Verbesserung der Kundenorientierung öffentlicher Verwaltungen durch E-Government


Dossier / Travail, 2015

50 Pages, Note: 1,0

Jeanette Dahlman (Auteur)


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Relevanz des Themas für die Stadt X
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. E-Government als Instrument der Kundenorientierung
2.1 Eingrenzung und Begriffsdefinitionen
2.2 Kernelemente des E-Governments

3. E-Government im Bürgerbüro der Stadt X
3.1 Ist-Situation
3.2 Fallbeispiel „Online-Dienstleistung“
3.3 Bewertung des Entwicklungsstands

4. Fazit

Quellenverzeichnis

Anlagen

Hinweise

In der vorliegenden Arbeit erfolgt die Quellenangabe in Fußnoten als Kurzbeleg. Im Quellenverzeichnis wird der Vollbeleg ausgewiesen.

Zur besseren Lesbarkeit wird die männliche Schreibweise verwendet. Soweit nicht explizit ausgewiesen, ist in dieser Schreibweise sowohl die männliche als auch die weibliche Form gemeint.

Verwendete Abkürzungen gelten sowohl für die Verwendung in der Einzahl als auch in der Mehrzahl.

Zur Wahrung der Anonymität im Rahmen der Veröffentlichung dieser wissenschaftlichen Arbeit wird die als Fallbeispiel verwendete Kommunalverwaltung im Folgenden mit „Stadt X“ bezeichnet. Die Abbildungen, Screenshots und Verweise in Quellenangaben, durch die Rückschlüsse auf die betrachtete Kommunalverwaltung gezogen werden können, wurden entfernt bzw. geschwärzt. Weiterhin wird der Namen des Interviewpartners aus dem Experteninterview durch die allgemeine Bezeichnung „Interviewpartner“ anonymisiert. In Quellenangaben wird der Verweis „Experteninterview“ verwendet.

Abürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Interaktionsstufen des E-Governments

Abbildung 2: Kernelemente des E-Governments

Abbildung 3: Organigramm des Bürgerbüros der Stadt X

Abbildung 4: E-Government-Maßnahmen der Stadt X

Abbildung 5: Digitaler Verwaltungsprozess „Online-Dienstleistung“

Abbildung 6: Leistungsvermögen von E-Government für die Kundenorientierung

1. Einführung

1.1 Relevanz des Themas für die Stadt X

Im Rahmen des New Public Management (NPM)1 hat sich das Leitbild vieler Kommunalverwaltungen gewandelt: Die Kommune als Dienstleistungsunternehmen, die insbesondere eine verstärkte Kundenorientierung anstrebt und den Bürger sowie Unternehmen als Kunden2 betrachtet. Die Ausrichtung der Organisation auf die Bedürfnisse des Kunden ist u. a. auf die rasante Weiterentwicklung der Technologie sowie auf die zunehmende Transparenz an Informationen im Internet, dessen Rolle und Bedeutung zunehmend ist, zurückzuführen. Inzwischen wurde Kundenorientierung als wesentlicher Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Verwaltung erkannt.3

Die Ansätze des NPM werden durch das E-Government4 aufgegriffen und mit Hilfe der inzwischen verfügbaren Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) weiterentwickelt.5 Dies verdeutlicht folgende Vision:

„Behördengänge nicht mehr im Amt erledigen müssen, sondern ganz bequem, wenn gewollt, rund um die Uhr und ohne Zeitdruck über das Internet [von zuhause] aus.“ 6

Schließlich werden die Verwaltungsdienstleistungen durch den Einsatz von IKT, insbesondere das Internet, dem Kunden zur Verfügung gestellt. Ziel ist insbesondere die kundenorientierte Gestaltung der Verwaltungsprozesse. Neben der technologischen Umsetzung sind nach LANDSBERG grundlegende Organisationsänderungen in der Verwaltung traditioneller Kommunen hin zu dienstleistungsorientierten Kommunen notwendig.7

Die Stadt X reagiert auf die sich verändernden Rahmenbedingungen im Internetzeitalter, wo der Verwaltungskunde öffentliche Dienstleistungen einfach, schnell und effizient nutzen möchte, indem sie die durch das EGovG geschaffene Möglichkeit nutzt, Dienstleistungen auf elektronischem Weg bereitzustellen. Die Interviewpartner berichten, dass mit dem Onlinedienstleistungsangebot die Position als kundenfreundliche Stadt gefestigt werden soll.8 Was kann E-Government zur Kundenorientierung beitragen?

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Das Ziel der vorliegenden Hausarbeit ist es, zu bewerten, inwiefern E-Government in der öffentlichen Verwaltung zur Verbesserung der Kundenorientierung beitragen kann und wie dabei einzelne Maßnahmen für ein erfolgreiches E-Government-Konzept gestaltet werden können. Dies wird am Beispiel des Bürgerbüros der Stadt X dargestellt und bewertet.

Die Bedeutung von E-Government für die kundenorientierte Gestaltung kommunaler Organisationsprozesse wird anhand der Kernelemente aufgezeigt. Das Leistungsvermögen durch Anwendung von E-Government für den Verwaltungskunden wird anhand des Praxisbezugs verdeutlicht. Aufgrund der Komplexität der Thematik bei gleichzeitig begrenztem Umfang dieser Arbeit ist es erforderlich eine Eingrenzung vorzunehmen. Deshalb wird auf rechtliche, technische und organisatorische Rahmenbedingungen, die bei der Umsetzung eines E-Government-Konzepts zu beachten sind, nicht eingegangen. Zudem ist eine ökonomische Betrachtung der Thematik nicht Gegenstand dieser Hausarbeit.

Der Aufbau der Hausarbeit ist zielorientiert und untergliedert die Hausarbeit in vier Kapitel. Die Relevanz des Themas für die Stadt X ist bereits deutlich geworden. Aus diesem Grund wurde die oben genannte Fragestellung abgeleitet und die Zielsetzung der Arbeit konkretisiert. Im Hauptteil der Arbeit wird zunächst anhand aktueller Literatur sowie Artikeln aus Fachzeitschriften ein theoretischer Bezugsrahmen zur Thematik hergestellt. Dazu wird das grundlegende Verständnis zentraler Begriffe geklärt und diese entsprechend ihrer Verwendung im Rahmen der vorliegenden Arbeit eingegrenzt. Anschließend wird auf die Kernelemente des E-Governments eingegangen. Im praktischen Teil dieser Arbeit werden die kundenorientierten Verwaltungsmodernisierungsansätze des Bürgerbüros der Stadt X anhand der bestehenden E-Government-Maßnahmen aufgezeigt und der Entwicklungsstand bewertet. Grundlegend hierfür sind die Informationen aus dem Experteninterview mit der Amtsleiterin sowie dem IT-Koordinator des Bürgerbüros der Stadt X. Mit einer abschließenden Betrachtung werden die wesentlichen Erkenntnisse rückblickend reflektiert und ein Fazit gezogen.

2. E-Government als Instrument der Kundenorientierung

In diesem Kapitel werden die zentralen Begriffe dieser Arbeit in den Kontext der wissenschaftlichen Literatur gestellt sowie eine notwendige Eingrenzung vorgenommen. Weiterhin werden die Kernelemente von E-Government unter dem Aspekt der Kundenorientierung betrachtet.

2.1 Eingrenzung und Begriffsdefinitionen

Was wird unter Kundenorientierung verstanden und welche Rolle spielt E-Government in diesem Zusammenhang?

Im Rahmen dieser Arbeit wird unter Kundenorientierung die Ausrichtung der gesamten Organisation in ihrem Aufbau und Ablauf an den Kundenbedürfnissen verstanden. Demnach definiert Bruhn Kundenorientierung als „umfassende, kontinuierliche Ermittlung und Analyse der individuellen Kundenerwartungen sowie deren interne und externe Umsetzung in [Verwaltungsdienstleistungen] sowie Interaktionen (…) mit dem Ziel, langfristig stabile (…) Kundenbeziehungen zu etablieren.“ 9

Der Begriff E-Government beschreibt nach REINERMANN/VON LUCKE die „Abwicklung geschäftlicher Prozesse in Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnik über elektronische Medien.“ 10

Somit stellt E-Government eine vollständig elektronisch unterstützte Geschäftsprozessabwicklung in Aussicht, wodurch laut EU das Ziel der Verbesserung öffentlicher Dienste verfolgt wird.11 Der Einsatz von Informationstechnologien (IT) ermöglicht den Interaktionsprozess zur Abwicklung der Verwaltungsdienstleistungen sowohl auf interner Ebene, innerhalb der Verwaltung, als auch auf externer Ebene zwischen Verwaltungen (G2G) sowie zwischen der Verwaltung und Kunden (G2C/C2G, G2B/B2G). Im Folgenden wird die externe Ebene betrachtet. Je nach Technisierungsgrad werden die angebotenen Dienstleistungen in drei bzw. vier Interaktionsstufen unterteilt.12

In Abbildung 1 werden die aufeinander aufbauenden Stufen gegeneinander abgegrenzt, indem die Merkmale sowie Beispiele genannt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Interaktionsstufen des E-Governments 13

Das Spektrum an E-Government-Maßnahmen reicht damit von der reinen Informationsbereitstellung über den Austausch von Informationen bis hin zur vollständigen Abwicklung von Verwaltungsprozessen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass E-Government durch seinen austauschorientierten Charakter, auf unterschiedlichen Interaktionsebenen, der Verwaltung ermöglicht, Verwaltungsdienstleistungen schneller, effizienter und damit kundenfreundlicher zu gestalten.14 Die Konzepte, die hierbei zum Einsatz kommen, werden im nächsten Abschnitt vorgestellt.

2.2 Kernelemente des E-Governments

Einige wichtige Konzepte des E-Governments beschäftigen sich mit den in Abbildung 2 enthaltenen Themenbereichen. Welche Funktion haben diese Kernelemente im Hinblick auf den Aspekt der Kundenorientierung?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kernelemente des E-Governments 15

Aufgrund der dezentralen und aufgabenorientierten Verwaltungsgliederung ist es häufig der Fall, dass der Kunde der öffentlichen Verwaltung in einer bestimmten Lebenslage mehrere Verwaltungsstellen aufsuchen muss. Aus Kundensicht wäre es sinnvoll eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen, die alle in einer bestimmten Lebenslage anfallenden Verwaltungsangelegenheiten abwickelt. Im Rahmen des E-Governments soll dies mit Hilfe des OSG-Ansatzes realisiert werden. Mit OSG wird die Neugestaltung der Verwaltung durch Verbesserung der Kommunikation zum Kunden und eine stärkere Dienstleistungsorientierung angestrebt. Die Umsetzung des auf dem Lebenslagenprinzip basierenden organisatorischen Ansatzes erfolgt durch die Trennung von Front- und Back-Office sowie der Bereitstellung eines Multikanalzugangs (MCM).16 MCM ist ein weiteres Kernelement des E-Governments, das sich mit den unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten auseinandersetzt, über die der Kunde die von ihm gewünschten Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen kann. Im Sinne von E-Government sind elektronische Zugänge, die unter Einsatz von IKT eingerichtet werden, von besonderer Bedeutung. Diese können die konventionellen Kommunikationskanäle zwar nicht vollständig ersetzen, aber sie leisten einen entscheidenden Beitrag zur verstärkten Ausrichtung der öffentlichen Verwaltung an den Bedürfnissen ihrer Kunden. Die Erwartung, mit IKT, insbesondere dem Internet, die Servicequalität verbessern zu können, beruht im Wesentlichen auf den Möglichkeiten, den Datenaustausch über Kommunikationsbeziehungen zwischen der Verwaltung und dem Kunden sowie anderen Behörden medienbruchfrei abzuwickeln. Es handelt sich hierbei um sog. Online-Transaktionen. Damit diese in der Praxis umgesetzt werden können, müssen zunächst entsprechende gesetzliche Voraussetzungen für eine elektronische, medienbruchfreie und rechtsverbindliche Vorgangsbearbeitung geschaffen sowie interoperable IT-Systeme mit standardisierten Schnittstellen entwickelt werden. Der Einsatz effektiver und effizienter IT-Verfahren bietet Optimierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zur Reorganisation der Verwaltungsprozesse.17 Hierbei handelt es sich um ein weiteres Kernelement des E-Governments: Die Prozessoptimierung als Bestandteil des Prozessmanagements, die Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsabläufe hinsichtlich der Dimensionen Kundenzufriedenheit, Qualität sowie Zeit und Kosten umfasst.18

Die vier Kernelemente leisten einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele des E-Governments, welche wiederum zur Verbesserung der Kundenorientierung beitragen. Insbesondere Qualitätsziele wie die Verbesserung der Dienstleistungsqualität sowie die Zugänglichkeitssteigerung spielen eine bedeutende Rolle. Dadurch wird zugleich das Imageziel, die Verwaltung als modernes Dienstleistungsunternehmen zu präsentieren, gefördert.19 Wie die praktische Umsetzung auf kommunaler Ebene erfolgen kann, wird im nächsten Kapitel am Beispiel des Bürgerbüros der Stadt X verdeutlicht.

3. E-Government im Bürgerbüro der Stadt X

In diesem Kapitel wird der kundenorientierte Ansatz der Verwaltungsmodernisierung der Stadt X unter Einsatz von E-Government-Maßnahmen erläutert. Eine Kommunalverwaltung als Untersuchungseinrichtung ist besonders geeignet, da kommunale Leistungen große Bedeutung für kundennahes E-Government haben. Zunächst wird die Ist-Situation beschrieben und am Fallbeispiel der „Online-Dienstleistung“ der Verwaltungsprozess vorgestellt. Anschließend bewertet die Verfasserin den Entwicklungsstand. Die folgenden Ausführungen basieren, insofern nicht anders angegeben, auf dem Experteninterview mit der Amtsleiterin und dem IT-Koordinator des Bürgerbüros.20

3.1 Ist-Situation

Das in der Einführung genannte Verwaltungsmodernisierungsziel „Kundenorientierung“ wird auch bei der Stadt X angestrebt und zunehmend realisiert. Die Interviewpartner erklären, dass das hoheitliche Denken immer mehr von dem Bewusstsein verdrängt wird, dass der Kunde im Mittelpunkt des Verwaltungshandelns steht und sich dieses stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Ein erster Meilenstein, als Maßnahme zur Verbesserung des Kundenservices, ist die Einrichtung des Bürgerbüros im Mai 2000 gewesen. Das Bürgerbüro ist zentrale Anlaufstelle für die Kunden der Stadt und „Aushängeschild“ der gesamten Verwaltung. In Abbildung 3 werden die Abteilungen des Bürgerbüros dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Organigramm des Bürgerbüros der Stadt X 21

Es wird deutlich, dass im Bürgerbüro eine Vielzahl an Verwaltungsdienstleistungen erbracht wird. Eine Auswahl der wichtigsten Dienstleistungen ist in der Anlage aufgeführt.22 Die Bündelung der Dienstleistungen orientiert sich an bestimmten Lebenslagen23 der Verwaltungskunden.24 Das Konzept „Bürgerbüro“ stellt einen fortlaufenden Prozess dar, bei dem die Dienstleistungen an die sich verändernden Kundenerwartungen angepasst werden. Infolgedessen kommt es zur sukzessiven Erweiterung des Dienstleistungsangebots, das zunehmend über verschiedene Wege in Anspruch genommen werden kann. Neben den konventionellen Zugängen25 werden vermehrt elektronische Zugänge26 angeboten. Die technikgestützte Optimierung eines Verwaltungsprozesses kann erfolgen, wenn die Legitimität durch das EGovG gegeben ist. Die Stadt X konzentriert sich letztendlich auf E-Government-Maßnahmen mit hoher Kunden- und Verwaltungsrelevanz, die zugleich einfach und schnell umgesetzt werden können. Primäre Zielgruppe sind die Kunden der Stadtverwaltung. Welche E-Government-Maßnahmen sind bei der Stadt X, insbesondere im Bürgerbüro, realisiert?

Die Bemühungen um die Entwicklung des E-Governments reichen vom Angebot digitaler Informationen bis hin zur behördenübergreifenden medienbruchfreien Abwicklung von Verwaltungsprozessen. Dies spiegeln die bestehenden E-Government-Maßnahmen, die in Abbildung 4 auf der folgenden Seite aufgeführt sind, wider.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: E-Government-Maßnahmen der Stadt X 27

Dem Kunden der Stadt X stehen eine ganze Reihe an Dienstleistungen der kommunalen Behörde online rund um die Uhr zur Verfügung. Der Großteil der Inhalte auf der Internetseite ist noch informativer und kommunikativer Art. Jedoch steigt insbesondere im Bürgerbüro der Anteil der transaktiven Dienste.

Der Ausgangspunkt der E-Government-Maßnahmen liegt in der Einrichtung einer eigenen Internetseite.28 Diese diente zunächst nur dem Aufbau von Informationsangeboten. Erweitert wurde das Angebot auf Kommunikationsebene um „einfache Verfahren“ wie z. B. das Angebot eines Formularservices, bei dem Formulare zum Herunterladen und Ausfüllen am Computer bereitgestellt werden. Weitere Elemente sind die Beantragung von Urkunden und ein Kontaktformular für „Bürgeranliegen“. Die durch E-Government in Aussicht gestellten Transaktionsdienstleistungen wurden lange Zeit nicht angeboten und sind ungenutzt geblieben. Mittlerweile bietet das Bürgerbüro der Stadt X jedoch einige transaktive Online-Dienste wie z. B. die Fundsachensuche sowie Terminvereinbarung an. Hierbei wird der gesamte Verwaltungsvorgang innerhalb der Behörde medienbruchfrei abgewickelt. Darüber hinaus gibt es seit Anfang Mai diesen Jahres sog. „Online-Dienstleistungen“, bei denen teilweise auch nachgelagerte Behörden medienbruchfrei in den jeweiligen Dienstleistungsprozess integriert sind, sodass die höchste Interaktionsstufe, die Integration, erreicht wird. Ein Fallbeispiel dafür ist die Dienstleistung „Antrag auf Ausstellung eines Führungszeugnisses“, auf die im nächsten Abschnitt noch näher eingegangen wird. Im Bereich Meldewesen finden sich allerdings Online-Dienste29, die lediglich Hilfs-Services darstellen, da diese nicht komplett online erledigt werden können. Die Ursache hierfür liegt u. a. an den geltenden Meldegesetzen, wonach beispielsweise eine persönliche Vorsprache verpflichtend ist. Jedoch kann in diesem Zusammenhang eine „Voranmeldung“ vorgenommen werden, sodass zumindest Wartezeiten verkürzt werden.

Nachdem ein zusammenfassender Überblick über das E-Government-Angebot gegeben wurde, soll nun auf die praktische Umsetzung eingegangen werden. Aufgrund der Vielzahl der Maßnahmen können im Rahmen dieser Arbeit nicht alle Vorgänge umfassend betrachtet und erläutert werden. Allerdings sind einige weiterführende Informationen hierzu in der Anlage beigefügt.30 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf das Angebot der „Online-Dienstleistungen", bei denen der komplette Verwaltungsprozess elektronisch abgewickelt wird. Die Verfasserin hat sich für diese E-Government-Maßnahme entschieden, weil diese den höchsten Technisierungsgrad aufweist und somit davon die größten Auswirkungen von E-Government auf die Kundenorientierung ausgehen.

3.2 Fallbeispiel „Online-Dienstleistung“

In diesem Abschnitt wird die E-Government-Maßnahme „Online-Dienstleistung“ im Hinblick auf den zugrundeliegenden Verwaltungsprozess anhand des Fallbeispiels „Antrag auf Ausstellung eines Führungszeugnisses“ näher beleuchtet.

Das Bürgerbüro der Stadt X stellt ihren Kunden u. a. einen Online-Dienst zur Beantragung eines Führungszeugnisses für private Zwecke (Beleg-Art N) zur Verfügung. In diesem Fall ist eine vollständig elektronische Vorgangsabwicklung ohne Medienbrüche sowohl innerhalb der Behörde als auch behördenübergreifend möglich. Es handelt sich um eine gebührenpflichtige Verwaltungsdienstleistung, sodass in diesem Fall auch eine elektronische Bezahlfunktion zum Einsatz kommt. In diesem Fallbeispiel ist der höchste Technisierungsgrad realisiert. Zudem gehört die Beantragung eines Führungszeugnisses zu den Online-Diensten, die derzeit von den Verwaltungskunden der Stadt X am häufigsten genutzt werden.31

Wer ist in welcher Funktion am Online-Verwaltungsprozess beteiligt? Am Online-Verwaltungsprozess ist der Kunde als Antragsteller, die Stadt X als (zwischengeschalteter) Dienstleister und als nachgelagerte Behörde im konkreten Fallbeispiel das Bundeszentralregister (BZR) als Auskunft gebende Stelle beteiligt.

Im Folgenden wird der digitale Verwaltungsprozess aus Sicht des Antragstellers beschrieben und in Abbildugn 5 auf der folgenden Seite visualisiert.

Bevor der eigentliche Verwaltungsprozess beginnt, muss der Verwaltungskunde die städtische Internetseite aufrufen und unter den zur Verfügung stehenden Online-Diensten das von ihm gewünschte Anliegen auswählen. Die Beantragung eines Führungszeugnisses kann über das Internet erfolgen. Anschließend wird der Kunde auf die entsprechende Startseite weitergeleitet. Für die Fortführung des Prozesses ist es zwingend erforderlich, dass der Antragsteller die Datenschutzerklärung zur Kenntnis nimmt und diese Bedingungen akzeptiert. Ansonsten endet der Prozess bereits an dieser Stelle. Danach öffnet sich eine Maske, in die der Antragsteller seine persönlichen Daten eingibt. Damit sichergestellt ist, dass diese korrekt sind, wird der Kunde in einem weiteren Schritt noch einmal aufgefordert diese zu prüfen. Sind die Daten korrekt, folgt der Bezahlvorgang, insofern es sich um eine gebührenpflichtige Verwaltungsleistung handelt. Im vorliegenden Beispiel ist dies der Fall. Als Zahlungsmethode steht die Kreditkarte oder Giropay zur Auswahl. Dem Kunden wird im nächsten Schritt seine Auswahl bestätigt und er muss dem Bezahlvorgang explizit zustimmen, damit dieser schließlich erfolgen kann. Daraufhin werden die Zahlungsdaten angegeben, womit der Bezahlvorgang abgeschlossen wird. Im letzten Schritt vor Abschluss der Online-Beantragung wird ein Beleg erstellt, in dem die Daten der Antragstellung dokumentiert sind. Dieser kann als Nachweis für die eigenen Unterlagen ausgedruckt werden. Der Vorgang der Antragstellung durch den Kunden endet an dieser Stelle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Digitaler Verwaltungsprozess „Online-Dienstleistung“ 32

Im Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit, was E-Government zur Kundenorientierung beitragen kann, ist der Prozess bis zu dieser Stelle von besonderer Bedeutung. Die anschließende Bearbeitung durch die zuständigen Behörden haben keine verändernden Auswirkungen auf die Benutzerfreundlichkeit der Verwaltungsdienstleistung. Zur Vollständigkeit wird der gesamte digitale Verwaltungsprozess jedoch in der Anlage visualisiert und erläutert.33

Im nächsten Abschnitt folgt eine Bewertung des aktuellen Entwicklungsstands in Bezug auf die Umsetzung von E-Government im Bürgerbüro der Stadt X. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem daraus resultierenden Leistungsvermögen im Kontext der Kundenorientierung.

3.3 Bewertung des Entwicklungsstands

Das Bürgerbüro der Stadt X wurde für das städtische Online-Angebot auf der Internetseite in einem bundesweiten Vergleich der Pronto Business Media GmbH im Jahr 2012 mit einem „vorbildlich“ ausgezeichnet.34 Die Bewertung zeigt, dass eine notwendige und kundenorientierte Ausrichtung der kundennahen Verwaltungsdienstleistungen auch mit Hilfe von IKT über das Internet ermöglicht wird. Die Stadt X hat erkannt, dass die Verwaltungskunden die klassischen Nachfrageaktivitäten im Internet suchen und ihre Transaktionen auch im Netz durchführen möchten. „Diesem Trend müssen wir Rechnung tragen“ 35, appelliert Oberbürgermeister Möller. Seitdem wurde das E-Government-Angebot sukzessive erweitert: Vom reinen Informationskanal bis hin zum Erreichen der vollen Transaktions- und Integrationsfähigkeit bei kundenbezogenen Diensten. Je höher die Interaktionsebene und somit der Technisierungsgrad, desto benutzerfreundlicher und kundenorientierter die Dienstleistungserbringung. Somit ist das Bürgerbüro der Stadt X durchaus gut aufgestellt. Ebenso wie die Aktualisierung und Erweiterung des jeweiligen Online-Angebots ist jedoch auch die Erfolgskontrolle ein fortlaufender Prozess.

Welches Potenzial bietet das E-Government-Angebot des Bürgerbüros den Verwaltungskunden? Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist ein Vergleich zwischen dem konventionellen Vorgang, der in der Anlage36 dargestellt wird, und dem digitalen Vorgang anzustellen. Die wesentlichen Aspekte sind in Abbildung 6 zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Leistungsvermögen von E-Government für die Kundenorientierung 37

Informationen und Verwaltungsdienstleistungen stehen dem Kunden rund um die Uhr zur Verfügung und können von zuhause genutzt werden. Dadurch wird eine bessere Erreichbarkeit der Verwaltung und mehr Flexibilität für den Kunden erreicht. Zugleich werden dem Verwaltungskunden Wege zur Verwaltungsstelle erspart, Wartezeiten verkürzen sich oder entfallen komplett und Prozesse werden durch verkürzte Bearbeitungs- und Transportzeiten beschleunigt. Weiterhin verbessert sich die Servicequalität u. a. bei komplexeren Fällen, die nicht auf elektronischem Weg angeboten werden können, da sich die Verwaltung auf die Kernaufgaben konzentrieren und eine intensivere Betreuung gewährleisten kann. Darüber hinaus resultieren Vorteile aus der Optimierung der Verwaltungsabläufe, insbesondere durch die Standardisierung und Automatisierung. Ein Beitrag zur Verbesserung der Kundenorientierung wird dadurch geleistet, dass automatisierte Prüffunktionen im elektronischen Verfahren hinterlegt sind. Weiterhin besteht durch die elektronische Übermittlung und Weiterleitung der Daten eine höhere Datengenauigkeit. Zudem gibt es immer weniger Medienbrüche, wodurch die Interaktion zwischen Verwaltung und Kunde verbessert und der Vorgang schneller abgewickelt werden kann, z. B. durch die Bereitstellung elektronischer Bezahlmöglichkeiten. Allerdings bleibt festzuhalten, dass aufgrund gesetzlicher Barrieren nicht alle Verwaltungsabläufe medienbruchfrei angeboten werden können. In diesem Zusammenhang werden auch elektronische Zugänge die konventionellen Zugänge nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können. Darüber hinaus bleibt der persönliche Kontakt und die telefonische Beratung auch künftig unverzichtbar, da ein Teil der Verwaltungskunden keinen Zugriff auf Online-Dienste hat bzw. aufgrund von Sicherheitsbedenken diesen Zugang nicht nutzen möchte. Letztendlich liegt die Entscheidung über die Nutzung des E-Government-Angebots beim Verwaltungskunden. Bei den E-Government-Maßnahmen des Bürgerbüros sind die Nutzerzahlen tendenziell steigend. Aufgrund des Nutzungsgrads lässt sich ein Rückschluss auf die Kundenzufriedenheit ziehen. Um noch mehr Kunden zu erreichen und die Akzeptanz zu fördern, müssen die Online-Möglichkeiten und deren Nutzen verstärkt publiziert sowie über vertraute mobile Endgeräte angeboten werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass E-Government ein breites Leistungsvermögen bietet, das zur Verbesserung der Kundenorientierung beiträgt. Der Entwicklungsstand im Bürgerbüro der Stadt X weist teilweise bereits einen hohen Interaktionsgrad auf. Es gilt nun diesen Stand zu halten und darüber hinaus Inhalte und Services konstant anzupassen. Die Interviewpartner berichten, dass eine Erweiterung des Online-Angebots, soweit gesetzlich umsetzbar, geplant ist. Insbesondere soll der Ausbau und Einsatz einer vertrauenswürdigen, interoperablen Authentifizierungslösung vorangetrieben werden. In diesem Zusammenhang wird künftig ein Schwerpunkt darauf liegen, das organisatorische und technische Gestaltungspotenzial für E-Government durch den Einsatz der eID-Funktion des neuen Personalausweises bei Online-Diensten zu nutzen. Durch ein entsprechendes Angebot an eID-Anwendungen kann möglicherweise auch die eID-Einschaltquote, die derzeit in der Stadt X noch sehr gering ist, erhöht werden. Darüber hinaus müsste sich laut den Interviewpartnern jedes dienstleistungserbringende Amt Gedanken machen, wo Online-Dienste in der Verwaltung angeboten werden können. Schließlich ist es von besonderer Bedeutung, dass ein umfassendes E-Government-Konzept für die gesamte Verwaltung ausgearbeitet wird, um das Potenzial von E-Government voll ausschöpfen zu können.

[...]


1 Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) hat die Grundsätze des NPM aufgegriffen und das „Neue Steuerungsmodell“ (NSM), das für deutsche Kommunen angepasst wurde, entwickelt.

2 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Begriff „Kunde“ als Synonym für die Begriffe „Bürger“ und „Unternehmen“ verwendet.

3 Vgl. KGSt (Hrsg.) (2013), S. 8 ff.; sowie Bruhn (2012), S. 1, 3.

4 Abkürzung von „electronic government“ (dt. elektronisches Regieren und Verwalten).

5 Vgl. Fischer (2012), S. 297; ebenso Lenk/Klee-Kruse (2000), S. 18.

6 Von Larue (2014), S. 10.

7 Vgl. Landsberg (2004), S. 61 ff.

8 Vgl. Experteninterview vom 18.05.2015.

9 Bruhn (2012), S. 15.

10 Reinermann/von Lucke (2002), S. 1.

11 Vgl. EU (Hrsg.) (2003), S. 3.

12 Vgl. Fischer (2012), S. 294, 300 f.; ebenso Meier (2012), S. 4; ebenso Landsberg (2004), S. 21; ebenso Kästner (2000), S. 13.

13 In Anlehnung an Fischer (2012), S. 300.

14 Vgl. Hill (2002), S. 24.

15 In Anlehnung an Fischer (2012), S. 301 ff.

16 Vgl. Fischer (2012), S. 302 f.; ebenso Kästner (2000), S. 16; sowie Wimmer/Traunmüller (2004), S. 28.

17 Vgl. Fischer (2012): E-Government, S. 303 ff.

18 Vgl. Fischer (2012): Prozessmanagement, S. 158, 164 f.

19 Vgl. Eixelsberger (2010), S. 362.

20 Vgl. hierzu und im Folgenden Experteninterview vom 18.05.2015.

21 Eigene Darstellung.

22 Siehe Anlage A 1 „Dienstleitungsangebot Bürgerbüro“, S. 21 f.

23 Beispiele für Lebenslagen sind: Geburt, Umzug, Eheschließung und Tod.

24 Vgl. KGSt (Hrsg.) (1999), S. 13.

25 Z. B. persönliche Vorsprache, Telefon, Brief.

26 Z. B. E-Mail, Formularservice, Online-Dienstleistungen.

27 Eigene Darstellung.

28 Die Stadt X ist seit 1997 „online“. Zunächst im Verbund mit anderen Institutionen und seit 2004 schließlich mit einem eigenständigen Internetauftritt unter „www.[anonymisiert].de“.

29 Z. B. Beantragung Auskunftssperre, Um- und Anmeldung, Statuswechsel.

30 Siehe Anlagen A 2 bis A 6, S. 23-31.

31 Täglich gehen etwa zwei bis drei Online-Anträge ein.

32 Eigene Darstellung.

33 Siehe Anlage A 7 „Fallbeispiel Führungszeugnis“, S. 32-45.

34 Vgl. Pronto Business Media GmbH (Hrsg.) (2012) (vom 11.05.2015).

35 Magistrat der Stadt X (Hrsg.) (2013) (vom 16.05.2015).

36 Siehe Anlage A 7 „Fallbeispiel Führungszeugnis“, Verwaltungsprozessmodelle, S. 41 ff.

37 In Anlehnung an Experteninterview vom 18.05.2015.

Fin de l'extrait de 50 pages

Résumé des informations

Titre
Verbesserung der Kundenorientierung öffentlicher Verwaltungen durch E-Government
Université
University of Kassel
Note
1,0
Auteur
Année
2015
Pages
50
N° de catalogue
V334451
ISBN (ebook)
9783668246287
ISBN (Livre)
9783668246294
Taille d'un fichier
818 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Hausarbeit umfasst sieben Anlagen. Diese beinhalten im Wesentlichen das Online-Dienstleistungsangebot der betrachteten Beispielkommune. Zur Wahrung der Anonymität im Rahmen der Veröffentlichung dieser wissenschaftlichen Arbeit wird die als Fallbeispiel verwendete Kommunalverwaltung mit "Stadt X" bezeichnet. Die Abbildungen, Screenshots und Verweise in Quellenangaben, durch die Rückschlüsse auf die betrachtete Kommunalverwaltung gezogen werden können, wurden entfernt bzw. geschwärzt.
Mots clés
E-Government, Kundenorientierung
Citation du texte
Jeanette Dahlman (Auteur), 2015, Verbesserung der Kundenorientierung öffentlicher Verwaltungen durch E-Government, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334451

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