Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 Begriffliche Abgrenzungen
2.1 Führung und Leadership
2. 2 Menschenbilder
3. Führungsansätze
3.1 Traditionelle Führungsansätze
3.1.1 Eigenschaftsorientierter Ansatz
3.1.2 Verhaltensorientierter Ansatz
3.1.3 Situationsorientierter Ansatz
3.2 New Leadership
3.2.1 Transaktionale und transformationale Führung
3.2.2 Emotionale Führung
4. Konfliktmanagement
4.1 Die Konflikteskalation nach Glasl
4.1.1 „Win-Win“ Ebene
4.1.2 „Win-Lose“ Ebene
4.1.3 „Lose-Lose“ Ebene
4.2 Die Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg
5. Persönliche Reflexion und Kompetenzentwicklung
6. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
“Ein Heer von Schafen, das von einem Löwen geführt wird, schlägt ein Heer von Löwen, das von einem Schaf geführt wird1 ”. Dieses alte arabische Sprichwort, das die Bedeutsamkeit einer füh- renden Kraft in den Mittelpunkt stellt, ist in der heutigen Zeit aktueller denn je. Schlagwörter wie Frauenquote, Managergehalt und Burnout beherrschen die Medien. Eine von der Digitalisierung und Globalisierung veränderte Gesellschaft möchte auch sein Verständnis für Führung neu defi- nieren. Doch was zeichnet einen modernen Löwen aus? Haben sich die Herausforderungen, der sich eine moderne Führungskraft stellen muss gewandelt, oder sind es die gleichen geblieben, nur neu verpackt? Mit diesen Fragestellungen setzt sich der Forschungsbereich Leadership auseinan- der.
Für den Erfolg einer Unternehmung ist die kompetente Führung der Mitarbeiter unerlässlich. Ist diese Position falsch besetzt, droht jedes noch so vielversprechende Projekt zu scheitern. Seit Jahrhunderten wird darüber diskutiert und philosophiert, wie Menschen geführt werden müssen. Der Stellenwert der Arbeiter hat sich dabei stetig gewandelt. Ein Mensch, der nur als Zweck für die Erfüllung der eigenen Ziele dient, wird anders wahrgenommen und behandelt, als ein Mensch dessen Leistung honoriert und wertgeschätzt wird. Somit wird die Art der Führung insbesondere durch das Bild über einen Menschen beeinflusst. Diese Menschenbilder haben sich im Laufe der Zeit verändert und weiterentwickelt. Synchron dazu verlief auch die Entwicklung verschiedener Führungsansätze. Mit diesem Wandel zwischen klassischen und modernen Führungstheorien möchte sich die vorliegende Arbeit auseinandersetzen.
Für ein fortlaufendes Verständnis werden zunächst begriffliche Abgrenzungen vorgenommen. Darauf aufbauend folgt der theoretische Teil dieser Arbeit. Dieser untergliedert sich in klassische und moderne Führungstheorien. Darüber hinaus dient das Konfliktmanagement als theoretischer Schwerpunkt. Im praktischen Teil wird der Autor seine persönliche Kompetenzentwicklung im Bereich Leadership reflektieren. Im Zentrum der Betrachtung wird der theoretisch gesetzte Schwerpunkt liegen. Abgeschlossen wird die Arbeit mit einer kurzen Zusammenfassung und Schlussbetrachtung.
2. Begriffliche Abgrenzungen
Im Folgenden werden zunächst alle wichtigen Begriffe voneinander abgegrenzt und zudem defi- niert. Dadurch soll ein Fundament für das weitere Verständnis dieser Arbeit geschaffen werden. Auf die Klärung der Begrifflichkeiten folgt der Einstieg in verschiedene Führungstheorien.
2.1 Führung und Leadership
Der Begriff „Leadership“ ist die englische Übersetzung des deutschen Wortes „Führung“ und hat die gleiche Bedeutung. Somit sind beide Wörter Synonyme und werden auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit als jene betrachtet. Die weite Verbreitung des englischen Fachbegriffs ist mit Sicherheit auch historisch zu erklären. In Deutschland ist der Begriff Führung in enger Verbindung zum Nomen „Führer“ etwas negativ behaftet. Dadurch konnten sich in der Fachliteratur auch englische Begrifflichkeiten früh durchsetzen.
Bezogen auf die Definition von Führung und Leadership lässt sich grundsätzlich festhalten, dass es keine einheitlichen Definitionen gibt. Der Begriff Führung ist sehr facettenreich und lässt sich auf eine Vielzahl von Gebieten anwenden. Häufig ist er im Sport (z.B. „Michael Schuhmacher ist in Führung gegangen“) oder in der Politik (z.B „die Führung einer politischen Strömung inne haben“) anzutreffen. Auch im alltäglichen Leben (z.B. „die Führung eines Fahrzeuges“) findet der Begriff Verwendung. Deshalb wird sich in dieser Arbeit auf die Führung einer Organisation im betriebswirtschaftlichen Sinne beschränkt. Aus Wissenschaft und Praxis liegen zahlreiche Veröffentlichungen zum dem Thema Führung in Organisationen vor. Dabei wird Führung aus sehr unterschiedlicher Perspektive beschrieben2.
Prof. Dr. Theo Peters, Lehrstuhlinhaber für Organisation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, definiert den Begriff Leadership wie folgt: „Führung von anderen Menschen bzw. Menschen- gruppen, insbesondere im politischen, geistigen oder ideologischen Bereich und als Fähigkeit eines Menschen aufgrund seiner Persönlichkeit andere Menschen bzw. Menschengruppen zu füh- ren“3. Es wird deutlich, dass die führende Person gewisse Eigenschaften oder auch Kompetenzen aufweisen muss4.
Lutz von Rosenstiel, ehemaliger Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, definiert Führung als eine zielbezogene Einfluss- nahme. Dabei werden die Geführten dazu bewegt, bestimmte Ziele des Unternehmens zu errei- chen. Klassische Ziele sind die Steigerung des Umsatzes oder die Verbesserung des Betriebskli- mas. Diese Einflussnahme lässt sich jedoch auf verschiedenen Wegen vornehmen. Von Rosen- stiel unterteilt Führung in zwei verschiedene Arten. Die Führung durch Strukturen und die Füh- rung durch Personen5.
Innerhalb einer Führung durch Strukturen werden Stelleninhaber in Organisationen nicht unmit- telbar durch eine Person zielbezogen beeinflusst. Viel mehr werden die Aktivitäten durch Struk- turen gesteuert und koordiniert. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Arbeit am Fließband. Dort wird jeder Arbeitsschritt durch die technische Struktur eines Fließbandes festgelegt. Jeder Handgriff ist vorgegeben und bedarf keiner personellen Führung. Erst im Falle einer nicht vorgesehenen Störung wird eine führende Person eingreifen müssen. Ähnlich ist die Situation in Filialen von zentral gesteuerten Organisationen, die alle Vorgaben bis in das kleinste Detail geregelt und fest- geschrieben haben. Dadurch erhalten Mitarbeiter fast keinen Raum für eigene Kreativität. Auch hier greifen Führende nur dann ein, wenn im zentral geordneten Ablauf Störungen entstanden sind6.
Die Führung durch den Menschen spiegelt sich im Verhalten des Vorgesetzten wieder. Er be- stimmt in welchem Maße die Vorschrift in die gelebte Realität umgesetzt wird. Somit ergibt sich ein größerer Spielraum für flexibles und kreatives Arbeiten. Der Vorgesetzte und seine Art Auf- gaben zu koordinieren, Mitarbeiter zu motivieren, Ziele zu verdeutlichen und Ergebnisse zu kon- trollieren, wird zum zentralen Bestandteil der Führung. Somit definiert sich diese Form der Füh- rung als zielbezogene Beeinflussung von Unterstellten durch Vorgesetzte mit Hilfe der Kommu- nikation. Von Rosenstiel hat auch Überlegungen angestellt, wie solch eine Art der Führung ver- bessert werden kann und entwickelte darauf zwei unterschiedliche Fragestellungen. Die Selekti- onsfrage beschäftigt sich mit der schlichten Eignung einer Person zur Führungskraft. Die Perso- nalentwicklungsfrage möchte eine Antwort dazu liefern, wie und nach welchen Kriterien eine Führungsposition geschult werden muss, um zielorientiert und erfolgreich zu führen7.
2.2 Menschenbilder
Ein Menschenbild ist eine Theorie über die Natur des Menschen. Es enthält Annahmen über die Bedürfnisstrukturen und die Werthaltungen der Mitarbeiter und prägt dadurch das Führungsver- halten8.
Menschenbilder und Führungsprinzipien sind eng miteinander verknüpft. Verschiedene Formen der Führung haben keine zufälligen Ausprägungen, sondern lassen sich ideologisch von einem bestimmten Menschenbild ableiten.
Die Lehre der Personalführung kennt zahlreiche Ansätze zur Unterscheidung von Menschenbil- dern. Ein sehr weit verbreitetes Konzept hat der amerikanische Professor Douglas McGregor be- reits im Jahr 1960 entwickelt. Seine XY-Theorie stellt das natürliche Verhältnis von Menschen zu ihrer Arbeit dar. Dabei unterscheidet er klar zwischen zwei verschiedenen Menschenbildern. Die Theorie X geht davon aus, dass der Mensch arbeitsscheu ist und vermeidet, Verantwortung zu übernehmen. Er stellt das Streben nach Sicherheit über den eigenen Ehrgeiz. Das hat zur Fol- ge, dass solch ein Mitarbeiter erst zur Arbeit gezwungen werden muss. Deshalb ist ein autoritärer Führungsstiel unabdingbar. Die Theorie Y hingegen charakterisiert das Wesen des Menschen ganz anders. Dieses Menschenbild geht davon aus, dass der Mensch gerne arbeitet und sogar Be- friedigung aus der Arbeit zieht. Er möchte Verantwortung übernehmen und verfolgt die Ziele des Unternehmens, weil er dadurch auch seine eigenen Ziele erreichen kann. Somit erfordert Typ Y eher einen kooperativen Führungsstiel9.
McGregor geht davon aus, dass Führungskräfte stets vom Typ Y ausgehen sollten. Eine Anwendung von Typ X könnte dazu führen, dass die Mitarbeiter ihr Verhalten zwangsläufig diesem Menschenbild anpassen würden.
Menschenbilder sind nicht konstant und können sich im Laufe der Zeit grundlegend ändern. Deswegen unterscheidet der amerikanische Professor für Organisationspyschologie Edgar Schein zwischen vier Grundtypen, die den Wandel des Menschenbildes im Lauf der Geschichte wieder- spiegeln.
Der erste Grundtyp ist der rational-ökonomische Mensch (ca. 1900 bis 1930). Dieses Menschen- bild geht von einem Arbeiter aus, der hauptsächlich durch materielle Anreize gesteuert wird und nach der Erhöhung des eigenen Nutzens strebt. Eigene Emotionen haben keinen Einfluss auf die eigene Arbeit. Im klaren Gegensatz dazu steht der soziale Mensch (ca. 1930 bis 1950). Er hat soziale Bedürfnisse und befriedigt diese durch soziale Beziehungen zu anderen Menschen. Er ist bereit höhere Leistungen zu erbringen, wenn er Aufmerksamkeit und Anerkennung erfährt. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs entwickelten sich Grundtyp drei und vier parallel. Der sich selbst verwirklichende Mensch versucht so weit wie möglich sich selbst zu entfalten. Er benötigt nur selten äußere Anreize oder Kontrolle. Im Vordergrund steht das Streben nach Unabhängigkeit und Partizipation. Somit entspricht dieses Bild im Grunde dem Y-Typ von McGregor. Der vierte Grundtyp ist der komplexe Mensch. Er wird als vielschichtig und wandlungsfähig charakterisiert und lässt sich von verschiedensten Faktoren beeinflussen. Dieses Menschenbild geht von der in- dividuellen Natur des Menschen aus, wonach sich ein Mensch nicht so einfach in ein Schema pressen lässt. Die Konsequenz für das Management ist eine situative Führung, die sowohl die individuellen Merkmale des Mitarbeiters als auch die jeweilige Führungssituation einbezieht10. Inzwischen gelten sowohl die Menschenbilder des rational-ökonomischen als auch des sozialen Menschen als überholt. Ein Mensch kann nicht wie eine Maschine funktionieren, die nur durch Geld zu einer höheren Leistung bewegt werden kann. Das Gegenmodell des sozialen Menschen ist hingegen durch ein realitätsfernes Harmoniedenken geprägt. Der Einfluss der Arbeitszufrie- denheit auf die Effizienz der Mitarbeiter ist sicherlich vorhanden, aber nicht der einzige Einfluss- faktor. Die beiden nach dem zweiten Weltkrieg entstandenen Bilder haben auch heute noch ihre Gültigkeit und werden immer weiter ausgebaut11.
3. Führungsansätze
Führungsansätze oder auch Führungstheorien sind ein wesentlicher Bestandteil der Personalfüh- rung. Vor allem haben Führungstheorien Erklärungsaufgaben, die erst dann erfüllt werden kön- nen, wenn einzelne essentielle Variablen der Führung ausreichend beschrieben worden sind. All- gemein lässt sich zwischen traditionellen und modernen Führungsansätzen unterscheiden. Die traditionellen Führungsansätze fokussieren sich nur auf eine Variable der Führung. Im Laufe der Zeit haben sich diese Ansätze des Öfteren gewandelt. Trotzdem konnte bis heute kein einheitlich akzeptiertes Konzept gefunden werden. Führung ist schließlich ein komplexes, dynamisches und abstraktes Konstrukt und lässt sich somit schwer verallgemeinern. Die Ent- wicklungsgeschichte der Führungstheorien lässt sich verkürzt in drei Phasen unterteilen12. Eine Phase stellt die personifizierten bzw. eigenschaftsorientierten Führungsansätze da. Dort stehen die angeborenen sowie später entwickelten Persönlichkeitseigenschaften im Vordergrund. Die darauffolgende Phase fokussiert sich auf das Verhalten der Führungskräfte. Diese verhaltensori- entierten Ansätze gehen einen Schritt weiter und binden auch das Verhältnis zwischen Führungs- kraft und Mitarbeiter mit ein. Nachdem weder verhaltens- noch eigenschaftsorientierte Ansätze ausreichend den Erfolg oder Misserfolg der Führung erklären konnten, wendeten sich Forscher vor allem den Situationsvariablen zu. In diesen Ansätzen wird davon ausgegangen, dass Führung nicht einheitlich geschehen kann, sondern sich jeder neuen Situation anpassen muss. Somit exis- tieren auch mehrere mögliche und erfolgreiche Führungsstile, je nach passender Situation. Im nun folgenden Abschnitt werden diese drei Phasen ausführlicher erläutert13.
3.1 Traditionelle Führungsansätze
3.1.1 Eigenschaftsorientierter Ansatz
Führungsansätze mit eigenschaftsorientierten Ansatz gehen davon aus, dass die Fähigkeit zur Personalführung angeboren ist oder von erworbenen Persönlichkeitsfaktoren des Menschen abhängt. Diese Fähigkeit ist relativ stabil, zeit- und situationsunabhängig14. Dieser Annahme liegt das Bild des rational-ökonomischen Menschen zugrunde. Folglich sind nur wenige Menschen mit bestimmten Eigenschaften als Führungsperson geeignet15. Die Person des Führenden steht also ganz klar im Zentrum der Betrachtung. Die Beziehung zwischen Mitarbeiter und dem Führenden wird dabei kaum beachtet. Führung wird stets als einseitige Einflussnahme verstanden, immer von Seiten des Führenden in Richtung des Geführten16.
Wie bereits erwähnt, stehen in diesen Führungsansätzen die Eigenschaften der Führungskraft im Mittelpunkt, deswegen wurde immer wieder versucht herzufinden, welche Führungseigenschaf- en besonders wünschenswert und effektiv sind Das bis heute meist anerkannte Standardmodell in der Persönlichkeitsforschung ist das Fünf-Faktoren-Modell. Es beinhaltet die sogenannten Big Five, also jene fünf Faktoren, die eine Persönlichkeit am aussagekräftigsten beschreiben kön- nen17. Dazu zählen:
1. Neurotizismus versus emotionale Stabilität
2. Feindseligkeit versus Liebenswürdigkeit
3. Mangelnde Zielvorstellungen versus Gewissenhaftigkeit
4. Introversion versus Extraversion
5. Verschlossenheit versus Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen
Als besonders relevant gelten in diesem Modell die Extraversion und die emotionale Stabilität. Durch dieses Modell lässt sich die Persönlichkeit der Führungskraft zwar gut zusammenfassen, trotzdem geht man heute davon aus, dass die Persönlichkeit nur einen kleinen Anteil am Führungserfolg aufweist. Das ist der allgemeine Kritikpunkt an den eigenschaftsorientierten Führungsansätzen, denn sie lassen andere wichtige Faktoren wie das Verhältnis zum Mitarbeiter oder situative Veränderungen völlig außer Acht18.
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1 Vgl. Groth 2016, „die besten Zitate über Führung“, online (http://www.leadershipjournal.de/zitate/fuehrung-zitat/) (22.12.2016) 1
2 Vgl. Jäger 2004, S.12 ff
3 Peters 2015, S. 1
4 Peters 2015, S. 2
5 Vgl. von Rosenstiel 2003, S. 4
6 Vgl. von Rosenstiel 2003, S. 4
7 Vgl. von Rosenstiel 2003, S. 5
8 Vgl. Drumm 2008, S. 410 ff
9 Vgl. Dillerup/von Stoi 2013, S. 640
10 Vgl. Dillerup/von Stoi 2013, S. 641
11 Vgl. Dillerup/von Stoi 2013, S. 642
12 Vgl. Wunderer 1993, S. 24 ff
13 Vgl. Von Au 2016, S. 6 ff
14 Vgl. Sohm 2007, S.7
15 Vgl. Jung 2011. S. 416
16 Vgl. Von Au 2016, S. 8
17 Vgl. Von Au 2016, S. 8
18 Vgl. Kauffeld 2011. S.71