Ist moralisches Bewusstsein abhängig vom Geschlecht?

Ein Unterrichtsentwurf im Fach Philosophie/ Ethik (Gymnasium MSS 11)


Plan d'enseignement, 2017

22 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Kompetenzen und Lernziele. 1

1.1 Kompetenzschwerpunkte der Reihe. 1

1.2 Lernziele. 1

1.2.1 Übergeordnetes Lernziel 1

1.2.2 Feinlernziele. 1

2 Unterrichtsvoraussetzungen. 2

2.1 Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen. 2

2.2 Besondere Unterrichtsvoraussetzungen. 5

3 Didaktische Analyse. 6

4 Methodische Planung. 9

5 Stundenverlauf. 11

6 Antizipierter Tafelanschrieb (aT) 12

7 Hausaufgabe. 13

7.1 vorbereitende Hausaufgabe (M1) 13

7.2 nachbereitende Hausaufgabe. 13

8 Literatur 13

9 Anhang und Materialien. 15

9.1 Vorbereitende Hausaufgabe. 15

9.2 Zum Einstieg. 18

9.3 Zur Erarbeitungsphase. 19

9.4 Zur Vertiefungsphase. 20

10 Sitzplan. 22

1 Kompetenzen und Lernziele

1.1 Kompetenzschwerpunkte der Reihe

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit eigenen und fremden Positionen kritisch auseinander, indem sie moralisch verbindliche Grundpositionen kennen lernen, diese in ihren kulturellen Zusammenhängen verstehen und eigenständig begründete moralische Urteile fällen. (moralische Urteilsfähigkeit)

1.2 Lernziele

1.2.1 Übergeordnetes Lernziel

Die Schülerinnen und Schüler erkennen am Beispiel von Kohlbergs Stufenmodell sowie Nunner-Winklers Ansatz, dass es unterschiedliche Strömungen zur Erklärung der moralischen Urteilsfindung gibt und dass Frauen damit einhergehend keine pauschal untergeordnete Rolle bzgl. ihrer moralischen Urteilsfähigkeit zukommt.

1.2.2 Feinlernziele

Die Schülerinnen und Schüler …

1. … positionieren sich zum „Heinz“-Dilemma, indem sie ein begründetes moralisches sowie anonymes Urteil unter Angabe ihres Geschlechts fällen.

(Heinz sollte stehlen, weil das Recht auf Leben höherrangiger ist als das Recht auf Eigentum (Kohlberg’sche Stufe 5). // Heinz sollte nicht stehlen, weil er ein zu hohes Risiko dafür eingeht, dass man nicht 100%ig weiß, ob das Medikament wirkt (Kohlberg’sche Stufe 2))

2. … stellen erste Vermutungen zur Abhängigkeit des moralischen Bewusstseins von der Geschlechtsidentität an, indem sie begründet erklären, welche Argumente/ Positionen sie eher dem männlichen oder weiblichen Geschlecht oder beiden zuordnen.

(Frauen urteilen unter Einbezug ihrer Gefühlswelt; aus Liebe und Betroffenheit. Männer urteilen rational/fair unter Einbezug ihres ausgeprägten Gerechtigkeitssinns, wägen ggf. Vor- und Nachteile gegeneinander ab und setzen (mehr) ihren Verstand ein, …)

3. … arbeiten die vermeintlich untergeordnete Rolle der Frau bzgl. ihrer moralischen Urteilsfähigkeit aus dem bedeutenden entwicklungspsychologischen Stufenmodell von Kohlberg heraus, indem sie zunächst (zum besseren Verständnis des Modells) die vorformulierten Argumente zum „Heinz“-Dilemma den Kohlberg’schen Stufen 1 bis 5 zuordnen (bzw. selbst formulieren) und daran anknüpfend den ableitbaren Unterschied moralischer Argumente von Frauen (Stufe 3) und Männern (Stufen 3+) erklären.

(Frauen bleiben nach Kohlbergs Annahme auf Stufe 3 des Modells stehen, während Männer sich oft darüber hinaus entwickeln (= untergeordnete Rolle der Frau bzgl. ihres moral. Bewusstseins). Frauen wird somit unterstellt, nur auf Basis gemeinsamer Erwartungen und Interessen zwischenmenschlicher Beziehungen urteilen zu können (z.B.: Heinz sollte stehlen, weil er für seine Frau sorgen sollte). Männer hingegen können aus der Gesellschafts- oder Systemperspektive höherwertige Urteile fällen).

4.1 … überprüfen Kohlbergs Annahme der moralischen Unterentwicklung der Frau, indem sie diese These vor dem Hintergrund ihrer kursinternen Studie sowie unter Rückbezug auf ihre Vermutungen (LZ2) diskutieren.

(Die Ergebnisse der kursinternen Umfrage zeigen, dass auch Frauen auf Stufe 4 oder 5 urteilen können, weshalb Kohlbergs Stufenmodell bereits im Rahmen dieses Kurses Defizite aufweist, obwohl Kohlberg universelle Gültigkeit für sein Modell beansprucht. Fazit: Der Unterschied der moral. Urteilsfähigkeit scheint nicht unbedingt abhängig von der Geschlechtsidentität zu sein.)

4.2 … (fak.) stellen die Gültigkeit des gesamten Stufenmodells infrage, indem sie Kohlbergs unzulässige Schlüsse aus seiner Studie begründen.

(Kohlbergs Stufenmodell wurde nur mit weißen männlichen Probanden in Amerika durchgeführt und sollte deshalb keine universelle Gültigkeit beanspruchen dürfen)

5. … setzen sich kritisch mit den vermeintlich geschlechtsbedingten Unterschieden moralischer Urteilsprozesse auseinander, indem sie Nunner-Winklers Erklärungsansätze analysieren und deren Blickwinkel begründet darstellen können.

(Nunner-Winkler verwirft mit ihrem Ansatz zur Erklärung der moralischen Urteilsbildung den Gedanken einer geschlechtsabhängigen Moral und konkludiert, dass persönliche moralische Motive die Urteilsfindung bestimmen)

2 Unterrichtsvoraussetzungen

2.1 Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen

Die Lerngruppe, die ich bisher sieben Stunden im angeleiteten Unterricht unterrichtet habe, ist mir seit zehn Wochen durch Hospitationen bekannt. Sie besteht aus elf Schülerinnen und sechs Schülern [1] und wird regulär montagsmorgens doppelstündig unterrichtet. Obgleich ich erst vier Montage eigenständig übernahm, kann das bisherige Verhältnis zu diesem aufgeschlossenen Ethikkurs als angenehm und positiv bezeichnet werden. Im Hinblick auf den anstehenden Unterrichtsbesuch ist anzumerken, dass aufgrund des beweglichen Ferientags nun zwei Wochen kein Ethikunterricht stattfand.

Der Ethikkurs ist insgesamt als leistungsbereit, konzentriert, motiviert, freundlich und interessiert einzustufen, wobei eine deutliche Diskrepanz zwischen sehr ruhigen und redefreudigen SuS herauszustellen ist. xx, xx und xx Mitarbeit sind besonders hervorzuheben und kennzeichnen sich durch produktive Beiträge und differenzierte Blickwinkel. In der Regel können sie die jeweilige Kernproblematik der Unterrichtsstunden infolge des Einstiegsimpulses eigenständig als Leitfrage formulieren und sorgen oftmals aufgrund ihrer nennenswerten Initiative für Denköffnungen und Ausweitungen der Thematiken. xx engagiert sich insbesondere bei Arbeiten mit Texten und kann schwierige (philosophische) Sachverhalte schnell anhand passender Textstellen auflösen. xx und xx beteiligen sich bei unkomplizierten Themen häufig am Unterrichtsgeschehen, müssen aber bei komplexeren Sachverhalten hin und wieder auf die jeweiligen Textstellen verwiesen werden oder durch andere SuS ergänzt bzw. korrigiert werden. Zu den zurückhaltenden SuS zählen vor allem xx, xx, xx und xx, die sich eigenwillig kaum äußern und deren Beitragsqualität somit noch nicht fest einschätzbar ist. Auf der Seite der zurückhaltenden SuS ist ebenso xx zu nennen, der sich zwar selten einbringt, jedoch sehr gewinnbringende und durchdachte Beiträge formuliert.

Aus dieser Lerngruppenbeschreibung ergeben sich methodisch immer wieder einzubindende Murmelphasen. Partnerarbeiten fördern insbesondere bei xx, xx, xx und xx die Redebeiträge, sodass es sich anbietet, sie nach den Erarbeitungsphasen zur Mitarbeit aufzufordern. Es lässt sich jedoch festhalten, dass ein Teil der Lerngruppe, trotz auf sie abgestimmter Sozialformen, mündliche Beiträge scheut. Störungen, Verhaltensauffälligkeiten oder Spannungen innerhalb des Kurses, aus denen sich dieses Meldeverhalten ableiten ließe, gibt es keine bzw. sind nicht bekannt. Weiterhin kennen die SuS alle Sozialformen des Unterrichtsbesuchs. Als Denkimpulse haben sich meist Zitate bewährt.

Insgesamt weist die Lerngruppe ein mittleres bis höheres Lerntempo auf. Bei Arbeiten mit Texten fällt auf, dass Texterschließungsmethoden weiterhin zu üben sind. Aus diesem Grund findet nach den Erarbeitungsphasen nach Möglichkeit immer eine visuelle oder tabellarische Ergebnissicherung mit systematischer Besprechung statt, sodass alle wichtigen Aussagen und aufeinanderfolgenden Thesen und Argumente des Textes nachvollziehbar sind.

Diskussionen werden größtenteils durch eigenständige interessante und differenzierte Beiträge vorangetrieben. Dennoch muss teilweise noch an der fundierten Argumentationskultur gearbeitet werden, weshalb darauf zu achten ist, fehlende Begründungen einzufordern. Bezugnahmen auf vorangegangene Schüleraussagen bleiben bei komplexen Sachverhalten eher Einzelfälle, weswegen an diesen Stellen häufig auf den Rückbezug bereits gehörter Ausführungen verwiesen werden muss.

2.2 Besondere Unterrichtsvoraussetzungen

Die Reihe Warum moralisch sein? verfolgt das Ziel, dass die SuS sich mit eigenen und fremden Positionen kritisch auseinandersetzen, begründet argumentieren und eigenständig begründete moralische Urteile fällen können. Dazu wurden zunächst moralische Richtlinien bzw. Regeln des Alltagslebens herausgearbeitet und damit einhergehend die wichtigsten Begriffe dieser Einheit wie u.a. Moral, Ethik oder Dilemma definiert.

Aufgrund der Tatsache, dass Individuen entsprechend ihrer moralischen Urteile/ Überzeugungen unterschiedlich handeln und dieses Handeln differenziert begründen können, wurden den SuS anschließend vier moralische Grundpositionen vorgestellt, die als Möglichkeiten dienen, Handlungen moralisch zu rechtfertigen. Weiterhin lernten sie ein Schema zur Erstellung begründeter Werturteile kennen und setzten sich mit der Frage auseinander, ob alle verschiedenen moralischen Urteile zu tolerieren sind. Vorangegangene Stunde untersuchte schließlich, ob es infolge der vielzähligen subjektiven Urteile ein sittliches Wissen geben kann.

Auch die Stunde des Unterrichtsbesuchs beschäftigt sich mit den Unterschieden des moralischen Bewusstseins und geht der Frage nach, ob dieses abhängig vom Geschlecht ist. In den anschließenden Stunden werden den SuS anhand lebensweltnaher Beispiele auserwählte Schemen der Urteilsbildung vorgestellt, die die schlüssige und logische Argumentation der SuS im Hinblick auf diverse divergierende moralische Urteile stützen sollen. Diese Schemata werden anknüpfend innerhalb moralischer Diskussionsanlässe angewandt und auf Standfestigkeit überprüft. Die Reihe schließt mit antiker und moderner Moralkritik, denn auch die Moral gilt es zu hinterfragen.

Tabellarische Übersicht über die Unterrichtsreihe:

[Tabelle ist in dieser Leseprobe nicht enthalten]

3 Didaktische Analyse

Bereits auf den ersten Seiten des Lehrplans für Ethik in der gymnasialen Oberstufe wird deutlich, dass „der Ethikunterricht [die] sittliche Entscheidungsfähigkeit des Schülers als Voraussetzung für sinnerfülltes Leben an[strebt]“[2], wodurch die Relevanz der Unterrichtsreihe deutlich hervorsticht. Die Schule soll die Selbstbestimmung der SuS fördern und sie zu selbstständigem Urteilen und eigenverantwortlichem Handeln erziehen. [3] Die auserwählte Reihe zielt exakt auf diese Kompetenzschulung und erlangt infolgedessen erhebliche Gegenwarts- sowie Zukunftsbedeutung für den einzelnen Menschen.[4] Den SuS wird somit die Orientierung in der modernen Welt erleichtert und die Bedeutsamkeit der Moral im Hinblick auf das eigene Handeln vermittelt. [5]

In dem Unterrichtsbesuch selbst werden, anknüpfend an die vorangegangenen Stunden, die Unterschiede des moralischen Bewusstseins thematisiert und den SuS aufgezeigt, dass Frauen entgegen bedeutender entwicklungspsychologischer Modelle aus den 1950er Jahren keine untergeordnete Rolle bezüglich ihrer moralischen Urteilsfähigkeit zukommt. Im Sinne unserer pluralistischen Gesellschaft werden also auch in dieser Ethikstunde wieder unterschiedliche weltanschauliche Positionen aufgezeigt, mit denen die SuS sich kritisch auseinandersetzen, wie es der Lehrplan fordert.[6]

Das entwicklungspsychologische Modell des Amerikaners Lawrence Kohlberg wurde auserwählt, da dieser nicht nur der „einflussreichste Moralpsychologe“[7] war, sondern „darüber hinaus einer der einflussreichsten Psychologen.“ [8] Der Kern seines Ansatzes, und somit das in der Stunde zu kritisierende Stufenmodell, bildet eine Theorie darüber, wie sich moralische Urteile, d.h. Begründungen moralisch gebotenen Handelns, mit zunehmendem Alter verändern. [9] Besonders einfach lassen sich die moralischen Urteilsstufen dieses Modells anhand soziomoralischer Perspektiven erklären:

Stufe 1 wird durch eine egozentrisch-physikalische Perspektive, Stufe 2 durch eine konkrete individualistische Perspektive, Stufe 3 durch eine Beziehungsperspektive, Stufe 4 durch eine Systemperspektive, Stufe 5 durch eine der Gesellschaft verordnete Perspektive und Stufe 6 durch die Perspektive eines moralischen Standpunkts gekennzeichnet. [10]

[...]


[1] Im Folgenden wird Schülerinnen und Schüler mit SuS abgekürzt.

[2] Lehrplan Ethik. Grundfach in der Oberstufe des Gymnasiums und in der berufsbildenden Schule. Hrsg. v.
Kultusministerium. RLP 1983, S.6.

[3] Vgl. ebd., S.5.

[4] Vgl. Klafki, Wolfgang: Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In: Auswahl. Grundlegende
Aufsätze aus der Zeitschrift ‚Die deutsche Schule.‘
Hrsg. v. A. Blumenthal und H. Roth. Hannover 1964, S. 16.

[5] Vgl. Lehrplan, S.5.

[6] Vgl. ebd., S.6.

[7] Becker, Günter: Kohlberg und seine Kritiker. Die Aktualität von Kohlbergs Moralpsychologie. Wiesbaden 12011,
S. 11.

[8] Ebd., S. 11.

[9] Vgl. ebd., S. 19.

[10] Ebd., S. 24.

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Ist moralisches Bewusstsein abhängig vom Geschlecht?
Sous-titre
Ein Unterrichtsentwurf im Fach Philosophie/ Ethik (Gymnasium MSS 11)
Note
1,3
Auteur
Année
2017
Pages
22
N° de catalogue
V461163
ISBN (ebook)
9783668914858
ISBN (Livre)
9783668914865
Langue
allemand
Mots clés
Unterrichtsbesuch, Referendariat, Unterrichtsentwurf, moral, moralisch, Kohlberg, Nunner-Winkler, Heinz, Dilemma, Geschlecht
Citation du texte
Lena Groß (Auteur), 2017, Ist moralisches Bewusstsein abhängig vom Geschlecht?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461163

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