Übergang vom Kindergarten zur Grundschule. Beziehungsarbeit für Lehrerinnen und Lehrer


Hausarbeit, 2016

23 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
Gliederung
1.
Einleitung...2
2.
Beziehungsarbeit...3
2.1
In der Psychologie...3
2.2
In der Pädagogik...7
3.
Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule...10
3.1
Der Kindergarten als Vorbereitung auf die Grundschule...10
3.2
Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule...12
3.3
In der Grundschule im Anfangsunterricht...14
3.4
Unterstützung durch Beziehungsarbeit...15
4.
Prinzipien des Anfangsunterricht...17
4.1
Prinzipien nach Wolfgang Knörzer...17
4.2
Weitere Prinzipien...19
5.
Fazit...20
6.
Literatur...22

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
1. Einleitung
Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule hält viele Herausforderungen für das
Kind bereit. Es muss sich auf einen neuen Lebensraum außerhalb des familiären
Kontaktbereichs einstellen, es lernt seine Mitschülerinnen und Mitschüler, seine Lehrerin oder
Lehrer kennen, und begegnet dabei neuen Bezugspersonen, durch die neue Beziehungen
entstehen. Jedes Kind sucht Sicherheit, Geborgenheit, Wärme, Wertschätzung und hat
Neugier auf neue Erkenntnisse. Da aber in der Schuleingangsphase meist noch viele Sorgen
und Unsicherheiten bei den Kindern herrschen, gilt es diese den Kindern zu nehmen. Doch
wie kann den Schulanfängerinnen und Schulanfängern der Übergang erleichtert werden? In
dieser Ausarbeitung wird auf den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule
eingegangen. Dabei wird besonders Bezug auf die Beziehungsarbeit genommen und
aufgezeigt, wie diese unterstützend wirken kann.
Im ersten Teil wird die Beziehungsarbeit aus psychologischer und pädagogischer Sicht
betrachtet, und im zweiten Teil wird weiter beschrieben, wie der Übergang in Kooperation
von Kindergarten und Grundschule gestaltet werden kann. Dabei wird besonders Bezug auf
die Beziehungsarbeit im Vorschulalter und in der Schuleingangsphase, in denen sie aus
psychologischer und pädagogischer Sicht eine besondere Wichtigkeit hat, genommen. Da es
für die Lehrerin oder den Lehrer in der Schuleingangsphase wichtig ist, die Kinder zu
motivieren, wird auf ein paar exemplarische aufgestellte unterstützende Prinzipien für den
Anfangsunterricht im dritten Teil eingegangen.
In der Ausarbeitung wird ein entscheidender Stellenwert auf die Beziehungsarbeit zwischen
Lehrerin oder Lehrer und Schülerin oder Schüler gelegt. Das Beziehungssystem zu Eltern,
Freunden, Vertrauten und Verwandten werde ich in diesen Ausführungen eher weniger mit
einbeziehen, obwohl es zum mitwirkenden lebensbegleitenden System natürlich dazugehört.

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
2. Beziehungsarbeit
Die Beziehungsarbeit spielt bei den dokumentierten Psychologen und Pädagogen in ihren
Erkenntnissen eine wichtige Rolle, nach diesen ist sie die Basis von psychologischer und
pädagogischer Arbeit in den verschiedenen altersentsprechenden Erziehungsphasen. Darauf
soll in den nachfolgenden Punkten näher eingegangen werden. ,,Wir sagen heute mit großer
Geläufigkeit, ,,Erziehung bedingt Beziehung"." (Krautz, 2013, S. 211) ,, Das Selbst kann sich
am besten, in mancher Hinsicht sogar nur durch den Kontakt mit einem anderen Selbst
entwickeln." (Kuhl, 2011, S.17) Nach diesen Aussagen spielt somit die Beziehungsarbeit eine
zentrale Rolle bei der Entwicklung des Kindes, worauf in den nachfolgenden Punkten erst aus
Sicht der Psychologie und anschließend aus Sicht der Pädagogik eingegangen wird.
2.1
In der Psychologie
Das Thema: ,,Beziehung zum Kind" hat im Laufe der Zeit in der Psychologie immer mehr an
Bedeutung gewonnen. Wie durch Recherche festgestellt, gab es zwar didaktische
Überzeugungen, doch sie fanden in der Praxis unterschiedliche methodische Umsetzungen.
Der Behaviorist John Broadus Watson sagte: ,,Verwöhnen Sie sie nicht. Geben Sie ihnen
keinen Gutenachtkuss. Nicken Sie viel mehr wie bei einer kurzen Verbeugung mit dem Kopf
und schütteln Sie ihnen die Hand, bevor Sie das Licht ausmachen." (Kuhl, 2011, S. 112)
Andere dagegen stellten die Beziehung mehr in den Vordergrund wie z.B. Siegmund Freud
und der auf Freuds Theorie aufbauende Erik Erikson. ,,Beide Theorien behaupten, dass die
frühen Erfahrungen im Kontext der Familie einen anhaltenden Einfluss auf die Beziehungen
eines Individuums zu anderen Menschen haben." (Siegler, 2011, S. 344) Die emotionale
Förmlichkeit nach Watson setzte sich jedoch nicht durch. Vielmehr verfestigte sich die
Theorie von den beiden Entwicklungspsychologen John Bowlby und Mary Ainsworth. Sie
meinten, dass Kinder spürbare Nähe und Geborgenheit brauchen. (vgl. Kuhl, 2011, S. 112)
Einen großen Beitrag zur Diskussion um Bindung, Beziehung, Beziehungsgestaltung und
Selbstkompetenzentwicklung leistete die psychologische Forschung in den letzten sechs
Jahrzehnten. (vgl. Kuhl, 2011, S. 113) Die zum Beispiel von Edward L. Deci und Richard M.
Ryan erweiterte Bedürfnispyramide nach Abraham Maslows hebt die drei psychischen
Grundbedürfnisse Bindung, Kompetenz und Autonomie besonders hervor. (vgl. Kuhl, 2011,
S. 113)

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
,,Vor dem Hintergrund aktueller Forschungen würde man diese drei Begriffe nicht mehr
gleichbedeutend nebeneinander stellen, sondern stärker betonen, dass Bindung grundsätzlich
Voraussetzung für Autonomie und Kompetenz ist und sich wie ein roter Faden durch alle
Instanzen zieht: keine Kompetenz ohne Vertrauen, kein Vertrauen ohne gesicherte Bindung
und gelungene Beziehungserfahrung." (Kuhl, 2011, S. 113)
So wird die Wichtigkeit der Beziehungsbindung nach Kuhl besonders deutlich, dabei spricht
er aber auch von Vertrauen, welches als Grundvorrausetzung für eine Beziehung steht.
,,Vertrauen ist die Grundlage für Kooperation und das Zulassen von Nähe." (Leitz, 2015, S.
51) Deswegen ist der Prozess Nähe und Vertrauen zu gewinnen, die Voraussetzung für
Beziehungen.
Schon als Säugling ist die Bindung des Kindes zur Mutter von großer, spürbarer Bedeutung.
Durch beispielsweise die Erwiderung des Bilckkontaktes von der Mutter fühlt sich der
Säugling sicher und geborgen. Eine Nicht - Erwiderung kann ein erhöhtes Risiko von
psychosomatischen Symptomen, Defiziten bei der Emotionsregulation, Problemen bei der
sozialen Anpassung in der späteren Kindheit zur Folge haben. (vgl. Kuhl, 2011, S. 17)
,,Hat die Bezugsperson nicht in dieser Weise auf die Signale des Kindes reagiert, steigt die
Gefahr, dass sich das Kind ungeschützt fühlt ... Das Kind merkt schon an leicht verzögerten
Reaktionen der Bezugsperson, dass diese nicht voll präsent und damit nicht zuverlässig zu
seinem Schutz und seiner Versorgung verfügbar ist." (Kuhl, 2011, S. 19)
Dieses Zitat beschreibt, wie sensibel Kleinkinder in Bezug auf die Erwiderung der Reaktion
der Mutter oder des Anderen in der Beziehung sind und wie notwendig und nachhaltig der
Beziehungsprozess ist.
Auf die klassische Konditionierung bezogen, erfolgt beim Menschen ein Lernprozess, bei
dem das Selbstsystem die Kontrolle über die eigenen Gefühle erlangt. Die Bezugsperson ruft
eine emotionsregulierende Wirkung hervor, die sich mit dem Selbst verknüpft, wenn sich das
Kind persönlich angesprochen fühlt. Es wird durch Blickkontakt, durch die Unmittelbarkeit
des Emotionsausdrucks der Bezugsperson oder ihres zugewandten Verhaltens
ernstgenommen. Die Aktivierung der Emotionsregulation erfolgt auch, indem die
Bezugsperson das Kind ermutigt oder beruhigt. (vgl. Kuhl, 2011, S. 20) Wenn es in dieser
frühen Lebensphase zu Defiziten kommt, können später die Emotionen bearbeitet und
ausgeglichen werden, dies bestätigen ebenfalls Kuhls Feststellungen.

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
,,Eine Systemkonditionierung kann aber auch in späteren Jahren ,,nachgeholt" werden, und
zwar in allen persönlichen Beziehungen, in denen der Lehrende sich als Person soweit
wahrgenommen und angenommen fühlt, wie es dem jeweiligen Kontext entspricht (bei der
Lehrer-Schüler-Beziehung braucht dieses Gefühl des ,,Sich-persönlich-angesprochen-
Fühlens" natürlich nicht so tief und umfassend zu sein wie in den Beziehungen zu den Eltern,
zu engen Freunden oder in der Partnerschaft)." (Kuhl, 2011, S. 20)
Das Nähe ­ Distanz ­ Verhältnis ist bei der Lehrer ­ Schüler ­ Beziehung zu beachten.
Trotzdem sind die Beziehungserfahrungen von allen Bezugspersonen prägend. (vgl. Kuhl,
2011, S. 32) Im Folgenden heißt es dazu:
,,Besonders wichtige hier gespeicherte Informationen sind die Beziehungserfahrungen: Wann
und wie wurde ich von jemand anderem beruhigt und umsorgt, konnte mich jemand
motivieren, wenn mir bei einer besonderen Aufgabe die Luft ausging? All diese positiven und
natürlich auch die negativen Erlebnisse mit anderen werden im Selbst gespeichert und dienen
als großes Reservoir für spätere Situationen, in denen man emotionalen Beistand braucht."
(Kuhl, 2011, S. 32)
Das heißt, diese gewonnenen Beziehungserfahrungen sind ebenfalls erworbene Ressourcen,
welche die Basis für Beziehungsverhalten sind.
Im Folgenden wird die Theorie der kognitiven Entwicklung des Menschen nach Jean Piaget
dargelegt. ,,Das Kind ist Akteur seiner Entwicklung." Aus dieser von Piaget bekannten These
lässt sich eine kindzentrierte Haltung schließen und die Systembetrachtung von Beziehung
wird ergänzt. Die Aufgabe des Erwachsenen bzw. der Umwelt besteht darin, dem Kind ein
Ziel vorzugeben, zu dem es sich hin bewegen soll. (vgl. Ostermayer, 2006, S. 13) So darf das
Kind Experte für sein Leben, ein Lebenskünstler sein und hat Freiraum, sich zu einem Ziel
hin zu entwickeln. Deswegen heißt es bei Ostermayer:
,,Vielmehr muss auch dem Entwicklungskontext eine gestaltende Funktion zugebilligt werden
­ der Umgebung und Umgebungsgestaltung, den direkten sozialen Bezügen wie auch den
gesellschaftlichen Bedingungen, in die das Kind während seines Heranwachsens eingebettet
ist. Demzufolge wäre das konstruktivistische Menschenbild durch systemische Theorien zu
erweitern." (Ostermayer, 2006, S. 14)
Aus Sicht der Psychologie soll ein pädagogisches Stützsystem dem Kind helfen, sich auf sein
Ziel zuzubewegen. (vgl. Ostermayer, 2006, S. 13) Nach dem ökopsychologischen Modell
nach Bronfenbrenner entwickelt sich das Kind aus verschiedenen Systemen heraus, die er als

,,Wenn der Ernst des Lebens beginnt!" ­ Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule durch Beziehungsarbeit
Mikrosystem, Mesosystem, Exosystem und Makrosystem bezeichnet. Dabei ist jedes System
für das Kind ein durch Beziehungen unterstützendes System. (vgl. Griebel/Niesel, 2011, S.
22-23) Griebel/Niesel schlussfolgern daraus:
,,Nach Bronfenbrenner ist die Anpassung an eine Institution außerhalb der Familie als
ökologischer Übergang definiert, der mit einer Veränderung der Position in der ökologisch
verstandenen Umwelt, also des Lebensbereichs einhergehe und Veränderungen in der
Identität, in Rollen und Beziehungen bedeute." (Griebel/Niesel, 2011, S. 23)
Dies hat Auswirkungen auf die individuelle Entwicklung. So wird das familiäre Mikrosystem
durch den Eintritt in die Kindertagestätte erweitert. (vgl. Griebel/Niesel, 2011, S. 23) Das
Kind baut mit dem Eintritt in eine neue Institution wieder neue Beziehungen auf, so auch zur
Erzieherin oder zum Erzieher im Kindergarten, die oder der als Kooperationspartnerin oder ­
partner dienen soll. (vgl Ostermayer 2006, S. 45) Dies hat eine Erweiterung im
Beziehungssystem zur Folge: es gibt eine zusätzliche Beziehungsperson, die für viele
Stunden am Tag für das Kind da ist und zu ihm persönlichen Kontakt entwickelt und
Vertrauensperson werden kann. Auf dem folgenden Lebensweg können durch
hinzukommende Bezugspersonen schwierige Familienverhältnisse weiter bearbeitet werden.
Mit dem Eintritt in die Grundschule baut das Kind weitere Beziehungen aus, so behauptet
Schweer, dass sogar gestörte Familienverhältnisse durch eine vertrauensvolle Lehrer-Schüler-
Beziehung ausbalanciert werden können. (vgl. Schweer, 2006, S. 50) Diese Erkenntnis sollte
jeder Lehrerin und jedem Lehrer bewusst sein beim Gestalten seiner Verhaltensstrategien.
Welchen wichtigen Aspekt die Beziehung in der Entwicklungspsychologie für das Kind
spielt, beschreibt Ostermayer ebenfalls:
,,Es muss eine interessierte Resonanz durch die Erwachsenen um sich herum erfahren, damit
es Selbstbestätigung, Sicherheit und Vertrauen, auch Zutrauen erleben kann. Das setzt
voraus, dass das Kind in verlässliche Beziehungen und sichere Bindungen eingebettet ist. Nur
so ist es möglich, sich als Subjekt zu erfahren, das Beziehungen zu seiner Umwelt knüpft und
knüpfen kann." (Ostermayer, 2006, S. 46)
Aus diesem Grund ist es nötig, dass durch den Erziehenden ein Rahmen geschaffen wird, in
dem das Kind diese Ziele erreichen kann. (vgl. Ostermayer, 2006, S. 46)
Um zur Erziehung und Bildung des Kindes beizutragen, ist die Art und Weise der erfahrenen
Interventionen ausschlaggebend, denn ohne Kontakt auf der Selbstebene mit der
Bezugsperson ist die Bindungs-Explorations-Balance nicht denkbar. (vgl. Kuhl, 2011, S. 71)
Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Übergang vom Kindergarten zur Grundschule. Beziehungsarbeit für Lehrerinnen und Lehrer
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg  (Erziehungswissenschaften)
Note
1,5
Autor
Jahr
2016
Seiten
23
Katalognummer
V376510
ISBN (eBook)
9783668537699
ISBN (Buch)
9783668537705
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
übergang, kindergarten, grundschule, beziehungsarbeit, lehrerinnen, lehrer
Arbeit zitieren
Lukas Müller (Autor:in), 2016, Übergang vom Kindergarten zur Grundschule. Beziehungsarbeit für Lehrerinnen und Lehrer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376510

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