Empirische Studie zum Migrationsverhalten im europäischen Kontext

Entwicklung einer regionalen Benchmark


Master's Thesis, 2015

120 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung – Problemstellung und Forschungsfrage

2 Aufbau der Arbeit

3 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand
3.1 Bisheriger Erkenntnisse zur Migrationsforschung
3.1.1 Der Begriff der Migration
3.1.2 Die Migrationsdimensionen
3.1.3 Die Einordung des Forschungsschwerpunktes
3.2 Definition von Schlüsselbegriffen
3.3 Das Push-Pull Modell der Migration
3.4 Benchmarking – eine Möglichkeit zur Maßnahmenidentifizierung
3.4.1 Der Begriff des Benchmarking
3.4.2 Die Arten und Formen des Benchmarking
3.4.3 Der Benchmarking-Prozess

4 Die Migration in Europa beurteilt anhand ausgewählter Nationen
4.1 Der Zusammenhang zwischen geographischer Nähe und Migration
4.2 Abweichungen der Wanderungsbewegung durch historische Ursprünge
4.3 Beliebte Destinationen Europas
4.4 Die Attraktivität Deutschlands aus Sicht europäischer Migranten
4.5 Deutschland beurteilt mittels „Better Life Index“ der OECD
4.5.1 Die Darstellung der Faktoren, welche Migration begünstigen
4.5.2 Die Bewertungsmethode zur Bemessung der Lebensqualität der Nationen
4.5.3 Der Vergleich der Nationen Europas

5 Die Migration in deutsche Bundesländer beurteilt anhand ausgewählter Nationen
5.1 Die Bewertungsmethode zur Beurteilung der Lebensqualität deutscher Bundesländer
5.2 Die Lebensqualität deutscher Bundesländer
5.2.1 Der Vergleich der Bundesländer Deutschlands
5.2.2 Analyse der Pull-Faktoren ausgewählter Bundesländer
5.2.3 Maßnahmen abgeleitet anhand des Best-of-Class

6 Zusammenfassung
6.1 Überblick der gewonnenen Erkenntnisse
6.2 Ausblick und kritische Würdigung

Anhang

7 Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Verteilung belgischer Migranten

Tabelle 2: Bevorzugte Zielnationen nach prozentualer Verteilung und Rang

Tabelle 3: Die Attraktivität Deutschlands nach Herkunftsland in Europa, gemessen am Anteil aller Migranten

Tabelle 4: Skala für die Bewertung der Indikatoren

Tabelle 5: Gewichtung der Indikatoren

Tabelle 6: Skala für die Bewertung der Bundesländer

Tabelle 7: Rangfolge und Bewertung der Bundesländer

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung des empirischen Vorgehens

Abbildung 2: Überblick der Migrationsforschung

Abbildung 3: Die Arten und Formen des Benchmarking

Abbildung 4: Die Benchmarking-Phasen

Abbildung 5: Migrationsbewegungen Europas, geographisch unterteilt

Abbildung 6: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Berlin

Abbildung 7: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Brandenburg

Abbildung 8: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Mecklenburg-Vorpommern

Abbildung 9: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen

Abbildung 10: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Sachsen

Abbildung 11: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Sachsen-Anhalt

Abbildung 12: Kennzahlenvergleich zwischen Hessen und Thüringen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Als eines der Themen, das in den Medien, der Politik, aber auch der Wissenschaft aktuell und wiederholt Einzug erhält, bietet Migration ein umfangreiches Forschungsfeld. Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag hierzu, verfolgt jedoch einen bislang ungenutzten Weg der Herangehensweise. Viele Erhebungen sind auf eine reine Darstellung der Ist-Situation von Ländern und Regionen ausgelegt. Anhand eines Benchmarking-Ansatzes, unter Einbezug des Push-Pull-Modells der Migration, wird diese Arbeit darlegen, wie sich die Auswanderer in Europa verteilen und darüber hinaus, welche Zielnationen besonders attraktiv erscheinen. Überdies wird ein Transfer geleistet, der ermöglicht, die Attraktivität deutscher Bundesländer zu vergleichen und infolgedessen, dasjenige Bundesland mit der größten Anziehungskraft zu bestimmen, die regionale Benchmark. Ebenso ergeben sich Handlungsempfehlungen, zur Steigerung der Attraktivität einzelner Bundesländer.

Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist, dass Deutschland die beliebteste Zielnation europäischer Migranten ist. Vor allem durch Stärken in den Bereichen Einkommen, Beschäftigung, Wohnbedingungen und Umwelt rückt es in den Fokus der Auswanderer. Zudem ist erkennbar, dass das Bundesland Hessen, innerhalb Deutschlands, die attraktivste Region ist. Diese regionale Benchmark ist gekennzeichnet durch hervorragende Standortmerkmale in den Bereichen Haushaltsnettoeinkommen, durchschnittlicher Stundenverdienst und durchschnittlicher Jahresverdienst.

1 Einführung – Problemstellung und Forschungsfrage

Migration ist heutzutage ein allgegenwärtiges Thema, welches in den vergangenen Jahren zunehmend in den Medien, in der Politik als auch der Wirtschaft und in diversen Wissenschaftsbereichen fokussiert wird. Oft wird der Fachkräftemangel in Deutschland als Grund hierfür erwähnt. Die Frage, ob tatsächlich ein Fachkräftemangel besteht und sich dieser in Zukunft verstärken wird, ist Gegenstand wiederkehrender Diskussionen. Dabei wird auf die verschiedenen Methoden verwiesen, diesen Mangel zu beheben. Genannt werden hierbei die Wiedereingliederung von Arbeitslosen, eine stärkere Förderung von Frauen in der Arbeitswelt, eine gezielte Unterstützung von Seiten der Politik sowie das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland.1 Der Diskurs, welche Herangehensweise die vielversprechendste ist, soll jedoch nicht Fokusthema der vorliegenden Arbeit sein. Prinzipiell besteht ein Konsens, dass die Zuwanderung von Fachkräften dazu beitragen kann, die Arbeitsmarktsituation zu verbessern und einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum zu leisten.2

Hierdurch eröffnet sich das komplexe Themenfeld der Migration. Die gegebene Aktualität zeigt sich in einem Bericht der Bundeszentrale für politische Bildung aus dem Jahr 2014. Hier heißt es, dass die Migration nach Deutschland auf einem Rekordhoch sei, da diese so hoch wie zuletzt vor 20 Jahren ist.3 Zugrunde gelegt werden hierfür Ergebnisse der Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamtes. Einen Überblick hierzu gibt beispielsweise der Atlas über Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Ein weiterführender Blick auf die Ergebnisberichte zeigt, wie sich die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland und den Bundesländern verteilt. Auch werden Wanderungsbewegungen Europas offengelegt. Der Fokus hierbei liegt jedoch auf rein mengenmäßigen Bewertungen und zeigt lediglich die Verteilung der größten Auswanderergruppen, sowie den Wanderungssaldo.4 Eine vertiefte Begutachtung aller Einwanderer, deren Herkunft und Gründe für die Migration wird in diesem Zusammenhang nicht erbracht. Die quantitativen Untersuchungen zielen zumeist nur auf eine Abbildung des jeweiligen Ist-Zustandes ab. Bevor jedoch die Migrationsziele betrachtet werden, stellt sich die Frage, welche grundsätzlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit ein Land oder eine Region überhaupt als Migrationsziel angesehen wird.

Dieses Defizit schafft die Ausgangsbasis, um sich vertieft mit dem Thema Migration auseinander zu setzen. Mit der hier angefertigten Studie zum Migrationsverhalten in Europa soll anhand bestehender Migrationsströme die Ist-Situation identifiziert und von dieser auf die Attraktivität beziehungsweise Beliebtheit der jeweiligen Nationen für potentielle Migranten geschlossen werden. Im weiteren Prozess des Vergleiches und der Bewertung der europäischen Staaten zueinander, soll herausgearbeitet werden, wie die Lebensqualität innerhalb der angeführten Nationen einzuschätzen ist. Dies wird daraufhin auf Deutschland übertragen, um feststellen zu können, welche regionalen Unterschiede bestehen, sowie dasjenige Bundesland zu identifizieren, welches den Maßstab für eine Benchmark setzt. Daraufhin lassen sich Empfehlungen geben, die ermöglichen können, die Attraktivität eines Bundeslandes gezielt zu steigern.

Zunächst ist für die Herangehensweise zu bestimmen, wie die derzeitigen Wanderungsbewegungen innerhalb Europas verlaufen. Hierdurch kann eine erste wesentliche Frage der Arbeit definiert werden.

Forschungsfrage 1: Wie verteilen sich die Auswanderer in Europa?

Mittels der Bearbeitung dieser Frage kann das Migrationsverhalten abgebildet werden. Zudem ermöglichen die Ergebnisse zu klären, welche Nationen bevorzugt gewählt werden. Insbesondere soll festgestellt werden, wie anziehend Deutschland für europäische Auswanderer ist. In einem weiteren Arbeitsschritt lässt sich ableiten, welcher Nationalität diejenigen Migranten sind, die bevorzugt nach Deutschland einreisen.

Ist zum einen bekannt, wie beliebt Deutschland bei Migranten ist und zum anderen, welche Auswanderer Deutschland bei der Ziellandwahl favorisieren, können aus dem Vergleich Strukturmerkmale identifiziert werden, durch die eine Migration nach Deutschland bedingt wird. Da jedoch aufgrund der Größe Deutschlands und möglicher Unterschiede bei den Standortfaktoren der Bundesländer, verschiedene Merkmale oder auch Kombinationen aus Merkmalen, Anziehungskraft ausüben können, soll eine regionale Benchmark entwickelt werden. Daraus lässt sich die zweite Forschungsfrage ableiten.

Forschungsfrage 2: Welches Bundesland ist im Vergleich der Bundesländer als Benchmark anzusehen?

Hierzu ist zunächst ein Vergleich auf internationaler Ebene durchzuführen, wobei Deutschland mit anderen Nationen Europas in Relation gesetzt wird. Anhand dessen können die Stärken und Schwächen der Länder identifiziert werden. Auch soll daraufhin festgestellt werden, welche Faktoren für die jeweiligen Migranten von Bedeutung sind, nach Deutschland auswandern zu wollen.

Dieser Vergleich soll ebenso auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Mittels der individuellen Präferenzen und der Bewertung der Bundesländer kann somit dasjenige Bundesland identifiziert werden, welches von den potentiellen Auswanderern Europas bevorzugt gewählt wird. Ferner wird dadurch ermöglicht, die anderen Bundesländer hieran zu vergleichen. Damit können in einem weiteren Arbeitsschritt deren Stärken und Schwächen offengelegt und Chancen abgeleitet werden.

Die Zielsetzung dieser Arbeit besteht darin, durch die empirische Untersuchung, herauszufinden, welche Faktoren eine Migration nach Deutschland und in die jeweiligen Bundesländer bedingen, um die Attraktivität dieser steigern zu können.

2 Aufbau der Arbeit

Für die Herangehensweise der Zielsetzung ist es von großer Bedeutung, die begrifflichen Grundlagen und systematischen Erläuterungen auszuführen. Folglich wird im dritten Kapitel eine Begriffsdefinition der Migration und des Benchmarking gegeben. Weiterhin erfolgt im Hauptteil der Untersuchung eine Darstellung der Methodik und Analyse der Ergebnisse, woraufhin im Schlussteil eine Zusammenfassung gegeben wird. Im Rahmen dieser Arbeit sind zur Beantwortung der Forschungsfragen mehrere Teilarbeitsschritte sukzessive durchzuführen. Ein Überblick der Vorgehensweise soll im Folgenden gegeben werden:

Diese Arbeit lässt sich zunächst in eine theoretische und eine empirische Ebene unterteilen, wobei die empirische Analyse den Hauptteil der Studie darstellt. Nachdem die Forschungsfrage und Problemstellung umrissen wurde, sollen daraufhin die theoretischen Grundlagen für diese Studie präsentiert werden. Ein zentraler Bestandteil der Untersuchung umfasst das Themengebiet der Migrationsbewegung. Damit jedoch Wanderungsbewegungen analysiert werden können, ist unabdinglich, das Forschungsgebiet der Migration und dessen Ausprägungen aufzuzeigen. Durch die Vielzahl möglicher Herangehensweisen an diese Thematik und einen mangelnden Konsens in der Fachliteratur, werden zunächst einige Begriffsbestimmungen präsentiert, um im Anschluss eine Definition zu erarbeiten, welche dem Kontext dieser Arbeit entspricht. Ferner gibt es verschiedene Dimensionen der Migration, welche ermöglichen, den Begriff konkretisieren zu können. Drei der gängigen Einteilungsvarianten werden im Kapitel 3.1.2 vorgestellt. Im Anschluss an die theoriegeleitete Vorstellung der Migration, wird im darauffolgenden Kapitel eine Einordnung vorgenommen, welchen Schwerpunkt die vorliegende Untersuchung bezüglich Migration setzt. Nachdem im Kapitel 3.2 weitere Schlüsselbegriffe der Arbeit definiert werden, wird in 3.3 das Push-Pull-Modell als Theorieansatz zunächst eingeordnet und daraufhin inhaltlich erfasst.

Ein weiterer Bestandteil der Untersuchung ist die Methodik des Benchmarking. Die Arbeitsschritte dieser Vergleichsmethodik bilden die Voraussetzung, geeignete Maßnahmen identifizieren zu können. Auch hierfür ist das Wissen über das Vorgehen und über bestehende Unterschiede die Grundlage für eine optimale Herangehensweise. Zunächst werden im Kapitel 3.4.1 Varianten des Begriffes Benchmarking dargelegt. Da sich auch diese je nach Untersuchungsobjekt unterscheiden können wird eine Definition erarbeitet, welche sich auf die vorliegende Studie bezieht und dahingehend angepasst werden muss. Überdies werden die Arten und Formen des Benchmarking erläutert. Hierdurch wird ermöglicht, die Untersuchung gemäß ihrer Eigenheiten präzise einordnen zu können. Im Kapitel 3.4.3 wird daraufhin der Benchmarking-Prozess mit den verschiedenen Teilarbeitsschritten wiedergegeben. Ebenso soll verdeutlicht werden, welche Arbeitsschritte des Prozesses auf die vorliegende Arbeit übertragbar sind, da sich diese ebenfalls als ein Benchmarking-Prozess verstehen lässt.

Der Hauptteil der Arbeit umfasst die empirische Analyse des Migrationsverhaltens sowie die schrittweise Erarbeitung einer regionalen Benchmark. Das Vorgehen hierzu lässt sich wiederum in drei Ebenen unterteilen und erstreckt sich über Kapitel 4 und 5. Die nachstehende Abbildung 1 gibt einen Überblick der durchzuführenden Teilarbeitsschritte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Darstellung des empirischen Vorgehens5

Die Ebene 1 dient dazu den Zusammenhang der geographischen Nähe und Migration identifizieren zu können, um somit das Migrationsverhalten abzubilden und eine Antwort auf die Forschungsfrage 1 zu geben. Weiterhin kann eine Eingrenzung auf einige wenige Nationen vorgenommen werden. Der erste Arbeitsschritt umfasst die Bestimmung, welche Nationen Europas in die Untersuchung aufzunehmen sind. Für ein vorab durchgeführtes Forschungsprojekt galt, neben der geographischen Eingrenzung zu berücksichtigen, dass das verwendete Datenmaterial zum einen vorhanden und zum anderen auf derselben Basis aufbereitet wurde. Da lediglich Eurostat diese Voraussetzung erfüllte, wurde eine Eingrenzung auf die 19 aufgelisteten Saaten der Anlage 16 vorgenommen. Hiernach wurde aus den Mikrozensus dieser Nationen entnommen, wie viele Auswanderer aus den jeweils anderen Ländern erfasst sind. Anhand dieser Daten können im Kapitel 4.1 die beliebtesten Ziele jeder einzelnen Nation bestimmt werden, indem errechnet wird, welcher Anteil aller Migranten in den jeweils anderen Staaten beheimatet ist. Daraufhin ist das beliebteste Zielland zu bestimmen, indem die Richtung der Migrationsströme aller Staaten ermittelt wird. Dies ermöglicht, zu identifizieren, welche Nationen das Land Deutschland als Destination7 bevorzugen. Für die weiteren Analyseebenen muss aufgrund des Umfangs der Bewertungsmethode eine Eingrenzung vorgenommen werden. Aus diesem Grund werden im weiteren Verlauf diejenigen Nationen betrachtet, die bevorzugt nach Deutschland migrieren.

Die Ebene 2 umfasst den internationalen Vergleich der Staaten. Gemäß des Benchmarking-Ansatzes müssen Kennzahlen bestimmt werden, um einen Vergleich vornehmen zu können. Die Festlegung dieser Indikatoren wird in Kapitel 4.5.1 erfolgen. Damit weiterhin eine Einheitlichkeit des Datenmaterials gewährleistet werden kann, sind die Kennzahlen aus der Datenbank des Better Life Index (BLI) der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) sowie der Genesis-Datenbank des statistischen Bundesamtes verwendet worden. Wie in der Abbildung 1 zu erkennen ist, wird weiterhin der Vergleich vorbereitet, indem in Kapitel 4.5.2 die Bewertungsmethodik erläutert wird. Erst hiernach erfolgt der eigentliche Vergleich der Länder. Mit der darauffolgenden Analyse können Gewichtungen der vorher definierten Indikatoren ermittelt werden. Diese ermöglichen eine genauere Bezugnahme auf die individuellen Voraussetzungen der jeweiligen Staaten, in den folgenden Arbeitsschritten. Zudem können dadurch die Pull-Faktoren Deutschlands aus Sicht jedes Einwandererlandes bestimmt werden.

Anschließend wird der Arbeitsprozess auf Ebene 3 erfolgen. Diese umfasst den nationalen Vergleich sowie den Vergleich der Bundesländer Deutschlands. Im Kapitel 5.1 wird die hier anzuwendende Bewertungsmethode erklärt, was die Voraussetzung für den Vergleich darstellt. Da hiermit eine Beurteilung der Bundesländer noch nicht erfolgen kann, werden die ermittelten Bewertungen mittels der vorab erarbeiteten Gewichtungen angepasst. Dies bildet die Basis für Kapitel 5.2.1, in dem es um den Vergleich der Bundesländer geht. Als Ergebnis dieses Arbeitsschrittes lässt sich schließlich eine Benchmark identifizieren und die Forschungsfrage 2 beantworten. Ferner ist es dadurch möglich, die Pull-Faktoren einzelner Bundesländer abzuleiten, indem die dortigen Gegebenheiten mit denen der Benchmark in Relation gesetzt werden. Dies wird Gegenstand des Kapitels 5.2.2 sein. Ein letzter Arbeitsschritt wird in Kapitel 5.2.3 durchgeführt und umfasst die Ableitung von Handlungsempfehlungen anhand der Benchmarking-Vergleiche.

Im letzten Bereich der Arbeit wird eine systematische Auswertung vorgenommen. Dabei werden zunächst die wesentlichen Erkenntnisse dargestellt. Des Weiteren sollen hiernach Besonderheiten und Schwierigkeiten der Bearbeitung des Themas aufgezeigt werden. Anhand der kritisch zu hinterfragenden Gegebenheiten können überdies Anregungen für weiteren Forschungsbedarf gegeben werden.

3 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

Ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Arbeit besteht in der Beurteilung der Migration in Europa. Im weiteren Verlauf wird eine Kennzahlenanalyse durchgeführt, um einige europäische Nationen zu vergleichen. Hiernach werden nach derselben Vergleichsmethode die Bundesländer Deutschlands analysiert, mit dem Ziel eine Benchmark abzuleiten. Dieses Kapitel dient dazu ein Grundverständnis der nötigen Theorie darzustellen. Bevor die eigentliche Analyse des Migrationsverhaltens in Europa durchgeführt werden kann ist es zunächst notwendig, einen Überblick der Migrationsforschung zu erarbeiten, wobei im Kapitel 3.1 besonders auf den Begriff der Migration, die Dimensionen und die Relevanz dieser Thematik eingegangen wird. Überdies werden einige zentrale Begriffe der vorliegenden Arbeit erläutert. Da die Bewertung und der Vergleich, der Staaten Europas und Bundesländer Deutschlands, anhand von Faktoren verschiedener Bereiche wie Einkommen, Umwelt oder Bildung vorgenommen wird, ist eine Darstellung des Push-Pull-Modells der Migration erforderlich. Mit Kapitel 3.3 wird die theoretische Grundlage geschaffen, die genutzten Indikatoren zuordnen zu können. Weiterhin soll eine regionale Benchmark identifiziert werden. Das Kapitel 3.4 thematisiert aus diesem Grund das Benchmarking. Dabei wird eine Definition erarbeitet, die Arten und Formen des Benchmarking vorgestellt und der Benchmarking-Prozess erläutert und dabei dargelegt, wie die Prozessschritte das Vorgehen dieser Studie leiten.

3.1 Bisheriger Erkenntnisse zur Migrationsforschung

Im weitesten Sinne ist die Migration, auf dessen Definition im Folgenden genauer eingegangen wird, so alt wie die Menschheit selbst, denn ohne sie wäre eine Besiedlung aller bewohnbaren Kontinente durch den Menschen nicht möglich. In den 1880er Jahren wurden erste Migrationstheorien aufgestellt und seither hat dieses Thema an Aktualität nicht abgenommen.8 Bis heute ist Migration ein Forschungsschwerpunkt vieler wissenschaftlicher Disziplinen. Mit der Vielzahl an Herangehensweisen geht jedoch einher, dass unterschiedlichste Ansätze in Forschung und Literatur verfolgt werden, welche eine hohe Komplexität des Themas Migration hervorrufen. Folglich werden in diesem Kapitel zunächst einige Definitionen präsentiert, um darauf aufbauend eine eigene Definition des Begriffes Migration zu entwickeln, welche dem Untersuchungsgegenstand am ehesten entspricht. Auch kann Migration unterschiedlich interpretiert werden. Hierzu werden im Kapitel 3.1.2 einige Dimensionen aufgezeigt, nach denen sich die jeweilige Art der Betrachtung der Migration einordnen lässt. Ferner soll die aktuelle Relevanz aufgezeigt und derzeitige Forschungsschwerpunkte dargestellt werden.

3.1.1 Der Begriff der Migration

Eine allgemeine Definition des Begriffes Migration lässt sich in der Fachliteratur nicht finden. Der Prozess des Migrierens ist so komplex, dass verschiedene Fokussierungen des Themas zu unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten führen, wodurch sich Abweichungen der Definitionen ergeben.

Je nach Forschungsdisziplin und Perspektive der Betrachtung lassen sich veränderbare Schwerpunkte feststellen. Mit einen wirtschaftswissenschaftlichen Ansatz geht häufig die Betrachtung der ökonomischen Ursachen und Folgen der Migration einher. Zudem werden vorwiegend arbeitsmarkttypische Faktoren analysiert. In den Politikwissenschaften werden insbesondere Themenkomplexe wie die Integration von Migranten, Staatsbürgerschaften oder die verschiedenen Eingliederungspolitiken behandelt. Liegt der Fokus eher auf dem Vergleich von Staatsbürgerschafts-, Zuwanderungs- oder Asylrecht mehrerer Staaten, wird Migration aus dem Forschungsfeld der Rechtswissenschaften beleuchtet. Bei der Migration aus Sicht der Sozialwissenschaften, liegt der Fokus dahingegen auf den gesellschaftlichen Ursachen und Folgen. Psychologische Untersuchungen gehen vertieft auf die individuellen Ursachen für eine Migrationsentscheidung und auf mögliche Änderungen der Identität des Migranten ein, wohingegen sich historische Vergleiche von Migrationsverläufen zu den geschichtswissenschaftlichen Schwerpunkten zählen lassen.9 Die Verschiedenartigkeit der Herangehensweisen je nach Forschungsdisziplin macht deutlich, dass eine einheitliche Begriffsbestimmung nicht möglich ist. Einige Autoren verzichten aus diesem Grund gänzlich darauf, das Wort Migration zu definieren. Dennoch haben sich Definitionen aus der schrittweisen Annäherung an dieses Forschungsgebiet ergeben und unterscheiden sich in der Hinzunahme weiterer Konkretisierungen. Einige dieser werden im Folgenden vorgestellt, um daraufhin einen Migrationsbegriff zu erarbeiten, welcher sich als Migration im Sinne der vorliegenden Arbeit verstehen lässt.

Einen ersten Ansatz der Definition von Migration bietet Bilsborrow, wonach Migration eine Änderung des dauerhaften Wohnortes darstellt, wobei politische Grenzen überschritten werden müssen, was beinhaltet, dass ein Wechsel des Wohnsitzes und nicht ausschließlich des Aufenthaltsortes erfolgen muss.10

Unter Einbezug von Migration auslösenden Strukturmerkmalen ergibt sich eine konkretere Definition, welche das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung folgendermaßen darstellt: „Unter Migration oder Wanderung wird im Allgemeinen die auf Dauer angelegte, beziehungsweise dauerhaft werdende räumliche Veränderung des Lebensmittelpunktes einer oder mehrerer Personen verstanden. Wanderungen erfolgen in der Regel immer dann, wenn eine Gesellschaft die Erwartungen ihrer Mitglieder nicht erfüllen kann.“11 Hierbei lassen sich drei Bereiche unterscheiden, welche zu einer Migrationsentscheidung führen kann. Ein erster Auslöser kann sein, dass die physische Existenz der ansässigen Bevölkerung durch Kriege, Vertreibung oder auch Umweltzerstörung bedroht ist. Ein weiterer Auslöser ist, dass die Struktur der Gesellschaft die materiellen Wünsche und Erwartungen nicht mehr erfüllen kann. Als letzter wird angeführt, dass die Lebensvorstellungen aufgrund religiöser Diskriminierung oder politischer Verfolgung nicht realisierbar sind.12

Nach Schätzle wiederum unterscheiden sich die Begriffsbestimmungen hinsichtlich des Allgemeinheitsgrades. Alle gemein haben jedoch „… die Blickpunkte Wechsel und Bewegung, ergänzt durch den Aspekt der Dauerhaftigkeit. So herrscht schon seit Beginn der modernen Migrationsforschung durch Ernest George Ravenstein 1885 der Konsens, Migration als sozialen Prozess zu betrachten, beeinflusst von einer großen Zahl von Rahmenbedingungen und Verhaltensweisen und somit immer auch in den jeweiligen historischen und politischen Kontext eingebettet.“13

Hieraus lässt sich schließlich eine Definition erarbeiten, welche sowohl Allgemeingültigkeit besitzt, als auch den erforderlichen Schwerpunkt auf die hier vorliegende Untersuchung legt:

Migration versteht sich als ein Prozess des dauerhaften Wechsels des Lebensmittelpunktes. Hierbei sind Staatsgrenzen zu überschreiten, wobei die dabei zurückgelegte Entfernung keine Rolle spielt. Da der Fokus auf den Wohnortwechsel liegt, bleiben Ursachen sowie individuelle Merkmale und Motive der Migranten unberücksichtigt. Als Migranten sind all jene Personen zu bezeichnen, welche ohne die Beeinflussung durch einen von außen wirkenden Faktor und somit freiwillig, in einen anderen Staat aussiedeln, mit dem Ziel, ihre materielle Situation sowie die Lebensqualität zu verbessern.

3.1.2 Die Migrationsdimensionen

Um die allgemeinen Definitionen von Migration konkretisieren zu können, werden verschiedene Dimensionen untergliedert. Mit diesen Dimensionen ist es möglich, dazugehörige Kriterien zu definieren, welche dazu dienen, Unterscheidungen bezüglich der Ausprägung der Migration vornehmen zu können. Diese Einteilungen sind jedoch als Orientierungshilfe bei der Bearbeitung des Themas zu verstehen.14 Je genauer Dimensionen und deren Kriterien definiert sind, desto häufiger treten Überschneidungen dieser Kriterien auf. Zudem lassen sich Kriterien je nach Perspektive verschiedenartig interpretieren. Auch werden Typologien der Migration vorgestellt, welche vornehmlich dazu dienen, die Migranten in verschiedene Kategorien zu untergliedern. Auch hierbei gilt, je spezifischer die Kategorien ausgearbeitet werden, desto eher treten Überschneidungen mit den Dimensionen auf. Ein einheitlicher Konsens über die Dimensionen und Typologien der Migration besteht in der Fachliteratur aufgrund der Vielschichtigkeit der Thematik nicht. Dennoch sollen in diesem Kapitel die gängigen Dimensionen vorgestellt werden. Diese Unterscheidung hilft, den Begriff der Migration genauer einordnen zu können und gibt zudem die Grundlage, das Push-Pull-Modell einordnen zu können.

Die grobe Einstufung in drei Dimensionen der Migration ist eine häufig publizierte Form der Unterscheidung. Hierbei werden die Dimensionen Raum, Zeit und Ursache voneinander abgegrenzt. Aber auch spezifischere Einteilungen werden vorgenommen. Düvell beispielsweise definiert weitere Dimensionen, wie die politische Dimension, wobei zwischen Migration innerhalb eines Staates und über Staatsgrenzen hinweg unterschieden wird, die Dimension des Charakters der Entscheidung, welche die Umstände aufzeigt, unter denen eine Wanderungsbewegung zustande kommt oder die Dimension des Akteures, welche die Charakteristiken der Migranten darstellt.15

Die Dimension der Zeit greift einen Aspekt der Definition aus Kapitel 3.1.1 wieder auf, wonach Migration durch einen dauerhaften Wohnortwechsel gekennzeichnet ist. In der Fachliteratur besteht auch hier kein Konsens, ab welcher Zeitspanne von Migration die Rede sein darf. Daher werden unterschiedliche Kategorien gebildet, um eine zeitliche Einteilung vornehmen zu können. Eine Form der Gliederung ist jene, nach Dauer des Wohnortwechsels. Hiermit kann nach permanenter Migration klassifiziert werden, welche eine andauernde Verlagerung des Lebensmittelpunktes beschreibt. Weiterhin wird eingeteilt nach long-term- und short-term-Migration. Erstere ist gegeben, wenn ein Wohnortwechsel mindestens ein Jahr umfasst, wohingegen von short-term-Migration bei einer Aufenthaltsdauer von drei bis zwölf Monaten die Rede ist.16 Da sich die empirischen Analysen dieser Arbeit auf Daten von Eurostat beziehen, kann eine Person erst dann als Migrant angesehen werden, wenn diese ihren Aufenthaltsort in ein anderes Land als das Heimatland verlagert, für den Zeitraum von mindestens 12 Monaten.17

Des Weiteren umfasst die dargelegte Definition von Migration den Wechsel des Wohnortes. Hierzu ist eine gewisse Distanz zurückzulegen. Die Abstufung, ab welcher zurückgelegten Entfernung von einer Migration ausgegangen werden kann, wird vorgenommen mit der Dimension des Raumes. Auch diese Dimension wird verschiedenartig ausgelegt.18 So kann in lokale Wanderung, Nahwanderung und Fernwanderung unterteilt werden. Die lokale Migration beschreibt den Wohnortwechsel innerhalb einer Gemeinde. Nahwanderung dahingegen bedeutet in eine benachbarte Gemeinde abzuwandern, wohingegen Fernwanderung das Auswandern über eine längere Distanz umfasst. Auch wird die territoriale Ebene der Raumdimension angeführt. Diese unterscheidet sich in Binnenmigration, welche eine Auswanderung innerhalb eines Staates beschreibt sowie die internationale Migration, die gegeben ist, wenn Staatsgrenzen überschritten werden.19 Für die Anfertigung der empirischen Studie zum Migrationsverhalten steht besonders die internationale Migration im Fokus. Dies liegt dem Umstand begründet, dass Migranten verschiedener Nationalität betrachtet werden und ein Vergleich mehrerer Staaten stattfinden soll.

Das Zustandekommen von Migration beruht auf verschiedenen Voraussetzungen. Das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein bestimmter Gegebenheiten führt erst dazu, dass Menschen eine Migrationsentscheidung treffen. Die Dimension der Ursachen hilft, zuordnen zu können welche Determinanten die Migration beeinflussen. Eine mögliche Einteilung ist die in Strukturebene oder Individualebene, oder analog dazu Makro- und Mikroebene. Die strukturellen Voraussetzungen umfassen beispielsweise Zwang und Krisen. Somit können externe Faktoren wie Umweltzerstörung, politische Verfolgung, Armut oder Asylsuche Ursachen für Migration sein und beschreiben somit Merkmale eines Staates.20 Dem gegenüber stehen individuelle Gründe die auch als Motive eines Menschen angesehen werden können. Hierzu können Chancenwahrnehmung, Arbeitssuche oder Familienzusammenführung gezählt werden.21 Personen deren Migrationsursache in den individuellen Motiven zu sehen ist, sind von der Steigerung ihrer Lebensqualität geleitet. Diese kann beispielsweise hinsichtlich sozialer, wirtschaftlicher oder kultureller Verbesserung erreicht werden.

3.1.3 Die Einordung des Forschungsschwerpunktes

In den vorangegangenen beiden Kapiteln wurde erläutert, welche Unterschiede der Begriff Migration durch verschiedene Herangehensweisen aufweisen kann. Durch Einführung weiterer Dimensionen wird zwar eine Konkretisierung des Begriffes ermöglicht, dem gegenüber können sich aus dem Umfang jedoch Verständnisschwierigkeiten ergeben. Im Folgenden wird aus diesem Grund eine Einordnung vorgenommen, welchen Bereich der komplexen Thematik Migration die vorliegende Arbeit anspricht.

Die nachstehende Abbildung 2 gibt einen grafischen Überblick der Migrationsforschung. Diese kann jedoch nicht als allumfassende Darstellung angesehen werden, sondern versteht sich als Resümee zum Zweck der Einordnung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Überblick der Migrationsforschung22

Das große Themengebiet der Migration kann aus verschiedenen Perspektiven bearbeitet werden. Je nach Forschungsdisziplin ergeben sich dabei Unterschiede, welche Dimensionen die Migration aufweisen kann. Zu erkennen ist, dass sich Wanderung beispielsweise aus einem wirtschafts-, politik- oder sozialwissenschaftlichen sowie psychologischen Ansatz heraus betrachten lässt. Der in dieser Arbeit verfolgte Ansatz ist den Wirtschaftswissenschaften zuzuordnen. Weiterhin lässt sich hiernach eine Fokussierung vornehmen, indem in die Dimensionen Raum, Zeit und Ursache der Migration unterschieden wird. Die Erläuterung dieser Dimensionen wurde bereits im Kapitel 3.1.2 umgesetzt. Da sich die Arbeit mit den strukturellen Gründen beschäftigt, die eine Auswanderung bedingen, ist die Herangehensweise der Dimension der Ursachen zuzuordnen. Überdies kann eine weitere Untergliederung der Ursachen auf Mikro- und Makro-Ebene erfolgen. Die erstgenannte Ebene zielt auf die individuellen Gründe eines Menschen, auswandern zu wollen ab. Dahingegen werden anhand der Makro-Ebene Strukturmerkmale eines Landes oder einer Region betrachtet, welche die Ursache für eine Migrationsentscheidung sind. Der Vergleich und die Analyse der Staaten Europas und der Bundesländer Deutschlands sind daher auf der Makro-Ebene einzustufen. Auch lassen sich diese Ebenen anhand unterschiedlicher Modelle erarbeiten. Als Beispiel können das Gravitationsmodell, das Modell der Nutzenmaximierung oder das Push-Pull-Modell genannt werden. In Hinblick auf die Vergleichsmethodik, welche zur späteren Bemessung der Nationen und Bundesländer mittels geeigneter Kennzahlen angewandt werden soll, ist diese dem Push-Pull-Modell zuzuordnen.

3.2 Definition von Schlüsselbegriffen

Aufgrund der Komplexität der verwendeten Datenbanken und deren spezifische individuelle Literatur, durch verschiedene Definitionen aus der Fachliteratur sowie um eine Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes zugunsten des Umfangs zu ermöglichen, ist es nötig, ein einheitliches Verständnis von Schlüsselbegriffen dieser Arbeit zu schaffen. Die hier folgenden Begriffe sind Bezeichnungen, welche sich innerhalb der Arbeit kapitelübergreifend wiederfinden lassen. Ausgenommen sind Definitionen die zentrale Bestandteile eines Kapitels sind. Diese Definitionen erheben nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern werden zum Verständnis der Begriffe innerhalb dieser Arbeit erstellt.

Ausland

Mit Ausland sind innerhalb dieser Arbeit jene 18 Nationen gemeint, welche in die Betrachtung des Europavergleiches aufgenommen wurden und nicht Deutschland sind.

Auswanderer

Als Auswanderer werden hier alle Personen aufgefasst, welche innerhalb der 19 berücksichtigten Nationen Europas ihr Heimatland verlassen haben, um einen dauerhaften23 Wohnsitz in einem der 18 übrigen Länder zu finden, wobei sie ihre Staatsangehörigkeit beibehalten haben. Als Synonyme werden in der vorliegenden Arbeit ebenso die Begriffe Migrant und Aussiedler verwendet.

Destination

Migration beinhaltet immer das Vorhandensein eines Startpunktes und eines Zielortes, da sie eine Veränderung des Lebensmittelpunktes umfasst. Der Startpunkt der Migration bezeichnet das Heimatland des Auswanderers. Die Zielnation oder -region ist dahingegen der Ort an welchen die Migration hin führt. Eine Destination ist im Kontext dieser Arbeit somit als Zielland oder Zielregion des Migranten zu verstehen und wird synonym dazu verwendet.

Indikator

Die in dieser Arbeit angeführten Indikatoren dienen in erster Linie als Indiz für einen bestimmten Sachverhalt. Ein Indikator ist zu verstehen als eine Messgröße, um die Lebensqualität einzelner Länder und der Bundesländer Deutschlands quantifizierbar machen zu können. Diese Messgrößen ermöglichen zu identifizieren welche Bestleistungen erbracht werden und inwiefern andere Leistungen davon abweichen. Synonym zum Begriff Indikator werden die Bezeichnungen Parameter, Faktor oder Kennzahl verwendet.

Lebensqualität

Die Lebensqualität ist im eigentlichen Sinne die subjektiv empfundene Situation eines Menschen oder gar einer Bevölkerung. Im Kontext dieser Arbeit soll die Qualität jedoch objektiv messbar gemacht werden. Die Lebensqualität ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren. Dabei gilt erstens, dass Faktoren vorhanden sein müssen und zweitens, dass die Qualität als besser einzustufen ist, wenn sich ein Faktor im Vergleich zu einem anderen positiv abhebt. Die Summe aller Faktoren beschreibt die allgemeinen Lebensbedingungen oder die Lebensqualität verschiedener Länder.

3.3 Das Push-Pull Modell der Migration

In der Fachliteratur werden verschiedene Theorien mit der Thematik Migration vorgestellt und diskutiert. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze der Bearbeitung dieses Forschungsthemas. Eine umfassende Migrationstheorie hat sich bisher jedoch nicht etablieren können. Durch die Einteilung in Dimensionen der Migration wird eine Annäherung des Begriffes an den jeweiligen Forschungsschwerpunkt ermöglicht. Bei dem Ansatz der Dimension der Ursachen wird versucht, die Gründe für eine Migration zu identifizieren. Dabei gibt es beispielsweise Theorien die davon ausgehen, dass Migration motivgesteuert ist. Andere gehen von rein wirtschaftlichen, historischen oder sozialen Beweggründen aus. Auch wird der Ansatz der Lebensverlaufstheorie verfolgt, welche von Kernereignissen zu verschiedenen Lebenszeitpunkten ausgeht, die dazu führen, dass Menschen mehr oder weniger motiviert sind, in andere Länder auszuwandern.24 Im Hinblick auf die nationalen und internationalen Vergleiche, welche im Hauptteil durchgeführt werden sollen, ist es notwendig, geeignete Faktoren herauszuarbeiten, anhand derer die Lebensqualität einheitlich gemessen werden kann. Um eine Grundlage für das Verständnis der später genutzten Faktoren zu schaffen, soll im vorliegenden Kapitel das Push-Pull-Modell der Migration eingeordnet und vorgestellt werden.

Eine übliche Einteilung der Migrationstheorien ist die in Makro- oder Mikro-Ansätze. Den Makro-Ansätzen ist gemein, dass sie von einer objektiven Betrachtungsweise ausgehen und dabei Strukturmerkmale zugrunde legen, welche dazu führen, dass eine Entscheidung zur Migration getroffen wird. Die Merkmale beeinflussen, wie beispielsweise ein Staat wahrgenommen wird und hierdurch kollektives Migrationsverhalten zu bewerten ist, ohne auf individuelle Handlungsweisen und Voraussetzungen einzelner Personen einzugehen.25 Das Gravitationsmodell von Ernest Georg Ravenstein ist eine dieser Makro-Theorien und gilt als Grundstein der Migrationsforschung. Hierbei wurde anhand der Binnenmigration im Vereinigten Königreich untersucht, welcher Zusammenhang zwischen Migration und Entfernung besteht. Mit diesem Ansatz wurde erstmals versucht, Gesetzmäßigkeiten im Migrationsverhalten zu identifizieren, um auf Regeln der Wanderungsströme bezüglich Richtung und Entfernung zu schließen.26

Dem gegenüber stehen mikrotheoretische Ansätze. Diese beruhen auf der Annahme, dass Gesetzmäßigkeiten für den Ursprung von Migration und das eigentliche Migrationsverhalten auf individuelle Begebenheiten zurückzuführen sind.27 Dieser Forschungsansatz entwickelte sich unter Bezugnahme der Erkenntnisse aus der Psychologie mit dem Schwerpunkt der Motivtheorien. Bei der Betrachtung der Individualebene gilt, dass Verhaltensweisen auf individuelle Persönlichkeitsmerkmale zurückzuführen sind. Zu diesen Merkmalen gehören auch die Motive. Diese variieren von Individuum zu Individuum und können daher genutzt werden, um Verhaltensunterschiede aufzuzeigen. Unterschieden wird in einen personenzentrierten Ansatz, wobei sich das Handeln eines Menschen auf die Motive zurückführen lässt. Dem gegenüber steht ein situationsorientierter Ansatz, bei welchem davon ausgegangen wird, dass bestimmte Merkmale einer Situation gewisse Motive hervorrufen.28 Bezogen auf die Migrationstheorien kann somit geschlussfolgert werden, dass gewisse Anreize oder Motive Ursache für die eigentliche Migrationsmotivation sind.

Das Pendant zu den psychologischen Motivtheorien bildet der sogenannte behavioristische Ansatz. Im Vergleich zu den motivtheoretischen Theorien, die davon ausgehen, dass das Handeln auf individuelle Unterschiede zurückzuführen ist, wird hierbei davon ausgegangen, dass das Handeln von situativen Eigenschaften beeinflusst wird. Mit dem Behaviorismus sollte bestimmt werden, was zu einer gewissen Handlung führt und wodurch diese gesteuert wird. Durch den Verzicht auf individuelle Persönlichkeitsmerkmale entfiel auch die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Motiven. Im weiteren Verlauf der Forschung wurde erkannt, dass eine Antriebskomponente vorhanden sein muss, die aber nicht mit einem Motiv gleichzusetzen ist, sondern als allgemeiner Antrieb verstanden werden kann.29 Für die Migrationstheorien auf Makroebene ergaben sich hierdurch weitere Erklärungsansätze für die Identifizierung der Ursachen von Migration. Ein solcher behavioristischer Ansatz bildet das Push-Pull-Modell der Migration.

Der Begründer des Push-Pull-Modells ist Everett Lee. Eine wesentliche Annahme dieser Theorie ist die, dass unterschiedliche Faktoren oder Strukturmerkmale Ursache für eine Migrationsentscheidung sind. In logischer Konsequenz bedeutet dies, dass Wanderungsbewegungen dann nicht mehr auftauchen, wenn diese Unterschiede verschwinden.30 Mit diesem Modell zur Erklärung von Migration und deren Ursachen wurden vier Faktorengruppen klassifiziert. Dabei handelt es sich um Faktoren, welche erstens in Zusammenhang mit dem Herkunftsland oder zweitens mit dem Zielland stehen. Weiterhin gibt es drittens Barrierefaktoren, welche eine Einwanderung erschweren und viertens individuelle Faktoren wie das Alter oder das Geschlecht der potentiellen Migranten.31 Dadurch, dass Migration immer zwei Regionen umfasst, ließ sich das Modell der Push-Pull-Faktoren der Migration ableiten. Ganz allgemein besagt dieser Ansatz, dass es sowohl im Herkunftsland als auch im Zielland Faktoren gibt, die darüber entscheiden, ob potentielle Migranten auswandern oder nicht. Unterschieden wird hierbei in Push-Faktoren und Pull-Faktoren. Erstere werden auch als Abstoßungs-Faktoren bezeichnet und beziehen sich auf die Gegebenheiten im Heimatland. Die Pull-Faktoren sind dahingegen Anziehungs-Faktoren, welche die Attraktivität des Zuwanderungslandes ausmachen.32 Als typische Push-Faktoren werden geringe Löhne, Armut, Arbeitslosigkeit, politische Instabilität oder Umweltverschmutzung angesehen. Demgegenüber gelten als Push-Faktoren all jene, welche eine bessere Lebensqualität als im Herkunftsland ausmachen. Hierzu können ein hohes Lohnniveau, Arbeitsplatzsicherheit, umfassende Sozialleistungen oder politische Stabilität gezählt werden. Welche Determinanten als Push- oder Pull-Faktor angesehen werden, hängt somit immer davon ab, welches Ziel- und Herkunftsland Betrachtung findet und wie die Gegebenheiten bezogen auf die Faktoren einzuschätzen sind.33

Um bemessen zu können, wie attraktiv eine Region oder ein Land ist, muss gemäß dem Push-Pull-Ansatz ein Vergleich des derzeitigen Wohnortes mit möglichen anderen Wohnorten erfolgen. Die Anziehungskraft eines Staates oder einer Region ergibt sich aus der Summe der als positiv bewerteten Faktoren. Die Attraktivität wird umso größer, je deutlicher die Unterschiede sind. Beträgt die Differenz beispielsweise in Bezug auf den durchschnittlichen Stundenverdienst zweier Länder A und B 10 Euro, während die Differenz zwischen A und einem dritten Land C nur 5 Euro beträgt, gilt das Land B als attraktiver für Migranten des Landes A. Die Summe der Differenzen muss daher bedeutsam genug sein, damit eine Migration zustande kommt oder anders formuliert: Nur wenn die Gegebenheiten eines Ziellandes als besser einzustufen sind, wird ein Migrant dieses Land als neuen Wohnort wählen.34

Das Push-Pull-Modell als eigenständiger Ansatz zur Erklärung von Migration gilt als zu grob und überholt. Weiterführende Forschungsergebnisse machen deutlich, dass ein Ansatz ohne Einbezug von kulturellen, politischen sozialen oder persönlichen Merkmalen nicht zu halten ist. Ebenso wenig werden Erfahrungen und Vorprägungen berücksichtigt. Das hier vorgestellte Modell der Push-Pull-Faktoren versteht sich für die vorliegende Arbeit lediglich als Grundlage für die später durchgeführten Vergleiche, zwischen den betrachteten Nationen und den Bundesländern Deutschlands. Ein wesentliches Ziel der Vergleiche anhand unterschiedlicher Faktoren liegt nicht im Versuch, zu bestimmen worin die Ursachen einer Migration liegen. Vielmehr bietet das Push-Pull-Modell einen geläufigen Ansatz der durchzuführenden Methode. Mittels dieser kann festgestellt werden, wie die jeweilige Attraktivität der Nationen Europas einzuschätzen ist. Ebenso kann anhand verschiedener Faktoren messbar gemacht werden, aufgrund welcher Ursachen Menschen verschiedener Nationen nach Deutschland und in die einzelnen Bundesländer bevorzugt migrieren. Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist es schließlich möglich, eine Benchmark zu generieren.

3.4 Benchmarking – eine Möglichkeit zur Maßnahmenidentifizierung

Das Benchmarking als Managementinstrument ist eine vergleichsweise junge Methode, um Verbesserungen bei Produkten, Dienstleistungen, Prozessen oder gesamten Unternehmen herbeizuführen. Der Gedanke, sich zu verbessern, indem man sich den Besten auf einem Gebiet zum Vorbild nimmt, lässt sich in der Geschichte oft wiederfinden. Das heutige Verständnis von Benchmarking als Managementwerkzeug und dessen Kernelemente lassen sich jedoch auf das Unternehmen Xerox zurückführen, welches für Druckertechnologien bekannt ist.35

In den 1970er Jahren entstand auch für dieses Unternehmen Wettbewerbsdruck, welcher darauf zurückzuführen war, dass die japanische Konkurrenz ihre Produkte günstiger als Xerox verkaufen konnte. Der Konzern reagierte damit, dass die Konkurrenzprodukte hinsichtlich Herstellungskosten, Design und weiterer Elemente analysiert wurden, um im Fertigungsbereich wettbewerbsfähig zu bleiben. Wurde anschließend festgestellt, dass andere Hersteller effizienter oder kostengünstiger produzierten, ist das unternehmensinterne Ziel gesetzt worden, mindestens dieselbe Leistung zu erreichen.36 Durch die Erfolge, welche hierdurch erzielt werden konnten, beschloss das Management, das Benchmarking in allen Bereichen des Unternehmens durchzuführen. Hierdurch konnte der Konzern seine Leistungen in allen Unternehmensbereichen deutlich verbessern und einige bedeutende Qualitätspreise gewinnen. Dies blieb auch in anderen Branchen nicht unbemerkt und forderte zur Nachahmung des Benchmarking auf. So etablierte sich dieses Instrument als Managementwerkzeug.37

Aufgrund der vielseitigen Anwendbarkeit des Benchmarking sind verschiedene Modelle entwickelt worden, um diese Methodik für die jeweilige Problemstellung des Anwenders optimal nutzen zu können. Dieses Managementinstrument bietet jedoch nicht nur die Möglichkeit auf Unternehmensebene Verbesserungen erreichen zu können, sondern auch auf volkswirtschaftlicher Ebene. In der vorliegenden Arbeit soll das Benchmarking konkret dazu genutzt werden Volkswirtschaften in Europa vergleichen zu können. Darüber hinaus wird mit den später definierten Indikatoren, um die Benchmark messen zu können, ein Vergleich der Bundesländer Deutschlands vollzogen. Hierdurch soll schließlich die Benchmark, im Sinne des Bundeslandes mit den besten Voraussetzungen für Migranten, ermittelt werden. Ferner wird dadurch möglich, Maßnahmen für einzelne Bundesländer abzuleiten, die Handlungsmöglichkeiten aufzeigen sollen, um gezielt Migranten ansprechen zu können. Für die Erarbeitung einer Benchmark ist zunächst nötig, den Begriff des Benchmarking zu definieren und die verschiedenen Arten des Benchmarking darzustellen. Hierdurch wird die Voraussetzung geschafft, einordnen zu können, welche Form des Benchmarking angewandt werden kann. Schließlich ist der Benchmarking-Prozess herauszuarbeiten, da dieser Ausgangspunkt für das Vorgehen im weiteren Verlauf der Arbeit ist. Gleichermaßen wird der Nutzen hervorgehoben, welcher eine Benchmark bietet. Diese formalen Arbeitsschritte sind Gegenstand des vorliegenden Kapitels dieser Arbeit.

3.4.1 Der Begriff des Benchmarking

Das Benchmarking kann als eine der moderneren Methoden im Management angesehen werden. Der Begriff des Benchmarking wird im Allgemeinen verstanden als Zielgröße, nach deren Erreichung gestrebt werden sollte. In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen wieder. Aus diesem Grund sollen hier einige Begriffsbestimmungen vorgestellt werden und anhand dieser, eine Definition für Benchmarking entwickelt werden, welche dem Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit entspricht.

Wiest leitet seine Definition aus dem englischen Wortursprung ab. Nach ihm heißt es: „Unter der englischen Wortbezeichnung „benchmarking“ = „Maßstäbe setzen“, wird eine vergleichende Analyse mit einem festgelegten „benchmark“ = „Referenzwert“ verstanden, der immer auf die beste Praktik (best practice) oder auf absolute Spitzenleistung ausgerichtet ist.“38

Kairies geht in seinem Ansatz davon aus, dass der Vergleich der eigenen Fähigkeiten mit denen des Besten in einem Bereich genutzt werden soll, um sich zum Besten in bestimmten Teilbereichen fortzubilden. Hierdurch gelangt er zu folgender Definition: „Benchmarking ist die Methode, eigene Fähigkeiten mit denen der Konkurrenz zu vergleichen, vom Best-of-Class zu lernen und sich zum Best-of-Practice ausgewählter Leistungsmerkmale zu entwickeln.“39

Einen weitaus prozess- und anwendungsorientierteren Ansatz geben Siebert und Kempf und gehen damit weg von der reinen Wortbedeutung und hin zu einer Definition, welche als Arbeitsanleitung gesehen werden kann. So schreiben sie: „Benchmarking ist der methodische Vergleich von Prozessen und Produkten mittels Benchmarks von als besser identifizierten Vergleichspartnern. Die Vergleichspartner werden anhand von Ähnlichkeiten in der eigenen oder in anderen Organisationen gefunden. Ziel des Benchmarking ist es, die eigenen Prozesse und Produkte durch das Vorbild des Vergleichspartners entscheidend zu verbessern.“40 Eine Benchmark versteht sich in diesem Zusammenhang als ein Referenzpunkt einer gemessenen Bestleistung.41

Da sich die Entwicklung einer regionalen Benchmark zum einen nicht auf ein Unternehmen sondern auf ein Bundesland richten soll und zum anderen zunächst eine externe Betrachtungsweise und Bewertung der Nationen Europas und anschließend der Bundesländer Deutschlands erfolgt, treffen diese Definitionen nicht den Kern der Aussage, welche das Vorgehen innerhalb der vorliegenden Arbeit eingrenzen kann. Hierdurch ist es notwendig eine abgewandelte Definition zu erarbeiten, welche sich auf das Vorgehen der Studie bezieht und die Bemessung der Staaten und Bundesländer gezielt berücksichtigt. Die nachfolgende Definition für Benchmarking im Sinne dieser Arbeit ließ sich ableiten:

Das Benchmarking ist eine Methode, welche mittels einer Vergleichsanalyse ermöglicht, den Besten eines Bereiches zu ermitteln. Diese Bereiche, auch Benchmarking-Objekte genannt, können Produkte, Leistungen, Prozesse, einzelne Geschäftsfelder, ganze Unternehmen aber auch Regionen oder Volkswirtschaften sein. Zur Durchführung des Benchmarking sind Teilbereiche abzuleiten und die Spitzenleistungen und –werte zu identifizieren, anhand derer der Untersuchungsgegenstand verglichen und bewertet werden kann. Diese Werte sind die Benchmarks der jeweiligen Teilbereiche. Der Best-of-Class versteht sich als derjenige Vergleichspartner, welcher die Benchmarks über alle Teilbereiche hinweg umfasst. Das Ziel des Benchmarking ist es, zu identifizieren welche Spitzenleistungen möglich sind und davon abgrenzen zu können, in welchen Teilbereichen Verbesserungen erreicht werden können, um kontinuierlich die Qualität der Bestleistungen des Vergleichspartners erreichen zu können.

3.4.2 Die Arten und Formen des Benchmarking

Für die Entwicklung einer regionalen Benchmark ist neben der Begriffsbestimmung ebenfalls zu klären, welche unterschiedlichen Herangehensweisen des Benchmarking bekannt sind und Anwendung finden. Hierdurch lässt sich das in dieser Arbeit genutzte Vorgehen einordnen. Zunächst werden in diesem Kapitel die Formen und Arten des Benchmarking vorgestellt und darüber hinaus wird hergeleitet, welche Benchmarking-Methode für die Erarbeitung der regionalen Benchmark genutzt werden kann.

Eine Übersicht des Benchmarking gibt die nachstehende Abbildung 3. Zunächst ist bei einem Benchmarking-Projekt zu bestimmen, welcher Bereich in die Untersuchung aufgenommen werden soll. Hierzu werden die vier Arten des Benchmarking unterschieden, welche das strategische sowie das Prozess-, Produkt- und Performance-Benchmarking umfasst. Jede dieser Benchmarking-Arten kann mittels einer der drei Grundformen des Benchmarking durchgeführt werden. Die drei Grundformen dieses Managementinstrumentes lassen sich unterteilen in das Benchmarking von Unternehmen, das von Sektoren und jenes, von Rahmenbedingungen. Die am häufigsten angewandte Grundform ist die des Benchmarking von Unternehmen. Wie in der nachfolgenden Abbildung 3 zu erkennen ist, lässt sich diese Form in internes und externes Benchmarking untergliedern. Das interne Benchmarking kann überdies unternehmens- oder konzernbezogen durchgeführt werden. Marktbezogenes, branchenbezogenes oder branchenunabhängiges sind dem externen Benchmarking zuzuordnen. Das Benchmarking von Rahmenbedingungen kann auf nationaler und internationaler Ebene durchgeführt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Arten und Formen des Benchmarking42

Das Prozess-Benchmarking beschreibt den Vergleich bestimmter Prozesse mit den Prozessen anderer. Dies kann sowohl unternehmensintern als auch -extern stattfinden. Somit sind diesem Anwendungsfeld keine Wettbewerbs- oder Branchengrenzen gesetzt, da Prozesse abteilungs-, unternehmens-, markt- oder branchenbezogen verglichen werden können. Für die Vergleichbarkeit ist von grundsätzlicher Bedeutung, dass die Abläufe präzise und strukturiert erfasst werden, um ein optimales Ergebnis zu erreichen.43

Eine weitere Methode ist es, Produkte mit denen der Wettbewerber zu vergleichen. Das Ziel des Produkt-Benchmarking ist die Optimierung der unternehmenseigenen Produkte. Dies geschieht beispielsweise hinsichtlich Kosteneinschätzung, technischer Lösungen, Qualität und Design. Im Ergebnis sollen einerseits existierende Produkte verbessert werden können, andererseits die Entwicklung neuer Produkte schneller ermöglicht werden.44

Die Überprüfung und Entwicklung der Unternehmensstrategie kann durch den Vergleich mit den Marktführern einen wichtigen Hinweis auf zukünftige Entwicklungen geben. Durch die Orientierung an den Besten können Kernkompetenzen ausgebaut und an Markttrends ausgerichtet werden. Hierzu bedarf es diejenigen Strategien zu kennen, welche den bestmöglichen Erfolg versprechen. Die Durchführung dieser Methode bezeichnet das strategische Benchmarking.45

Eine letzte Art findet sich im Performance-Benchmarking. Hierbei wird ein Untersuchungsgegenstand verglichen und anhand der verwendeten Instrumente, Methoden und Praktiken beurteilt. Entsprechend der Benchmarking-Zielstellung ist mindestens ein Parameter zu definieren, welcher als Bewertungsmaßstab dient und die Bestleistung markiert. Es ist zu beachten welche Parameter für den Vergleich herangezogen werden. Das Betrachtungsfeld wird mittels einer oder mehrerer Indikatoren untersucht und anhand eines Vergleiches bestimmt, welche Ausprägung es aufweist, das heißt, wie gut bzw. schlecht es im Vergleich zur Bestleistung ist. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der breiten Anwendbarkeit und der Möglichkeit, Grundzusammenhänge zu erkennen. Der Nachteil liegt darin, dass die Bestleistung nicht direkt auf den Untersuchungsgegenstand angewandt werden kann. Abhilfe kann jedoch eine Detailanalyse der Benchmark schaffen.46

Nachdem die Arten des Benchmarking abgegrenzt und inhaltlich vorgestellt wurden, können die drei Grundformen in einem weiteren Arbeitsschritt ausgearbeitet werden. Das Benchmarking von Unternehmen, Sektoren oder Rahmenbedingungen sind diejenigen Methoden, welche in der Praxis häufig zur Anwendung kommen. Grundsätzlich ist bei jeder dieser Formen möglich, Prozesse, Produkte, Strategien und die Performance zu bewerten und zu vergleichen.

Das Benchmarking von Unternehmen ist sowohl in der Literatur als auch in der Praxis eine der verbreitetsten Formen. Dies liegt dem Umstand begründet, dass Unternehmen mit anderen Unternehmen verglichen werden, was einen leichten Bezug zum Benchmarking-Projekt ermöglicht und sich durch die relativ einfache Herangehensweise und Verständlichkeit diese Benchmarking-Form etabliert hat. Dadurch, dass sowohl Technologien, Strategien, ganze Unternehmensbereiche oder das Unternehmen selbst als Benchmarking-Objekt herangezogen werden können, lassen sich schnell die besten Praktiken durch einen Kennzahlenvergleich identifizieren.47

[...]


1 Vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung/IAB 2012, S.34.

2 Vgl. Brücker 2007, S.27.

3 Vgl. Liebscher 2014.

4 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014, S.15ff. und 23ff.

5 Quelle: eigene Darstellung.

6 Anlage 1, S.ii.

7 Siehe: Kapitel 3.2 Definition von Schlüsselbegriffe, S.12.

8 Vgl. Hahn 2012, S.26.

9 Vgl. Six-Hohenbalken und Tošić, S.15 f.

10 Vgl. Bilsborrow 1998, S.3.

11 Kröhnert 2007.

12 Vgl. Kröhnert 2007.

13 Schätzle 2005, S.7.

14 Vgl. Six-Hohenbalken und Tošić, S.17.

15 Vgl. Düvell 2006, S.8 ff.

16 Vgl. Kermer 2007, S.136.

17 Vgl. Statistische Amt der Europäischen Union, Wanderung S.112.

18 Vgl. Düvell 2006, S.7 f.

19 Vgl. Kermer 2007, S.136 f.

20 Vgl. Kermer 2007, S.137.

21 Vgl. Oltmer 2012.

22 Quelle: eigene Darstellung.

23 Die Dauerhaftigkeit ist gemäß der Definition von Eurostat nach einem Zeitraum von 12 Monaten gegeben.

24 Vgl. Düvell 2006, S.2 f.

25 Vgl. Kley 2009, S.25.

26 Vgl. Yildirim-Krannig, S.122.

27 Vgl. Kley 2009, S.25.

28 Vgl. Heckhausen und Heckhausen 2010, S.73.

29 Vgl. Heckhausen und Heckhausen 2010, S.73.

30 Vgl. Yildirim-Krannig, S.123.

31 Vgl. Lange 2014, S.148.

32 Vgl. Hansen 1996, S.47.

33 Vgl. Geis 2005, S.28.

34 Vgl. Fassmann et al. 2012, S.76.

35 Vgl. Buchholz 2013, S.190.

36 Vgl. Russell-Walling 2011, S.12.

37 Vgl. Siebert und Kempf 2008, S.10 f.

38 VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung 2011, S.96.

39 Kairies 2007, S.131.

40 Siebert und Kempf 2008, S.9.

41 Vgl. Siebert und Kempf 2008, S.9.

42 Quelle: eigene Darstellung auf Basis von Mertins und Kohl 2009, S.32 und Siebert und Kempf 2008, S.34.

43 Vgl. Siebert und Kempf 2008, S.44 f.

44 Vgl. Mertins und Kohl 2009, S.110.

45 Vgl. Mertins und Kohl 2009, S.69 f.

46 Vgl. Siebert und Kempf 2008, S.55 ff.

47 Vgl. Mertins und Kohl 2009, S.33 f.

Excerpt out of 120 pages

Details

Title
Empirische Studie zum Migrationsverhalten im europäischen Kontext
Subtitle
Entwicklung einer regionalen Benchmark
College
University resin university for applied sciences
Course
Business Consulting
Grade
1,7
Author
Year
2015
Pages
120
Catalog Number
V296117
ISBN (eBook)
9783656947714
ISBN (Book)
9783656947721
File size
2232 KB
Language
German
Keywords
Migration, Push-Pull-Modell, Benchmarking, Bundesländervergleich, Nationenvergleich, Europa, Deutschland, Migrationsverhalten, Migrationsforschung
Quote paper
Alexander Kaiser (Author), 2015, Empirische Studie zum Migrationsverhalten im europäischen Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/296117

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