Wenn man den relativen Machtverlust Großbritanniens innerhalb der vergangenen 100 Jahre betrachtet, so drängt sich einem das Wort ‚spektakulär’ geradezu auf. Man kann es im Prinzip noch nicht einmal mit dem Untergang Roms vergleichen, denn obwohl der römische Machtverlust bis zum endgültigen Ende des oströmischen Restreiches sogar noch gewaltiger ausfällt, ist die Zeitspanne vom Zenit der Macht bis zum völligen Verlust derselben ungleich größer. Während das römische Reich – großzügig betrachtet – über ein Jahrtausend stetig Macht verlor bis zum Fall Konstantinopels als formellem Rest 1453, reichte einem Briten schon ein langes Menschenleben, um den Wechsel von der vollkommenen Dominanz einer Weltmacht zur relativen Durchschnittlichkeit einer europäischen Mittelmacht mitzuerleben.
Anhand einiger historischer Schlüsselsituationen, nämlich der beiden Weltkriege und dem Anfang des darauffolgenden kalten Krieges, ist es Thema dieser Arbeit darzulegen, inwiefern Großbritanniens Optionen diktiert wurden durch bestimmte Situationen innerhalb des jeweiligen internationalen Systems und inwieweit diese Zwänge den Reaktionen der außenpolitischen Handlungsträger Großbritanniens kaum Spielraum ließen.
Großbritannien sah sich herausgefordert und wählte stets das rational im Sinne der Staatsräson und des langfristigen Volkswohls liegende kleinere Übel namens höchstwahrscheinlichem Machtverlust.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I Theoretische und methodologische Grundlagen und Prämissen:
- 1. Die britischen Deterministenfelder:
- 2. Die britischen Determinantenfelder:
- 3. Der britische Weg außenpolitischer Interaktion:
- 4. Die britischen Mittel der Interaktion:
- 5. Zwischenfazit:
- II Der historische Hintergrund zum Verfall britischer Weltmacht:
- 1. Faktoren britischer Macht:
- 2. Die Wurzeln des relativen Machtverlusts:
- 3. Der Zwang zum Krieg 1914:
- 4. Der Zwang zur militärischen, wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit im und durch den ersten Weltkrieg:
- 5. Der Zwang zur militärischen, wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit im und durch den zweiten Weltkrieg:
- 6. Großbritanniens Weg zu einer ,normalen' europäischen Mittelmacht:
- III Fazit:
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem relativen Machtverlust Großbritanniens im Laufe des 20. Jahrhunderts. Sie untersucht, inwieweit britische Außenpolitik durch die Zwänge des internationalen Systems diktiert wurde, und wie diese Zwänge die Reaktionen britischer Entscheidungsträger prägten. Die Arbeit argumentiert, dass Großbritannien, trotz der Herausforderungen, stets das im Sinne der Staatsräson und des langfristigen Volkswohls liegende kleinere Übel wählte.
- Analyse der britischen Deterministenfelder, um die entscheidenden Entscheidungsebenen zu identifizieren
- Beurteilung der Determinanten britischer Außenpolitik, einschließlich der britischen Interaktionswege und -mittel
- Untersuchung des historischen Hintergrunds zum Verfall britischer Weltmacht anhand der beiden Weltkriege und des Krieges mit Ägypten 1956
- Anwendung der systemtheoretischen neorealistischen Grundlagen von Waltz, die Außenpolitik als Streben nach Sicherheit durch Macht begreift
- Darstellung der Zwänge, die britische Außenpolitik durch das internationale System erlebte und die zu ihrem Abstieg von einer Weltmacht zu einer Mittelmacht führten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den relativen Machtverlust Großbritanniens innerhalb der letzten 100 Jahre dar und vergleicht diesen mit dem Untergang des Römischen Reiches. Sie betont, dass in entscheidenden Momenten der Weltgeschichte die außenpolitischen Entscheidungsträger aufgrund der Situation nur eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten hatten.
Das erste Kapitel beleuchtet die theoretischen und methodologischen Grundlagen der Analyse britischer Außenpolitik. Es betrachtet die drei Perspektiven, die zur Beurteilung internationaler Politik relevant sind, und konzentriert sich auf das internationale System als entscheidendes Deterministenfeld. Das Kapitel diskutiert auch die vier Determinanten britischer Außenpolitik, wobei das physische Überleben des eigenen Volkes an erster Stelle steht.
Das zweite Kapitel behandelt den historischen Hintergrund zum Verfall britischer Weltmacht. Es analysiert die Faktoren, die zur britischen Macht führten, und die Wurzeln des relativen Machtverlusts. Der Fokus liegt auf dem Zwang zum Krieg 1914 und der daraus resultierenden militärischen, wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit Großbritanniens. Das Kapitel untersucht auch die Folgen des Zweiten Weltkriegs und Großbritanniens Weg zu einer ,normalen' europäischen Mittelmacht.
Schlüsselwörter
Britische Außenpolitik, Machtverlust, internationales System, Zwänge, Determinanten, Staatsräson, neorealistische Theorie, Weltmacht, Mittelmacht, Weltkriege, Kolonialreich, Commonwealth, special relationship, Interdependenz.
- Citar trabajo
- Maximilian Hohenstedt (Autor), 2002, Eine Analyse zum Verfall britischer Weltmacht. Zwang zum Untergang?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/385671