(K)ein Aufwand für den Aufwand. Was ist Journalismus den Rezipierenden wert?

Online-Befragung zu Medienausgaben, Zahlungs- und Spendenbereitschaft sowie Toleranz von Werbung mit besonderem Schwerpunkt auf den (Nicht-)Gebrauch von Adblockern


Tesis de Máster, 2016

210 Páginas, Calificación: 2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung
1 Forschungsthema
2 Aufbau der Arbeit

II Medien beziehungsweise Informationskanäle
1 Medienentwicklung
1.1 Digitalisierung
1.2 Veränderung der Gatekeeper-Funktion
1.3 Konvergenz
1.3.1 Konvergenz der Technologien
1.3.2 Konvergenz der Funktionen
1.3.3 Konvergenz der Unternehmen
1.4 Ökonomisierung
1.5 Zwischenfazit
2 Einnahmen
2.1 Fernsehen
2.1.1 Werbung
2.1.2 Gebühren
2.1.3 Pay-TV
2.2 Radio
2.2.1 Werbung
2.2.2 Gebühren
2.3 Zeitungen und Zeitschriften
2.3.1 Werbung
2.3.2 Einzelverkauf
2.3.3 Abonnement
2.3.4 Vermietung
2.4 Onlinemedien
2.4.1 Werbung
2.4.2 Paid Content
2.5 Crowdfunding
2.6 Zwischenfazit

III RezipientInnen beziehungsweise NutzerInnen
1 Paradigmen in der Mediennutzungsforschung
1.1 Rational Choice
1.2 Uses and Gratification Approach
1.3 Erweiterungen des Uses and Gratification-Ansatzes
1.4 Selective Exposure-Ansatz
1.5 Repertoire-Ansatz
1.6 SINUS-Milieutypologie
1.7 Zwischenfazit
2 Motive beziehungsweise Motivationen
2.1 Informatorischer Nutzen
2.2 Soziale Motive
2.3 Unterhaltung
2.4 Gewohnheit
2.5 Zwischenfazit
3 Mediennutzung im Wandel
3.1 Komplementarität
3.2 Substitution
3.3 Fragmentierung
3.4 Zwischenfazit
4 Kontakt mit beziehungsweise Konsum von Medien
4.1 Fernsehen
4.2 Radio
4.3 Zeitungen und Zeitschriften
4.4 Onlinemedien
4.5 Nicht-österreichische Daten und Korrelationen
4.6 Zwischenfazit
5 (K)ein Aufwand für den Aufwand
5.1 Zahlungs(un)willigkeit
5.2 Spendenbereitschaft
5.3 Toleranz von Werbung
5.4 Zwischenfazit

IV Erkenntnisinteresse
1 Problemstellung
2 Forschungsfragen und Hypothesen
2.1 Mediennutzung
2.2 Zahlung(un)willigkeit
2.3 Spendenbereitschaft
2.4 Toleranz von Werbung

V Operationalisierung
1 Methode
2 Pretest
3 Fragen und Indikatoren
3.1 Mediennutzung
3.2 Zahlungs(un)willigkeit, Spendenbereitschaft und Toleranz von Werbung
3.3 Personenbezogene und demographische Fragen
4 Feldphase

VI Ergebnisse
1 Mediennutzung
2 Zahlungs(un)willigkeit
3 Spendenbereitschaft
4 Toleranz von Werbung

VII Fazit

VIII Quellenangaben
1 Literaturverzeichnis
2 Internetquellen
3 Sekundärliteratur

IX Tabellenverzeichnis

X Abbildungsverzeichnis

XI Anhang

I Einleitung

1 Forschungsthema

Die dieses Forschungsvorhaben leitende Frage lautet, inwiefern RezipientInnen bereit sind, welchen Aufwand für welche Form journalistischen Aufwands warum aufzuwenden. Der Aufwand der Rezipierenden bezieht sich einerseits auf finanzielle Vergütung als Abo-Beiträge, Rundfunkgebühren und sonstige Bezahlformen und andererseits auf die Aufmerksamkeit für Werbebotschaften, wobei der Fokus auf dem Gebrauch von Adblockern und der Toleranz von Werbung liegt. Crowdfunding als Sonderform der Finanzierung findet in dieser Untersuchung ebenfalls einen Platz, weil Crowdfunding eine neue Art und Weise darstellt, journalistische Projekte unabhängig von Verlagen zu realisieren. Der journalistische Aufwand meint einerseits die Gattungen-übergreifenden Darstellungsformen und Anwendungsmöglichkeiten und andererseits die verschiedenen Mediengattungen Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften sowie Onlinemedien.

Um sich dem Phänomen der Zahlungs(un)willigkeit zu nähern, wird der Digitalisierung und der stärker gewordenen und werdenden Bedeutung des Internets im Verlauf dieses Forschungsprojekts besondere Beachtung geschenkt. Durch die Digitalisierung haben sich nicht nur die Medien in einem Anpassungs- und Aneignungsprozess verändert, sondern auch die Mediennutzung. Die meisten Informationen im Web sind kostenlos, und Werbung kann man einfach mithilfe eines Browser-Plug-ins blockieren. Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding wurden allerdings durch die Digitalisierung beflügelt.

Stärker als der Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung nutzen junge Menschen das Internet, sowohl stationär als auch mobil – bei den dieser Forschungsarbeit vorliegenden Ergebnissen von Nutzungserhebungen handelt es sich um die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen. Da die 14- bis 29-Jährigen 2010 als die „Digital Natives“ (Engel & Breunig, 2015, S. 321) bezeichnet wurden, ist dieselbe Gruppe 2016 sechs Jahre älter und umfasst die 20- bis 35-Jährigen – weil die Nachgeborenen natürlich ebenso Digital Natives sind, wird die Zielgruppe um zwei Jahre auf die 18- bis 35-Jährigen erweitert. (vgl. Engel & Breunig, 2015, S. 321) Inwiefern diese junge Zielgruppe bereit ist, etwas für journalistische Aufwendungen aufzuwenden, ist insofern wichtig, als die Jungen die RezipientInnen von morgen sind. Wenn Journalismus eine Zukunft hat, dann sind diese jungen Menschen seine LeserInnen, HörerInnen und ZuschauerInnen. Damit er eine hat, muss man diese Menschen fragen, was sie unter welchen Umständen mit welcher ihrer Leistungen wie unterstützen und was sie wie unterstützen würden.

2 Aufbau der Arbeit

Im ersten Abschnitt des Theorieteils steht die Angebotsseite im Vordergrund. Dabei sind verschiedene Entwicklungen im Medienbereich und die Erlösquellen von Medienunternehmungen von Interesse. Der Hauptschwerpunkt der Forschungsarbeit ruht jedoch auf der RezipientInnen-Seite, welche im zweiten Abschnitt des Theorieteils unter die Lupe genommen wird. Dieser beginnt mit den Paradigmen, innerhalb derer Mediennutzung versucht wird zu erklären. Anschließend fällt der Blick auf die Motive für Mediennutzung. Darauf folgt eine Betrachtung jener Nutzungsveränderungen, die hauptsächlich mit der Digitalisierung einhergehen. Danach spitzt sich die Arbeit thematisch zunächst auf die Mediennutzung jüngerer Personen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt zu und behandelt als Abschluss der theoretischen Fundierung die Betrachtung der Zahlungs(un)willigkeit, Spendenbereitschaft und Toleranz von Werbung. Anschließend folgt die Erarbeitung, Operationalisierung und Beantwortung von insgesamt 35 Forschungsfragen durch 18 Online-Fragebogen-Fragen.

II Medien beziehungsweise Informationskanäle

Der Blickwinkel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist der einer Journalistin oder eines Journalisten, die oder der sich die Frage stellt, inwiefern welche Medienprodukte von ihren (potentiellen) Rezipierenden auf welche Weise warum bezahlt werden (würden), inwiefern Werbebotschaften toleriert und nicht geblockt werden (würden) und inwieweit journalistische Projekte durch Spenden unterstützt werden (würden). Diese Fragen stellen sich JournalistInnen, weil sich Massenkommunikation, deren wichtiger Bestandteil sie sind, einigen Veränderungsprozessen unterzogen hat und unterzieht. Nun steht Journalismus vor der Aufgabe, sich unter diesen neuen Bedingungen zu finanzieren. Deswegen darf auch in einer nutzungszentrierten Forschungsarbeit wie dieser die KommunikatorInnen-Seite nicht außer Acht gelassen werden.

Die Differenzierung Medien beziehungsweise Informationskanäle ist der Begrifflichkeit von Medien, aber auch der differenzierten Betrachtung der Veränderungen geschuldet. Mit Medien sind die Medienunternehmen, -marken und -häuser, die Mediengattungen, die Inhalte gemeint. Informationskanäle umfassen die technische Infrastruktur, die Verbreitung, die Trägermedien.

1 Medienentwicklung

Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist ein Überblick über jene Entwicklungen, aus denen die jetzigen Bedingungen für JournalistInnen resultieren. Mit dieser Betrachtungsweise wird nicht die Geschichte des Verschwindens des Journalismus erzählt, sondern ein Wegweiser aufgestellt für eine journalistische Zukunft.

1.1 Digitalisierung

Bedingt durch den technologischen Fortschritt können Daten schneller übertragen und die Kosten für Telekommunikation gesenkt werden. Weiterentwicklungen der Infrastruktur wie etwa Breitbandverbindungen sind maßgeblich daran beteiligt, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung Online-Angebote nutzt. (vgl. Marek & Omasits, 2007, S. 16 – 17) Das heißt, die Digitalisierung ist eine Entwicklung auf technologischer Ebene, die die Voraussetzungen geschaffen hat, Onlinemedien zu nutzen. Aufgrund dieser Wichtigkeit für die Mediennutzung wird auf die technische Ausstattung für die Nutzung digitaler Medien unter dem Punkt 3.4 näher eingegangen. Unter selbigem Punkt werden auch aktuelle, österreichische Internetnutzungsdaten, von 2015, präsentiert.

„Es ist die Fehlinterpretation, dass es sich um ein weiteres Medium handele, oder um einen weiteren Vertriebskanal. Ich glaube, dass das Internet wesentlich tief greifender auf die Gesellschaft wirkt und deswegen ganze Denkmodelle umgeworfen werden müssen, wenn sie nicht sowieso schon von ganz allein umgeworfen werden.“ (Lobo, 2010, S. 68)

Einhergehend mit der Digitalisierung wird Journalismus einem Wandel unterzogen. Wie JournalistInnen recherchieren und ihre Art und Weise Geschichten zu erzählen, aber auch die redaktionelle Organisation sind davon betroffen. „Digitaler Journalismus“ (Lilienthal et al., 2015, S. 30) erfordert von RedakteurInnen beziehungsweise JournalistInnen, sich innovativ sowie anpassungsfähig an dem Wandlungsprozess zu beteiligen, verstärkt mittels Rückkanälen mit ihrem Publikum zu interagieren und ihre redaktionelle Arbeit flexibler zu gestalten. Digitale JournalistInnen erweitern dabei ihre technischen Anwendungskenntnisse und sind Teil sich verändernder Strukturen. (vgl. Lilienthal et al., 2015, S. 30) Infolge der Digitalisierung haben sich Sparten des Journalismus (weiter-)entwickelt: Datenjournalismus, digitales Geschichten-Erzählen, Social Media-Redaktionen und die Leitung von Online Communities. Der Motor für diese journalistischen (Weiter-)Entwicklungen ist technologische (Weiter-)Entwicklung, die Ortsungebundenheit mit sich bringt und einen Wandel in der Organisationskommunikation, sowohl intern als auch extern. JournalistInnen sind außerdem nicht mehr nur VermittlerInnen, sondern werden zunehmend zu DialogpartnerInnen ihrer RezipientInnen. Die technisierenden, beschleunigenden Einflüsse der Digitalisierung auf den Journalismus können als einschränkend angesehen werden. Sie können JournalistInnen aber auch positive Impulse geben bei deren Ausübung ihrer Demokratie-fördernden Funktionen, vor allem dadurch, dass das sich das Publikum stärker beteiligen kann. (vgl. Lilienthal et al., 2015, S. 39 – 40)

„‚Man kann innerhalb von wenigen Sekunden mit Nutzern interagieren und auch deren Lesequote in Echtzeit abfragen. Inhalte werden fortlaufend ergänzt, annotiert, präzisiert.‘“ (Lilienthal et al., 2015, S. 31) Ein wichtiger Punkt der Ergebnisse der Studie von Lilienthal et al.[1] (vgl. 2015, S. 31 – 32) ist die „Beschleunigung des Berufsfeldes“ (Lilienthal et al., 2015, S. 31), weil diese zur Umstrukturierung journalistischer und redaktioneller Arbeit führt. Digitale JournalistInnen sind dazu angehalten, ständig neue, aktuelle Informationen im Internet zu veröffentlichen, ohne Redaktionsschluss. Das fordert einerseits einen höheren Einsatz an Personal und Mitteln. Und andererseits kann es die Professionalität des Journalismus beeinflussen, wenn sich durch unzureichende Recherche Fehler in die Berichterstattung einschleichen oder Nachrichten nicht ausreichend hinsichtlich der Relevanz geprüft werden.

Es gibt keine eindeutige Antwort darauf, ob die Digitalisierung Fluch oder Segen für den Journalismus darstellt. Journalistisches Arbeiten ist, erweitert um den digitalen Faktor, vielfältiger geworden. Es gibt neue Möglichkeiten der Darbietung und Kommunikation mit den NutzerInnen – die stärkere Interaktion zwischen JournalistInnen und RezipientInnen erscheint als besonders wichtige Errungenschaft – , die es analog so nicht gibt. Mit diesen neuen, digitalen Medien können RezipientInnen möglicherweise gewonnen werden, weshalb ihnen in diesem Forschungsprojekt Beachtung geschenkt wird. Jedoch hat digitaler Journalismus auch seine Schattenseiten und kann, vom Drang zur Aktualität getrieben, die Wahrhaftigkeit seines Outputs schmälern und dadurch an Glaubwürdigkeit gegenüber seinem Publikum verlieren. Möglicherweise könnte daraus eine geringere Wertschätzung von Journalismus auf der RezipientInnen-Seite resultieren.

Laut Schnauber und Wolf (vgl. 2014, S. 70) sollte das mobile Internet aufgrund schnell wachsender Zahlen an NutzerInnen, seinen flexiblen Einsatzmöglichkeiten und seinem bereits angetrauten Platz im Mediennutzungsverhalten fester Teil von „medienübergreifenden Untersuchungen“ (Schnauber und Wolf, 2014, S. 70) werden. Schnauber und Wolf (vgl. 2014, S. 71) zufolge greifen NutzerInnen mobil auf die Inhalte alteingesessener Marken auf dem Medienmarkt zu. Printmedien müssen zwar um ihr zukünftiges Bestehen bangen, ihren Verlagen allerdings gelingt der Sprung ins mobile Netz. Dennoch sind sie auf langfristig gewinnbringende Finanzierungsmöglichkeiten angewiesen. Deshalb sollten Untersuchungen in der Zukunft auch „die Zahlungsbereitschaft im mobilen Internet“ (Schnauber und Wolf, 2014, S. 71) im Blick haben.

Folglich wird das mobile Internet auch bei dieser Untersuchung eine Rolle spielen – im empirischen Teil erfolgt die Differenzierung zwischen stationärem und mobilem Internet – , weil die mobile Internetnutzung sich ausweitet und seine Wichtigkeit für journalistische Medienproduktion zunimmt. Interessant ist, dass Rezipierende mit den neuen, mobilen Endgeräten auf Medienprodukte alteingesessener Marken zurückgreifen, was bedeutet, dass die AnbieterInnen klassischer Medien an der technologischen Entwicklung teilhaben und davon profitieren können. Auf das Phänomen der großen Namen vormals analoger Medienhäuser auf dem digitalen Medienmarkt wird in weiterer Folge dieser Forschungsarbeit sowohl auf Medien- als auch auf RezipientInnen-Seite eingegangen.

„Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Verlags, riet Verlegern, sich einmal am Tag hinzusetzen, zu beten und Steve Jobs für das iPad zu danken, weil ein neuer, für originär gedruckte Angebote sehr gut geeigneter Distributionskanal geboren war.“ (Kolo, 2014, S. 175) Jedoch zeigt Kolo (vgl. 2014, S. 191), dass sich ein Printabonnement nicht so leicht auf dem Tablet umsetzen lässt. Der gedruckten Ausgabe und der Tablet-Version werden jeweils unterschiedliche Wertigkeiten von LeserInnen zugesprochen. Die Möglichkeiten durch die Erweiterung mit dem Tablet-Computer neue AbonnentInnen zu gewinnen, sind mäßig vorhanden. Der gravierendste Missstand bei der Umsetzung eines Printmediums für das Tablet ist aber das Verhältnis von Zahl der LeserInnen und Höhe der Auflage. Denn typischerweise kommen auf ein gedrucktes Medium mehr als zwei LeserInnen – bei der Tablet-Nutzung ist dieser Schlüssel allerdings nicht anwendbar. Aus diesem Grund, unter anderen Gründen, sind die Werbeerlöse bei mobilen Informationsangeboten, wie zum Beispiel Tablet-Ausgaben, geringer als bei den Print-Versionen. Deshalb verschwand die anfängliche Begeisterung des Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlags auch wieder.

Jene Wertigkeiten, die LeserInnen bestimmten Erscheinungsformen zusprechen, könnten möglicherweise durch ihre Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck gelangen. Die Frage dabei würde lauten, welche Erscheinungsformen es NutzerInnen wert sind, dass diese von ihnen bezahlt werden. Mit Erscheinungsform ist in diesem Fall die spezifische Version eines Informationsangebots für das jeweilige Endgerät gemeint. Die Wichtigkeit der Erscheinungsform wird in diesem Forschungsvorhaben verarbeitet zu einer Differenzierung der mobilen Internetnutzung zwischen Smartphone und Tablet.

Die Auswirkungen der Digitalisierung gehen allerdings über die technologische und technisch-handwerkliche Ebene hinaus. Es haben sich nicht nur Darstellungsformen und Trägermedien des Journalismus verändert, sondern auch das, was Journalismus beansprucht zu sein.

1.2 Veränderung der Gatekeeper-Funktion

Eine Folge der Digitalisierung ist der Bedeutungsverlust des Journalismus, weil laut Ollrog (vgl. 2014, S. 118 – 119) die massenmediale Verbreitung von Informationen, „One-to-Many“ (Ollrog, 2014, S. 118), der Individualkommunikation, „One-to-One oder Many-to-Many“ (Ollrog, 2014, S. 118 – 119), gewichen ist. Privat kommuniziert wird im Internet über Netzwerke, auch über die Themen, über die JournalistInnen berichten. Allerdings wählen die InternetnutzerInnen die Themen je nach Interesse aus, und sie orientieren sich an Personen aus ihrem Online-Bekanntenkreis. Insofern wird in der Öffentlichkeit der Online-Netzwerke zwar partiell auf journalistische Medienprodukte zurückgegriffen, hergestellt wird Öffentlichkeit aber unabhängig vom Journalismus. Ihre Rolle als „Gatekeeper“ (Weigert, 2014, S. 249) haben die klassischen Massenmedien nach Ansicht von Weigert (vgl. 2014, S. 249) eingebüßt, weil NutzerInnen online in der Lage sind, selbst Beiträge zu gestalten und über soziale Netzwerke Informationen auszutauschen. Die UserInnen sind zwar keine professionellen JournalistInnen, sie können aber dennoch beobachten, berichten und kommentieren.

In dieser Forschungsarbeit geht es um den Aufwand, den NutzerInnen bereit sind, für journalistische Medienprodukte aufzubringen, das heißt für One to Many-Kommunikation. Der Bedeutungsverlust dieser Kommunikationsform könnte dazu geführt haben, dass die von RezipientInnen empfundene Wertigkeit des Journalismus ebenfalls gesunken ist und Rezipierende somit journalistische Arbeit in geringerem Ausmaß honorieren würden. Denn InternetuserInnen sind nicht auf JournalistInnen angewiesen, um Informationen zu erhalten. Schließlich sind RezipientInnen online nicht mehr nur RezipientInnen – sie, die selbst KommunikatorInnen sind, füllen das Web mit ihren eigenen Inhalten.

Weigert (vgl. 2014, S. 249 – 250) führt ein interessantes Beispiel für die Mächtigkeit dieser als „User Generated Content“ (Weigert, 2014, S. 249) bezeichneten Web-Inhalte auf. Prominente Personen sind auch UserInnen des Internets sowie von sozialen Netzwerken. Bevor es das Internet gab, waren prominente Persönlichkeiten einzig von den Redaktionen der Massenmedien abhängig gewesen, um sich Gehör zu verschaffen. Jetzt ist es teilweise sogar umgekehrt: Prominente twittern, und die Medien berichten darüber. In solchen Fällen hängen Medien denjenigen, für die sie einmal Gatekeeper waren, hinterher und sind von ihnen mitunter abhängig. Beispielsweise hätte Lance Armstrong früher einem bekannten Medium ein exklusives Interview mit Fotoshooting gegeben – heutzutage veröffentlicht er ein Foto von sich via Twitter und unter Anderen „Spiegel Online“ (Weigert, 2014, S. 250) und „Focus Online“ (Weigert, 2014, S. 250) berichteten darüber, ohne aber den Verweis auf Armstrongs Twitter-Account zu geben. War es Absicht, versuchen die „Leitmedien“ (Weigert, 2014, S. 250) ihr Abhängigkeitsverhältnis sogar noch zu kaschieren. „Dass Nachrichtenportale, Radiostationen oder auch TV-Sender das nacherzählen, was bei Twitter oder Facebook von Stars, Politikern oder ‚normalen‘ Nutzern an Meinungen und Informationen verbreitet wird, ist mittlerweile gang und gäbe. Je nach Situation kann es auch durchaus einen Informations- oder Unterhaltungswert für Leser haben [...]“ (Weigert, S. 250)

Jene Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, präsentieren sich selbst in dieser. Ihr Auftreten kann öffentlich zugänglich gemacht werden, ohne dass dabei eine Journalistin oder ein Journalist Vermittlungsarbeit leistet. Berichten JournalistInnen über das, was Personen in sozialen Netzwerken veröffentlichen, haben sie einerseits zwar keine Möglichkeit, die Vermittlungsleistung durch ihre Interviewführung zu gestalten, und sie erheben den Kommentar zur Information. Andererseits bietet der Kommentar, der User Generated Content, aber eine journalistische Recherchequelle. Die Netzöffentlichkeit darzustellen und zu reflektieren, scheint immer wichtiger zu werden und verleiht JournalistInnen vielleicht eine neue Rolle, eine Kontrollfunktion, bezogen auf das, was im Internet publiziert wird. Alles in einem ist das Wiederkäuen von User Generated Content allerdings ein weiteres Anzeichen dafür, dass JournalistInnen ihre Rolle als Gatekeeper verloren haben. InternetuserInnen brauchen nichts für journalistische Medienprodukte ausgeben beziehungsweise aufwenden, wenn sie die Informationen, die sie interessieren, in Form von User Generated Content rezipieren können.

Beim Streben nach Aufmerksamkeit liegen gewinnorientierte Medien im direkten Wettstreit mit User Generated Content (UGC). Dabei handelt es sich um von NutzerInnen erstellte Inhalte – das ist kein erst durch das Internet aufgetretenes Phänomen, da es Leserbriefe in Printmedien und Call-in-Sendungen im Rundfunk bereits vorher gegeben hat. Jedoch trägt das Internet in einem viel größeren Ausmaß zur Verbreitung von Inhalten der NutzerInnen bei, in einer neuen Dimension der Quantität und Qualität ihrer Beiträge. Im Zusammenhang mit der durch das Internet stärker gewordenen Bedeutung von Inhalten, die NutzerInnen erstellt haben, hat sich überhaupt erst der Begriff User Generated Content entwickelt. (vgl. Möller, 2011, S. 21) Definieren lässt sich UGC als Onlineinhalte, die keine Medienprodukte journalistisch-professionell arbeitender Redaktionen sind, sondern Erzeugnisse von InternetnutzerInnen, die ohne zwangsläufige Gewinnabsicht bewusst im Web ihre Beiträge publizieren und somit einer vorher undefinierbaren Vielzahl an Personen die Möglichkeit geben, auf diese Inhalte zugreifen zu können. Die UserInnen sind die SchöpferInnen. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob die Inhalte im Verlauf von Kommunikation in sozialen Netzwerken entstehen. UserInnen können auch in „Kooperation mit Unternehmen“ (Möller, 2011, S. 22) Inhalte verbreiten, der größte Teil ihrer Veröffentlichungen dient allerdings der Kommunikation mit anderen Menschen. In ihrem Kommunikationsverhalten können sie von den BetreiberInnen der Website eingeschränkt werden. (vgl. Möller, 2011, S. 22) Möller (vgl. 2011, S.21) benutzt einen weiter gefassten User Generated Content-Begriff als nur die von InternetnutzerInnen getätigten Veränderungen von bereits bestehenden Websites, zum Beispiel durch Kommentare. Denn UserInnen können viel mehr – kostenlose Programme wie „Wordpress“ (Möller, 2011, S. 21) ermöglichen es ihnen, eigenständige Auftritte und „Präsenz im Internet“ (Möller, 2011, S. 21) zu entwickeln.

InternetuserInnen sind einerseits RezipientInnen und andererseits InhaltsproduzentInnen, wodurch sie wiederum zu KonkurrentInnen derjenigen Medien werden, deren RezipientInnen sie (in Zukunft oder Gegenwart) sind oder sein könnten. Journalistischer Informationsbeschaffung brauchen InternetnutzerInnen keinen Aufwand entgegenzubringen – sie sorgen selbst für Informationsbeschaffung, und das tun sie auf ihren eigenen Seiten, deren Erstellung sie mit Wordpress nichts kostet. „Eine der allerersten Bloggerinnen in der deutschsprachigen Landschaft ist Elfriede Jelinek, Literaturnobelpreisträgerin, die ihre Texte auf elfriedejelinek.com seit 1996 in chronologischer Reihenfolge ins Netz stellt und deswegen als Bloggerin gelten kann, um einmal dieses Subkulturargument etwas zu entkräften.“ (Lobo, 2010, S. 72) Weblogs können weit über Subkultur hinausgehen. In den USA nutzen die (potenziellen) PräsidentschaftskandidatInnen Weblogs als Wahlkampfmittel schon seit längerem, da US-AmerikanerInnen verstärkt über Weblogs politische Diskussionen führen. Wenn Weblogs eine Öffentlichkeit herstellen dadurch, dass sie gesellschaftlich relevante Themen wie Politik behandeln und dabei eine Kontrollfunktion ausüben, erfüllen sie sogar journalistische Funktionen. Insofern hat sich nicht nur der Journalismus mit seinen neuen Darbietungsmöglichkeiten und veränderten Strukturen gewandelt, sondern die Art und Weise, wie Öffentlichkeit hergestellt wird – Weblogs geben dieser Entwicklung einen neuen Anstoß. (vgl. Bucher & Büffel, 2005, S. 85 – 86)

Die günstiger und schneller beziehungsweise leistungsstärker gewordene Telekommunikation, die immer günstiger werdenden technischen Geräte und die wachsende Internetnutzung sowie die damit zusammenhängende größere Teilhabe des Publikums haben die Basis geschaffen für die Verbreitung von UGC. Bestimmte Seiten, auf denen User bloggen können, wie beispielsweise Wikipedia, fördern diese Entwicklung und bilden die Knotenpunkte des „Web 2.0“ (Hess, 2010, S. 34), das sich charakterisieren lässt als Plattform für Inhalte, die in Gemeinschaft(en) mittels interaktiver Möglichkeiten, wie zum Beispiel in sozialen Netzwerken, produziert werden. In ähnlichem Maße wie Open Source-Programme in der Softwareindustrie basiert UGC auf der Bereitstellung von „Informationsgütern“ (vgl. Hess, 2010, S. 34) in Gemeinschaft(en) ohne erwartete Gegenleistungen. „UGC ist demnach kein singuläres Phänomen, sondern Teil einer ganz bestimmten Entwicklung. Open Source und UGC haben große Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle klassischer Anbieter, die sich einer neuen Art von Konkurrenz stellen müssen.“ (Hess, 2010, S. 34) Die Informationen, die diese neue Art von Konkurrenz bereitstellt, sind kostenlos abrufbar – jede kostenpflichtige journalistische Medienproduktion wäre teurer. Dieser preisliche Unterschied könnte beim Ringen um Aufmerksamkeit und damit um Reichweite den neuen Medien einen Vorteil gegenüber den alten verleihen.

Die alten Medien können sich die neuen aber auch zunutze machen, was Hess (vgl. 2010, S. 40) anhand von „bild.de“ (Hess, 2010, S. 40) zeigt. Die Online-Ausgabe der Bildzeitung ermöglicht es ihren NutzerInnen, dass deren selbst aufgenommene Fotos und Videos auf der Website der Bild erscheinen. UGC bildet dabei eine Ergänzung der redaktionellen Inhalte. Die meisten Nachrichtenseiten im Internet ermöglichen es ihren UserInnen, die journalistischen Beiträge zu kommentieren, Bewertungen abzugeben und auf ein „Social Bookmark“ (Hess, 2010, S. 40) wie das Facebook-f zu klicken und somit die Beiträge mit ihrem Profil in einem sozialen Netzwerk zu verknüpfen. Durch diese Kommentar-, Bewertungs- und Verknüpfungsfunktion bleibt der redaktionelle Inhalt des journalistischen Beitrags unverändert, während durch die ergänzende Wirkung von UGC die Anziehungskraft des Mediums gesteigert wird und eventuell KundInnen stärker an das Medium gebunden werden können.

Die alten Medien haben zwar ihre Rolle als Gatekeeper eingebüßt, sie haben aber auch neue Möglichkeiten gewonnen, weil JournalistInnen online in der Lage sind, mit dem Publikum in einer ganz neuen Qualität in Interaktion zu treten. Möglicherweise ist der Grad an Partizipation, den (Online-)Medien ihren RezipientInnen einräumen, eine entscheidende Größe bei der Berechnung der Attraktivität des jeweiligen Mediums und somit ausschlaggebend, ob NutzerInnen bereit sind, dafür Geld zu zahlen. Im Fall der Online-Ausgabe der Bild-Zeitung schlägt die One to Many-Kommunikation mehr als nur einen Nutzen aus der One to One-Kommunikation – beide fusionieren auf gewisse Weise miteinander, sie konvergieren.

1.3 Konvergenz

Das Verständnis von Medienkonvergenz hat sich gewandelt. Nach der Einführung des dualen Rundfunksystems wurde darunter zunächst die inhaltliche Annäherung von öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern an das Programm privater AnbieterInnen verstanden. In Folge der Digitalisierung ist mit Medienkonvergenz mittlerweile das Zusammenwachsen von technischen Geräten, Medien und Kommunikationsformen gemeint. Das heißt, in der digitalen Informations- und Kommunikationslandschaft werden die Grenzen der Mediengattungen und Gerätefunktionen teilweise aufgehoben. (vgl. Hasebrink et al., 2004, S. 9) Latzer (vgl. 1997, S. 75 – 80, z. n. Ollrog, 2014, S. 50) versteht Konvergenz als Prozess, weil Konvergieren Aufeinander zubewegen bedeutet. Konvergieren kann deshalb auch nicht als Vereinigung begriffen werden. Medienkonvergenz lässt sich anhand von drei Dimensionen kategorisieren: „technische (Netzebene), funktionale (Dienste-Ebene) sowie unternehmensbezogene Konvergenz (Firmenebene)“ (Latzer, 1997, S. 75 – 80, z. n. Ollrog, 2014, S. 50)“. Diese Dimensionierung wird in folgender Einteilung von Medienkonvergenz herangezogen.

1.3.1 Konvergenz der Technologien

Die mit der Digitalisierung einhergehende Konvergenz auf der Technik-Ebene bedeutet, dass man mit einem Gerät beziehungsweise einer Leitung wie dem Telekabel mehrere, verschiedene Dienste nutzen kann. Ein Smartphone ist beispielsweise nicht nur ein Telefon, sondern auch ein Radio und ein internetfähiger Computer. (vgl. Marek & Omasits, 2007, S. 124) Breitbandige Internetverbindungen ermöglichen das Zusammenwachsen von Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen und Zeitschriften. Sie teilen sich alle einen gemeinsamen Übertragungsweg, den der „Zeichen in Bitcodes“ (Ollrog, 2014, S. 55). Audiovisuelle Beiträge, die vorher nur mit spezifischem Empfangsgerät rezipierbar gewesen waren oder Artikel, die vorher nur auf Papier gelesen worden waren, haben durch die Digitalisierung eine gemeinsame technische Infrastruktur bekommen. Unterschiedliche analoge Distributionswege sind konvergiert – das Ergebnis ist ein digitaler Kanal, das Internet. (vgl. Ollrog, 2014, S. 55 – 56) Zwar sind für die Nutzung digitaler Medien die jeweiligen Endgeräte notwendig und damit Kosten verbunden, aber die zunehmende ständige Erreichbarkeit von Personen zeigt, dass die Hürden für den Gebrauch des immobilen und mobilen Internets geringer werden. InternetnutzerInnen müssen sich teilweise registrieren oder auch bezahlen, um Inhalte zu nutzen. Im Allgemeinen jedoch ist das Einzige, was alle digitalen Medien und ihre RezipientInnen voneinander trennt beziehungsweise miteinander verbindet, ein Mausklick oder die Berührung eines Touchscreens. Das kann zur Folge haben, dass NutzerInnen schnell von Seite zu Seite, von Link zu Link wechseln. Umgekehrt können UserInnen aber auch lange auf einer Website verweilen. (vgl. Ollrog, 2014, S. 116 – 117)

Eine wichtige Voraussetzung für den Konsum eines Mediums ist die technische Ausstattung mit dem jeweiligen Medienträger – darauf wird im 4. Kapitel in Abschnitt III näher eingegangen. Dass NutzerInnen die angesprochene Hürde der Bezahlung nehmen, wäre erstrebenswert für JournalistInnen – wie das gelingen kann, wird in Kapitel 5, dritter Abschnitt, im Detail besprochen.

1.3.2 Konvergenz der Funktionen

Laut Marek & Omasits (vgl. 2007, S.124) ist eine der Ebenen, auf der Medien konvergieren, die „inhaltlich-funktionale Konvergenz“ (Marek & Omasits, 2007, S. 124). Mit „Inhaltlicher Konvergenz“ (Marek & Omasits, 2007, S. 124) ist die durch multimediale Verbreitung ermöglichte Fähigkeit eines Mediums, Inhalte für verschiedene Darstellungsweisen aufzubereiten und diese gemeinsam zu präsentieren, gemeint. „Funktionale Konvergenz“ (Marek & Omasits, 2007, S. 124) wird als stärker werdendes Zusammenwachsen von „Individual- und Massenkommunikation“ (Marek & Omasits, 2007, S. 124) verstanden, was beispielsweise durch interaktives Fernsehen gelingt.

Unter Konvergenz der Funktionen wird in diesem Forschungsvorhaben inhaltliche Konvergenz subsumiert, weil hier die verschiedenen Inhalte und Formen von Inhalten als Anwendungen und Anwendungsmöglichkeiten und als Aufgaben und Funktionen begriffen werden.

Von Konvergenz zu unterscheiden, ist laut Hasebrink et al. (vgl. 2004, S. 10) der Begriff „Crossmedia“ (Hasebrink et al., 2004, S. 10), der die Verbreitung desselben Inhalts mittels unterschiedlicher Darstellungsweisen durch verschiedene Übertragungskanäle beschreibt – das wäre zum Beispiel ein Artikel auf der Homepage eines Radiosenders über den Inhalt eines bestimmten Beitrags des Senders. Konvergenz dagegen ist nur gegeben, so Hasebrink et al. (vgl. 2004, S. 10), wenn mittels eines Übertragungskanals unterschiedliche Funktionen verfügbar und verschiedene Darstellungsweisen rezipierbar sind. Das können zum Beispiel Interaktionsmöglichkeiten sein, aber auch einfach nur Bilder, die Texte ergänzen, und Texte, die Bilder ergänzen. Als Ergebnis dieser konvergierenden Medienfunktionen und -inhalte entsteht aus den vielen verschiedenen Mediengattungen und Kommunikationsformen etwas Neues, was nicht unter die Kategorien der angestammten Medien fällt. „In diesem Verständnis wird etwa oft das Internet als das konvergente Medium schlechthin bezeichnet, da es den Nutzern eine Vielzahl von Funktionalitäten eröffnet, die sich aus der jeweiligen Mischung aus Fernsehen oder Radio, Zeitung, Gespräch […] ergeben.“ (Hasebrink et al., 2004, S. 10)

Via Internet können JournalistInnen also multimedial publizieren und dadurch eine größere Bandbreite an Kommunikationsformen anbieten, wodurch sie online möglicherweise ihre Darstellungsqualität und die damit verbundene von RezipientInnen empfundene Wertigkeit erhöhen könnten. Jedoch neigen Rezipierende Ollrog (vgl. 2014, S. 117 – 118) zufolge dazu, Medien effizient zu nutzen. Im Internet mit seinen verschiedenen konvergierten Funktionen gelangen NutzerInnen häufig über Umwege, wie zum Beispiel soziale Netzwerke oder Suchmaschinen, zu einzelnen Informationsangeboten von Onlinemedien. UserInnen stoßen oft beiläufig auf journalistische Beiträge und wenden sich schnell wieder anderen Inhalten zu.

Einerseits bietet der digitale Übertragungsweg ein enormes Potential für die Vermittlung journalistischer Darbietungen, und andererseits werden journalistische Medienprodukte von RezipientInnen nebenbei während der Nutzung anderer Internetanwendungen konsumiert. Eine eher beiläufige Nutzung liefert eventuell einen Hinweis auf eine verminderte, von RezipientInnen empfundene Wertigkeit von Onlinemedien, deren RezipientInnen dadurch in geringerem Ausmaß bereit sein könnten, dem journalistischen Aufwand einen Aufwand entgegenzubringen. Inwieweit RezipientInnen Medien Wertigkeiten zusprechen, wird im 5. Kapitel von Abschnitt III näher behandelt.

1.3.3 Konvergenz der Unternehmen

In der digitalen Sphäre des Internets ist ein Gattungen- und Funktionen-übergreifender Medienmarkt entstanden. InformationsanbieterInnen, die analog auf ihren gattungsspezifischen Märkten ihre Anteile erwirtschaften, werden digital zu AkteurInnen auf einem gemeinsamen, universalen Markt. Ein Medium, das analog einer bestimmten Zielgruppe gegenüber erfolgreich vermarktet werden konnte, ist online nur eines von vielen. Bei einer Suchanfrage zu einem bestimmten Thema erscheinen als Antworten viele Links zu verschiedenen Informationsangeboten unterschiedlicher AnbieterInnen. Das vermindert die Aufmerksamkeit für das einzelne Informationsangebot und den Einfluss des jeweiligen Medienunternehmens. Die MedienanbieterInnen nehmen durch die geringere Reichweite weniger Werbeerlöse ein und sind gezwungen, ihre Informationsangebote mit geringerem Aufwand zu produzieren, weil sich die Ausgaben nicht ausreichend amortisieren. Deshalb hatten Bezahlmodelle bisher wenig Erfolg. MedienanbieterInnen, deren Angebote aus der „Masse“ (Ollrog, 2014, S. 118) herausstechen und zu denen RezipientInnen Vertrauen entwickelt haben, könnten diese Schwierigkeiten am ehesten überwinden und sich sowohl über Werbeerlöse als auch durch Bezahlmodelle erfolgreich gegen die vielen anderen AnbieterInnen durchsetzen. (vgl. Ollrog, 2014, S. 118)

Inwiefern Bezahlmodelle von Rezipierenden wahrgenommen werden (würden), ist bei diesem Forschungsprojekt von Interesse. Ebenso interessant ist, inwieweit es Medien schaffen, aus der Masse herauszustechen. In der Herangehensweise dieser Arbeit werden die Merkmale, anhand derer das Herausstechen aus der Masse erkennbar ist, als Anreize für die Mediennutzung verstanden. Einen Anreiz begründet ein bestimmtes Motiv beziehungsweise eine bestimmte Motivation, was im Abschnitt III im zweiten Kapitel ausführlicher besprochen wird.

Medien konvergieren auf unternehmerischer Ebene, wenn zum Beispiel Medienunternehmen mit ihren jeweiligen Informationsangeboten fusionieren oder ein Medienunternehmen mit seinen Informationsangeboten von einem anderen übernommen wird. Das wird die Medienregulierung vor neue Herausforderungen stellen, weil sich Medien(unternehmen) in Zukunft nicht mehr anhand Mediengattungen- oder Kommunikationsformen-spezifischer Kategorien einordnen und somit nicht mehr separat regulieren lassen werden. (vgl. Hasebrink et al. 2004, S. 9 – 10) In Folge der Konvergenz der Unternehmungen würden Medien demnach rechtlich in ein neues Licht gerückt und Medienprodukte unter veränderten Rahmenbedingungen hergestellt. „Wirtschaftliche Konvergenz drückt sich […] durch die zwei Ausprägungen Kooperation oder (verdrängender) Wettbewerb aus. Das führt zu einer hohen Konzentration der Medienbetriebe und einem rauen Wettbewerbsklima.“ (Marek & Omasits, 2007, S. 124) Bei einem rauen Wettbewerbsklima könnte auf die Frage, wie Journalismus gestaltet und vermittelt werden kann, damit RezipientInnen dafür zahlen, spenden oder den Adblocker ausschalten, die Antwort erfolgen, dass es entweder schwierig ist, guten, ausführlichen Journalismus zu produzieren oder ausreichend entlohnt zu werden für guten, ausführlichen Journalismus.

1.4 Ökonomisierung

Wie weiter oben als Ausgangslage dieses Forschungsvorhabens angenommen, steht Journalismus laut Altmeppen (vgl. 2012, S. 38 – 39) vor einem Finanzierungsproblem. Ökonomisierung ist bei Medienunternehmen kein neuer Trend; aber momentan stehen diese unter einem derart hohen finanziellen Druck, dass ökonomische Interessen immer wichtiger werden. Das äußert sich unter anderem durch Ausdehnung der Werbezeiten und zunehmende Medienkonzentration.

Österreichs Medienmarkt, ganz besonders der Printmedienmarkt, ist von einer starken Konzentration gekennzeichnet, sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf redaktioneller Ebene. Für die Konzentration in der österreichischen Zeitungslandschaft ist unter anderem die Gründung der Mediaprint verantwortlich, zu der die „‚Neue Kronen Zeitung‘ – ‚Kurier‘“ (Marek & Omasits, 2007, S. 4) gehören. Bei den Magazinen festigte die Einverleibung des „Profils“ (Marek & Omasits, 2007, S. 4) das Monopol der „Verlagsgruppe News“ (Marek & Omasits, 2007, S. 4). Der Styria-Konzern mit „‚Die Presse‘, ‚Kleine Zeitung‘, ‚Wirtschaftsblatt‘“ (Marek & Omasits, 2007, S. 5) zeigt sich ebenfalls als großer Player auf dem Printmedienmarkt. Die am häufigsten genutzten journalistischen Online-Medien sind Websites bestimmter Print-Titel. Durch die Vormachtstellung der großen Printverlage herrscht somit auch in der österreichischen, journalistischen Onlinemedienlandschaft eine starke Konzentration. (vgl. Marek & Omasits, 2007, S. 4 – 5) Ob und inwieweit Rezipierende on- und offline eher einen Aufwand betreiben (würden) für den journalistischen Aufwand (von Online-Ablegern) klassischer Medien, kann im Zuge dieser Forschungsarbeit durch die Erhebung der konsumierten Medien erfasst werden.

Anhand des Beispiels der Axel Springer AG zeigen Buschow und Wellbrock (vgl. 2014, S. 85 – 86), dass Medienunternehmen vor der großen Aufgabe stehen, in Zukunft Geld nicht nur aus dem Werbeerlös einzunehmen, sondern auch durch zahlungspflichtige Angebote. Schaffen sie dies nicht, bleibt ihnen nur noch der Werbemarkt. Das wirft die Frage auf, ob und inwiefern JournalistInnen dann überhaupt noch ihre publizistischen Ziele verfolgen können. Denn Medienunternehmen sind zwar in der freien Marktwirtschaft tätig, von ihnen wird aber gleichzeitig die Erfüllung wichtiger Funktionen von Demokratien verlangt – sie kontrollieren die Staatsgewalt, sie unterhalten und bilden. Die wirtschaftlichen und publizistischen Ziele von Medienunternehmen müssen sich nicht automatisch gegenseitig ausschließen, befinden sich aber in einem „Spannungsverhältnis“ (Buschow und Wellbrock, 2014, S. 86) – das ist das, was Buschow und Wellbrock (vgl. 2014, S. 85 – 86) mit dem Begriff „Zieldual“ (Buschow und Wellbrock, 2014, S. 85) meinen.

81,6 Prozent der Absätze der von Buschow und Wellbrock (vgl. 2014, S. 100 – 101) mittels Inhaltsanalyse untersuchten Vorworte von Geschäftsberichten[2] beinhalten mindestens ein marktwirtschaftlich-orientiertes Ziel. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass Geschäftsberichte explizit Teil ökonomischen Handelns sind, weswegen es auch nicht verwundert, dass lediglich 8,8 Prozent aller untersuchten Textabschnitte publizistische Ziele enthalten. Dennoch dient die Untersuchung dem Vergleich sowie Aufzeigen einer Entwicklung. Die wichtigsten Ziele sind den Geschäftsberichten der Medienunternehmen in der Studie von Buschow und Wellbrock (vgl. 2014, S. 102) zufolge „Expansion, Kooperation und Netzwerke“ (Buschow und Wellbrock, 2014, S. 102), dicht gefolgt von innovativen Leistungen. Weitere Anliegen von Medienunternehmen sind demnach Ziele wie beispielsweise Einnahmen, Gewinn, Reichweite, Position am Medienmarkt sowie die Einflussnahme auf diesen. Erst auf dem 19. Platz der Rangliste kommen Anliegen, die die journalistische Arbeit betreffen.

Innerhalb des zehnjährigen Untersuchungszeitraums der Untersuchung von Buschow und Wellbrock (vgl. 2014, S. 105), zwischen 2000 und 2010, hat sich die Ausrichtung auf wirtschaftliche oder publizistische Ziele nicht wesentlich verändert. Printmedien orientieren sich stärker an journalistischen und weniger an ökonomischen Zielen als Rundfunksender. Das kann mit der Tradition der Verlagshäuser zusammenhängen, die eine längere Geschichte haben als die jüngeren, erst durch den dualen Rundfunk ermöglichten Rundfunkunternehmen. (vgl. Buschow und Wellbrock, 2014, S. 103) Dass der Rundfunk sich eher an wirtschaftlichen und weniger an publizistischen Zielen orientiert als Printmedien, kann aber auch als Beleg angesehen werden dafür, dass die Fokussierung auf Finanzierung durch Werbeerlöse zu einer verminderten Erfüllung der demokratischen Aufgaben von Journalistinnen und Journalisten beitragen kann. (vgl. Buschow und Wellbrock, 2014, S. 106)

Der starke Fokus auf ökonomische Ziele und der Fakt, dass diese und gleichzeitig publizistische Ziele nicht allein mithilfe von Werbeeinnahmen erfüllt werden können, scheinen nach einem funktionierenden Bezahl-System zu verlangen, damit Journalismus auch wirklich seine demokratischen Funktionen erfüllen kann. Die Frage ist, inwieweit RezipientInnen JournalistInnen dabei finanziell und mit ihrer Aufmerksamkeit für Werbebotschaften unterstützen, weil mehr auf dem Spiel steht als nur die Existenz oder die Gründung eines Medienunternehmens. Es geht letztendlich um den Erhalt des Journalismus.

1.5 Zwischenfazit

Die Betrachtung der Medienentwicklung in ihren verschiedenen Facetten zeigt auf, dass die Umsetzung von (digitalem) Journalismus, für den RezipientInnen zahlen würden, scheinbar schwer durchsetzbar ist. Online sind viele kostenlose Alternativen verfügbar, und durch User Generated Content sind InternetnutzerInnen nicht mehr angewiesen auf Berichterstattung von JournalistInnen. Aufgrund der Schnelligkeit, mit der journalistische Medienprodukte digital produziert werden, kann die Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit auf der Strecke bleiben. Durch Konvergenz auf ökonomischer Ebene fusionieren Medienunternehmen, sorgen für starke Konkurrenz, was ein Ausdruck dafür ist, wie sehr Journalismus von wirtschaftlichen Interessen getrieben wird. Im Internet sehen sich Medien dennoch einer ganz neuen Dimension und Vielzahl an KonkurrentInnen journalistischer wie nicht-journalistischer AnbieterInnen gegenüber. All dies sind Anzeichen dafür, dass das, was Journalistinnen und Journalisten produzieren, an Wert verliert. Zudem stellt sich die Umsetzung eines Zeitungsabonnements auf einem Tablet-Computer als schwierig dar, weil dem gedruckten Exemplar einfach eine höhere Wertigkeit zugesprochen wird – dass die Umsetzung von bezahlbarem Journalismus auf mobilen Endgeräten aber auch besser gedeihen kann, zeigt sich in Abschnitt III, 5. Kapitel.

Es kann kein rein dystopisches Bild von den mit der Digitalisierung einhergehenden Entwicklungen gezeichnet werden. Die technologische und funktionale Konvergenz bieten neue Möglichkeiten journalistischer Darbietung, ebenso die neuen Anwendungen in Tätigkeitsfeldern wie beispielsweise Datenjournalismus. Besonders stechen Kommunikation und Interaktion heraus. Inwieweit Medien RezipientInnen ermöglichen, zu kommentieren und zu partizipieren, scheint höchst relevant bezüglich ihrer Neigung ein Medium zu nutzen. In diesen partizipativen Eigenschaften ruht schließlich die Erfüllung einer der demokratischen Funktionen von Massenkommunikation, welche sie sich noch dazu monetär zunutze machen kann.

Zudem haben es große Medienhäuser und alteingesessene Marken leichter, mit der Digitalisierung Schritt zu halten. Darin liegt ein Potential für die klassischen Massenmedien. Um es für diese Befragung zu vereinfachen, können die RezipientInnen gefragt werden, ob sie Websites von Fernseh- und Radiosendern und Zeitungen und Zeitschriften nutzen, wenn sie Online-Medien konsumieren. Die Annahme würde lauten, dass die Befragten eher dazu geneigt sind, im Internet die Online-Angebote klassischer Medien zu nutzen.

Ob positiv oder negativ, die Medienentwicklung führt zu einem verstärkten Nachdenken über (neue) Finanzierungsmodelle, weshalb diese in dieser Untersuchung aufgenommen werden. Dazu braucht es allerdings eine genaue Aufschlüsselung auf der Seite der Medieneinnahmen.

2 Einnahmen

In dieser Betrachtung der Einnahmen liegt der Fokus auf Erlösquellen, die direkt mit dem Konsum von Medien, der (Finanz-)Transaktion zwischen RezipientInnen und Medienunternehmen sowie der Aufmerksamkeit für Inhalte und Werbebotschaften in Verbindung stehen. Aus diesem Grund finden medienzentrierte Finanzierungsaspekte wie „Verwertungsrechte und Lizenzen“ (Wirtz, 2013, S. 99), „Subventionen“ (Wirtz, 2013, S. 100) oder „Search Engine Marketing“ (Fabel, 2010, S. 13) hier keine Berücksichtigung. Die einzige Ausnahme bilden Spenden für journalistische Crowdfunding-Projekte, die hinzugezogen werden, weil Crowdfunding JournalistInnen einen möglichen, neuen Weg der Finanzierung bietet. (vgl. Degen & Spiller, 2014, S. 201) Im Übrigen sind die SponsorInnen journalistischer Crowdfunding-Projekte auch die RezipientInnen des jeweiligen Mediums. (vgl. Aitamurtu, 2011, S. 429, z. n. Degen & Spiller, 2014, S. 204)

Die Werbeausgaben in Österreich für Fernsehen, Radio, Print- und Onlinemedien betrugen zwischen Jänner und Oktober 2015 rund 2.641.000 Euro, wovon das meiste, circa 1.477.000 Euro, für Werbung in Printmedien und beinahe 806.000 Euro für Fernsehwerbung ausgegeben wurde. Knapp 193.000 Euro wurden für Online-Werbung und das wenigste Geld, etwa 165.000 Euro, wurde für Radiowerbung bezahlt. Die klassische Werbung verzeichnete ein Wachstum von über fünf Prozent. Die einzigen VerliererInnen sind die Magazine, denen 2016 ein schlechtes Werbejahr prognostiziert wird. (vgl. MEC Agentur für Mediaplanung GmbH [MEC], 2015, S. 2 – 3) Im Vergleich dazu entfallen in Deutschland die meisten Werbeausgaben auf das Fernsehen, mehr als doppelt so viel wie für Printmedien. (vgl. „Werbeaufwendungen in den einzelnen Mediengattungen in Deutschland im Januar 2016 (in Millionen Euro)“, 2016) Dass für die Magazine weniger Werbeausgaben eingeplant sind, kann bedeuten, dass von sinkenden Reichweiten im Magazinbereich ausgegangen wird. Dass Printmedien in Österreich (zumindest in der Werbeindustrie) als so bedeutend eingeschätzt werden, heißt bei der hohen Konzentration am österreichischen Printmedienmarkt, wie unter 1.4 ausgeführt worden ist, dass sich einige wenige große Verlage mit starken Marken eine relativ hohe Summe teilen. Im Fernsehsektor lässt sich ebenfalls eine hohe Medienkonzentration feststellen, da der ORF 2015 mit seinem zweiten Programm den höchsten, 21,4 Prozent, und mit seinem ersten den zweithöchsten, 11,8 Prozent, Marktanteil mit großem Abstand zu den übrigen Sendern hatte. (vgl. arbeitsgemeinschaftteletest [agtt], 2016)

2.1 Fernsehen

2.1.1 Werbung

Neben öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern gibt es private, rein werbefinanzierte SendeveranstalterInnen. Und weil ZuschauerInnen privates Fernsehen rezipieren können, ohne dafür zu zahlen, spricht man beim Privatfernsehen von Free-TV. (vgl. Heinrich, 2010, S. 271) Laut dem für die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender zuständigen „Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk“ (vgl. 2016) und dem die Privatfernsehsender betreffenden „Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste“ (vgl. 2016) ist es sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privaten Fernsehen erlaubt, „kommerzielle audiovisuelle Kommunikation“ („Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste“, 2016) zu betreiben, das heißt Werbung zu schalten. Diese unterliegt bei beiden, öffentlich-rechtlichen und privaten SendeveranstalterInnen, gewissen Beschränkungen: Weder mittels öffentlich-rechtlicher noch via privater Fernsehsender darf beispielsweise für Tabakwaren geworben werden. Für beide werden unter anderem die Werbezeiten beschränkt, für den ORF stärker als für private Sender. In den öffentlich-rechtlichen Programmen ist Werbung, die das Programm unterbricht, nur in Ausnahmefällen gestattet, und drei wichtige Feiertage im Jahr sind im ORF komplett werbefrei.

Inwieweit FernsehzuschauerInnen sich der Funktion und Wichtigkeit der Werbefinanzierung von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunksendern bewusst sind, wird im fünften Kapitel des dritten Abschnitts beschrieben. Die Betrachtung der Wahrnehmung von Fernsehwerbung kann in diesem Forschungsprojekt relevant werden, wenn RezipientInnen beispielsweise die Zahlung von Rundfunkgebühren für werbefinanzierte öffentlich-rechtliche Sender als ungerechtfertigt erachten würden.

Verglichen mit anderen Ländern ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich in hohem Maße abhängig von Werbeeinnahmen. Mithilfe der Finanzierung durch kommerzielle audiovisuelle Kommunikation will der ORF seine Marktanteile gegenüber den privaten Sendern behaupten. Die Kommerzialisierung wirkt sich dabei auf das Programm aus: Der ORF nahm 2010 knapp ein Viertel seines Erlöses durch Werbung ein – bei den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF stammten im gleichen Jahr weniger als 6 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Werbeerlös. 60,8 Prozent des Geldes, welches der ORF 2010 einnahm, stammte von der österreichischen Bevölkerung, aus den Rundfunkgebühren. (vgl. Wenzel, 2012, S.70 – 71)

2.1.2 Gebühren

Auf der Homepage der Gebühren Info Service GmbH (vgl. GIS, o. J.a) steht, dass Personen, die mindestens ein Empfangsgerät für Radio beziehungsweise Fernsehen besitzen, gesetzlich verpflichtet sind, Rundfunkgebühren zu bezahlen. Nach der Definition von Jürgen Heinrich (vgl. 2010, S. 270) müssten die Rundfunkgebühren in Österreich demnach korrekterweise Rundfunkbeiträge heißen. Denn Gebühren unterscheiden sich dahingehend von Beiträgen, dass Gebühren nur bezahlt werden für Leistungen, die man auch tatsächlich nutzt. Beiträge sind zu zahlen unabhängig davon, ob man die dementsprechende Leistung in Anspruch genommen hat. Beide Formen der Bezahlung fließen in öffentliche Kassen, aus denen gewisse „Gegenleistungen“ (Heinrich, 2010, S. 270) finanziert werden.

Im Zuge dieses Forschungsvorhabens wird jedoch weiterhin von Rundfunkgebühren gesprochen, weil es bei der späteren Operationalisierung der Beantwortung der Forschungsfrage(n) auf einen für MediennutzerInnen gebräuchlichen Begriff ankommt, der von einem größeren Personenkreis als dasselbe begriffen wird und somit leichter abfragbar ist. Trotzdem verdeutlicht die Bestimmung der Rundfunkgebühren als Beiträge deren Charakter. Eine Person zahlt eine Gebühr, wenn sie die Möglichkeit hat, ein Medium zu nutzen – ob sie es tatsächlich nutzt, ist unerheblich. Möglicherweise lässt dies eine Aussage über eine verminderte Bereitschaft zu, diese Zahlung zu leisten, welche nicht-mediennutzenden Empfangsgerät-BesitzerInnen als unzulässig erscheinen könnte. Auf der Website des GIS (vgl. o. J.) wird auflistet, wie sich die Rundfunkgebühren zusammensetzen. Neben dem „Programmentgelt“ (GIS, o. J.), welches an den ORF geht, besteht die GIS-Gebühr auch aus den Radio- und Fernsehgebühren sowie dem Kunstförderungsbeitrag, die in den Bundeshaushalt fließen. Ein weiterer Teil ist die „Landesabgabe“, die dafür verantwortlich ist, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags von Bundesland zu Bundesland variiert. Das GIS (vgl. o. J.c) schlüsselt für Wien die Zusammensetzung des Fernsehbeitrags auf – beim Fernsehgerät wird das Radio mit dazu gezählt. Von 24,88 Euro fließen abzüglich der Umsatzsteuer 16,16 Euro an den ORF, 5,10 Euro gehen an die Stadt Wien und ein kleiner Rest an den Bund.

Die Unterschiede bei der Gebührenhöhe je nach Bundesland sind annähernd proportional zu den Bundesländer-spezifischen Unterschieden beim Radiobeitrag, und die Fernseh-Gebühr, bei der Radio inkludiert wird, ist höher als die Radiogebühr, was unter 2.2.2 dargestellt wird. (vgl. GIS, o. J.d) In der empirischen Untersuchung dieses Forschungsprojektes können die Bundesländer, in denen die MediennutzerInnen wohnen, und somit ihre unterschiedlich hohen Ausgaben für Rundfunkgebühren ermittelt werden. Solange aber keine diesbezüglichen Hypothesen aufgestellt werden, bleibt es lediglich bei einer bloßen Erfassung.

2.1.3 Pay-TV

Pay-TV finanziert sich nicht wie Free-TV durch Werbung und Gebühren, sondern durch die kostenpflichtige Bereitstellung von Fernsehsendungen. Pay-TV-Unternehmen agieren demnach vorrangig auf dem RezipientInnen-Markt. Der Ausschluss zahlungsunwilliger Personen erfolgt durch eine Verschlüsselung des Übertragungssignals, welches von zahlenden RezipientInnen mittels eines entsprechenden Empfangsgeräts dekodiert werden kann. Damit die KundInnen einen Anreiz erhalten, für Pay-TV zu bezahlen, muss sich dessen Angebot deutlich vom Programm der Free TV-Sender abheben. (vgl. Wirtz, 2013, S. 429) Ähnlich wie im Onlinebereich wird im TV-Sektor deutlich, dass Inhalte aus einer Masse kostenloser Alternativen herausstechen müssen, um die nötige Attraktivität zu erlangen, dass Rezipierende für ihren Konsum zahlen.

Die verschiedenen Formen von Pay-TV lauten „Pay Per Channel-, Pay Per View-, Video On Demand- und Near Video On Demand-Angebote“ (Wirtz, 2013, S. 430). Bei Pay Per Channel und Pay Per View wird das Programm mit einer vorgegebenen Sendungsabfolge an alle KundInnen gleichzeitig gesendet. Pay Per Channel-NutzerInnen empfangen, meist gegen Zahlung eines monatlichen Betrags, das gesamte Programm des jeweiligen Senders. Pay Per View-ZuseherInnen dagegen zahlen nur für die Sendungen, die sie auch tatsächlich nutzen. Videos On Demand können KundInnen mittels Rückkanal ihres Empfängers unabhängig vom Sendebeginn auswählen, pausieren und wiederholt abspielen. Near Video On Demand meint die Übertragung desselben Programms auf verschiedenen Kanälen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, wodurch KundInnen den Sendezeitpunkt nicht selber festlegen können, sondern lediglich eine freiere Auswahl an Sendeterminen haben. (vgl. Wirtz, 2013, S. 430 – 431)

Die Entwicklung dieser neuen Formen der Finanzierung von Fernsehprogramm ist von der digitalen Übertragung von Fernsehen und der damit zusammenhängenden Vergrößerung und Erweiterung des Fernsehprogrammangebots vorangetrieben worden. Pay-TV ist auch analog, das heißt via Kabel, satellitenübertragen oder terrestrisch gesendet empfa ngbar und als Geschäftsmodell umsetzbar. Jedoch haben DigitalfernsehveranstalterInnen mit ihren technischen Voraussetzungen einen Vorteil und können sich mit geringerem Aufwand von der Abhängigkeit von den weniger werdenden Werbeerlösen befreien und sich nach neuen Einnahmequellen umsehen. Und das, was RezipientInnen bereit sind, für Pay-TV zu bezahlen, ist meistens mehr als das, was werbetreibenden Unternehmen die Aufmerksamkeit der ZuseherInnen Wert ist. (vgl. Heinrich, 2010, S. 72) „Die medienpolitische Bedeutung von Pay-TV liegt darin, daß [sic!] intensive Präferenzen auch ein Minderheitenprogramm finanzieren können, was bei Free-TV unwahrscheinlich ist: Pay-TV bietet im Prinzip mehr Raum für ein vielfältiges Angebot als Free-TV.“ (Heinrich, 2010, S. 72) Es kann an der Stelle auf die Ausführungen zur Verfolgung ökonomischer und publizistischer Ziele unter Punkt 1.4 hingewiesen werden, aus denen sich ebenfalls die Wichtigkeit ergibt, Bezahlformen zu etablieren. In dieser Untersuchung ist die Zahlung für Pay-TV-Programme eine relevante Kategorie in Bezug auf journalistische Fernsehinhalte.

2.2 Radio

2.2.1 Werbung

Werbetreibende Unternehmen bezahlen Sendeanstalten dafür, dass diese ihnen Sendezeit einräumen – die Summe richtet sich nach der zu erwartenden Reichweite. Werbetreibende bezahlen also für die wahrscheinliche Möglichkeit, Aufmerksamkeit für ihre Produkte zu erlangen. Die RezipientInnen zahlen nicht für den Empfang werbefinanzierten Rundfunks, werden aber durch Werbebotschaften möglicherweise dazu geneigt sein, die Produkte der werbetreibenden Wirtschaft zu konsumieren, wodurch die RezipientInnen die ausgestrahlte Werbung refinanzieren und im Idealfall darüber hinaus den werbetreibenden Firmen Gewinn einbringen könnten. (vgl. Heinrich, 2010, S. 277 – 278) Dafür, dass HörerInnen Werbebotschaften anhören können, müssen sie zunächst Werbung tolerieren und nicht wegschalten, worauf im Abschnitt III in Kapitel 5.3 näher eingegangen wird.

Auf die öffentlich-rechtlichen Radiosender Österreichs wird das unter 1.1 genannte „Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk“ (vgl. 2016) angewandt. Mit dem „Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden“ (vgl. 2016), werden die Werbezeiten der privaten Radiosender auf maximal täglich 172 Minuten im Jahresdurchschnitt begrenzt, wobei es Abweichungen von höchstens einem Fünftel geben darf. Sponsoring ist erlaubt, solange es – wie bei auch bei der Werbung – als solches erkennbar ist und die Sponsoren keinen Einfluss auf die redaktionelle Arbeit nehmen. Gesponserte Sendungen dürfen zusätzlich aber die HörerInnen nicht dazu aufrufen, dem Anliegen der Sponsoren nachzukommen.

„Das zentrale Problem einer Rundfunkfinanzierung durch Werbe-Preise ist der Mangel an allokativer Effizienz: Es kann nicht sicher gestellt werden, daß [sic!] sich die Rundfunkprogrammproduktion hinreichend an Rezipientenpräferenzen orientiert. Dies liegt daran, daß [sic!] [...] nur die Reichweite der Programme entscheidend ist und nicht Struktur und Intensität der Rezipientenwünsche.“ (Heinrich, 2010, S. 279) Hierbei wird erneut die Wichtigkeit einer Bezahlform für journalistische Medienprodukte deutlich, im Fall des Radios die der Rundfunkgebühren.

2.2.2 Gebühren

Als „allokative Effizienz“ (Heinrich, 2010, S.275) bezeichnet Heinrich (vgl. 2010, S.275 – 276) die Effektivität, mit der die Präferenzen von RezipientInnen bei der Produktion von Medien beachtet werden. Dem Autor zufolge weist gebührenfinanzierter Rundfunk ebenfalls einen Mangel an allokativer Effizienz auf. Das von Gremien und Räten bestimmte Programm folgt den Interessen von deren Mitgliedern und nicht denen der RezipientInnen. Ein solches an einer Elite orientiertes Programm ist nicht deckungsgleich mit den Bedürfnissen der KonsumentInnen. Als Beispiel dafür zählt die Angleichung des Programms des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aus Konkurrenzdruck, an das der privaten Sendeanstalten. Allerdings schaffen es Rundfunkanstalten gebührenfinanziert, ausgewogen, vielfältig und qualitativ hochwertig über relevante Bereiche wie Politik, Gesellschaft und Kultur zu informieren. Das ist jedoch kostenintensiv.

„In einem Finanzierungssystem, bei dem in irgendeiner Form die ‚Politik‘ (als Kurzform für kollektive Entscheidungsgremien) dafür sorgt, daß [sic!] die notwendigen Kosten der Produktion finanziert werden, unternehmen die Kostenverursacher nur geringe Anstrengungen, Kosten zu senken, aber große Anstrengungen, den politischen Entscheidungsträgern die Notwendigkeit der Kosten deutlich zu machen.“ (Heinrich, 2010, S.274) Es stellt sich die Frage, ob der höhere Kostenaufwand gebührenfinanzierten Rundfunkprogramms dafürspricht, dass Rezipierenden mehr geboten wird oder dass mit den gegebenen Ressourcen derart umgegangen wird, dass Rezipierenden nicht mehr geboten werden kann. Die Antwort darauf ließe eventuell einen Rückschluss zu auf die Bereitschaft, für Rundfunkprogramm eine Gebühr zu entrichten.

Besitzt man ein Radio, aber keinen Fernseher, fallen die Rundfunkgebühren wesentlich geringer als beim TV aus. Die Website des GIS liefert eine Übersicht über die Radio- und Fernsehbeiträge aller österreichischen Bundesländer. Wien – auf einem Level mit Niederösterreich und Kärnten – mit seinen 7,18 Euro, die RadiobesitzerInnen zu zahlen haben, wird nur noch von Salzburg und der Steiermark um 20 und 10 Cent übertroffen. Am wenigsten zahlen oberösterreichische und vorarlbergische RadiobesitzerInnen, nämlich 5,78 Euro. (vgl. GIS, o. J.d) Es könnte sein, dass Personen eher bereit sind, die niedrigere Radiogebühr zu bezahlen, wenn sie ein Radio, aber keinen Fernseher haben. In der Erhebung dieser wissenschaftlichen Arbeit kann die Radiogebühr separat von der Fernsehgebühr erfasst werden dadurch, dass die jeweils unterschiedlich große Höhe der Zahlung für die Rundfunkgebühr erhoben wird.

Die Anteile, aus denen sich die Radiogebühr zusammensetzt, stehen in einem ähnlichen Größenverhältnis zueinander wie die der Fernsehgebühr, was unter 1.2 gezeigt wird. (vgl. GIS, o. J.c)

2.3 Zeitungen und Zeitschriften

2.3.1 Werbung

Ein Printmedium beinhaltet beziehungsweise besteht aus zwei unterschiedlichen Produkten, es erfüllt gleichzeitig zwei unterschiedliche Kommunikationsziele, die Vermittlung journalistischer Informationen und Werbung – in Deutschland stammen mehr als 40 Prozent der Einnahmen aus dem Werbeerlös. Die Finanzierung über die Inserate von WerbekundInnen ist für Zeitungen und Zeitschriften insofern wichtig, da auf diese Weise der Preis für eine Ausgabe so niedrig gehalten werden kann, dass potenzielle ZeitungskäuferInnen ihn noch bezahlen würden. (vgl. Beck, 2011, S. 94) Aus diesem Grund könnte man behaupten, dass Werbung dazu beiträgt, die Zahlungsbereitschaft zu stärken, indem sie den zu entrichtenden Preis niedrig hält. Denn der Preis einer Ausgabe scheint ein entscheidendes Kriterium zu sein bei der Konsumentscheidung von MediennutzerInnen. Die Zahlungsbereitschaft würde aus diesem Blickwinkel mit einem niedrigeren Preis und einem größeren Anzeigenvolumen korrelieren, und vermehrte Kaufentscheidungen für eine Zeitung oder Zeitschrift würden zur Steigerung der Reichweite des jeweiligen Printmediums führen. Steigt laut Beck (vgl. 2011, S. 95) die Reichweite eines Printmediums, wird dieses interessanter für WerbekundInnen. Die Werbeerlöse steigen, mit deren Hilfe die Zeitung oder Zeitschrift sich stärker professionalisieren sowie besser vermarkten und dadurch ihre Reichweite eventuell noch weiter steigern kann. Daraufhin würden wiederum die Werbeeinnahmen zunehmen. Dieses in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur als „Anzeigen-Auflagen-Spirale“ (Beck, 2011, S. 95) bezeichnete Phänomen ist ein Modell, das sich nicht vollständig auf die Wirklichkeit anwenden lässt.

Zeitungen und Zeitschriften unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Werbeformen und WerbekundInnen. Die Werbeeinnahmen von Zeitungen in Deutschland bestehen zu über 80 Prozent aus dem Erlös durch das Anzeigengeschäft – der Rest der Werbeerlöse stammt von Einnahmen durch Fremdbeilagen, welche lose in die Zeitung gelegt werden. Eine tragende Säule der Werbefinanzierung von Zeitungen ist das „Rubrikengeschäft“ (Wirtz, 2013, S. 223). Wichtig dabei sind einerseits regional verbreitete Anzeigen lokaler Unternehmungen, die fast ein Drittel der Einnahmen aus dem Rubrikengeschäft ausmachen, und andererseits überregionale Anzeigen für Stellen, Produkte und Dienstleistungen. Ein Teil der Erlöse aus diesen überregionalen Anzeigen bricht zunehmend weg, weil Stellen, Produkte und Dienstleistungen immer mehr im Internet auf entsprechenden Websites beworben werden – ein klassisches Beispiel wäre Ebay. (vgl. Wirtz, 2013, S. 222 – 223) Bricht das Geschäft auf dem Rubrikenmarkt weg, würden sich die Einnahmen durch Werbung verringern und somit, wie weiter oben ausgeführt, der Verkaufspreis steigen, was wiederum die Zahlungsbereitschaft schmälern könnte.

Es gibt eine Sonderform der Zeitung, die sich ausschließlich über Werbung finanziert: das „Anzeigenblatt“ (Haas, 2005, S. 22). Ein solches kostenloses Printprodukt wird nicht verkauft, nicht versendet und auch nicht bestellt. Anzeigenblätter gelangen nicht direkt zu den einzelnen Haushalten, sondern werden in Bahnhöfen und Stationen des öffentlichen Personennahverkehrs ausgelegt und verteilt. Aus diesem Grund werden sie auch „Pendlerzeitungen“ (Haas, 2005, S. 23) genannt. (vgl. Haas, 2005, S. 22 – 23) In Gesamtösterreich erreichte die Gratis-Zeitung „Heute“ (Media-Analyse [MA], o. J.a) im zweiten Halbjahr von 2014 und im ersten von 2015 eine Reichweite von 13,1 Prozent und war damit nach der „Kronen Zeitung“ (MA, o. J.a), die 32,2 Prozent erreichte, die am zweit-häufigsten gelesene Tageszeitung Österreichs. (vgl. MA, o. J.a) Für Wien betrug die Reichweite der Heute 32,3 Prozent, die der Kronen Zeitung nur 25,4 Prozent. Das „Wiener Bezirksblatt“ (MA, o. J.b), auch eine Gratis-Zeitung, ist mit 35,6 Prozent Reichweite das einzige Printmedium, das in Wien mehr Personen erreichte als die Heute. (vgl. MA, o. J.b) Warum der Gratis-Zeitung hier und in Abschnitt III unter 5.3 Beachtung geschenkt wird, ist ihre Beispielhaftigkeit, da die hohen Reichweiten der kostenlosen Tageszeitung auf verminderte Zahlungsbereitschaft bei gleichzeitig höherer Toleranz von Werbung schließen lassen könnten. In Wien nimmt sogar der Großteil der LeserInnen eher ein rein werbefinanziertes Printmedium in Kauf, als fürs Zeitung-lesen Geld zu bezahlen.

Bei Zeitschriften ist der durch Werbeeinnahmen erzielte Anteil des Erlöses geringer als bei Zeitungen – Zeitschriften nehmen weniger als die Hälfte ihres Gesamterlöses durch Werbung ein. Dadurch reagieren Zeitschriften nicht so sensibel auf Schwankungen der Konjunktur in der Werbewirtschaft. Zeitschriften werden überregional verbreitet, weshalb mit den Anzeigen eine dementsprechend weit verbreitete LeserInnenschaft angesprochen wird. In der Regel sind Zeitschriften farbig und ihr Papier ist hochwertig, was ein breiteres Spektrum an gestalterischen Möglichkeiten bietet. (vgl. Wirtz, 2013, S. 225) Qualitativ hochwertige, ansprechende Anzeigen könnten für eine gewisse Attraktivität des Konsums von Werbebotschaften sorgen, so dass die Toleranz von Werbung gesteigert würde – darauf wird in Abschnitt III unter 5.3 näher eingegangen. Dadurch, dass bei Zeitschriften ein kleinerer Teil der Einnahmen Werbung ausmacht als bei Zeitungen, lässt sich, aufgrund weiter obiger Erläuterungen, auf einen höheren Preis von Zeitschriften und damit möglicherweise auf eine geringere Bereitschaft, für diese zu zahlen, schließen. Und zusätzlich, wie in diesem Kapitel bereits dargelegt, wurde den Magazinen in der Werbeindustrie für 2016 eine geringe Reichweite prognostiziert. „Auto-Tuning“ (MA, o. J.a) ist das Magazin, das im zweiten Halbjahr von 2014 und im ersten von 2015 in Österreich mit großem Abstand die höchste Reichweite, ein Viertel aller ÖsterreicherInnen über 14 Jahre, hatte. Die meist gelesenen journalistischen Magazine waren „News“ (MA, o. J.a) mit 5,8 Prozent und „Profil“ (MA, o. J.a) mit 4,8 Prozent Reichweite. Dies zeigt, welch unterschiedlich hohe Wichtigkeit Journalismus und Unterhaltung im Magazinbereich von RezipientInnen beigemessen wird, die bei den Zeitungen ähnlich geartet ist, vor allem was Qualität anbelangt. (vgl. MA, o. J.a) Bei den Einzelverkäufen wird dies deutlich sichtbar.

2.3.2 Einzelverkauf

„Als Einzelverkäufe gelten Exemplare, die zu einem Preis von nicht weniger als 30 % des regulären Verkaufspreises an einen Endbezieher verkauft werden. Einzelverkäufe, deren reduzierter Preis weniger als 30 % des regulären Verkaufspreises beträgt, sind der sonstigen bezahlten Auflage zuzuzählen.“ (vgl. Österreichische Auflagenkontrolle [ÖAK], o. J.) Ob LeserInnen ein Printmedium einzeln kaufen (würden) ist eine für dieses Forschungsvorhaben relevante Untersuchungskategorie, weil die Unterscheidung, ob LeserInnen Zeitungen oder Zeitschriften jeden Tag, jede Woche oder jeden Monat zugeschickt bekommen oder einzeln und damit vermutlich seltener als täglich, wöchentlich oder monatlich kaufen, möglicherweise auf einen Unterschied bei der Zahlungsbereitschaft für Printmedien schließen lassen. „[...] Verkaufsstellen sind entweder reine Zeitungsverkaufsstellen oder Zeitschriftenspezialverkaufsstellen, aber auch [...] Discounter, Lebensmittelhändler […]. Einzelverkauf erfolgt auch über die sogenannten Stummen [sic!] Verkäufer, die auf die Redlichkeit der Leser bauen.“ (Beck, 2011, S. 89) Es gibt also viele Lokalitäten, wo LeserInnen ein Printmedium erwerben können. Das lässt jedoch keine Auskunft zu über die Bereitschaft von LeserInnen, eine Zeitung oder Zeitschrift auch tatsächlich zu kaufen. Lediglich die Preisreduzierung von Einzelverkäufen lässt auf die Zahlungsbereitschaft schließen, welche anscheinend gesteigert werden kann, indem der Verkaufspreis einer einzelnen Ausgabe verringert wird.

[...]


[1] Beauftragt von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) befragten Lilienthal et al. (vgl. 2015, S. 30) 15 Verantwortliche deutscher Online-Medienredaktionen mittels Leitfaden, wie diese die Veränderungen der journalistischen Arbeitsweise sowie die Selbsteinschätzung durch die Digitalisierung und die Bedeutung mobiler Internetnutzung beurteilen, und ergänzten die Ergebnisse teils mit quantitativen Daten.

[2] Die Geschäftsberichte stammen von den Medienunternehmen Axel Springer, Bauer, Hubert Burda, Gruner + Jahr, Madsack, ProSiebenSat.1, RTL und Premiere/Sky, alles deutsche Verlage und Sender beziehungsweise Sendergruppen, die mindestens 600 Millionen Euro jährlich umsetzen und ihre Geschäftsberichte veröffentlichen, was ein ausschlaggebendes Kriterium war für die Auswahl des für die Inhaltsanalyse bereitstehenden Materials von Buschows und Wellbrocks (vgl. 2014, S. 96 – 97) Untersuchung.

Final del extracto de 210 páginas

Detalles

Título
(K)ein Aufwand für den Aufwand. Was ist Journalismus den Rezipierenden wert?
Subtítulo
Online-Befragung zu Medienausgaben, Zahlungs- und Spendenbereitschaft sowie Toleranz von Werbung mit besonderem Schwerpunkt auf den (Nicht-)Gebrauch von Adblockern
Universidad
FH Vienna  (Journalismus & Medienmanagement)
Calificación
2
Autor
Año
2016
Páginas
210
No. de catálogo
V347017
ISBN (Ebook)
9783668365896
ISBN (Libro)
9783668365902
Tamaño de fichero
1285 KB
Idioma
Alemán
Notas
Der Anhang der Masterarbeit ist nicht Teil des Dokuments. Er wird durch den Autor unter http://k-ein-aufwand-fuer-den-aufwand.blogspot.co.at/ bereitgestellt.
Palabras clave
Crowdfunding, Neue Medien, Zahlungsbereitschaft, Werbung, Adblocker, Journalismus, New Media, Social Media, Online-Befragung, Fragebogen, Kommunikationswissenschaft, Publizistik, Journalist, Spendenbereitschaft
Citar trabajo
Jonas Kühnapfel (Autor), 2016, (K)ein Aufwand für den Aufwand. Was ist Journalismus den Rezipierenden wert?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/347017

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