Praktische Soziale Arbeit im Gesundheitsamt. Ist der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor für selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigung?


Internship Report, 2014

30 Pages, Grade: 1,3

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Teil
1. Institution
1.1. Allgemeines
1.2. Hierachie
1.3. Leitbild
1.4. Aufgaben nach Abteilungen

II. Teil
1. Falldarstellungen
2. Ist der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor für selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigungen?
2.1. Behinderung/ Beeinträchtigung
2.2. Der ländliche Raum
2.2.1.Definition und Merkmale
2.2.2. Soziale Ressourcen und Probleme des ländlichen Raums
2.3. Selbstbestimmung bei Beeinträchtigung
2.4. Wohnen mit Beeinträchtigung

Fazit

Persönliches Resümee

Literaturverzeichnis

Einleitung

Zwei Jahre lang habe ich als Pflegefachkraft in einer Einrichtung der Behindertenhilfe gearbeitet. In dieser Zeit habe ich viele Menschen mit Beeinträchtigung kennen gelernt. Besonders eingeprägt hat sich bei mir die Erkenntnis, wie sehr diese Menschen in einer „Parallelwelt“ leben. Sie leben und arbeiten in eigens für sie errichteten Einrichtungen. Und auch in der Freizeit bleiben sie eher unter sich oder zumindest innerhalb der Familie. Zu meinen Aufgaben gehörte es, Freizeitbetreuung zu ermöglichen und Freizeitangebote zu gestalten. Ich habe oft erlebt, dass Freizeitwünsche nicht umgesetzt werden konnten, weil sie nicht mit den Vorstellungen der Angehörigen und dem Tagesablauf der Wohneinrichtungen vereinbar waren. Durch diese Erfahrungen motiviert habe ich für mich ein Praktikum im Gesundheitsamt entschieden. Ich war interessiert daran, durch welche Methoden und Verfahren und nach welchen rechtlichen Grundlagen es zu Entscheidungen kommt, die das Wohnen und die Freizeit von Menschen mit Beeinträchtigung betreffen.

Im Landkreis XY leben 160.033 Menschen (vgl. Regionalstatistik, Stand 31.12.2012). Davon leben 11.720 Menschen mit einer schweren Behinderung (vgl. Statistische Berichte Niedersachsen 2012, 21). Erfasst sind hier nur diejenigen, die eine durch das Versorgungsamt anerkannte Behinderung von mindestens 50 % haben. Es fehlen also Angaben zu Menschen mit geringeren Behinderungsgraden oder solchen, die keinen Schwerbehindertenausweis beantragt haben. In dieser Arbeit soll der Begriff Behinderung weiter gefasst werden. Der Bundesteilhabebericht der Bundesregierung (2013) definiert den Begriff der Beeinträchtigung. Im Abschnitt 2.1. wird diese Unterscheidung erläutert. Der Begriff Menschen mit Beeinträchtigungen soll für diese Arbeit übernommen werden.

Für den größeren Teil der deutschen Bevölkerung ist Selbstbestimmung heute bereits seit der Kindheit selbstverständlich. Dieser Umstand ist wohl insbesondere der stabilen Demokratie geschuldet. Erwachsene Menschen können relativ frei über Arbeit, Freizeit, Wohnen, Leben, Partnerschaft und Finanzen entscheiden. Jedem Menschen sind natürlich in seiner Wahlfreiheit insofern Grenzen gesetzt, wie sie an die Grenzen anderer Menschen stoßen, oder auch an die finanziellen oder kognitiven Grenzen der eigenen Person. Menschen mit Behinderung sehen sich im Vergleich vermehrt Grenzen und Fremdbestimmungen gegenüber. Ein Großteil der Betroffenen kann seinen Arbeitsplatz nicht frei wählen, sondern muss sich mit dem arrangieren, was angeboten wird. Viele haben nicht die Möglichkeit frei zu entscheiden, wo und mit wem sie leben wollen. Sie müssen auch erleben, dass Partnerschaften und Sexualität unterbunden werden. Die Freizeit, der Tag, die Mahlzeiten werden verplant und das „Taschengeld“ wird zugewiesen. Hinzu kommen dann noch die persönlichen kognitiven, seelischen oder körperlichen Beeinträchtigungen, die kompensiert werden müssen. Die Wohnwünsche von Menschen mit Behinderung können im Landkreis XY in der Regel nur insofern umgesetzt werden, als es etwa im Wohnheim und in der Wohngruppe freie Plätze gibt oder der Unterstützungsbedarf eher gering ist, so dass die ambulante Wohnbetreuung in Frage kommt, oder die Angehörigen genug Ressourcen besitzen, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Die meisten Wohnformen beinhalten eine relativ große Abhängigkeit der Betroffenen von anderen Menschen. Aber abhängig zu sein, bedeutet fremdbestimmt zu sein. Sind in einem ländlichen Landkreis wie XYalternative, mehr selbstbestimmte, Wohnformen überhaupt umsetzbar? Hat der ländliche Raum die erforderlichen Ressourcen? In Fachzeitschriften werden vermehrt innovative Modellprojekte für selbstbestimmtes Wohnen vorgestellt. Aber der größere Teil dieser Projekte wird in urbanen Gebieten umgesetzt. Können Menschen mit Behinderung in der Stadt eher selbstbestimmt leben?

In Teil II dieser Arbeit soll die Frage geklärt werden, ob der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor für selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigungen ist. Dazu wird zunächst die Begriffsdefinition von Behinderung analysiert. Im Anschluss daran werden die Definition, die Merkmale und die sozialen Gegebenheiten des ländlichen Raumes betrachtet. Und um zu klären was unter selbstbestimmtes Wohnen zu verstehen ist, wird Selbstbestimmung aus der Sicht Betroffener erklärt. Außerdem werden die aktuelle Wohnsituation und dazugehörige Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Beeinträchtigung dargelegt. Danach wird es möglich im Fazit festzulegen, ob der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor sein kann.

I. Teil

1. Institution

1.1. Allgemeines

Das Gesundheitsamt ist eine öffentliche Institution. Es erfüllt zahlreiche Aufgaben der Gesundheitsvorsorge und der gesundheitlichen Versorgung, die ihre Legitimationen in einer Vielzahl gesetzlicher Normen und Verordnungen haben. Das Gesundheitsamt ist Teil des niedersächsischen öffentlichen Gesundheitsdienstes. Oberstes Ziel des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Wesentliche Aufgaben und die Organisation des niedersächsischen öffentlichen Gesundheitsdienstes werden im Niedersächsischen Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst (vgl. NGöGD vom 11.12.2013) festgehalten.

Als öffentliche Institution ist das Gesundheitsamt in staatliche Strukturen eingebettet. Es ist als Amt dem Landkreis zugeordnet. Der Landkreis ist neben dem Landesgesundheitsministerium und dem Landesgesundheitsamt ernannte Behörde des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Zur Erfüllung seiner Aufgaben richtet ein Landkreis ein Gesundheitsamt ein.

Ein Landkreis ist ein Verbund von Gemeinden, der im Rahmen der sogenannten kommunalen Selbstverwaltung kommunale Souveränität besitzt. Organe des Landkreises sind der Landrat und der Kreistag. Verwaltet wird der Landkreis durch eine Behörde, die in der Regel ihren Sitz in der Kreisstadt hat. Diese Behörde wird je nach Region Landratsamt, Kreisverwaltung oder Kreishaus betitelt. In dieser Behörde hat der Landrat seinen Sitz und hier befindet sich neben diversen anderen Ämtern, wie Jugendamt oder Sozialamt, auch das Gesundheitsamt.

Innerhalb des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist das Gesundheitsamt dem Landesgesundheitsministerium untergeordnet. Das Gesundheitsamt erfüllt vor Ort für die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Rahmengeber für die praktische Ausgestaltung sind nicht nur der Gesetzgeber sondern auch Institutionen wie das Bundesministerium für Gesundheit, der gemeinsamer Bundesausschuss, das Robert-Koch-Institut oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (vgl.www.bmg.bund.de). Innerhalb des Landesgesundheitsministeriums ist die Arbeit des Gesundheitsamtes für unterschiedliche Abteilungen von Bedeutung. So sind von fünf Abteilungen vier mit Bereichen beauftragt, die auch Aufgaben des Gesundheitsamtes betreffen. Diese Bereiche sind Soziales und Pflege, Frauen und Gleichstellung, Migration und Generationen, Gesundheit und Prävention. Zudem ist das Referat Z/4 im Zusammenhang mit der AIDS-Beratung und der Diskriminierung Homosexueller zu nennen. Durch diese Tatsache sollen die sehr vielfältigen Aufgaben des Gesundheitsamtes noch einmal verdeutlicht werden (vgl. www.ms.niedersachsen.de).

1.2. Hierachie

Innerhalb der Kreisverwaltung untersteht das Gesundheitsamt im Dezernat II dem Dezernatsleiter bzw. seinem Stellvertreter. Die vier Dezernate unterstehen dem Landrat und dem Ersten Kreisrat als seinem Stellvertreter. Im Dezernat II sind Dezernatsleiter und Stellvertreter mit dem Landrat und dem Ersten Kreisrat in den Personen identisch. Jedes Amt hat einen Amtsleiter oder eine Amtsleiterin. Im Fall des Gesundheitsamtes ist die Amtsleiterin die Leitende Medizinaldirektorin, oder auch Amtsärztin, die vom Medizinaldirektor vertreten wird. Innerhalb eines Amtes steht jeder Abteilung ein Abteilungsleiter oder eine Abteilungsleiterin vor. (vgl. www.lkclp.de) Die verschiedenen Abteilungen des Gesundheitsamtes und deren wesentliche Aufgaben werden im Folgenden vorgestellt. Im Gesundheitsamt ist auch jede Abteilungsleitung MedizinerIn.

1.3. Leitbild

Allgemeingültiges Leitbild für alle Ämter ist das Leitbild der Verwaltung des Landkreises XY. Das Gesundheitsamt hat eigenes kein Leitbild und keine Konzeption.

„Leitgedanke für die Verwaltung des Landkreises XY war und ist es, sich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger als ein effizientes und produktives öffentliches Dienstleistungsunternehmen stetig weiterzuentwickeln. Im Unterschied zur freien Wirtschaft spielen Gemeinwohlorientierung und hoheitliche Aufgaben eine zentrale Rolle.“ (www.lkxy.de)

Grundgedanke des Leitbildes ist die sogenannte Neue Steuerung in Politik und Verwaltung, die auf mehr Bürgernähe, Dienstleistungsorientierung, Effektivität und Transparenz abzielt.

1.4. Aufgaben nach Abteilungen

a) Öffentlicher Gesundheitsdienst

Hier werden Aufgaben des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes ausgeführt. Der öffentliche Gesundheitsdienst berät Gemeinschaftseinrichtungen in hygienischen und umweltmedizinischen Fragen. Er leitet die Überwachung der Standards zu Trink- und Badewasserqualität. Im Rahmen des Infektionsschutzes wird das Auftreten meldepflichtige Krankheiten erfasst und weitergegeben und Standards zum Umgang mit Infektionskrankheiten erstellt. Gesetzliche Aufträge neben dem NGöGD finden sich im Infektionsschutzgesetz (vgl. IfSG, 20.07.2000), Chemikalienrecht, Baurecht und Strahlenschutzgesetz (vgl. StrlSchV, 20.07.2001). Die MitarbeiterInnen sind ausgebildete GesundheitsaufseherInnen. Die Beratung zu besonderen Infektionskrankheiten wie HIV undTuberkulose ist Aufgabe der SozialarbeiterInnen des Allgemeinen Amtsärztlichen Dienstes.

b) Jugendzahnärztlicher Dienst

Hier werden Aufgaben der Gesundheitserziehung und Prophylaxe in Bezug auf die Zahngesundheit der Bevölkerung, insbesondere bei Kindern, ausgeführt. Im Rahmen von Besuchen in Schulen, Kindertagesstätten und Fördereinrichtungenwird durch Reihenuntersuchung, Gesundheitserziehung und Ernährungsberatung Zahngesundheitsvorsorge betrieben. Wesentlicher gesetzlicher Auftrag ist neben dem NGöGD der § 21 des SGB V (vgl. Sozialgesetzbuch, fünftes Buch), Verhütung von Zahnerkrankungen. Die MitarbeiterInnen sind zahnmedizinische AssistentInnen. Die Untersuchungen werden von einer Zahnärztin, die Abteilungsleiterin ist, durchgeführt.

c) Kinder-und jugendärztlicher Dienst

Der Kinder- und jugendärztliche Dienst führt Untersuchungen zum Entwicklungsstand durch und erstellt dazu Stellungnahmen und Gutachten. Bei Entwicklungsauffälligkeiten werden Eltern oder Fachpersonal zu Diagnostik, Therapiemöglichkeiten und möglichen Hilfen beraten. Auch die Einschulungsuntersuchungen fallen in die Zuständigkeit dieser Abteilung. Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst führt Impfkontrollen, Impfberatungen und Impfungen in Schulen durch. Die Untersuchungen werden von einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin durchgeführt. Diese werden von medizinischen AssistentInnen unterstützt. Kinderkrankenschwestern führen im Rahmen der Bundesinitiative „Frühe Hilfen“ sogenannte „Neu-Erdenbürger-Besuche“ durch. Im Rahmen dieser Hausbesuche findet Beratung rund um die gesundheitliche und pflegerische Versorgung von Säuglingen statt. Ziel dieser Besuche ist es, prekäreFamilien- und Gesundheitsverhältnisse der Neugeborenen frühzeitig zu erkennen und Hilfe anzubieten. Wenn Hilfe notwendig ist und angenommen wird, finden weitere Hausbesuche der Kinderkrankenschwestern statt und bei Bedarf können weitere Hilfen herangezogen werden. Gesetzliche Grundlage ist hier neben dem NGöGD das neue Bundeskinderschutzgesetz (vgl. BKiSchG, 01.01.2012).

d) Sozialpsychiatrischer Dienst

Klienten des sozialpsychiatrischen Dienstes sind erwachsene Menschen mit psychischen Erkrankungen (seelische Beeinträchtigung) und deren Angehörige. Für betroffene Kinder ist das Jugendamt zuständig. Ziel der psychosozialen Betreuungist die Verbesserung der Lebensqualität und die Teilhabe an der Gesellschaft der Betroffenen. Es werden Gutachten und Stellungnahmen zur Realisierung und Vermittlung möglicher Hilfen erstellt.Die Betreuung findet insbesondere im Rahmen von Hausbesuchen statt. Mögliche Hilfen sind die integrierte ärztliche Versorgung, amb. psychiatrische Pflege, ambulante sozialpädagogische Wohnbetreuung und stationäres Wohnen. In Zusammenarbeit mit dem Jobcenter findet auch nach § 16a, SGBII (vgl. Sozialgesetzbuch, zweites Buch) eine psychosoziale Betreuung von Langzeitarbeitslosen statt. Der sozialpsychiatrische Dienst bietet Gesprächsgruppen für Betroffene an. Die MitarbeiterInnen sind SozialarbeiterInnen, eine Sozialwissenschaftlerin und ein Psychologe. Gesetzliche Grundlage ist insbesondere das Niedersächsische Gesetz für Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (vgl. NPsychKG, 16.07.1997).

e) Betreuungsbehörde

Die Betreuungsbehörde berät und informiert Betroffene und Angehörige zu Betreuungsangelegenheiten, Vollmachten und Patientenverfügungen. Die MitarbeiterInnen können beim Amtsgericht auf Hinweise aus der Bevölkerung hin Betreuungen anregen. Sie machen auch Vorschläge zu geeigneten Betreuern. Die MitarbeiterInnen sind SozialarbeiterInnen. Gesetzliche Grundlage ist das sogenannte Betreuungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (vgl. §§ 1896 – 1908i BGB).

f) Allgemeiner Amtsärztlicher Dienst

In dieser Abteilung wurde der größte Anteil des Praktikums absolviert. Die Fragestellung in Teil II dieser Arbeit betrifft diesen Arbeitsbereich. Daher wird der Fokus auf diese Abteilung gelegt.

Klienten des allgemeinen Amtsärztlichen Dienstes sind Menschen mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung oder dem Risiko zu einer solchen Beeinträchtigung. Diese Personengruppe hat nach § 53 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Diese Leistungen können Hilfen zur Vermeidung oder Milderung von Behinderung, Hilfen zur Förderung, Hilfen zu Schulbildung und Ausbildung, Hilfen zur Beschäftigung und Hilfen zum Wohnen sein (vgl. § 54 SGB XII).

Nach § 59 SGB XII kommt dem Gesundheitsamt die Aufgabe zu, beeinträchtigte Menschen und deren Angehörige über geeignete Maßnahmen der Eingliederungshilfe und Heilmaßnahmen zu beraten und die Durchführung solcher Maßnahmen beratend zu begleiten. Eine Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten soll stattfinden.

Im Landkreis XY werden folgende Hilfen für Menschen mit Beeinträchtigung über die Eingliederungshilfe angeboten.

Frühförderung, Integrationshelfer/Schulassistenz

Versorgung mit Hilfsmitteln

Hilfe zum Besuch einer Hochschule

Integrationskindergarten, Sprachheilkindergarten, Heilpädagogischer Kindergarten, Tagesbildungsstätte

Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung

Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung in Internaten

Wohnheime / Außenwohngruppen, ambulante Wohnbetreuung

Im Allgemeinen Amtsärztlichen Dienst arbeiten unter der Leitung der Amtsärztin vier SozialarbeiterInnen (Diplom, Master, Bachelor ohne Hierachie), die in räumlich geteilten Zuständigkeitsgebieten die gleichen Aufgaben erfüllen. Angewandte Methode der Sozialen Arbeit ist die Einzelfallhilfe. Je nach möglicher Hilfe werden verschiedene Techniken und Verfahren eingesetzt. Wenn es um eine erste Hilfe geht, die in der Regel die Frühförderung ist, wird eine Sozialmedizinische Stellungnahme erstellt. Die SozialarbeiterInnen begutachten im Rahmen eines Hausbesuches die soziale Situation und führen eine Beratung durch. Kinderarzt/Kinderärztin oder die Amtsärztin bzw. ihr Stellvertreter führen eine ärztliche Untersuchung zum Entwicklungsstand durch und erstellen ein Gutachten inklusive Empfehlung der erforderlichen Maßnahmen. In Zusammenhang mit anderen Hilfen findet gewöhnlich mit allen Beteiligten ein Hilfeplangespräch statt. Hier soll unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Betroffenen eine geeignete Maßnahme gefunden werden. Das Hilfeplangespräch wird in regelmäßigen Abständen wiederholt, um die weitere Geeignetheit und Angemessenheit der Maßnahme zu beurteilen. Geht es um Hilfen zum Besuch der Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung oder das stationäre Wohnen kommen Verfahren zur Einstufung der Hilfebedürftigkeit der Betroffenen in dieser Einrichtung zur Anwendung. Nach der Höhe des Hilfebedarfs richtet sich die Höhe der Vergütung des Leistungserbringers durch die Eingliederungshilfe. Eine weitere häufig angewandte Technik im Zusammenhang mit Integrationshelfern und Schulassistenz ist die Hospitation in der Schule oder dem Kindergarten. Mithilfe eines Leitfadens findet durch die SozialarbeiterInnen eine Beobachtung des Kindes statt. Ziel ist die Erfassung eines möglichen Unterstützungsbedarfes.

(Quellen der Institutionenbeschreibung sind Gespräche mit MitarbeiterInnen des Gesundheitsamtes, eigene Beobachtungen und die Homepage des Landkreises, (www.lkxy.de)

II. Teil

1. Falldarstellungen

Wenn Menschen mit Beeinträchtigung Unterstützung in Bezug auf Wohnen benötigen, die über eine reine finanzielle Hilfe wie Wohngeld, Grundsicherung und dgl. hinausgeht, können sie unter Umständen Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen. Generell werden im Landkreis XY drei Wohnformen durch die Leistungserbringer vorgehalten und durch Eingliederungshilfe finanziert. Diese sind das Wohnheim, die Außenwohngruppe und die sozial- oder heilpädagogische ambulante Wohnbetreuung. Wenn Menschen mit Beeinträchtigung in der Herkunftsfamilie verbleiben, gibt es in der Regel keine Unterstützungsmöglichkeit über die Eingliederungshilfe.

In folgenden Falldarstellungen sollen unterschiedliche „Wohnkarrieren“ von Menschen mit Beeinträchtigungen kurz dargestellt werden.

Die Beispiele sollen die verschiedenen Wohnmöglichkeiten, teilweise auch über die Pflegeversicherung finanziert, im Landkreis XY darstellen. Außerdem soll näher gebracht werden, welche Umstände zu einer bestimmten Wohnform geführt haben. (Namen geändert, Anm. CP)

a) Christoph, 32 Jahre

Beeinträchtigung: Spastische Tetraparese, Epilepsie, schwere Sehbeeinträchtigung, geistige Beeinträchtigung

Christoph besucht seit seinem 20. Lebensjahr die Werkstatt für Menschen mit Behinderung (abgekürzt WfbM). Mit 24 Jahren wechselt er seinen Wohnort fort von seinen Eltern in das stationäre Wohnheim. Da die Familie in der Nähe des Wohnheims lebt, brauchte Christoph seine Heimat nicht verlassen. Christoph blieb solang zu Hause bis ein Wohnheimplatz frei wurde. Die Initiative ging von den Eltern aus. Beide sind gesundheitlich stark eingeschränkt und konnten sich deshalb nicht mehr ausreichend um Christophs Versorgung kümmern. Jedes zweite Wochenende verbringt er zu Hause. Gesetzliche Betreuerin ist die Mutter.

b) Jan, 34 Jahre

Beeinträchtigung: Down-Syndrom

Jan besucht ebenfalls seit seinem 20. Lebensjahr die WfbM. Er lebt allein mit seiner Mutter zusammen. Der Vater ist vor vielen Jahren gestorben. Die Geschwister sind ausgezogen. Die Mutter ist 72 Jahre alt. Den größten Teil seiner Freizeit verbringt er mit seiner Mutter und ihrem Freundeskreis. Er unternimmt etwa alle vierzehn Tage etwas mit einer Betreuungskraft des Familienentlastenden Dienstes. Gesetzliche Betreuerin ist die Mutter.

c) Daniela, 38 Jahre,

Beeinträchtigung: Epilepsie, psychische und geistige Beeinträchtigung, schwere Verhaltensauffälligkeiten

Daniela ist seit ihrem 21. Lebensjahr in der WfbM. Im selben Jahr ist sie in eine betreute Wohngruppe gezogen. Dort findet eine stundenweise Betreuung durch eine Sozialädagogin statt. Zuvor war sie seit ihrer Kindheit in einem Heim untergebracht. Daniela äußert ihre Wünsche und Vorstellungen zum Wohnen, Leben und Arbeiten. In der Regel werden diese Wünsche umgesetzt. Es wird mir ihr daran gearbeitet, zu erkennen, ob ihre Wünsche gut für ihr Wohlbefinden sind. Die Gesetzliche Betreuung übernimmt eine Berufsbetreuerin.

d) Maria, 56 Jahre

Beeinträchtigung: Epilepsie, hirnorganisches Psychosyndrom, Halbseitenlähmung nach Schlaganfall, schwere Sprachstörungen

Maria hat im Alter von 46 Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten. Zuvor hatte sie keine Beeinträchtigungen. Sie war als Arzthelferin berufstätig. Nach Krankenhausaufenthalt und Rehabilitationsmaßnahme wird Maria in ein Pflegeheim verbracht. Eine gute Freundin wird gesetzliche Betreuerin und setzt sich für Maria ein. Ein Jahr später kann Maria in ein betreutes Wohnen wechseln und wird von einem ambulanten Pflegedienst versorgt. Weil Maria sich vereinsamt fühlt, beginnt sie mit 49 Jahren auf eigenen Wunsch in der WfbM zu arbeiten.

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Details

Title
Praktische Soziale Arbeit im Gesundheitsamt. Ist der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor für selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigung?
College
University of Vechta  (ISBS)
Course
Praktikum
Grade
1,3
Year
2014
Pages
30
Catalog Number
V335915
ISBN (eBook)
9783668258631
ISBN (Book)
9783668258648
File size
596 KB
Language
German
Keywords
praktische, soziale, arbeit, gesundheitsamt, raum, faktor, wohnen, menschen, beeinträchtigung
Quote paper
Anonymous, 2014, Praktische Soziale Arbeit im Gesundheitsamt. Ist der ländliche Raum ein fördernder oder hemmender Faktor für selbstbestimmtes Wohnen von Menschen mit Beeinträchtigung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335915

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