Corporate Social Responsibility. Etablierte und neue Unternehmen im Vergleich


Thèse de Bachelor, 2016

70 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Corporate Social Responsibility
2.1 Zur Entwicklung der CSR-Thematik
2.2 Definitorische Annäherung
2.3 Terminologische Abgrenzung: CSR, CR und CC
2.4 CSR und das Nachhaltigkeitsleitbild
2.5 Zusammenfassung

3. Perspektiven auf CSR
3.1 Profitmaximierung und Gesellschaftsverantwortung?
3.1.1 Ökonomische Ansätze
3.1.2 Normative Ansätze
3.2 Kritische Perspektive
3.3 Zusammenfassung

4. Die Neoinstitutionalistische Perspektive auf CSR
4.1 Institution und Institutionalisierung
4.1.1 Organisationen und ihre Umwelt
4.1.2 Hauptimplikationen
4.2 Das organisationale Feld
4.2.1 Das organisationale Feld für CSR
4.2.2 Rationalitätsmythen
4.2.3 Mythen zu CSR
4.3 Institutioneller Isomorphismus
4.4 Kritik am NSI

5. Onlinebasierte CSR-Kommunikation
5.1 Forschungsstand
5.2 Forschungsfrage
5.3 Auswahl der Branche
5.4 Auswahl der Unternehmen
5.4.1 Etablierte Unternehmen
5.4.2 Neue Unternehmen
5.5 Methode
5.6 Zielsetzung

6. Analyse
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.1.1 Struktur
6.1.2 Evaluation
6.1.3 Aufbereitung
6.1.4 Inhalt
6.2 Auswertung der Ergebnisse

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Mit der Globalisierung der Wirtschaft geht eine zunehmende Bündelung von Macht und Res- sourcen durch eine steigende Anzahl großer Unternehmen einher. Gleichzeitig rücken globale Herausforderungen, wie der Klimawandel oder die Gefährdung der Weltmeere durch Plastik- tüten und Schadstoffe immer weiter in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Zu den glo- balen Herausforderungen gehören auch strukturell soziale Probleme, wie Armut und Kinderar- beit. Diese Entwicklungen führen zu der Frage nach etwaigen Verantwortungsträgern. Gleich- zeitig transformiert sich die Industrie nach und nach in Richtung Nachhaltigkeit.

Im Zuge der industriellen Entwicklung entstehen sowohl Chancen als auch Risiken für die Glo- balgesellschaft. Unternehmen sind ein wichtiger Teil marktwirtschaftlich organisierter Sys- teme. Auf der einen Seite fungieren diese als Arbeitgeber, vertreiben Produkte, bieten Dienst- leistungen an und schaffen Innovationen, die maßgeblich zu einer funktionierenden Gesell- schaft beitragen. Auf der anderen Seite üben Unternehmen allerdings auch negative Einflüsse auf sozialer und ökonomischer Ebene aus, indem sie unverantwortlich mit Ressourcen umge- hen, die Umwelt schädigen, Menschenrechte verletzen oder prekäre Arbeitsverhältnisse schaf- fen. Diese negativen externen Effekte unternehmerischer Tätigkeiten stehen in Konflikt mit einer nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Immer wieder kommt es zu Skanda- len, bei denen die Notwendigkeit von erhöhter und umfassender Verantwortungsübernahme von Unternehmen deutlich wird. Ein aktuelles Beispiel wäre etwa der Abgasskandal des Auto- herstellers Volkswagen. Durch die Omnipräsenz des Leitbildes der Nachhaltigkeit, wird, ebenso wie durch die öffentliche Skandalisierung von Unternehmen, die Debatte um die Ge- sellschaftsverantwortung von Unternehmen weiterhin angestoßen. Dabei rückt insbesondere die Verantwortungsrolle großer Konzerne in das Zentrum der öffentlichen Agenda. Die Sensi- bilität gegenüber nachhaltiger Entwicklung ist sowohl auf Seiten der Unternehmen, als auch auf Seiten der Zivilgesellschaft gestiegen. Die Digitalisierung spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Durch die weltweite Vernetzung von Organisationen und natürlichen Personen, steigt sowohl die Reichweite als auch die Dichte des digitalen Informationsaustauschs.

Um der Fragestellung nach der Verantwortung von Unternehmen konstruktiv zu begegnen, können Unternehmen Strategien einsetzen, durch welche nachhaltige Lösungen für den Um- gang mit materiellen, natürlichen und Human-Ressourcen in das Kerngeschäft eingebettet wer- den. Unternehmensstrategien, die zu einer nachhaltigen Unternehmensführung beitragen sollen, fallen unter das Konzept Corporate Social Responsibility (CSR). Dabei sind es nicht nur etab- lierte Unternehmen, die soziale und ökologische Aspekte in ihr Geschäftsstrategien aufnehmen. Unternehmensneugründungen mit innovativen Problemlösungen und Geschäftsideen drängen ebenso auf einen Markt, der sich in Richtung Nachhaltigkeit transformiert.

Auf der einen Seite gibt es große, tendenziell ältere korporative Akteure mit relativ hohen Marktanteilen, die CSR einführen, indem sie beispielsweise ihre Ökoeffizienz verbessern und Systeme zum Nachhaltigkeitsmanagement implementieren. Die Handelskette Rewe hat bei- spielsweise im Juli 2016 das Angebot von Plastiktüten deutschlandweit abgeschafft und inten- siv zu diesem Thema unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit kommuniziert. Auf der anderen Seite gibt es eine steigende Anzahl neuer Unternehmen mit eher geringen Marktanteilen, die das Leitbild der Nachhaltigkeit auf eine andere Weise in ihre wirtschaftliche Tätigkeit integrie- ren und dadurch große mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Original Unverpackt, ein Berliner Startup im Lebensmitteleinzelhandel, welches im Jahr 2014 gegründet wurde und komplett auf Einwegverpackungen verzichtet. Solche Startups bzw. Unternehmensneugründungen verfolgen ein Geschäftsmodell, welches auf ökologischer und sozialer Innovation basiert und Problemlösungen für negative externe Effekte bietet, die Bran- chenspezifisch sind. Für etablierte Unternehmen, die sich intensiv auf das Leitbild der Nach- haltigkeit ausrichten, führt R. Wüstenhagen die metaphorische Bezeichnung „Greening Goli- aths“ ein. Das entsprechende Pendant in Gestalt von Startups erhält die Bezeichnung „Emerging Davids“. Beide Unternehmenstypen orientieren sich am Leitbild der Nachhaltigkeit und verbinden dies mit wirtschaftlichen Tätigkeiten. Sowohl Goliaths als auch Davids nutzen das Mittel der onlinebasierten Kommunikation, um ihr sich zu präsentieren.

Im Zuge dieser Arbeit wird untersucht, inwiefern sich der Umgang mit CSR und dem Leitbild der Nachhaltigkeit zwischen etablierten und neuen Unternehmen unterscheidet. Hierfür erfolgt zunächst eine Einführung in die komplexe CSR-Thematik. Anschließend wird CSR aus organisationssoziologischer Perspektive betrachtet, wobei insbesondere auf neoinstitutionalistische Erklärungsansätze zurückgegriffen wird. Nach einer methodischen Annäherung zur Analyse von onlinebasierter CSR-Kommunikation folgt eine komparative Analyse der CSR-Kommuni- kation etablierter und neuer Unternehmen. Die Ergebnisse werden anschließend mithilfe der Erklärungsansätze des Neoinstitutionalismus ausgewertet.

2. Corporate Social Responsibility

Die Debatte um gesellschaftliche Unternehmensverantwortung wird unter dem Begriff Corpo- rate Social Responsibility (CSR) geführt. Knapp formuliert wird unter CSR der strategische Beitrag verstanden, den Unternehmen auf freiwilliger Basis zu einer nachhaltigen Gesell- schaftsentwicklung beitragen. Durch die Implementierung von CSR übernehmen Unternehmen Verantwortung für die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Aktivi- täten und Entscheidungen auf die Gesellschaft (vgl. ISO 26000: 3).1 CSR ist jedoch kein stati- sches Konzept, denn der Gehalt der Konzeption entwickelt sich entsprechend gesamtgesell- schaftlicher Zusammenhänge sowie der fachlichen Auseinandersetzung stetig weiter (vgl. Maignan & Ferrell 2003). Im Kern dreht sich die Diskussion um die Gesellschaftsorientierung von Unternehmen und die Beantwortung der Frage, ob Unternehmen neben ihrer Primärfunk- tion der Profitmaximierung noch weitere Verpflichtungen haben, und wenn ja, worin diese Ver- pflichtungen bestehen (vgl. u.a. Carroll 1999; Freeman & Liedtka 1991; Schranz 2007). Damit stellt sich die Frage nach Funktions- und Verantwortungsrollen von Unternehmen in der Ge- sellschaft als zentraler Punkt für die CSR-Debatte heraus (vgl. Schranz 2007). CSR ist die stra- tegische und operative Gesellschaftsorientierung von Unternehmen, die Teil einer nachhaltigen Unternehmensführung ist, welche wiederum zur gesamtgesellschaftlichen nachhaltigen Ent- wicklung beiträgt. Durch das Selbstverpflichtungsprinzip CSR wird betont, dass der Fokus auf über gesetzliche Anforderungen hinausgehende Maßnahmen gelegt wird, wodurch gesetzliche Regulierungen in diesem Bereich abgelehnt werden (vgl. u.a. Europäische Kommission 2001). CSR ist eine Praxis, die hohe symbolische und kommunikative Anteile hat (vgl. Röttger & Sch- mitt 2014). Durch die öffentlichkeitswirksame Kommunikation von CSR-Maßnahmen können Unternehmen ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, in welche sie eingebettet sind, darstellen (CSR-Kommunikation). Die Umsetzung variiert dabei von Unternehmen zu Unter- nehmen, beispielsweise entlang von Branchen- und Größenfaktoren. Hauptkriterium für die er- folgreiche CSR-Kommunikation und CSR-Performance ist dabei jedoch, unabhängig von Branche und Größe des Unternehmens, die klare Verbindung der CSR-Aktivitäten mit dem Kerngeschäft (vgl. Röttger & Schmitt 2004; Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

Im Folgenden wird zur Annäherung von CSR zunächst ein kurzer historischer Überblick über die Entwicklung der wissenschaftlichen Debatte des CSR-Konzeptes gegeben (2.1). Anschlie- ßend erfolgt eine definitorische Annäherung an CSR, indem die Ergebnisse einer quantitativen Studie zu CSR-Definitionen herangezogen werden. Diese Vorgehensweise ergibt sich aus der Unübersichtlichkeit der definitorischen Landschaft von CSR. Die Übersicht mündet schließlich in einer Definition, welche sich in Gestalt eines multidimensionalen Modells konstituiert (2.2). Darauf folgt eine terminologische Abgrenzung zu verwandten Begriffen im Bereich der unter- nehmerischen Gesellschaftsverantwortung. Es wird gezeigt werden, dass dabei CSR als Ober- begriff in der Debatte fungiert (2.3). Anschließend wird das CSR-Konzept mit dem Nachhal- tigkeitsleitbild in Verbindung gebracht (2.4).

2.1 Zur Entwicklung der CSR-Thematik

Ende des 19. Jahrhunderts verändert sich im Zuge der Entstehung und Verbreitung großer Un- ternehmen die Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur maßgeblich. Während kleine, regional agierende Familienunternehmen immer mehr an Bedeutung verloren, gewannen große Kon- zerne immer weiter an Macht (vgl. Loew, Ankele, Braun, Klausen 2004; Coleman 1986). Die Konzentration von Macht im wirtschaftlichen Sektor warf dabei neue Fragen zur Gesellschafts- verantwortung von Unternehmen auf (vgl. u.a. Carroll 1999). Vor dem Hintergrund des Wan- dels vom klassischen ökonomischen „Laissez-Faire-Modell“ um 1930, zu einem Wirtschafts- system, in dem sich die staatliche Kontrolle gegenüber Unternehmen zunehmend intensiviert, reagierten Unternehmen mit der Einführung neuer Aktivitäten, die dem Wohl natürlicher Per- sonen bei der Interaktion mit Konzernen dienen sollten, wie etwa in der Form der Verbesserung von Arbeitsbedingungen (vgl. Loew et al. 2004). Die wissenschaftliche Debatte der CSR-The- matik wurde schließlich durch das von Howard A. Bowen publizierte Werk „Social Responsi- bilities of the Businessmen“ im Jahre 1953 angestoßen. Bowen argumentierte dabei, dass das Handeln von Unternehmen großen Einfluss auf die Gesellschaft habe, in die es eingebettet sei. Dadurch würden sich entsprechende Verpflichtungen seitens der Unternehmen ergeben, welche über ihre ökonomische Leistung hinausgingen. Die Orientierung an gesellschaftlichen Erwar- tungen solle sich dabei in der sozialen Verantwortung der Unternehmer widerspiegeln:

„It refers to the obligations of businessmen to persue those politics, to make those decisions, or to follow those lines of action, which are desireable in terms of objectives and values of society“ (Bowen 1953:7).

Während sich bei Bowen die gesellschaftliche Verantwortung bei einzelnen unternehmerischen Personen wie den Eigentümern ansiedelt, verlagerte sich die Zuschreibung von Verantwortung bald auf das gesamte organisationale Gebilde als tendenziell einheitlichen Akteur, da die gesellschaftlichen Auswirkungen des gesamten Unternehmens in den Fokus rückten (Loew et.al. 2004). Seit den 1960er Jahren basiert die Diskussion hinsichtlich des Konzepts und der Definition von CSR auf einer vierstufigen Entwicklung, welche Waddock (2003) unter Berufung auf Frederick (1995/1998), in CSR1 bis CSR4 differenziert. Diese Modelle werden als Meilensteine in der CSR Diskussion angesehen (vgl. Loew et al. 2004).

Die Evolution der Terminologie von CSR begann mit dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR1), der bis heute sowohl die fachliche Literatur als auch die unternehmerische Praxis dominiert, obgleich sich die Konzeption maßgeblich geändert hat. Bis in die späten 1970er Jahre dominierten normative Erklärungsgründe die Notwendigkeit gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung. Der Standpunkt war, dass Unternehmen nicht-monetäre Leistungen der Gesellschaft, wie beispielsweise Infrastruktur und Bildungssystem, beanspruchen. Daraus wurde für Unternehmen die Pflicht abgeleitet, als soziale Akteure Verantwortung für die daraus resultierenden gesellschaftlichen Konsequenzen zu übernehmen.

Mitte der 1970er Jahre wurde an dieses grundlegende Modell angeknüpft. Unternehmen, die diese normativ geforderte Verantwortung wahrnahmen, wurde eine aktive Rolle in der Gestal- tung des Verhältnisses zu ihrer gesellschaftlichen Umwelt zugesprochen. Diese Art der Ein- flussnahme von Unternehmen auf die Gesellschaft wurde unter dem Begriff „Corporate Social Responsiveness“ (CSR2) diskutiert (vgl. Loew et al. 2004). Diese zweite Version von CSR war konzeptuell praktischer und pragmatischer als die erste, weil unternehmerische Erfahrungs- werte eine stärkere Einbindung in die Entstehung der Terminologie und des Konzeptes hatten als externe Aufforderungen zur Verantwortungsübernahme (vgl. Waddock 2003: 9). Die Frage nach der Evaluation und Messbarkeit der tatsächlichen Leistungen in Hinblick auf gesellschaft- liche Aktivitäten von Unternehmen rückte erneut in den 1990er Jahren in den Vordergrund der wissenschaftlichen Debatte. CSR2 wurde weitestgehend durch die Terminologie „Corporate Social Performance“ (CSP) abgelöst. CSP ist bis heute ein zentraler Begriff und findet insbe- sondere bei Fragestellungen nach dem Verhältnis von CSR und unternehmerischen Profit An- wendung.2

CSR3 und CSR4, die für „Corporate Social Rectitude“ sowie „Cosmos, Science and Religion“ stehen, konnten sich terminologisch weder in der wissenschaftlichen Debatte, noch in der Un- ternehmenspraxis durchsetzen. CSR3 entwickelte sich in Reflexion zum wachsenden Interesse wirtschaftsethischer Fragen, in den späten 1980er Jahren. Diese Terminologie setzte auf ethisch orientierte Entscheidungsprozesse in Unternehmen und auf die generelle Ausweitung unterneh- merischer Werte, die über die Erfüllung intrinsischer Motive hinausgehen (vgl. Waddock 2003: 10). CSR4 entwickelte sich in den späten 1990er Jahren. Durch die Terminologie Cosmos, Science and Religion, werden naturwissenschaftliche Aspekte bei der Bildung von gesellschaftlichen Institutionen betont. Ebenso wird die Bedeutung einzelner Unternehmen re- lativiert (vgl. Loew et al. 2004).

Aus diesen vier wissenschaftlichen CSR-Modellen konnte sich insbesondere die Terminologie Corporate Social Responsibility (CSR1) durchsetzen, wobei sich die Konzeption des Begriffes deutlich gewandelt hat. Corporate Social Performance (CSP) wird in seiner ursprünglichen Ter- minologie und auch auf konzeptioneller Ebene primär in quantitativen Studien zur CSR-The- matik verwendet.

2.2 Definitorische Annäherung

Der Begriff CSR wird im Grünbuch der Europäischen Kommission als „[...] die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft.“ definiert (COM 2011 final: 681). Diese Definition hat sich in Europa als ein gemeinsames Verständnis von CSR etabliert, ist international jedoch nicht anerkannt.3 Die Kürze der Definition ergibt sich aufgrund der An- passung an internationale Definitionen und ist zugleich der hohen Pluralität der Terminologien geschuldet, da es bislang keine allgemein anerkannte Definition für CSR gibt (vgl. u.a. Dahls- rud 2006; Matten & Moon 2008). In einer früheren, ausführlicheren Definition werden zudem noch Umwelt- und Sozialbelange, als zentrale Aspekte von CSR genannt. Ebenso wird die Wechselwirkung zwischen Unternehmen und Stakeholdern betont, in deren Beziehung CSR angeführt wird:

„Konzept, dass den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“ (COM 2001 final: 366).

Umwelt- und Sozialbelange sowie eine Wechselbeziehung zwischen Organisation und Umwelt, sind definierende Elemente von CSR, die im Rahmen einer Analyse von CSR-Definitionen, im Jahr 2006, von Alexander Dahlsrud als zwei von fünf relevanten Dimensionen des CSR-Be- griffs identifiziert wurden. Aufgrund der Ergebnisse dieser Analyse, verortet der Autor die Herausforderung im Umgang mit CSR dabei allerdings nicht in der Unsicherheit gegenüber der Definition selbst, sondern darin, wie CSR soziologisch konstruiert ist:

„The CSR Definitions are describing a phenomenon, but fail to present any guidance on how to manage the challanges within this phenemenon.“ (Dahlsrud 2006:.6).

Die Stichprobe der Untersuchung umfasste 37 einschlägige Definitionen von CSR, die von 27 Autoren im Zeitraum von 1980 bis 2003 publiziert wurden. Im Zuge der Analyse wurden fünf relevante Dimensionen für die Auswertung der Definitionen identifiziert: Die ökologische, so- ziale und ökonomische Dimension, die Stakeholder-Dimension und die Dimension der Freiwil- ligkeit.4 Zusammenfassend wird festgestellt, dass das Aufstellen einer einheitlichen Definition von CSR weniger problematisch ist, als es zunächst scheint, da sich CSR relativ konsistent entlang der fünf identifizierten Dimensionen definieren lässt. Auffällig ist weiterhin, dass die einschlägigen Definitionen CSR trotzdem als ein Phänomen behandeln, da keine der Definiti- onen den Anspruch hat, zu erklären, wodurch sich die gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft eigentlich konstituiert. Der innovative Charakter des CSR Konzeptes liegt dabei nicht in der Herstellung der Verbindung von Unternehmen und gesellschaftlicher Verantwor- tung an sich, sondern im strategischen Umgang mit gesellschaftlicher Unternehmensverantwor- tung auf der operativen Ebene. Der Autor fordert, dass CSR vermehrt als soziales Konstrukt innerhalb des jeweils spezifischen Kontexts, welcher sich unter anderem durch die jeweilige Branche und die Zielgruppe des Unternehmens konstituiert, begriffen werden muss, um erfolg- reiche unternehmerische Strategien ableiten zu können (ebd.: 6). Als Schlussfolgerung aus der Analyse von Dahlsrud lässt sich festhalten, dass die fünf zuvor benannten Dimensionen ele- mentarer Bestandteil einer Definition des CSR-Konzepts sind. Folglich würde eine, alle Di- mensionen umfassende Definition, CSR als ein auf freiwilliger Basis, von Unternehmen imple- mentierbares Konzept beschreiben, durch welches diese - in Wechselwirkung mit ihren Stake- holdern - soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung übernehmen.

„The confusion about CSR is not about the definition itself, but about how CSR is soci- ally constructed in a specific context.“ (Dahlsrud 2006: 1).

Die multidimensionale CSR-Definition kann in vielerlei Hinsicht für diese Arbeit herangezo- gen werden. Zum einen bietet sie einen Überblick über die unübersichtliche definitorische Landschaft der CSR-Thematik, zum anderen weist sie auf die eigentliche Unsicherheit gegen- über der kontextspezifischen sozialen Konstruktion von CSR hin. Das multidimensionale Mo- dell bietet darüber hinaus eine Lösung zu dem von vielen Autoren formulierten Problem, dass eine exakte Definition bzw. statische Begriffserklärung, aufgrund der Dynamik des Themas schwer zu fassen ist (vgl. u.a. Maignan &Ferrel 2003). Die Benennung der Wechselbeziehung zwischen der konkreten Gestaltung von CSR und gesellschaftlichen Trends ist zutreffend, wo- bei sie allerdings eine exakte Definition, solange sie die dynamische Eigenschaft von CSR als Dimension berücksichtigt, grundsätzlich nicht ausschließt. Obgleich diese dynamische Kom- ponente bereits implizit anhand der Stakeholder-Dimension berücksichtigt wird, würde die Ein- führung einer weiteren Dimension sinnvoll sein, um diesen Punkt explizit zu berücksichtigen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für eine Definition, die der aktuellen CSR-Diskussion gerecht werden wird, ist die Verbindung von CSR-Maßnahmen und dem unternehmerischen Kernge- schäft. Gemäß dem aktuellen Verständnis von CSR, wird diese so interpretiert, dass Verant- wortung für gesellschaftlichen Auswirkungen des eigenen unternehmerischen Tuns übernom- men wird. Das historische CSR-Verständnis bestand primär aus philanthropischen Aktivitäten wie Charity und Stiftungsarbeit. Es war durch eine Entkopplung von Engagement und Kernge- schäft geprägt. Damit grenzt sich das moderne CSR-Verständnis klar von der traditionellen Gesellschaftsorientierung ab. Die Verbindung zum Kerngeschäft ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Performance und steht einer sogenannten „Add-On“- oder „On-Top“-Stra- tegie klar entgegen (vgl. Röttger & Schmitt 2014; Bundesministerium für Arbeit und Sozia- les 2016). Demnach erhält man folgende umfassende Definition, die sowohl alle relevanten Di- mensionen abdeckt, gleichzeitig aber breit genug erscheint, um ein individuelles unternehme- risches Verständnis von CSR zuzulassen:

CSR ist ein durch Unternehmen auf freiwilliger Basis implementierbare Strategiekomponente. Durch die Implementierung von CSR wird, in Wechselwirkung mit Stakeholdern und einer dynamischen Umwelt, soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung übernommen. Die Verantwortung bezieht sich auf mit dem Kerngeschäft in Verbindung stehende Auswirkungen.

Dieses definitorische Verständnis von CSR findet in dieser Arbeit Verwendung, weil es zum einen bis auf die hinzugefügten Dimensionen alle, statistisch identifizierten Eigenschaften ein- schlägiger CSR-Definitionen abdeckt und zum anderen eine besondere Betonung der Interde- pendenz von Organisation und Gesellschaft beinhaltet, welche für die soziologische Perspek- tive besonders relevant ist. Zudem wird in dieser Definition - als Reaktion auf die aktuelle CSR-Diskussion - die Verbindung von CSR mit dem unternehmerischen Kerngeschäft berück- sichtigt. Hierdurch wird betont, dass sich die moderne Interpretation unternehmerischer Gesell- schaftsverantwortung primär auf die jeweiligen branchenspezifischen Auswirkungen, respek- tive die externen Effekte von Unternehmen, bezieht. Weiterhin wird in dieser Definition anhand der ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen, die enge konzeptionelle Über- schneidung zum Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit herausgestellt. Zudem bietet ein auf Dimensionen aufbauendes Modell einen methodischen Mehrwert bei der Analyse unternehme- rischer Selbstpräsentation von CSR/CSP, da die Dimensionen als Vergleichskriterien herange- zogen werden können.

2.3 Terminologische Abgrenzung: CSR, CR und CC

Im Kontext der unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung existieren neben dem Begriff CSR noch weitere Konzepte, die eine mehr oder weniger hohe Relevanz genießen. Dies ist maßgeblich auf die Verbreitung und die Frequenz der Verwendung dieser Begriffe entlang kon- tinentaler und nationaler Grenzen zurückzuführen. Hinsichtlich der Forschungsfrage dieser Ar- beit und aufgrund des Umstandes einer fehlenden, allgemein anerkannten Definition sowie ei- ner konsistenten Abgrenzung zu verwandten Begriffen dieses Feldes, ist es von Interesse, wel- ches theoretische und praktische Verständnis von CSR jeweils existiert und wie die Beziehung von CSR zu anderen gängigen Terminologien im Bereich unternehmerischer Gesellschaftsver- antwortung bestehen. Hierzu bietet sich der Vergleich von Deutschland und den USA an.5

Neben CSR, gehören vor allem Corporate Responsibility (Unternehmensverantwortung, CR) und Corporate Citizenship (Unternehmensbürgerschaft, CC) zu den verwandten Begriffen im Kontext der unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung. Diese Begriffe finden zunehmend auch im deutschsprachigen Raum Verwendung, wobei sich in der entsprechenden Fachliteratur ein breiter Konsens über die Beziehung der Begriffe herausgebildet hat. Unter CR und CSR wird allgemein dasselbe Konzept verstanden. Mit der bewussten Verwendung von CR anstatt von CSR soll signalisiert werden, dass sich das Konzept nicht nur auf soziale Belange reduziert, sondern zu gleichen Teilen auch ökonomische und ökologische Bereiche abdeckt (vgl. u.a. Röttger & Schmitt 2014: 5). Allerdings liegt dieser Argumentation der Umstand zugrunde, dass das englische Wort social mit sozial übersetzt wird. Eine sinngemäße Übersetzung von social würde in diesem Rahmen daher eher mit dem Wort gesellschaftlich erzielt werden (vgl. Hiß 2005: 23ff.). Während auf internationaler Ebene eher CSR als Begriff verwendet wird, scheint sich in der deutschen Unternehmenspraxis tendenziell der Begriff CR durchzusetzen.6

Gemäß der deutschsprachigen Fachliteratur wird unter CC eine im Wesentlichen auf Stiftungs- aktivitäten, Spenden und Sponsoring reduzierte Ausprägung unternehmerischer Verantwor- tung, die zur Lösung gesellschaftlicher Probleme in der Organisationsumwelt eingesetzt wird, verstanden (vgl. Loew et.al. 2004). CC ist dabei gerade in Deutschland ein populärer Begriff, der jedoch fälschlicherweise in der ökonomischen Praxis oft mit CSR synonym verwendet wird (ebd.). Dies widerspricht damit dem modernen CSR-Verständnis, welches gerade die Ver- bindung von unternehmerischer Verantwortung mit dem Kerngeschäft betont. CSR bezieht sich damit primär auf den verantwortungsvollen Umgang von Unternehmen in Bezug auf ihre eige- nen Auswirkungen auf die Gesellschaft und weniger auf philanthropische Aktivitäten im Rah- men von CC.7 Dass diese theoretisch herstellbare Trennschärfe in der Unternehmenspraxis nicht gegeben ist, zeigt sich oberflächlich bereits in der synonymen Verwendung von CSR und CC sowie anhand der allgemein beobachtbaren Neigung, jegliches auf die Gesellschaft bezo- gene Engagement durch Unternehmen als CSR zu kommunizieren.8 Diese in der unternehme- rischen Praxis verschwimmende konzeptionelle und terminologische Trennschärfe ist exemp- larisch für das Verhältnis von CSR und weitere Begriffe im Bereich unternehmerischer Verant- wortung, wie beispielsweise Good Corporate Governance oder Corporate Sustainabilty. So schließt Mutz (2003), dass CSR als ein übergreifendes Konzept fungiert, welches jegliche For- men der unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung abdeckt.9 Die Komplexität der CSR- Thematik ergibt sich durch die Unklarheit hinsichtlich der Definition der Begriffe selbst, den Konzepten, die sie repräsentieren sowie deren Interpretation. Um diese Komplexität zu redu- zieren, wird CSR im Folgenden mit unternehmerischer Gesellschaftsverantwortung übersetzt und als einschlägiges Konzept wie auch als dominierender Begriff für „Strategien der Gesell- schaftsorientierung von Unternehmen.“ (vgl. Weiß 2005: 590) verwendet.

2.4 CSR und das Nachhaltigkeitsleitbild

Während sich die CSR-Debatte ursprünglich hauptsächlich mit der sozialen Verantwortung von Unternehmen auseinandersetzte, hat sich das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung primär mit dem verantwortungsvollen Umgang mit ökologischen Ressourcen beschäftigt. Heute weisen beide Konzepte erhebliche hberschneidungen auf. Die Vereinigung kann auch als „Harmoni- sierung“ der Konzepte gedeutet werden (vgl. Loew et al. 2004). Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung basiert auf der Definition der Brundtland-Kommission und besagt, dass eine Ent- wicklung dann nachhaltig ist, wenn sie „[...] die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen kön- nen.“ (Hauff 1987: 46). Nachhaltige Unternehmensführung, welche mithilfe der Implementie- rung von CSR angestrebt wird, bezieht sich auf die gesamtgesellschaftliche Ebene und umfasst somit alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Diese Dimensionen werden durch das Drei- Säulen-Modell, welches die ökologische, ökonomische und soziale Dimension nachhaltiger Entwicklung miteinander in Beziehung setzt, repräsentiert (vgl. COM final 2001). Durch das Leitbild der Nachhaltigkeit werden Unternehmen damit konfrontiert, einen entsprechenden Beitrag zu einer nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. Auf der einzel- wirtschaftlichen Ebene können Unternehmen diesen Beitrag über strategische Maßnahmen der Gesellschaftsorientierung leisten (vgl. Weiß 2005: 590). Das Leitbild der nachhaltigen Ent- wicklung gilt als Ergebnis der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 und basiert auf der zuvor erwähnten Definition des Brundtland-Reportes. Heute ist das Leitbild der Nachhaltigkeit omnipräsent und dient als wichtiges Schlüsselwort in der Unternehmenskom- munikation. Ebenso etabliert sich Nachhaltigkeit als Themenschwerpunkt diverser Studien- gänge im Bereich Wirtschaft.10 Die wirtschaftliche Tätigkeit gilt bei der europäischen CSR- Interpretation als Rahmenbedingung. Ökonomische Beiträge von Unternehmen fallen nicht un- ter das Konzept CSR (vgl. Loew et. al. 2004: 11). CSR ist nach europäischer Interpretation als Element nachhaltiger Unternehmensführung anzusehen, wobei nur zwei der drei Nachhaltig- keitsdimensionen, nämlich soziale und ökologische Herausforderungen, abgedeckt wer- den (ebd.: 11). Weiterhin ist das Verhältnis der Konzepte CSR, nachhaltige Unternehmensfüh- rung sowie nachhaltige Entwicklung in Abbildung 1 dargestellt, wobei nachhaltige Unterneh- mensführung und CSR auf der einzelwirtschaftlichen Ebene und nachhaltige Entwicklung auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene verortet sind. Die beiden zuletzt genannten Konzepte wer- den in dieser Arbeit unter Leitbild der Nachhaltigkeit respektive Nachhaltigkeitsleitbild subsu- miert. Durch die inflationäre Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Rahmen der Kom- munikation von Unternehmen, NGOs und anderen Organisationen, avanciert dieser zum Schlagwort oder „buzzword“ mit hohem Symbolcharakter und geringer Informationsdichte.11

2.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde ein sehr komplexes Thema zusammenfassend aufgearbeitet. Die Un- sicherheit im Umgang mit CSR ist nicht nur auf Ebene der Unternehmenspraxis vorhanden, sondern spiegelt sich auch in der akademischen Debatte wider. CSR kann mithilfe eines mul- tidimensionalen Modells definiert werden. Die CSR-Debatte ist hochdynamisch, die Thematik omnipräsent und perspektivisch vielfältig. CSR und das Leitbild der Nachhaltigkeit sind kon- zeptuell eng miteinander verbunden. Die inflationäre Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs führt zu einem Begriff mit Symbolcharakter und einem hohen Abstraktionsgrad.

3. Perspektiven auf CSR

Die Debatte um die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung, welche durch den Terminus CSR dominiert wird, kann auch heute noch durch folgendes Zitat treffend beschrieben werden:

„Corporate Social Responsibility means something, but not always the same thing to everybody […].“ (Votaw 1972: 25).

Ähnlich hat Carroll die Situation als „[...] an electric field with loose boundaries, multiple mem- berships, and differing training/perspectives; broadly rather than focused, multidisciplinary; wide breadth; brings in a wider range of literature; and interdisciplinary.“ beschrieben (Carroll 1994: 14). Beide Zitate charakterisieren die Debatte rund um CSR als unübersichtlich, multi- disziplinär, definitorisch und konzeptionell nicht eindeutig bzw. widersprüchlich. Nachdem die Problematik der enormen Pluralität von Definitionen bereits im obigen Teil thematisiert und anhand eines multidimensionalen Modells vereinfacht wurde, wird nun der Fokus auf die the- oretische Debatte rund um das Themenfeld CSR gelegt. Garriga und Melé (2004) geben einen Überblick über die breite Theorielandschaft zu CSR, indem sie vier elementare Perspektiven auf CSR identifizieren: Die instrumentelle, die politische, die integrative und die ethische Per- spektive, auf die nun in Kürze eingegangen wird.

Durch instrumentelle CSR-Theorien wird die Perspektive eingenommen, dass CSR lediglich ein Instrument der Unternehmen sei, um den Profit zu maximieren. Dabei werden vermeintlich altruistische Aktivitäten, die im Zuge eines CSR-Konzepts kommuniziert werden, kalkuliert eingesetzt, um langfristig den Unternehmenswert zu steigern und Wettbewerbsvorteile zu er- zielen. Folgt man den instrumentellen Theorien, handelt es sich bei der Implementierung eines CSR-Konzepts also um soziale Investitionen, die berechnend von den Unternehmen getätigt werden, um durch die Vermarktung dieser gesellschaftlich wertgeschätzten Aktivitäten unter- nehmenseigene Vorteile zu erzielen. Als Vertreter dieses Ansatzes gelten unter anderem Fried- man (1970) und Jensen (2000).

Die politischen Theorien hingegen sehen in CSR eher den in die politische Sphäre eingebette- ten, verantwortungsvollen Umgang mit wirtschaftlicher Macht. Je mehr gesellschaftliche Macht ein Unternehmen hat, desto höher ist seine Verantwortung gegenüber seiner Umwelt. Aus dieser Perspektive heraus wird angenommen, dass ein Sozialvertrag zwischen Wirtschaft und Gesellschaft existiert, mit dem CSR in Verbindung steht. Hiernach wird ein Unternehmen als korporativer Akteur verstanden, der wie ein Bürger auf eine bestimmte Art und Weise in die Gemeinschaft involviert ist. Vertreter dieser Herangehensweise sind z. B. Wood und Logs- don (2002).

Integrative Theorien stellen die Frage, wie soziale Belange im Rahmen von CSR in wirtschaft- liche Tätigkeiten integriert werden. Zentral für diese Theorien ist die unternehmerische Adap- tion von sozialen, politischen und rechtlichen Problemen, die über CSR abgebildet werden, um über eine angemessene Reaktion bzw. Stellungnahme zu gesellschaftlich relevanten Themen Legitimation zu erhalten. Ein einschlägiger Vertreter dieser Theorie ist beispielsweise Carroll (1979).

Theorien, die die ethische Perspektive auf CSR vertreten, setzen den Fokus darauf, wie richtiges Handeln zu einer guten Gesellschaft führt. Demnach gelten Unternehmen als Gemeinschaftsgut und haben eine grundsätzliche Verantwortung gegenüber ihren Stakeholdern, mit ihrem Handeln einen Teil zu einer „guten“ Gesellschaft beizusteuern. Auf diese Weise argumentiert beispielsweise Ulrich (1991: 193).

3.1 Profitmaximierung und Gesellschaftsverantwortung?

Vor dem Hintergrund des Selbstverpflichtungsprinzips von CSR ergibt sich die Frage nach der unternehmerischen Motivation, CSR zu implementieren und aktive Beiträge zu leisten (vgl. Bluhm 2008: 149). Ökonomische Erklärungsansätze für die Implementierung und Verbreitung von CSR zielen auf wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen ab. Normative Konzeptionen ge- hen hingegen davon aus, dass mit der gesellschaftlichen Einbettung von Unternehmen im Sinne eines vertragstheoretischen Verhältnisses Verantwortlichkeiten einhergehen. Die Fokussierung auf die Gegenüberstellung ökonomischer und normativer Erklärungsansätze ergibt sich aus der zentralen Diskussion über die Vereinbarkeit profitmaximierender und gesellschaftsorientierter Ziele in Unternehmen (vgl. u.a. Margolis & Walsh 2003 und Hiß 2005).

3.1.1 Ökonomische Ansätze

Aus ökonomischer Perspektive steht bei der Entscheidung hinsichtlich der strategischen Um- setzung von CSR ein wirtschaftlicher Vorteil für die Unternehmen im Vordergrund.12 Mit dem unter heutigen Umständen höchst provakant wirkenden Leitspruch „The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits“ verteidigte der Ökonom Milton Friedman im Jahre 1970 die Profitfunktion von Unternehmen als ihre einzige Aufgabe. In heutigen, modernen Gesell- schaften gehen die Anforderungen an die Verantwortung von Unternehmen jedoch weit über die ökonomische Verantwortung hinaus. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie Verantwor- tung für die sozialen und ökologischen Folgen ihrer Tätigkeit übernehmen und entsprechende Maßnahmen in ihre wirtschaftliche Tätigkeit integrieren (vgl. Schranz 2007). Indem Unterneh- men CSR-Maßnahmen einführen, können sie ihre Rolle als Verantwortungsträger kommuni- zieren.

Der intrinsische Ansatz in Bezug auf die Motivation zur Implementierung von CSR zielt maß- geblich auf einen Nutzenzuwachs für das Unternehmen selbst ab. Die Motivation für die An- wendung von CSR-Konzepten wird primär aufgrund der Verbindung mit einem Wettbewerbs- vorteil für Unternehmen, welcher sich langfristig gesehen in Form von Reputationsgewinnen und Profitabilitätssteigerungen sowie der Existenzsicherung niederschlagen soll, begründet (vgl. Wühle 2007: 14ff.). Dem profitorientieren Interesse an CSR wird in zahlreichen quantita- tiven Studien nachgegangen, die den Einfluss von CSR auf die finanzielle Performance von Unternehmen untersuchen. In den Studien wird CSP mit der Corporate Financial Performance (CFP) korreliert. Unter CSP wird die konkrete CSR-Umsetzung eines Unternehmens verstan- den. Um diese messbar zu machen, werden die Leistungen im CSR Bereich in Kennzahlen überführt. Genauer wird CSP definiert als „a business organization’s configuration of principles of social responsibility, prosesses of social responsiveness and policies, programs, and observable outcomes as they relate to the firm’s societal relationships.“ (Wartick & Cochram 1985).

Um die CSP in einem Unternehmen zu messen, werden beispielsweise unternehmenseigene CSP-Publikationen mit dem theoretischen Modell von CSP verglichen, finanzielle Investitio- nen in CSR-Maßnahmen betrachtet und Werte und Prinzipien von Managern durch Umfragen ermittelt (vgl. Margolis & Walsh 2001). Die hohe Anzahl quantitativer Studien, die jeweils zu

[...]


1 Nachzulesen in internationalen Referenzdokumenten, wie beispielsweise den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

2 Siehe Kapitel 3.1.1 für die Darstellung einer entsprechenden Metaanalyse, die Studien zur Korrelation von CSP und CFP zusammenfasst, um Aussagen über den Einfluss von CSP/CSR auf die Profitabilität von Unternehmen zu treffen.

3 Dass Begriffe, die global verwendet werden, generell sehr breit definiert werden, ist charakteristisch und beispielsweise auch bei dem Begriff NGO zu beobachten.

4 Insgesamt haben alle Dimensionen eine Wahrscheinlichkeit von jeweils p ≥ 0,5 in einer beliebigen Definition innerhalb der Grundgesamtheit vorzukommen. Da alle Dimensionen Werte von mindestens p = 0,5 aufweisen, ist ihr Vorkommen in einer beliebigen Definition wahrscheinlicher als ihre Abwesenheit, wodurch sich ihre Relevanz für die CSR-Thematik begründet.

5 Für eine ausführliche Gegenüberstellung des europäischen und US-amerikanischen CSR-Verständnisses und der daraus resultierenden Unterscheidung in „implizite“ und „explizite“ CSR siehe Matten & Moon 2008. 13

6 Diese Tendenz ist im Zuge von Interviews, geführt von Röttger & Schmitt mit Experten aus der deutschen Unternehmenspraxis, abgeleitet worden (siehe Röttger & Schmitt 2014: 14f).

7 Dass die Verbindung zum Kerngeschäft im Sinne der modernen Interpretation erfolgreicher CSR unabdinglich ist, heißt nicht, dass Unternehmen dieses Verständnis auch adaptieren.

8 Dies wird unter anderem bei den von Röttger und Schmitt (2014) geführten Experteninterviews deutlich.

9 Dabei fallen unter CSR alle unternehmerischen Beiträge, die mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit in Verbin- dung stehen

10 Dazu gehört die Akkreditierung neuer Studiengänge wie etwa „Nachhaltigkeitsmanagement“ oder „Internatio- nal Sustainable Management“ (Modul University Vienna sowie ESCP Europe Business School). 15

11 Durch die Verwendung des englischen Begriffs „buzzword“ wird betont, dass es sich z. B. bei Nachhaltigkeit nicht (nur) um ein Schlagwort im Sinne eines Schlüsselbegriffs handelt, sondern um einen Begriff, der eine Über- zeugungsabsicht innehat. Buzzwords dienen dazu, einen Sachverhalt prägnant und überzeugend zu beschreiben. Dabei verknappen sie diesen Sachverhalt zulasten der Informationsdichte (vgl. Cambridge Dictionary Business English 2016).

12 Zudem beleuchtet die Managementforschung CSR aus handlungsorientierter Sicht, um konkrete strategische Empfehlungen an Unternehmen auszusprechen (Beispielweise in Röttger & Schmitt 2014)

Fin de l'extrait de 70 pages

Résumé des informations

Titre
Corporate Social Responsibility. Etablierte und neue Unternehmen im Vergleich
Université
University of Wuppertal  (Organisationssoziologie)
Note
1,0
Auteur
Année
2016
Pages
70
N° de catalogue
V352323
ISBN (ebook)
9783668387492
ISBN (Livre)
9783668387508
Taille d'un fichier
1448 KB
Langue
allemand
Mots clés
CSR, Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Organisationssoziologie, Unternehmen, Corporate Websites, Nachhaltigkeit, Sustainability, Original Unverpackt, Supermärkte
Citation du texte
Laura Krämling (Auteur), 2016, Corporate Social Responsibility. Etablierte und neue Unternehmen im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352323

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