Benito Pérez Galdós (1843-1920), Autor des spanischen Realismus, thematisiert in einer Vielzahl seiner Werke den aufkeimenden Feminismus und Debatten über Gender, die eine zentrale Rolle im ideologischen und politischen Diskurs im Spanien des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts spielten.
In Galdós‘ 1897 erschienenen Roman Misericordia geht es nicht explizit um Gender, jedoch wird durch den weiblichen Protagonismus Beninas dieses Thema Teil des Werkes. Dieses handelt von einem Dienstmädchen, Benina, das seiner Herrin auch nach deren Verarmung treu bleibt und beider Lebensunterhalt erbetteln muss. Obwohl, oder gerade weil Misericordia in vielen feministischen Galdós-Studien übergangen wird, erscheint es lohnenswert, diesen Roman aus einer dekonstruktiv-feministischen Perspektive genauer unter die Lupe zu nehmen.
Der dekonstruktive Feminismus geht von der Prämisse aus, dass Sexualität durch Interpretation konstruiert wird und somit auch wieder dekonstruiert werden kann. Das Ziel ist eine ständige Subversion der Geschlechterrollen. Wird auch in Misericordia die traditionelle Geschlechteropposition anhand der Figur der Benina subvertiert? Mit dieser Frage beschäftigt sich diese Arbeit.
Dazu muss zunächst gezeigt werden, wie eine Dekonstruktion von Geschlechterrollen funktioniert. Danach soll Beninas Differenz analysiert werden: Im ersten Kapitel steht Beninas Anderssein als Frau im Vordergrund; das zweite beschäftigt sich mit ihrer Nicht-Differenz zum maskulinen Signifikat. Anschließend wird diskutiert, inwiefern ihre Erhebung in den Status einer Heiligen die allgemeine These der Geschlechterdifferenz beziehungsweise die der Nicht-Differenz unterstützt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Dekonstruktion von Geschlechterrollen nach Felman
- III. Beninas sexuelle Differenz und deren Implikation für das traditionelle Modell der Geschlechteropposition
- 1. Anzeichen für Beninas Differenz als weibliches Ideal
- 2. Beninas Nicht-Differenz zum maskulinen Signifikat
- 3. Beninas Indifferenz
- a. Die Dreiecksbeziehung in Misericordia
- b. Benina als asexuelle Heilige
- IV. Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Figur der Benina im Roman „Misericordia“ von Benito Pérez Galdós im Kontext der Dekonstruktion von Geschlechterrollen. Sie analysiert, inwiefern Benina das traditionelle Modell der Geschlechteropposition untergräbt und somit eine neue Vorstellung von Weiblichkeit präsentiert.
- Dekonstruktion von Geschlechterrollen im 19. Jahrhundert
- Beninas Differenz und Nicht-Differenz als weibliches Ideal
- Die Rolle der sexuellen Differenz in der Konstruktion von Geschlechterrollen
- Beninas Rolle als asexuelle Heilige und ihre Implikationen für die Geschlechterordnung
- Feministische Interpretationen von Galdós' Werk "Misericordia"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Konstruktion von Sexualität und Geschlechterrollen im 19. Jahrhundert und stellt den Roman "Misericordia" von Benito Pérez Galdós in den Kontext der feministischen Literaturwissenschaft.
Das zweite Kapitel analysiert Felmans Konzept der Dekonstruktion von Geschlechterrollen anhand des Balzac-Romans "La fille aux yeux d'or". Es wird gezeigt, wie die klassische Geschlechteropposition durch die Subversion des Plots in Frage gestellt wird.
Das dritte Kapitel untersucht Beninas Differenz und Nicht-Differenz im Roman "Misericordia". Es betrachtet Anzeichen für Beninas Anderssein als Frau und ihre Nicht-Differenz zum maskulinen Signifikat. Zudem wird diskutiert, wie ihre Erhebung in den Status einer Heiligen die These der Geschlechterdifferenz beeinflusst.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Dekonstruktion, Geschlechterrollen, Weiblichkeit, sexuelle Differenz, Benina, Misericordia, Benito Pérez Galdós, feministische Literaturwissenschaft, asexuelle Heilige.
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- Daniela Kluger (Autor), 2018, Beninas (In)differenz. Die Weiblichkeit in Benito Pérez Galdós Roman "Misericordia", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/434743