochschulpolitischen Diskussionsagenda (vgl. ebd.). Hinsichtlich dieser Problematik wird die Analyse bezüglich der Gefährdung des traditionellen Humboldt´schen Bildungsideals durch die Bologna-Erklärung Gegenstand dieser Arbeit sein. Der zentrale Schwerpunkt liegt dabei auf folgenden Fragestellungen:
Inwiefern stellt der Bologna-Prozess eine Gefährdung für die ursprüngliche Universitätsidee nach Wilhelm von Humboldt dar?Hat die Humboldt´sche Bildungsidee noch eine Zukunft?
Kapitel 2 wird in Kürze auf den historischen Entstehungskontext der Humboldt´schen Bildungsidee Bezug nehmen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehungskontext des neuhumanistischen Bildungsbegriffes
- Wilhelm von Humboldts Ideen zur Bildung des Menschen
- Zur Person Wilhelm von Humboldt
- Die Allgemeine (Menschen-) Bildung
- Die Spezielle Bildung
- Humboldts Reformpädagogik
- Die Rolle des Staates im Humboldt'schen Bildungsmodell
- Der Bologna-Prozess
- Die Intention Bolognas
- Die Zielvereinbarungen der Bologna-Erklärung
- Bologna und die Widersprüchlichkeit der realistischen Umsetzung
- Evaluation: Gegenüberstellung des Humboldt'schen Bildungs ideals mit den Umsetzungsarbeiten der Bologna-Erklärung
- Bologna - Gefährdung des Humboldt´schen Bildungsideals?
- Kritik an den Umsetzungsarbeiten der Bologna-Erklärung seitens der Humboldt-Gesellschaften
- Bologna als Abschied vom Humboldt'schen Bildungsideal
- Fazit und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern der Bologna-Prozess eine Gefährdung für das traditionelle Humboldt'sche Bildungsideal darstellt. Die Arbeit analysiert die Intentionen und Umsetzungsarbeiten des Bologna-Prozesses und setzt diese in Beziehung zu den Ideen Wilhelm von Humboldts zur Bildung des Menschen.
- Die Entstehung des neuhumanistischen Bildungsbegriffes im Kontext der Preußischen Reformen
- Die zentralen Elemente des Humboldt'schen Bildungsideals, insbesondere die Idee der Allgemeinen Bildung und die Rolle des Staates
- Die Intentionen und Zielvereinbarungen des Bologna-Prozesses
- Die Kritik an den Umsetzungsarbeiten des Bologna-Prozesses aus Sicht der Humboldt-Gesellschaften
- Die Frage, ob der Bologna-Prozess einen Abschied vom Humboldt'schen Bildungsideal bedeutet
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Gefährdung des Humboldt'schen Bildungsideals durch den Bologna-Prozess ein und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor.
Kapitel 2 beleuchtet den historischen Entstehungskontext des neuhumanistischen Bildungsbegriffes, der im 19. Jahrhundert in Preußen entstand. Es werden die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der damaligen Zeit dargestellt, die zur Entwicklung der Humboldt'schen Bildungsidee führten.
Kapitel 3 widmet sich den Ideen Wilhelm von Humboldts zur Bildung des Menschen. Es werden seine Biografie, seine Vorstellungen von allgemeiner und spezieller Bildung sowie seine Reformpädagogik dargestellt.
Kapitel 4 analysiert den Bologna-Prozess. Es werden die Intentionen und Zielvereinbarungen der Bologna-Erklärung sowie die Widersprüchlichkeiten der realistischen Umsetzung dargestellt.
Kapitel 5 befasst sich mit der Kritik an den Umsetzungsarbeiten des Bologna-Prozesses aus Sicht der Humboldt-Gesellschaften. Es wird diskutiert, ob der Bologna-Prozess einen Abschied vom Humboldt'schen Bildungsideal bedeutet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Humboldt'sche Bildungsideal, den Bologna-Prozess, die Allgemeine Bildung, die Freiheit von Lehre und Forschung, die universitäre Reform, die Kritik an der Bologna-Erklärung und die Zukunft der Humboldt'schen Universitätsidee.
- Arbeit zitieren
- Diplom Pädagogin Jessica Weinem (Autor:in), 2011, Die Gefährdung des Humboldt'schen Bildungsideals durch den Bologna-Prozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287964